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Full text of "Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen"

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BEITRAGE 


EXTWICKLUXGSRESOHIOHTE 

DEK 

H 1 R U D 1 X E E X 

VOX 


HEINRICH  RATHKE, 

WEIL.  PnoF.  IN  Königsberg. 


HERAUSGEGEBEN  UNI)  THEILWEISE  BEARBEITET 

VON 

RUDOLF  LEUCKART, 

Pkof.  in  Giessen. 


VERLAG  VON  WILHEL:\I  ENGELMANN. 
1862. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2016 


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https://archive.org/details/b22288417 


VORWORT 


Die  in  den  nachfolgenden  Blättern  publicirten  Untersuchungen  über  die  Ent- 
wicklungsgeschichte von  Nephelis  und  Clepsine  gehören  zu  der  reichen  literarischen 
Hinterlassenschaft  eines  Mannes,  der  sich  durch  eine  mehr  als  vierzigjährige,  unaus- 
gesetzte und  glückliche  Forschung  für  alle  Zeiten  einen  der  ersten  Plätze  unter  den  Ver- 
tretern der  thierischen Morphologie  erworben  hat.  Sie  sind  ein  Vermächtniss,  das  uns  um 
so  theurer  sein  muss,  als  sie  zugleich  den  Schlussstein  eines  thatenreichen  Lebens  bilden. 

Wenn  auch  schon  früher,  schon  in  den  vierziger  Jahren,  begonnen,  verdanken 
diese  Untersuchungen  doch  erst  der  letzten  Zeit  ihren  gegenwärtigen  Umfang.  Sie  waren 
es,  die  unsern  berühmten  Forscher  in  den  letzten  zwei  Jahren  seines  Lebens  vor  allen 
andern  Arbeiten  anzogen,  die  ihn  noch  wenige  Tage  vor  seinem  Tode  anhaltend  be- 
schäftigten. Rathke  hatte  die  Absicht,  die  ganze  Entwicklungsgeschichte  der  Hirudineen 
bis  in  die  Details  hinein  zu  ergründen  und  damit  ein  Werk  zu  liefern,  das  sich  in  jeder 
Beziehung  würdig  an  die  einst  bahnbrechende  Arbeit  über  die  Entwicklung  des  Fluss- 
krebses anschliessen  sollte. 

Die  erste  der  beiden  Abhandlungen  war  fast  druckfertig,  eine  Anzahl  von  Tafeln 
(Taf.  I — IV.)  bereits  zusammengestellt,  als  der  jähe  Tod  dem  unermüdlichen  Streben  ein 
Ziel  setzte. 

Ich  will  den  Verlust  nicht  ermessen,  den  unsere  Wissenschaft,  den  die  vielen 
Schüler,  Verehrer  und  Freunde  unseres  Rathke  durch  diesen  Tod  erlitten  haben.  Wo 
die  Werke  sprechen,  können  die  Worte  schweigen. 

Durch  die  Familie  des  Verstorbenen  aufgefordert,  unterzog  ich  mich  gern  und 
willig  der  Herausgabe  jener  Untersuchungen.  Es  war  nicht  blos  das  Gefühl  der  Ver- 
ehrung für  den  bewährten  Forscher,  dessen  Arbeiten  mir  von  jeher  eine  Quelle  der 
reichsten  Belehrung  gewesen  waren,  das  mich  dazu  antrieb,  es  war  noch  ein  anderes, 
persönliches  Verhältniss,  das  mir  die  Erfüllung  jener  Bitte  zu  einer  heiligen  Pflicht  machte. 


IV 


Vortcori. 


Konnte  ich  doch  hoffen,  dadurch  einigermaassen  die  Schuld  des  Dankes  für  die  innige 
Theilnahme,  für  allen  den  freundlichen  Rath  und  Beistand  abzutragen,  den  der  berühmte 
Forscher  einst  dem  jungen  Anfänger,  dem  Neffen  seines  alten  Studiengenossen  und 
Freundes  Fr.  S.  Lecckart,  geschenkt  und  fortwährend  bewahrt  hatte. 

Ob  es  mir  freilich  gelungen  ist,  bei  der  Herausgabe  der  vorliegenden  Unter- 
suchungen ganz  und  überall  im  Sinne  des  Verfassers  zu  verfahren,  mussich  dahin  gestellt 
sein  lassen.  Bei  der  Abhandlung  über  Neplielis  dürfte  das  vielleicht  noch  am  ersten  der 
Fall  sein,  da  sich  meine  Beihülfe  hier  ausschliesslich  auf  eine  Ueberarbeitung  des  fast 
druckfertigen  Textes,  auf  Einfügung  einiger  nachträglichen  Notizen  und  Zusammenstel- 
lung der  letzten  Tafel  beschränkte.  Aber  anders  in  Betreff  der  zweiten  Abhandlung  über 
Clepsme,  von  der  ich  wenig  mehr  als  die  ersten  zehn  Paragraphen  und  auch  diese  nur 
in  einer  älteren,  fast  veralteten  Fassung  als  IManuscript  vorfand.  Das  Material  der  übrigen 
Paragraphen  war  in  einzelnen  Notizen  und  Zeichnungen  niedergelegt,  die  erst  sorgfältig 
von  mir  studirt,  zusararaengestellt  und  verarbeitet  werden  mussten.  Natürlich  bedurfte 
es  dabei  einer  ganzen  Reihe  von  eignen  Untersuchungen,  durch  die  hier  und  da  eine 
augenfällige  Lücke  der  RATiiKE’schen  Beobachtungen  gefüllt,  dort  vielleicht  ein  Wider- 
spruch verschiedener  Angaben  ausgeglichen  werden  musste.  Wenn  ich  die  Resultate 
dieser  meiner  eignen  Untersuchungen  gleichmässig  mit  dem  RAiiiKE’schen  Materiale  ver- 
arbeitet habe,  so  geschah  dies  aus  Gründen,  die  durch  den  Wunsch  einer  Gleichförmigkeit 
in  der  Darstellung  und  textuellen  Behandlung  des  ganzen  Werkes  geboten  wurden.  Ob- 
wohl es  nicht  Weniges  ist , was  ich  in  dieser  Arbeit  mein  eigen  nennen  könnte,  — wie 
denn  auch  sämmtliche  Figuren  der  zugehörenden  Tafeln  von  mir  (zum  Theil  allerdings 
nach  RATHKE’schen  Skizzen)  ausgeführt  sind  — so  nehme  ich  davon  doch  nichts  für  mich 
in  Anspruch,  als  die  Verantwortlichkeit  etwaiger  Fehler  und  Irrthümer. 

Die  Nothwendigkeit  dieser  eignen  Unteisuchungen  darf  ich  schliesslich  auch 
wohl  zur  Entschuldigung  der  etwas  verspäteten  Herausgabe  geltend  machen. 

Giessen  . den  2.  August  1 862. 

Rud.  Leuckart. 


I. 


NEPHELIS  VULGARIS. 


llathke,  Entwicklung  der  Hirudineen. 


1 


Die  Eier  von  Nephelis  vulgaris  werden  an  mancherlei  Wasserpflanzen  , besonders  an 
der  untern  Seite  der  Blätter  von  Nymphaea  lutea  und  W alba  angetrolFen.  Der  Form  nach  sind 
sie  elliptisch  und  an  der  einen  Seite,  mit  der  sie  an  der  Pflanze  festsitzen,  platt,  an  der  gegen- 
überliegenden massig  stark  gew'ölbt.  Ihre  Länge  beträgt  je  nach  dem  Alter  und  der  Grösse  der 
Thiere,  von  denen  sie  gelegt  wmrden  sind,  IV»  bis  2y„  Linie,  ihre  grösste  Breite  1 bis  1 ‘/a  Linie. 
Ihre  Hülle  ist  mässig  dick  , völlig  dicht  und  structurlos  , durchweg  von  gleicher  Beschafienheit, 
wie  eine  dünne  Platte  von  Guttapercha,  ziemlich  biegsam,  halbdurchsichtig,  dunkel  oliven- 
grün, bräunlich  oder  beinahe  schwarzbraun,  und  ganz  in  der  Nähe  ihrer  beiden  Enden  an  der 
gewölbten  Seite  mit  einer  kleinen  nabelartigen  Erhöhung  versehen.  Der  Kaum,  der  von 
dieser  Hülle  umschlossen  wird,  ist  zum  grössten  Theil  mit  einer  farblosen  und  ziemlich 
durchsichtigen  Substanz  ausgefüllt,  die  einigermaassen  gallertartig,  aber  ziemlich  fest  und  zähe 
ist,  und  ihrer  Bedeutung  nach  dem  Eiweiss  in  den  Eiern  anderer  Thiere  entspricht,  weshalb 
ich  sie  denn  auch  das  Eiweiss  nennen  werde.  Der  Hauptsache  nach  besteht  diese  Substanz 
aus  zarten,  weichen  und  unbestimmt  begrenzten  Fasern,  die  nur  mässig  lang  sind,  im  Allge- 
meinen nach  der  Länge  der  Eihülle  verlaufen  und  theils  sehr  nahe  bei  einander  liegen,  theils 
auch  mit  ihren  Enden  zwischen  einander  eingreifen.  Zwischen  ihnen  befinden  sich  in  unzähl- 
barer Menge  und  in  nur  mässig  grossen  Abständen  von  einander  unmessbar  kleine  rundliche 
Körperchen,  die  etwas  glänzend  sind  und  bei  starker  Yergrösserung  mittelst  eines  Mikroskops 
schwach  gelblich  erscheinen.  Alle  diese  verschiedenen  Theile  aber  werden  durch  ein  dickliches 
formloses  Bindemittel  zusammengehalten.  Chromsäure  macht  die  Faserung  des  Eiweisses  deut- 
licher; dagegen  macht  Essigsäure  sie  bleicher  und  undeutlicher,  ohne  sie  jedoch  zu  vertilgen. 
Die  rundlichen  Körperchen  dieser  Substanz  werden  durch  Essigsäure  und  kaustisches  Kali  zum 
Verschwinden  gebracht,  und  sind  mithin  nicht  etwa  Fettkügelchen.  Zerreisst  man  das  Eiweiss 
unter  Wasser,  so  dringt  aus  ihm  eine  geringe  Menge  einer  dünnen  Flüssigkeit  hervor,  die  in 
Folge  einer  dabei  entstehenden  Gerinnung  eine  schwach  weisse  Färbung  erhält  und  einer  stark 
mit  Wasser  verdünnten  Milch  ähnlich  wird. 

Eingebettet  in  das  Eiweiss  und  zerstreut  in  ihm  findet  man  6 bis  20  kleine  kugelför- 
mige Körper,  die  in  verschiedenen  Eiern,  nach  angestellten  Messungen  mittelst  eines  Schiek’- 
schen  Schrauben  - Mikrometers,  einen  Durchmesser  von  0,0035  bis  0,0050  Pariser  Zoll  haben, 

1* 


4 


Nephelis  vulgaris. 


weiss  von  Farbe  sind  und  aus  dem  Grunde,  weil  sich  aus  ihnen  eben  so  viele  Embryonen  ent- 
wickeln können,  als  Dotter  bezeichnet  werden  müssen.  Ein  jeder  von  ihnen  besteht  zum 
Theil  aus  einer  unzählbaren  Menge  von  INIolekularkörnern,  die  zwar  verschiedentlich  gross,  doch 
im  Allgemeinen  unmessbar  klein  sind,  und  als  die  eigentlichen  Dotterkürperchen  oder  Formele- 
mente des  Dotters  betrachtet  werden  können.  Einige  von  ihnen  haben  eine  rundlic  he,  andere  eine 
ovale,  obwohl  niclit  immer  regelmässige,  sondern  öfters  etwas  eckige  Form:  alle  aber  brechen 
das  Licht  sehr  stark  und  haben  einen  starken  Glanz  und  eine  rein  weisse  Farbe.  Durch  Ein- 
wirkung von  Essigsäure  oder  kaustischem  Kali  werden  sie  nicht  zum  Yerschwinden  gebracht. 
Durch  einen  stärkern  Druck  können  sie,  zumal  wenn  eines  jener  Mittel  auf  den  Dotter  einge- 
wirkt hat,  zu  grösseren  Kügelchen  zusammengetrieben  werden,  die  sich  deutlich  als  ein  flüssi- 
ges Fett  zu  erkennen  geben.  Obgleich  sie  aber  durch  die  angeführten  Mittel  keine  Auflösung 
erfahren,  so  werden  sie  doch  nach  deren  Einwirkung  etwas  kleiner  und  in  der  Kegel  kugelrund. 
^Yahrscheinlich  also  bestehen  sie  nicht  allein  aus  Fett,  sondern  besitzen  noch  eine  protein- 
haltige Beimischung,  die  durch  Essigsäure  oder  kaustisches  Kali  aufgelöst  oder  davon  abge- 
schieden wird.  Im  Vergleich  mit  der  übrigen  Masse  des  Dotters  machen  sie  übrigens  zusammen- 
genommen nur  einen  kleinen  Theil  desselben  aus.  Ihre  Lagerung  ist  von  der  Art,  dass  sie 
durch  die  ganze  übrige  Masse  des  Dotters  zerstreut  oder  mit  ihr  durch  einander  gemischt  sind, 
so  jedoch,  dass  die  grössten  immer  isolirt  liegen,  von  den  kleinsten  aber  öfters  einige  sehr  nahe 
oder  sogar  dicht  bei  einander  Vorkommen,  auch  nicht  selten  mehrere  von  diesen  näher  beisam- 
menliegenden kleineren  einen  Hof  um  je  eines  jener  grösseren  Körperchen  bilden.  — Der  übrige 
Theil  des  Dotters,  oder  der  bei  weitem  grössere  Theil  desselben  ist  eine  farblose,  klare  und  durch- 
sichtige Substanz  von  der  Consistenz  einer  sehr  dünnen,  aber  etwas  zähen  Gallerte,  die  durch 
M^asser,  ohne  getrübt  zu  werden,  allmäblich  etwas  angeschwellt  und  verdünnt,  dagegen  durch 
Salpetersäure  und  'Weingeist  getrübt  und  erhärtet  wird.  Unter  dem  Mikroskop  hat  sie  bei  star- 
ken Yergrösserungen  stellenw'eise  das  Aussehen,  als  wäre  sie  aus  dicht  beisammenliegenden  und 
gegen  einander  etwas  abgeplatteten  Körnern  zusammengesetzt,  die  ihrer  Mehrzahl  nach  0,00015 
bis  0,0002  Zoll  im  Durchmesser  hielten,  und  als  wären  die  beschriebenen  Dotterkörperchen 
zwischen  diesen  Körnern  gelagert.  Bei  einer  nähern  Betrachtung  aber  wird  man  finden,  dass 
ein  solches  Aussehen  durch  eine  optische  Täuschung  hervorgebracht  Avorden  ist  und  seinen 
Grund  hauptsächlich  darin  hat,  dass  hie  und  da  kleinere  Dotterkörperchen  in  unregelmässig 
geformten  Kreisen  nahe  bei  einander  liegen.  So  weit  ich  mir  habe  eine  Einsicht  in  die  Beschaf- 
fenheit dieser  gallertartigen  Dottersubstanz  verschaffen  können , ist  dieselbe  an  und  für  sich  eine 
durchaus  formlose  Masse,  die  ihrer  physiologischen  Bedeutung  nach  der  farblosen  und  eiweiss- 
haltigen tropfbaren  Flüssigkeit  in  den  Dottern  anderer  Thiere  entspricht,  für  welche  ich  in 
früheren  Schriften  den  Namen  Liquor  vitelli  gebraucht  habe,  jetzt  aber  den  Namen  Plasma 
vitelli  in  Vorschlag  bringen  möchte.  Ich  glaube  kaum  zu  irren,  wenn  ich  dieser  Substanz  für 
die  späteren  Veränderungen  des  Dotters  eine  grosse  Bedeutung  beilege,  sie  namentlich  als  die 
Masse  betrachte,  die  eben  so  wohl  die  Kerne,  wie  auch  die  Hüllen  der  spätem  Embryonalzellen 
bildet. 


Eier  und  Eihülle. 


o 

Umgeben  ist  ein  jeder  Dotter  von  einer  structurlosen  und  sehr  zarten  häutigen  Hülle, 
die  für  nichts  anderes,  als  für  eine  Uotterhaut  auszugeben  sein  dürfte.  In  dem  eben  gelegten 
Ei  findet  sich  kein  Zwischenraum  zwischen  dieser  Dotterhaut  und  dem  Dotter,  bald  darauf  aber 
und  noch  ehe  sich  der  Dotter  zu  durchfurchen  beginnt,  entsteht  ein  solcher,  wie  ich  das  später- 
hin noch  besonders  hervorzuheben  habe. 


§•  2. 

Die  Substanz  der  äussern  Eihiille  ist  ein  Erzeugniss  der  Hautbedeckung,  nicht  der 
weiblichen  Geschlechtswerkzenge  der  Nephelis.  Ich  habe  nämlich  einige  Mal  gesehen , dass 
eine  auf  einem  Pflanzenblatte  oder  an  der  Seitenwandiing  eines  Glasgefässes  sitzende  Nephelis 
in  der  Gegend,  wo  ihre  Geschlechtswerkzeuge  ausmündeten  , von  einem  mässig  breiten  Gürtel, 
der  aus  einer  schwach  weissen  und  sehr  dicklichen  gallertartigen  Substanz  bestand,  wie  von 
einem  dünnen  Bande  umgeben  war.  Nach  einiger  Zeit  streifte  sie  dann,  rückwärts  kriechend, 
den  jetzt  an  dem  Pflanzenblatte  oder  an  dem  Glase  haftenden,  allmählich  erhärteten  und  sich  an 
seinen  Enden  verengenden  Gürtel  von  sich  ab,  worauf  sich  dieser  an  seinen  Enden  rasch  zu- 
sammenzog und  hier  die  beiden  oben  angeführten  Nabel  bildete,  dabei  auch  seine  Form  änderte 
und  überhaupt  sich  in  die  äussere  Hülle  des  Eies  umwandelte.  Anfangs  war  diese  Hülle  ganz 
farblos,  vollkommen  durchsichtig  und  überaus  biegsam,  so  dass  die  Mutter,  die  mehrere  Minuten 
hintereinander  mit  dem  Kopfe  auf  das  Ei  bald  hie,  bald  da  drückte,  um  es  an  den  Gegenstand, 
an  den  es  abgesetzt  war,  gehörig  zu  befestigen,  in  dasselbe,  wie  in  eine  mit  Wasser  gefüllte 
häutige  Blase,  sehr  tiefe  Eindrücke  machte.’)  Im  Verlauf  von  drei  oder  vier  Stunden  aber 
wurde  die  äussere  Hülle  des  Eies  durch  die  Einwirkung  des  Wassers,  worin  es  gelegt  worden, 
pergamentartig  fest,  braun  oder  olivengrün  und  mehr  oder  weniger  undurchsichtig. 

Die  Substanz,  welche  innerhalb  der  Eihülle  als  ein  Eiweiss  die  Dotter  einschliesst,  hat 
höchst  wahrscheinlich  nicht  einen  gleichen  Ursprung  mit  jener  Hülle,  sondern  ist  ein  Erzeug- 
niss der  weihlichen  Geschlechtswerkzeuge,  das  zugleich  mit  den  Dottern  ausgeleert  wird.  In 
dem  frisch  gelegten  Ei  ist  sie  so  dünnflüssig  und  klar,  wie  reines  Wasser:  denn  in  zwei  Fällen, 


1)  Ungefähr  ein  Jahr  später,  als  ich  diese  Beobachtung  gemacht  hatte,  fand  ich,  dass  eine  ihr  ähnliche 
2in  einer  Nephelis  vulgaris  schon  von  Carena  gemacht  worden  war.  Derselbe  beschreibt  sie  in  seiner  in  den 
Denkschriften  der  Academie  der  Wissenschaften  zu  Turin  (Bd.  XXV.)  vorkommenden  Abhandlung : Monographie 
du  genre  Hirudo,  wie  folgt  (Seite  292  und  293).  »Ze  \1 . juin  je  remnrquai  un  oeuf  colle  contre  les  parois  du  cristal, 
et  qui  venait  (X etre  pondu  depuis  peu.  Utie  sangsue  s’y  promenait  dessus  en  Vexplorant  tout  autour  av ec  sa  bouche, 
comme  pour  leßaireri  quelque  fois  eile  fix  ait  sa  bouche  dessus  qjour  le  comprimer,  et  le  faire  adherer  d’  avanluge  aux 
parois  du  vase-,  eile  repetait  cette  manoeuvre  avec  tant  de  frequence  et  de  vivaciU , queje  commencuis  dejä  ä craindre 
pour  cet  oeuf  et  pour  les  germes,  qui  y etaient  enfermes , et  j’etais  pret  ä enlever  cette  sangsue;  mais  tin  retour  sur 
moi  - meine  m’a  fait  bientot  rougir  d' avoir  ainsi  defie  de  la  prevoyance  de  la  nature,  plus  interessee  que  moi  ä la 
Conservation  de  ces  petites  creatures.  Eeus  Heu  d’etre  content  de  ma  resolution,  car  en  p>eu  de  minutes  la  sangsue  fit 
disparaitre  avec  sa  bouche  un  gros  repli  qui  aurait  excessivement  retreci  la  capacite  de  cette  espece  d’ovaire,  au  preju- 
dice  des  petits , qui  devaient  y croitre  et  sejourner  pour  assez  long  - temps  k.  (Man  vergleiche  über  die  Bildung 
der  Nephelis-Kier  weiter  die  Beobachtungen  von  Dalyell  , the  poivers  of  the  creator.  London  1 853.  Vol.  II.  p.  1 . 
Anm.  des  Herausgebers.) 


6 


NepJielis  vulgaris. 


in  denen  ich  eine  Nejylielis , die  ihr  Ei  an  die  Wandung  eines  Standglases  abgesetzt  hatte, 
beobachtete,  sah  ich,  dass  innerhalb  desselben,  wenn  es  von  der  Mutter  an  das  Glas  angedrückt 
wurde,  die  Dotter  wie  in  reinem  Wasser  hin  - und  herflottirten.  Auch  bemerkte  ich  mehrmals 
bei  dem  OefFnen  frisch  gelegter  Eier,  dass  ihr  Eiweiss,  welches  übrigens  nach  einer  Vermischung 
mit  einigen  Wassertropfen  schwach  milchig- weiss  wurde,  in  hohem  Grade  dünnflüssig  war. 
Drei  oder  vier  Stunden  nach  dem  Legen  findet  man  das  Eiweiss  aber  schon  zu  einer  dicken  und 
zähen  gallertartigen  Älasse  erhärtet.  Noch  später,  wenn  sich  aus  den  Dottern  Embryonen  ent- 
wickeln, wird  diese  Substanz  allmählich  wieder  flüssig.  Und  zwar  beginnt  dann  ihre  Verflüssi- 
gung zunächst  um  die  eigene  Hülle  eines  jeden  Dotters,  der  sich  zu  einem  Embryo  ausbildet, 
worauf  sie  von  da  aus  immer  weiter  vorschreitet. 

Nach  dem  Angeführten  können  die  Körper,  welche  von  der  Nephelis  vulgaris  gelegt 
werden  und  in  denen  sich  die  .Jungen  dieses  Wurms  entwickeln,  im  Vergleich  mit  den  Eiern  der 
Wirbelthiere  nur  uneigentlich  Eier  genairnt  werden,  da  ein  solcher  Körper  ein  Haufen  von 
Dottern  ist,  die  nebst  einer  gallertartigen  Substanz  von  einer  festen  äussern  Hülle  zusammen- 
gehalten werden,  und  diese  ihre  gemeinschaftliche  Hülle  einen  ganz  andern  Ursprung,  mithin 
auch  eine  andere  Bedeutung  hat,  als  das  Chorion,  womit  die  Eier  der  meisten  Wirbelthiere 
versehen  sind. 


§.  3. 

Die  Bildung  von  Embryonen  aus  den  Dottern  einer  Nephelis  beginnt  erst  ausserhalb 
des  mütterlichen  Leibes.  Eine  wie  lange  Zeit  nach  dem  Absetzen  der  Eier  darüber  vergeht,  bis 
aus  ihnen  die  Embryonen  hervorkommen,  ist  mir  unbekannt:  doch  kann  ich  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit angeben,  dass  dieselbe  etliche  Wochen  beträgt,  weil  ich  im  Verlaufe  von  dr-ei 
und  selbst  mehreren  Tagen  die  Embryonen  nur  sehr  wenig  habe  an  Grösse  zunehmen  sehen. 
.\uch  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Länge  dieser  Zeit  nach  der  Temperatur  des  Wassers, 
in  dem  sich  das  Ei  befindet,  eine  verschiedene  ist.  — Von  den  Dottern,  die  sich  in  einem  Ei 
befinden,  verderben  und  zergehen  zuweilen  einige,  ohne  dass  sich  aus  ihnen  ein  Embryo  zu  ent- 
wickeln angefangen  hätte.  Auch  gelangen  nicht  alle  in  einem  Ei  entstandenen  Embryonen  zu 
voller  Reife:  denn  nicht  gar  selten  stirbt  einer,  oder  sterben  einige  von  ihnen  früher  oder  später 
ab,  obgleich  die  übrigen  sich  immer  weiter  entwickeln.  Diejenigen  aber,  welche  sich  in  einem 
und  demselben  Ei  so  weit  entwickelt  haben,  dass  sie  es  verlassen  und  ein  selbstständiges  Leben 
beginnen  können,  besitzen  zwar  sämmtlich  zu  der  Zeit,  da  dies  geschieht,  schon  die  Gestalt 
ihrer  Eltern,  sind  jedoch  dann  nicht  von  gleicher,  sondern  von  verschiedener  Grösse,  weil 
immer  einige  in  ihrer  Entwickelung,  seit  dem  Beginn  derselben,  hinter  den  übrigen  mehr  oder 

1)  Aehnliche  Eischläuche  finden  sich  bekanntlich  auch  bei  andern  Würmern  aus  der  Gruppe  der 
Ilirudineen  , bei  Lumbricinen  , Nemertinen  und  selbst  bei  zahlreichen  Mollusken,  besonders  Schnecken,  vergl. 
Leuckart.  Art.  Zeugung  in  ^Vagner’s  Handwörterbuch  der  Physiologie.  (Bd.  IV.  S.  89S.)  — Anra.  des  Heraus- 
gebers. 


Erste  Periode  des  Fruclitlehens . 


I 


weniger  weit,  und  mitunter  sogar  bedeutend,  Zurückbleiben.  Die  Länge  der  grössten , die  ich 
habe  aus  den  Eiern  ausschlüpfen  sehen,  betrug  2 Linien. 

Das  Fruchtleben  der  Nephelis  oder  der  Zeitraum,  in  dem  sie  innerhalb  desijEies  sich 
so  weit  entwickelt,  dass  sie  aus  demselben  ausschlüpfen  und  ein  selbstständiges  Leben  beginnen 
kann,  lässt  sich  am  passendsten  in  3 Perioden  abtheilen.  Die  eine  derselben  reicht  von  dem 
Legen  der  Eier  bis  zu  der  Bildung  der  Mundöffnung  bei  dem  Embryo,  die  zweite  von  der  Bil- 
dung der  Mundöffnung  bis  zu  der  Bildung  des  hinteren  Saugnapfes,  die  dritte  von  der  Bildung 
dieses  Napfes  bis  zu  dem  Auskriechen  des  Embryos  aus  dem  Eie.  Die  erste  Periode  ist  am 
kürzesten,  die  letzte  wenigstens  so  lang,  wie  die  beiden  andern  zusammengenoramen. 

Abbildungen  der  Eier  von  Nephelis  'oulgaris  haben  gegeben ; Eayer  in  den  Annales 
des  Sciences  naturelles.  Bd.  IV.  Tafel  10  Figur  1 bis  6 und  Moquin- Tandon  in  seiner  Mono- 
graphie de  lafamille  des  Hirudinees  Paris  1827.  Tafel  6.  Fig.  4.  — Abbildungen  von  Embryo- 
nen dieses  Wurms  sind  mir  nicht  bekannt. 


Erste  Periode  des  Fniclitlebens. 

Die  Entwickelung  einer  Frucht  aus  dem  Dotter  der  Nephelis  wird  durch  eine  totale  Durch- 
furchung  und  Zerklüftung  desselben  eingeleitet,  wobei  dieser  sich  zugleich  nicht  unbedeutend  ver- 
grössert.  Ehe  aber  eine  solche  Klüftung  beginnt,  entsteht  zwischen  dem  Dotter  und  der  ihn  ur- 
sprünglich knapp  einhüllenden  Dotterhaut  ein  ziemlich  weiter  Zwischenraum,  der  sich  hei  einer 
Beleuchtung  von  unten  in  der  Regel  als  einen  schmalen,  zuweilen  aber  als  einen  ziemlich  breiten 
ringförmigen  Hof,  oder  auch,  obwohl  nur  selten,  als  einen  halbmondförmigen  Hof  darstellt,  und 
mit  einer  dünnen,  farblosen  und  ganz  klaren  tropfbaren  Flüssigkeit  erfüllt  ist.  (Taf.  I.  Fig.  1., 
die  nach  einem  zwei  Stunden  alten  Eie  gefertigt  ist.)  Demnächst  erscheint  in  diesem  Zwischen- 
räume eine  kleine  Kugel,  die  scharf  begrenzt,  ganz  farblos  und  in  der  Regel  völlig  klar  und  hell 
ist,  selten  in  ihrer  Mitte  ein  Körperchen  oder  einige  wenige  Körperchen  von  einem  derartigen 
Aussehen  enthält,  wie  es  die  kleinsten  Dotterkörperchen  haben.  Zuweilen  aber  erscheinen  statt 
einer  einzigen  solchen  Kugel  zwei  nahe  bei  einander  liegende  und  an  Grösse  ungleiche,  von 
denen  wohl  jedenfalls  die  kleinere  die  später  zum  Vorschein  gekommene  ist.  (Taf.  I.  Fig.  1 bis 
13,  c.)  Ohne  sich  in  ihrer  Beschaffenheit  zu  verändern,  bleihen  diese  Kugeln  fast  so  lauge  be- 
stehen, wie  die  Dotterhaut  j nämlich  bis  über  die  Mitte  der  ersten  Periode  hinaus;  dann  aber 
vergehen  sie  und  verschwinden  spurlos,  nachdem  sie  vorher  an  Umfang  ein  wenig  zugenommen 
und  ihren  scharfen  Umriss  mehr  und  mehr  verloren  haben.  (Taf.  I.  Fig.  13,  c.) 

Der  angeführte  Raum,  der  schon  bald  nach  der  Absetzung  des  Eies  zwischen  dem  Dot- 
ter und  der  Dotterhaut  entstanden  ist,  und  die  wasserdünne  Flüssigkeit,  die  ihn  ausfüllt,  bleiben, 
während  der  Dotter  durchfurcht  wird  und  sich  dabei  vergrössert.  Ja,  trotz  dieser  Vergrösserung 


8 


Nejyhelis  vulyaris. 


nimmt  der  Zwischenraum  unter  einer  langsam  vor  sich  gehenden  Ausweitung  der  Dotterhaut 
eine  Zeit  lang  noch  an  Umfang,  wie  die  Flüssigkeit  an  Menge  zu.  Es  kann  daher  diese  dünne 
Hüssigkeit  nicht  etwa  aus  dem  Dotter  ausgeschieden  sein.  Sie  muss  vielmehr  durch  die  Dot- 
terhaut von  aussen  , namentlich  aus  dem  ursprünglich  flüssigen  und  nachher  gallertartig  ge- 
wordenen Eiweiss  hindurchdringen,  nachdem  dieses  wieder  seinen  Aggregatzustand  zu  ändern 
und  flüssig  zu  werden  angefangen  hat.  (§.  1.)  Was  aber  die  kleine  Kugel  anbetritft,  welche 
vor  dem  Beginn  der  Durchfurchung  des  Dotters  zwischen  diesem  und  seiner  häutigen  Hülle  er- 
scheint, so  dringt  sie,  wie  ich  einige  Mal  gesehen  habe,  ziemlich  langsam  aus  dem  Dotter  her- 
vor, worauf  nachher  zuweilen  an  derselben  Stelle,  an  welcher  sie  heraustrat,  noch  eine  zweite 
zum  Vorschein  kommt.  Es  fragt  sich  nun,  wofür  man  diese  Kugeln,  die  zwar  scharf  begrenzt 
sind,  doch  bei  einer  Beleuchtung  von  unten  keinen  besonders  breiten  dunkeln  Rand  zeigen,  zu 
halten  habe?  Heinrich  Frey,  von  dem  vor  mehreren  Jahren  einige  Mittheilungen  über  die 
Entwickelung  der  Nephelis  vulgaris  gemacht  worden  sind,  hat  sie  für  Zellen  mit  blassen  und 
dünnen  Rändern  ausgegeben,  doch  dabei  erklärt,  dass  ihm  ihre  Bedeutung  räthselhaft  geblie- 
ben sei.  Eine  solche  Kugel  aber  hat  keine  häutige  Wandung,  und  ist  nichts  weiter,  als  ein 
sehr  kleiner  Theil  des  an  sich  klaren  und  etw'as  gallertartigen  flüssigen  Bindemittels  der  Dotter- 
körperchen (des  Liquor  vitelli),  den  der  Dotter  vor  dem  Beginn  seiner  Durchfurchung  aus  sich 
hervorgetrieben  und  ausgestossen  hat.  Ein  Gleiches  geschieht  auch  bei  dem  Dotter  vieler  (oder 
der  meisten?)  Gasteropoden  — worüber  ich  bereits  vor  einigen  Jahren  mich  geäussert  habe^)  — , 
so  Avie  nach  Bischoff’s  Beobachtungen  bei  dem  Dotter  des  Hunde -Eies  und  des  Kaninchen - 
Eies^),  vielleicht  sogar  ganz  allgemein  bei  den  Eiern  mit  totaler  Dotterfurchung. 


§.  5. 

Um  dieselbe  Zeit,  in  der  aus  dem  Dotter  ein  Theil  des  Bindemittels  seiner  Form- 
elemente (oder  des  Liquor  vitelli)  als  ein  einfacher  oder  doppelter  kleiner  Tropfen  hervordringt, 
oder  selbst  noch  etwas  früher,  jedenfalls  vor  der  beginnenden  Durchfurchung,  begeben  sich  die 
innersten , zunächst  um  den  Mittelpunkt  der  Dotter  gelegenen  Körnchen  weiter  nach  aussen. 
Es  ist  das  wohl  ein  Zeichen,  dass  die  provisorischen  Formelemente  des  Dotters  immer  dichter 
zusammenrücken.  In  Folge  davon  entsteht  allmählich  in  der  Mitte  des  Dotters  (wie  die  erste 
Figur  der  ersten  Tafel  andeutet)  eine  verhältnissmässig  ziemlich  grosse  helle  Masse,  die  dieser 
Körperchen  entbehrt  und  völlig  klar  ist.  Sie  hat  die  Gestalt  einer  Kugel,  ist  dabei  aber  an- 
fangs ohne  scharfe  Begrenzung,  und  stellt  gleichsam  einen  Kern  für  den  ganzen  Dotter 


1)  Göttingische  gelehrte  Anzeigen.  Jahrgang  1845,  Seite  276  bis  286. 

2)  Wiegmann’s  Archiv  für  Naturgeschichte.  Jahrgang  1848,  Seite  157  bis  162.  — Bei  Firoloides  sah 
LeüCKART  dieses  Tröpfchen  gleichfalls  aus  dem  Dotter  hervorqueilen.  Zoologische  Untersuchungen , Giessen 
1854,  Heft  III.  S.  65. 

3)  Entwickelungsgeschichte  des  Hunde -Eies.  Braunschweig  1845.  S.  37,  38,  39  und  45.  Entwicke- 
lungsgeschichte des  Kaninchen -Eies.  Braunschweig  1842.  S.  54,  76. 


Erste  Periode  des  Fruchtlebens, 


9 


dar.*)  Noch  etwas  später  tlieilt  sich  diese  zähflüssige  Masse  in  zwei  kugelförmige  Hälften,  die 
sich  von  einander  trennen  und  darauf  allmählich  aus  einander  weichen.  Gleichzeitig  giebt  der 
Dotter  seine  Kugelform  auf  und  plattet  sich  so  ab,  dass  er  in  einer  ähnlichen  .\rt,  wie  die 
Frucht  der  Linse  [Ervum  lens)  zwei  einander  gegenüberliegende  mässig  stark  gewölbte  Seiten 
und  einen  abgerundeten  dicken  Rand  erkennen  lässt.  Dabei  wird  derselbe  aber  nicht  linsen- 
förmig rund,  sondern  ein  wenig  und  zwar  so  gestreckt,  dass  er,  von  einer  seiner  beiden  Seiten 
angesehen,  schwach  oval  erscheint.  (Taf.  I.  Fig.  2.)  Auch  entsteht  jetzt,  während  er  eine 
solche  etwas  längliche  Form  annimmt,  ungefähr  in  der  Mitte  seiner  einen  Seite,  wo  aus  ihm 
schon  eine  kleine  Quantität  seines  flüssigen  Bestandtheiles  hervorgedrungen  ist,  eine  seichte 
Querfurche,  die  darauf  in  kurzer  Zeit  an  Tiefe  und  noch  mehr  an  Länge  zunimmt,  so  dass  sie 
bald  nachher  eine  mässig  tiefe  und  den  Dotter  unvollständig  in  zwei  Hälften  theilende  Ring- 
furche darstellt.  (Taf.  I.  Fig.  3.)  Ist  dies  geschehen,  so  erscheinen  die  beiden  Hälften  oder 
ersten  Furchungsballen,  in  welche  sich  der  Dotter  getheilt  hat,  anfangs  als  ein  Paar  ungefähr 
halbkugelförmige,  dicht  an  einander  angeschlossene  und  an  Grösse  einander  gleiche  oder  doch 
beinahe  gleiche  INIassen,  von  denen  eine  jede  im  Innern  die  eine  Hälfte  des  vorhin  erwähnten 
klaren  Dotterkerns  enthält.  Später  aber  runden  sich  dieselben  zu,  indess  die  zwischen  ihnen 
befindliche  Ringfurche  breiter  und  auch  tiefer  wird.  Sie  gewinnen  eine  Aehnlichkeit  mit  ganzen 
Kugeln  und  werden  an  Grösse  mehr  oder  weniger  ungleich,  indem  sich  die  eine  von  ihnen  eine 
grössere  Quantität  der  um  den  Dotter  abgelagerten  und  von  dem  Eiweiss  hergegebenen  Flüssig- 
keit aneignet,  als  zu  derselben  Zeit  die  andere.  (Taf.  I.  Fig.  4.) 

Weiterhin  giebt  derjenige  Furchungsballen  des  Dotters,  welcher  sich  am  meisten  ver- 
grössert  hat,  seine  Kugelform  auf  und  nimmt  entweder  die  Form  einesOvals  oder  die  Form  einer 
dicken  Bohne  an , in  welchem  letztem  Falle  er  dem  andern  Ballen  mit  seiner  concaven  Seite  zu- 
gekehrt und  angeschlossen  ist.  Gleichzeitig  theilt  sich  der  in  ihm  befindliche  Kern , der  bis 
dahin  die  Form  einer  Kugel  behalten  hatte,  aber  etwas  dichter  und  gallertartiger  gcAvorden  war, 
in  zwei  Hälften,  die  sich  wieder  zu  Kugeln  abrunden  und  allmählich  in  der  Richtung  des  gröss- 
ten Durchmessers  des  gleichzeitig  in  die  Länge  sich  streckenden  Ballens  auseinanderrücken. 
(Taf.  I.  Fig.  5.)  Darauf  aber  entsteht  an  diesem  Ballen  ungefähr  in  der  Mitte  seiner  Länge 
eine  Ringfurche,  durch  die  er  in  zwei  kleinere  Ballen  geschieden  wird,  die  sich  in  kurzer  Zeit 
zu  Kugeln  abrunden,  und  von  denen  ein  jeder  wieder  seinen  besondern  klaren  und  etwas  gallert- 
artigen Kern  hat.  (Taf.  I.  Fig.  6.)  Noch  etwas  später  findet  derselbe  Vorgang  auch  an  der 
andern  Hälfte  des  Dotters  statt,  nachdem  diese  ebenfalls  an  Umfang  und  Masse  zugenom- 
men hat. 


1)  Eine  gleiche  Erscheinung  habe  ich  auch  an  den  Dottern  von  Lymnaeus,  Planorbis,  Paludina  impura 
und  Succinea  amphibia  bemerkt,  in  denen  sich  aber  die  Masse , welche  vor  dem  Beginn  der  Durchfurchung  des 
Dotters  einen  Kern  für  denselben  darstellt,  viel  zäher  erwies,  als  der  übrige  Theil  des  Bindemittels  der  Dotter- 
körperchen. In  Folge  vielfach  wiederholter  Untersuchungen  kann  ich,  wie  das  später  noch  besonders  begründet 
werden  soll,  die  Ansicht  nicht  theilen,  dass  die  Kerne  der  Furchungsballen  aus  den  Keimbläschen  entstehen 
(Letdig,  Lehrbuch  der  Histologie  §.  10). 

R a t h k e , Entwicklung  der  Hirudineen. 


2 


10 


Nephclis  vulgaris. 


Wenige  Stunden  nach  dem  Beginn  der  Durchfurchung  besteht  demnach  der  Dotter, 
der  im  Ganzen  während  der  angegebenen  Veränderungen  seine  von  zwei  Seiten  etwas  abgeplattete 
Form  beibehalten  hat,  aus  4 um  seine  imaginäre  Achse  herumliegenden,  mit  einem  gallertarti- 
gen Kern  versehenen  und  äusserlich  durch  ziemlich  tiefe  und  breite  Furchen  gegen  einander  ab- 
gegrenzten Ballen,  die  sämmtlich  die  Form  von  Kugeln  haben.  Nur  eine  kurze  Zeit  aber  be- 
halten diese  4 Ballen,  die  übrigens  nicht  immer  an  Grösse  einander  gleich,  sondern  meistens 
etwas  ungleich  sind,  die  Form  von  Kugeln  bei;  denn  bald  nach  ihrer  Entstehung  drängen  sie 
sich  dicht  zusammen,  platten  sich  gegen  einander  ab  und  erscheinen  dann,  von  der  einen  oder 
der  andern  Seite  des  Dotters  angesehen,  als  unregelmässig  dreieckige  Körper,  deren  periphe- 
rische, den  Rand  des  Dotters  zusammensetzende  Seiten  oder  Grundflächen  stark  convex  sind, 
ohne  sich  dabei  jedoch  in  Hinsicht  der  Grösse,  wie  der  Form  vollständig  zu  gleichen. 
(Taf.  I.  Fig.  7.) 

Nachdem  sich  der  Dotter  in  4 Abschnitte  oder  Ballen  getheilt  hat,  erfahren  3 von 
ihnen  eine  längere  Zeit  hindurch  keine  besonders  bedeutende  Veränderung.  Sie  werden  nur 
etwas  umfangreicher,  gleichen  sich  in  ihrer  Grösse  und  Form  gegen  einander  völlig  oder  doch 
beinahe  völlig  aus,  und  wölben  sich  auch  meistens  gegenüber  der  Achse  des  Dotters  stärker 
hervor,  indess  von  den  bereits  entstandenen  und  wie  IMeridiane  verlaufenden  4 Furchen  des 
Dotters  die  beiden  zwischen  ihnen  befindlichen  breiter  und  tiefer  werden.  Der  vierte  Ballen  aber 
vermehrt  sich  in  derselben  Zeit  durch  eine  mehrmalige  Theilung,  worauf  dann  seine  Abkömm- 
linge, die  zusammen  einen  grössern  Raum  einnehmen , als  je  die  übrigen  Ballen , sich  in  einer 
verschiedenen  Weise  entwickeln  und  noch  weiter  vermehren.  (Taf.  I.  Fig.  8 bis  16.) 

Nach  dem  Angeführten  zeigt  also  der  Dotter  einer  Nephelis  in  seiner  Durchfurchung 
oder  Zerklüftung  ein  Verhalten,  das  von  demjenigen,  welches  namentlich  der  Dotter  eines  Hun- 
des, Kaninchens,  Frosches,  Lymnaeus  und  noch  mancher  andern  Schnecken  bemerken  lässt, 
sehr  abweicht.*)  Denn  nachdem  an  ihm  die  erste  Furche  entstanden  ist,  und  ihn  ringförmig 
umfasst  hat,  bildet  sich  an  ihm  nicht  ebenfalls,  wie  an  den  Dottern  der  erwähnten  Thiere,  eine 
dieser  Furche  gleiche  zweite,  von  der  die  erste  an  zwei  einander  gegenüberliegenden  Stellen  unter 
rechten  Winkeln  geschnitten  würde,  so  dass  nunmehr  die  Hälften  beider  Furchen  4 Meridiane 
darstellten,  die  eben  so  viele  Ballen  äusserlich  gegen  einander  ahgrenzten,  sondern  es  bildet 
sich  an  ihm  nach  einer  entstandenen  Ringfurche  zunächst  nur  eine  Meridianfurche,  worauf 
dann  einige  Zeit  nachher  zu  ihr  noch  eine  andere  solche  Furche  hinzukommt.  Ferner  haben  an 
dem  Dotter  der  Nephelis,  wenn  an  ihm  bereits  4 Meridianfurchen  verkommen,  diese  gewöhnlich 
nicht  eine  solche  regelmässige  Lage  zu  einander,  dass  je  2 von  ihnen  eine  Ringfurche  zusam- 
mensetzten, wie  es  an  den  Dottern  der  vorhin  erwähnten  Thiere  zu  einer  gewissen  Zeit  der  Fall 
ist,  sondern  eine  mehr  oder  weniger  unregelmässige.  Auch  entstehen  bei  ihm  weiterhin  nicht 


1)  Dass  es  freilich  auch  Arten  giebt,  die  sich  durch  die  Art  ihrer  Dotterklüftung  an  Nephelis  an- 
schliessen , beweisen  u.  a.  die  Beobachtungen  von  Gegenbaur  an  Hyalea  und  Tiedemannia , Untersuchungen 
über  Pteropoden  und  Heteropoden.  Leipzig  1855,  Tab.  II.  und  III. 


Erste  Periode  des  Fruchtlehens. 


1 I 

gleichzeitig  an  allen  4 Hallen,  die  durch  diese  Furchen  äusserlich  gegen  einander  abgegrenzt 
werden,  neue  Furchen,  sondern  nur  an  dem  einen  von  ihnen,  indess  die  übrigen  eine  ebene 
Oberfläche  behalten. 

§•  6- 

Wenn  die  Entwickelung  des  Dotters  bereits  so  weit  vorgeschritten  ist,  dass  derselbe 
aus  4 Abschnitten  oder  Furchungsballen  besteht,  bildet  sich  an  dem  einen  von  ihnen,  nachdem 
er  sich  in  der  Richtung  von  der  Achse  des  Dotters  zu  dem  Rande  desselben  etwas  verlängert 
hat,  eine  ihn  der  Quere  nach  umgebende  Ringfurche  , wodurch  er  in  zwei  neue  Ballen  getheilt 
wird,  von  denen  der  eine  in  der  erwähnten  Richtung  nach  aussen  vor  dem  andern  liegt,  der 
eine  also  an  die  Achse  des  Dotters  angrenzt,  der  andere  aber,  der  breiter  und  überhaupt  grösser, 
als  jener  ist,  einen  Theil  von  dem  Rande  des  Dotters  darstellt.  Gleich  darauf  entsteht  eine 
Ringfurche  an  dem  äussern  von  diesen  beiden  Ballen,  die  aber  eine  radiale  Richtung  hat,  in 
den  Rand  des  Dotters  einschneidet  und  den  letzten  Ballen  in  zwei  neben  einander  liegende  und 
einander  völlig  gleiche  kleinere  theilt.  (Taf.  I.  Fig.  8.)  Ist  dies  geschehen,  so  bildet  sich  auch 
an  dem  erstem  oder  innern  Ballen , nachdem  er  sich  vorher  besonders  in  die  Breite  vergrössert 
hat,  eine  Ringfurche,  die  gleichfalls  eine  Richtung  von  der  Achse  des  Dotters  nach  dem  Rande 
desselben  nimmt,  und  durch  die  er  ebenfalls  in  zwei  neben  einander  liegende  und  einander 
gleiche,  aber  den  beiden  Abkömmlingen  jenes  andern  oder  äussern  Ballens  an  Grösse  ein  Avenig 
nachstehende,  kleinere  getheilt  Avird.  (Taf.  I.  Fig.  9.)  Einige  Zeit  nach  dem  Beginn  der  Durch- 
furchung des  Dotters  kommen  also  an  ihm  4 im  Verhältniss  zu  seinem  Umfange  nur  sehr  mässig 
grosse  Ballen  vor,  die  sich  zwischen  ZAvei  bedeutend  grössere  gleichsam  eingekeilt  befinden, 
dicht  und  paarAveise  beisammen  liegen  und  an  jeder  mn  den  beiden  Seiten  des  Dotters  so  her- 
vorragen, dass  sie  an  ihm  eben  so  AÜele  niedrige  und  abgerundete  Hügel  bilden.  Wie  ein  jeder 
von  den  3 übrigen  oder  grössern  Ballen  des  Dotters,  die  sich  noch  nicht  vermehrt  haben,  be- 
steht auch  jeder  von  ihnen  zum  kleineren  Theil  aus  einem  etwas  gallertartigen  Kern  ohne  Kern- 
körper und  häutige  Wandung,  zum  grössern  aber  aus  einer  diesen  Kern  umgebenden  dicken 
Rinde,  die  aus  einer  Menge  von  Dotterkörperchen  und  einer  Partie  der  dickliclien  Dotterflüs- 
sigkeit zusammengesetzt  ist. 

Anfangs  bilden  von  den  angeführten  4 kleinern  Ballen  die  des  äusseren  Paares , Avie 
schon  aus  der  oben  gemachten  Bemerkung  über  ihre  Entstehung  zu  entnehmen  gcAvesen  sein 
wird,  einen  Theil  des  Dotterrandes  und  springen  an  demselben  als  ZAvei  Hügel  ziemlich  weit 
vor.  (Taf.  I.  Fig.  9.)  Allmählich  aber,  und  ZAvar  ziemlich  rasch,  nämlich  schon  nach  Avenigen 
Stunden,  wachsen  die  beiden  anliegenden  Dotterballen  um  diese  vier  kleinen  Ballen  hcnum.  Sie 
erheben  sich  an  den  Seitenrändern  derselben,  kommen  nach  aussen  von  ihnen  einander  bis  zur 
innigen  Berührung  immer  näher  und  umfassen  sie  zuletzt  dermassen , dass  dieselben  an  der 
Bildung  des  Dotterrandes  nicht  länger  mehr  Theil  haben  , sondern  neben  demselben , obschon 
ziemlich  oberflächlich,  liegen.  Man  findet  also  die  Abkömmlinge  des  einen  der  4 grössern  Fur- 
chungsballen , in  welche  der  Dotter  anfangs  getheilt  AAar,  kurze  Zeit  nach  ihrer  Entstehung 


f 


1 2 Nephelis  vulgaris. 

von  den  3 übrigen,  die  sich  inzwischen  nicht  vermehrt  haben,  wie  von  einem  Ringe  derart  ein- 
gefasst, dass  sie  dem  Rande  des  Dotters  zwar  an  einer  Stelle  ziemlich  nahe  liegen,  im  Uebrigen 
aber  davon  beträchtlich  weit  entfernt  sind.  (Taf.  I.  Fig.  10.) 

Anmerkung.  Die  In  dem  Dotter  erfolgenden  Entwickelungsvorgänge,  welche  ich  in  dem 
Vorstehenden  beschrieben  habe,  sind  zum  Theil  schon  von  H.  Fket  bemerkt  und  in  dem  früher 
erwähnten  Aufsatze  (Göttingische  gelehrte  Anzeigen,  Jahrgang  1845)  angegeben  worden.  Auch  die- 
ser Beobachter  nahm  wahr,  dass  sich  der  Dotter  von  Nephelis  vulgaris  erst  in  zwei  Kugeln  und 
darauf  in  4 Segmente  theilt,  von  denen  jedes  im  Innern  einen  besondern  Körper  ( Embrjmnalzelle 
nach  Frey)  enthält.  Weitere  Theilungen  aber  konnte  er  nach  seiner  eigenen  Angabe  nicht  auffin- 
den , namentlich  niemals  etwas , das  einer  Achttheilung  oder  einer  Maulbeerform  des  Dotters  anderer 
Thiere  entsprochen  hätte ; wohl  aber  fand  er  den  Dotter  in  dem  frühesten  Stadium  der  Entwickelung 
am  häufigsten  so  gestaltet , dass  derselbe  eine  aus  3 mit  einander  verbundenen  Kugelsegmenten  be- 
stehende Masse  darstellte,  von  denen  jedes  einen  für  eine  Zelle  gehaltenen  Kern  einschloss.  Weiter- 
hin war  nach  seiner  Angabe  der  mittlere  Theil  dieser  Masse  da,  wo  die  3 Kugelsegmente  zusammen- 
stiessen,  verdickt , und  in  demselben  befanden  sich  4 neue  deutlich  gekernte  Zellen  ( oder  vielmehr 
kleinere  Furchungsballen).  In  andern  Dottern  hatten  sich  zu  diesen  mittlern  Zellen  noch  einige  neue 
hinzugesellt,  so  dass  deren  dann  6 oder  8 oder  noch  mehrere  vorhanden  waren.  Die  Entstehung 
der  letztem  Form  aus  der  frühem,  nämlich  aus  der  sogenannten  Viertheilung,  konnte  jedoch  Frey, 
wie  er  selbst  geäussert  hat,  aller  angewandten  Mühe  ungeachtet  nicht  wahrnehmen.  Üebrigens 
schien  ihm  die  angeführte  Umwandlung  des  Dotters  — wie  es  auch  in  der  That  unter  günstigen 
äussern  Verhältnissen  der  Fall  ist,  — sehr  rasch  vor  sich  zu  gehen,  denn  schon  nach  einigen  Stun- 
den hatte  sich  der  in  4 Theile  zerklüftete  Dotter  in  die  letzterwähnte  Form  metamorphosirt , welche 
er  dann  mehrere  Tage  beibehielt.  Frey  vermuthete  nun,  dass  eines  der  4 Segmente  des  viergetheil- 
ten  Dotters  seine  Lage  verändert,  indem  es  allmählich  weiter  nach  dem  Centrum  des  Dotters  hinrückt, 
wobei  es  sich  zwischen  die  beiden  benachbarten  Segmente  eindrängt,  und  dass  es  zu  derselben  Zeit 
auch  seine  Form  in  eine  mehr  glatte  (platte?)  und  breite  umwandelt.  Diese  Vermuthung  aber  ist 
zwar  insofern  zutreflFend , als  das  eine  Segment  des  Dotters  in  der  That  eine  andere  Lage  erhält  und 
seine  Form  verändert,  nicht  jedoch  auch  darin,  dass  es  sich  zwischen  zwei  ihm  benachbarte  ein- 
drängt und  seine  Form  in  eine  mehr  glatte  umwandelt.  Vielmehr  wird  dasselbe,  nachdem  es  sich 
vorher  in  etliche  kleinere  getheilt  hat,  an  seiner  dem  Centrum  des  Dotters  abgekehrten  Grundfläche 
von  zwei  ihm  benachbarten  umwachsen,  ausserdem  aber  allmählich  uneben,  indem  die  an  den  beiden 
Seiten  des  Dotters  nach  aussen  hervorragenden  Theile  der  Ballen,  in  welche  es  sich  zerklüftet  hat, 
immer  stärker  hervortreten.  Zu  dieser  Bemerkung  muss  ich  indess  hinzufügen,  dass  es  mir  im  Laufe 
von  zwei  Sommern,  aller  angewandten  Mühe  ungeachtet,  eben  so  wenig,  wie  Herrn  Frey,  gelingen 
wollte,  zu  ermitteln,  wie  aus  einem  viertheiligen  Dotter  der  Nephelis  jene  Form  desselben,  die  ich 
oben  zuletzt  beschrieben  habe,  zu  Stande  kommt,  bis  ich  in  einem  dritten  Sommer  mehrmals  erst 
unlängst  gelegte  und  viertheilige  Dotter  enthaltende  Eier,  deren  Hülle  ungewöhnlich  dünn  und  durch- 
sichtig war,  einige  Stunden  hindurch , ohne  sie  geöffnet  zu  haben , beobachtet  und  die  in  ihnen  vor- 
handenen Dotter  sich  unter  meinen  Augen  weiter  entwickeln  sah.  ') 


1)  Robin,  der  neuerdings  {l’Inst.  1861.  ?s.  1443.  p.  291.)  die  Furchung  von  Nephelis  und  andern 
Hirudineen  näher  untersuchte , lässt  die  vier  kleinen  Furchungsballen  nicht  durch  Theilung  eines  grossem  ent- 
stehen, sondern  von  dem  einen  Pole  der  persistirenden  vier  grossen  Ballen  hervorknospen.  So  weit  ich  indessen 
beobachten  konnte,  dürfte  die  Darstellung  von  Rathke  zutreffend  sein.  Ich  konnte  wenigstens  neben  den  vier 
kleinern  Furchungsballen  immer  nur  drei  grössere  Dotterballen  unterscheiden.  Anm.  des  Herausgebers. 


Erste  Periode  des  Fruchtlehens . 


13 


§•  7. 

Bald  nachdem  die  4 kleinern  Ballen  des  Dotters,  die  aus  dem  einen  von  den  4 grossem 
entstanden  waren,  von  den  3 übrigen  grossem  wie  von  einem  Ringe  eingefasst  sind,  findet  man 
an  ihrer  Stelle  zwölf  kleinere,  die  sämmtlich  eine  rundliche  Form  und  eine  gleiche  Beschaffen- 
heit haben.  Acht  von  ihnen  liegen  oberflächlich  und  sind  so  vertheilt,  dass  vier  an  jeder  Seite 
des  ziemlich  stark  abgeplatteten  Dotters  Vorkommen,  an  der  sie  hügelartig  hervorragen  und  zu 
einander  eine  eben  solche  Lage  haben , wie  die  hervorragenden  Theile  der  4 Ballen , in  die  sich 
der  eine  grössere  zerklüftet  hatte.  (Taf.  I.  Fig.  10  bis  13,  e,  e und  f,  f.)  Die  übrigen  4 von 
ihnen  befinden  sich  in  der  Tiefe  des  Dotters,  liegen,  in  einer  Schicht  ausgebreitet,  in  der  Mitte 
zwischen  jenen  oberflächlichen  und  sind  in  Hinsicht  ihrer  Lage  zu  einander  eben  so  geordnet, 
wie  jene  erstem  an  den  beiden  Seiten  des  Dotters.  Im  Ganzen  kommen  also  in  dem  Dotter, 
wenn  er  in  seiner  Entwickelung  fortschreitet,  zu  einer  gewissen  Zeit  3 Schichten  von  kleinem 
Furchungsballen  vor,  von  denen  eine  die  Mitte  zwischen  zwei  oberflächlich  gelegenen  einnimmt, 
(Taf.  I.  Fig.  11,  g,  g.)  jede  aber  aus  4 dergleichen  paarweise  geordneten  und  dicht  bei  einander 
liegenden  Ballen  besteht.  Bei  der  ziemlich  grossen  Durchsichtigkeit,  die  der  ganze  Dotter  be- 
sitzt, schimmern  die  der  mittlern  Schicht,  besonders  aber  ihre  verhältnissmässig  recht  grossen 
Kerne,  durch  die  der  oberflächlichen  Schichten,  von  welcher  Seite  man  den  Dotter  betrachten 
mag,  ziemlich  deutlich  hindurch.  Von  den  4 an  jeder  Seite  des  Dotters  oberflächlich  gelegenen 
sind  übrigens  die  desjenigen  Paares,  welches  dem  Rande  am  nächsten  ist,  etwas  grösser,  als 
die  des  andern  Paares.  Jene  und  diese  aber  liegen  an  der  einen  Seite  des  Dotters  denen  der 
andern  Seite  desselben  genau  gegenüber,  wie  ich  in  zwei  Fällen  gesehen  habe,  in  denen  nach 
dem  Oeffnen  und  Entleeren  eines  Eies  ein  Dotter  — was  höchst  selten  geschieht  — eine  solche 
Stellung  erhalten  hatte,  dass  mir  ein  Theil  seines  Randes  zugekehrt  war.  (Taf.  I.  Fig.  ll.j 
Leicht  jedoch  kann  man  in  Folge  einer  Täuschung  die  Meinung  fassen,  dass  das  Gegentheil 
davon  stattfinde.  Denn  wenn  dergleichen  in  dem  dicklichen  Eiweiss  eingeschlossene  Dotter, 
in  denen  schon  die  angeführten  12  kleinern  Furchungsballen  Vorkommen,  dem  Beobachter  ihre 
eine  Seite  zugekehrt  haben,  so  scheinen  häufig  wegen  geringer  Schieflage  derselben  die  4 klei- 
nern Ballen  dieser  Seite  an  einem  von  ihnen  so  zu  liegen , dass  sich  das  eine  Paar  hart  an  dem 
Rande  desselben  befindet , an  einem  andern  aber , von  dem  man  glauben  könnte , dass  er  eine 
andere  Seite  nach  oben  gekehrt  hätte,  eine  solche  Lagerung  zu  haben,  dass  das  jenem  entspre- 
chende Paar  ziemlich  weit  davon  entfernt  ist. 

Die  Lagerungsverhältnisse  der  12  kleinen  Ballen,  von  denen  soeben  die  Rede  war,  las- 
sen mit  Sicherheit  annehmen,  dass  sie  Abkömmlinge  derjenigen  4 Ballen  sind,  in  die  sich 
früher  der  eine  von  den  4 grossen  je  einen  Quadranten  des  Dotters  darstellenden  Ballen  ge- 
theilt  hat.  Wie  sie  aber  aus  jenen  entstehen,  ist  mir  nicht  gelungen  zu  beobachten.  Ich  ver- 
muthe  jedoch,  dass  sich  ein  jeder  von  jenen  Ballen  der  Quere  nach  zu  einer  und  derselben  Zeit, 
in  3 kleinere  theilt,  die  dann  in  der  Richtung  von  der  einen  zu  der  andern  Seite  des  Dotters, 
wie  die  Werkstücke  einer  aus  solchen  Stücken  zusammengesetzten  Säule,  in  einer  Reihe  über- 
einander liegen. 


14 


Nephelis  vulgaris. 


Wenn  der  Dotter  sich  bereits  dermaassen  verändert  hat,  dass  er  aus  12  kleinern  und 
3 viel  grösseren  Ballen  besteht,  haben  die  Kerne  dei'selben  nicht  mehr  eine  gallertartige  und 
durchweg  homogene  Beschaffenheit,  sondern  es  lässt  alsdann  der  Kern  eines  jeden  von  ihnen 
deutlich  eine  Zusammensetzung  aus  einer  häutigen  Wandung , einem  klaren  flüssigen  Inhalt 
und  einem  bleichen  und  verhältnissmässig  ziemlich  grossen  rundlichen  Kernkörper  erkennen. 
Von  einer  häutigen  äussern  Hülle  aber  kommt  auch  jetzt  an  keinem  Ballen  des  Dotters  irgend 
eine  Andeutung  vor. 

Anmerkung.  Die  Durchfurchung  oder  Zerklüftung  des  Dotters  eines  Thieres,  mag  sie  eine 
totale  oder  nur  partielle  sein,  ist,  wie  längst  bekannt,  die  Einleitung  zu  einer  Entwickelung  von 
elementaren  Zellen  aus  der  Substanz  des  Dotters.  Wie  nun  in  den  Eiern  der  Nephelis,  so  enthalten 
auch  in  denen  mancher  andern  Thiere  die  Ballen  eines  in  der  Zerklüftung  begriffenen  Dotters  in  der 
ersten  Zeit  dieses  Vorganges  einen  aus  einer  klaren,  durchweg  gleichartigen  und  mehr  oder  weniger 
dicklichen  Substanz  bestehenden  Kern,  späterhin  aber  einen  ganz  anders  beschaffenen,  nämlich  einen 
solchen , der,  gleichwie  der  Kern  einer  gewöhnlichen  thierischen  Zelle,  aus  einer  hautartigen  Wan- 
dung, einem  einfachen  oder  zweifachen  Kernkörper  und  einem  mehr  oder  weniger  flüssigen  Inhalt 
zusammengesetzt  ist.  Namentlich  ist  dies  nach  meinen  Untersuchungen  nicht  nur  in  den  Eiern  der 
Nephelis  der  Fall,  sondern  auch  in  denen  der  Clepsine , verschiedenartiger  Süsswasserschnecken, 
namentlich  der  Succinea  amphibia,  und  der  Frösche.  Desgleichen  fand  Bischoff  bei  seinen  Unter- 
suchungen über  die  Entwickelung  des  Hundes , dass  in  den  Eiern  dieses  Thieres , wenn  sich  der 
Dotter  zu  zerklüften  begonnen,  ja  sogar  sich  schon  in  ziemlich  viele  Ballen  getheilt  hatte,  ein  jeder 
von  diesen  einen  rundlichen  und  völlig  klaren  Kern  enthielt,  in  dem  kein  Kernkörper  »oder  etwas 
der  Art  zu  erkennen  war«.*)  Bischoff  hat  zwar  dieser  Kerne  unter  der  Benennung  von  Bläs- 
chen Erwähnung  gethan;  indess  muss  ich  vermuthen,  dass  auch  in  dem  Hunde -Ei  die  Kerne  der 
frühesten  Dotterballen  noch  keine  hautartige  Wandung  haben,  sondern  durch  einen  scharfen  Umriss 
nur  den  Schein  von  dem  Vorhandensein  einer  solchen  gewähren. 

Die  angeführten  Kerne  der  frühesten  Dotterballen  in  den  Eiern  der  Nephelis  vulgaris,  der 
Clepsine,  der  Süsswasserschnecken  {Succinea  amphibia) , der  Frösche  und  wahrscheinlich  auch 
noch  vieler  andern  oder  der  meisten  Thiere  sind  nichts  weiter , als  rein  ausgeschiedene  Quantitäten 
des  Liquor  vitelli.  Nachdem  aber  die  Zerklüftung  des  Dotters  dieser  Thiere  weiter  fortgeschritten 
ist,  also  die  Ballen  desselben  und  ihre  Kerne  sich  durch  eine  Theilung  vermehrt  haben,  gewinnen 
diese  letztem  zum  Theil  eine  grössere  Festigkeit,  wie  überhaupt  eine  höhere  Ausbildung.  Dann 
nämlich  werden  sie  an  ihrer  Oberfläche  hautartig , im  Innern  hingegen  flüssiger : auch  entsteht  als- 
dann , nachdem  sich  schon  an  ihnen  eine  Wandung  zu  bilden  begonnen  hat,  in  oder  an  dieser  ein 
sogenannter  Kernkörper.  Sind  einmal  bereits  dergleichen  zusammengesetzte  oder  höher  ausgebildete 
Kerne  in  dem  Dotter  entstanden,  so  kommen  auch  fortan  in  den  sich  immer  stärker  vermehrenden 
Ballen  desselben  nur  solche  vor. 

Am  leichtesten  und  genauesten  habe  ich  die  Entwickelung  der  Kerne  der  Dotterballen  in  den 
Eiern  der  Frösche,  Süsswasserschnecken  und  Spinnen  untersuchen  und  verfolgen  können.  Von  einer 
Theilnahme  des  Keimbläschens  an  der  Kldung  dieser  Kerne  habe  ich  niemals  auch  nur  das  Geringste 
beobachtet.  Dasselbe  geht  nach  der  Befruchtung  überall  spurlos  zu  Grunde. 


1)  .4.  a.  O.  Seite  38  bis  45. 


Erste  Periode  des  Fruchtlehens. 


15 


§■  8. 

Nach  der  erfolgten  Abplattung  des  Dotters,  die,  wie  erwähnt,  schon  frühe  vor  sich 
geht,  findet  man  denselben  immer  so  gelagert,  dass  seine  eine  Fläche  der  convexen,  seine  andere 
der  platten  Seite  der  Eikapsel  zugekehrt  ist.  Aus  der  erstem  entwickelt  sich  die  Ilückenseite, 
aus  der  letztem  die  Bauchseite  des  Embryos.  Von  den  15  verschiedenen  Ballen  aber,  in  welche 
sich  der  Dotter  einige  Zeit  nach  dem  Beginn  seiner  Durchfurchung  getheilt  hat , dienen  die  1 2 
kleinern  nebst  den  beiden  symmetrischen  grossem,  von  denen  sie,  wie  von  einem  Halbringe, 
umfasst  sind,  zur  Entwdckelung  der  hintern  grossem  Körperabtheilung  der  iVisjö/ie/w',  die  als 
Rumpf  bezeichnet  werden  kann,  der  dritte  grössere  Ballen  aber  zur  Entwickelung  des  viel 
kleinem  andern  Körperabschnittes,  der  das  Gehirn  einschliesst  und  den  Namen  des  Kopfes  er- 
halten hat.  In  den  nächstfolgenden  Paragraphen  werde  ich  daher,  um  mich  kurz  zu  fassen,  den 
von  dem  letztem  Ballen  gebildeten  Theil  des  Dotters  den  Vordertheil,  den  aus  den  übrigen 
Ballen  zusammengesetzten  Theil  desselben  den  Hinter  theil  des  Dotters  nennen. 

§•  9- 

Während  der  weitem  Entwickelung  scheidet  sich  der  Dotter  zunächst  in  zwei  verschie- 
den beschaffene  Substanzen,  aus  deren  einer  sich  nachher  unmittelbar  die  verschiedenen  Ge- 
webe des  .Embryos  bilden,  deren  andere  aber  von  dem  Embryo  gleichsam  als  ein  Nahrungsmittel 
verbraucht  wird,  so  dass  man  dieselben  unter  dem  Namen  des  Bildungsdotters  (oder  der  Embryo- 
nalsubstanz) und  des  Nahrungsdotters  aufführen  kann.  Ausserdem  aber  vergrössert  er  sich  im 
Ganzen  durch  eine  Aufnahme  und  Aneignung  von  Stoffen  aus  dem  umgebenden  Eiweiss,  und 
nimmt  auch  wieder  eine  andere  Gestalt  an. 

Anbelangend  die  Scheidung  in  einen  Nahrungsdotter  und  einen  Bildungsdotter,  so  be- 
steht diese  darin,  dass  sich  seine  innern  oder  tiefer  liegenden  Furchungsballen  in  eine  tropfbare 
Flüssigkeit  umwandeln , die  übrigen  aber  durch  eine  mehrmalige  Theilung  sich  stark  vermeh- 
ren, und  dann  schliesslich  in  Zellen  verwandeln. 

Verfolgt  man  den  Dotter  einer  Nephelis,  der  nur  erst  aus  3 grössern  und  12  in  drei 
Schichten  gelagerten  kleinern  Furchungsballen  besteht,  in  seiner  weitern  Entwickelung,  so  fin- 
det man,  dass  sich  von  den  letztem  Ballen  die  4,  welche  die  mittlere  Schicht  zusammensetzeu, 
während  sich  alle  übrigen  in  einem  Zustande  der  Ruhe  zu  befinden  scheinen,  in  8 bis  12  noch 
kleinere  theilen,  die  sich  dann  so  lagern,  dass  sie  zwar  ebenfalls  eine  einfache  Schicht  zusam- 
mensetzen , jedoch  einige  von  ihnen  über  die  beiden  andern  oder  oberflächlichen  Schichten  der 


I)  Nach  den  Angaben  Robin’s  {L  c.)  sollen  Bauch-  und  Rückenfläche  dieser  Abschnitte  insofern 
einen  verschiedenen  Ursprung  haben , als  die  ersten  aus  den  Abkömmlingen  der  vier  kleinen  Dotterballen , die 
andern  aber  aus  den  Furchungskugeln  des  einen  grössern  Ballens  hervorgehen.  Die  drei  anderen  grossen  Dotter- 
ballen bleiben  auch  nach  der  Darstellung  des  französischen  Forschers  einstweilen  ohne  Veränderung.  Anm.  des 
Herausgebers. 


16 


Nephelis  vulgaris. 


kleineren  Ballen  seitwärts  hinausragen,  und  in  zwei  von  den  drei  grösseren  Ballen  des  Dotters, 
oder  auch  in  alle  diese  Ballen  massig  weit  hineindringen.  (Taf.  I.  Fig.  12  und  13,  g.)  Darauf 
aber  vergehen  diese  innern  Ballen  des  Dotters,  und  es  erscheinen  an  ihrer  Stelle,  wie  in  den 
Dottern  vieler  Schnecken , wenn  sie  in  der  Durchfurchung  begriffen  sind , ganz  klare , farblose 
und  kernlose,  rundlich -eckige  Dottertheile,  die  in  einem  Haufen  dicht  beisammenliegen,  sich 
als  kleine  Quantitäten  einer  gerinnbaren  und  etwas  dicklichen  Flüssigkeit  erweisen,  von  dem 
Embryo  als  Nahrung  verbraucht  werden  und  daher  als  Massentheile  eines  Nahrungsdotters 
bezeichnet  werden  können.  (Taf.  I.  h'ig.  14  bis  16,^.)  Wahrscheinlich  entstehen  dieselben 
zunächst  durch  eine  Auflösung  und  Verflüssigung  der  Kerne,  welche  in  den  angegebenen 
Furchungsballen  Vorkommen , worauf  dann  auch  die  Dotterkörperchen  und  die  sie  zusammen- 
haltende gallertartige  Substanz  dieser  Ballen  in  eine  gerinnbare  Flüssigkeit  umgewandelt  wird. 
Späterhin  nehmen  sie  eine  längere  Zeit,  ehe  sie  verbraucht  werden  und  verschwinden,  an  Zahl 
und  auch  an  Grösse  bedeutend  zu,  worüber  ich  aber  erst  weiterhin  ein  Näheres  angeben  werde. 

Die  übrigen  von  den  15  Furchungsballen,  aus  denen  zu  einer  gewissen  Zeit  der  ganze 
Dotter  zusammengesetzt  ist , also  die  3 gvössern  und  die  8 oberflächlichen  kleinern , die  zusam- 
mengenommen die  4 in  der  Tiefe  des  Dotters  gelegenen  kleinern  Ballen  völlig  umgeben  und  ein- 
schliessen,  wandeln  sich  in  den  Bildungsdotter  um.  Wenigstens  ist  mir  Nichts  vorgekom- 
men , was  darauf  hingedeutet  hätte , dass  aus  irgend  einem  von  ihnen  oder  aus  einigen  ihrer 
Nachkommen  ein  Theil  des  Nabrungsdotters  entsprungen  wäre.  Es  entsteht  demnach  der  Bil- 
dungsdotter oder  die  Embryonal- Substanz  der  Nephelis  nicht,  wie  die  ihr  entsprechende  Sub- 
stanz mancher  andern  Thiere,  als  eine  sogenannte  Keimscheibe  an  einer  kleinen  oder  mässig 
grossen  Stelle  der  Oberfläche  des  primitiven  Dotters,  die  sich  dann  über  denselben  immer  weiter 
ausbreitet,  sondern  als  eine  Lage,  die  den  Nahrungsdotter  schon  bei  seiner  Entstehung  voll- 
ständig einschliesst.  Jedoch  beginnen  von  den  letzterwähnten  oder  oberflächlichen  11  Furchungs- 
ballen die  8 kleinern  sich  früher  in  einen  Theil  des  Bildungsdotters  umzuwandeln,  als  die  3 
grösseni.  Und  zwar  geschieht  dies  bald  darauf,  nachdem  sich  die  zwischen  ihnen  liegenden 
und  ihnen  an  Grösse  ähnlichen  tiefem  in  die  klaren  Massentheile  des  Nahrungsdotters  umzu- 
wandeln begonnen  haben. 

Der  Vorgang,  der  bei  der  Um-wandelung  dieser  oberflächlichen  kleinern  Furchungs- 
ballen in  einen  Theil  des  Bildungsdotters  stattfindet,  besteht  darin,  dass  aus  ihnen  durch  eine 
mehrmalige  Theilung  ihrer  Substanz  eine  ziemlich  grosse  Menge  sehr  kleiner  und  dicht  gedräng- 
ter, sonst  ihnen  aber  im  Wesentlichen  ähnlicher  Ballen  erzeugt  wird,  ohne  dass  dabei  jedoch 
an  ihnen  oder  ihi-en  Nachkommen  eine  eigentliche  Durchfurchung  bemerkbar  wäre.  Vielmehr 
werden  bei  ihrer  S^ermehrung  die  Furchen,  welche  früher  zwischen  denselben  entstanden  w'aren, 
und  die  Hügel,  welche  sie  an  beiden  Seiten  des  Dotters  gebildet  hatten,  bis  zum  Verschwinden 
immer  flacher.  Die  Ursache  davon  liegt,  wenn  auch  nicht  allein,  so  doch  wenigstens  zum  Theil 
darin,  dass  der  Nahrungsdotter,  der  schon  bald  nach  seiner  Entstehung  sich  bedeutend  zu 
vergrössern  beginnt,  (Taf.  I.  Fig.  14  und  15.)  von  innen  gegen  diese  Furchungsballen  und 
deren  Nachkommenschaft  audrängt  und  sie  immer  flächenhafter  ausbreitet.  Anstatt  der  vier  \ 


Erste  Periode  des  Fruciitlehens. 


17 


H ügel  sieht  man  nach  einer  Zeit  jederseits  auf  dem  Nahrungsdotter  eine  massig  dicke  aber 
ziemlich  stark  hervorgewölbte  Schicht  auf  liegen.  (Taf.  1.  Fig.  16,  e,  e.) 

Nachdem  die  Furchen,  welche  anfangs  zwischen  den  oberflächlichen  kleinern  Fur- 
chungsballen  vorkamen,  ausgeglichen  und  die  letzteren  selbst  in  zahlreiche,  dicht  sich  drängende 
und  deshalb  auch  rundlich- eckige  Häufchen  aufgelöst  sind,  misst  man  an  den  letztem  im 
Allgemeinen  nur  0,0006"  im  Durchmesser.  Sie  bestehen  aus  einer  gallertartigen  Masse,  die 
den  mit  einem  Kernkörper  versehenen  Kern  wie  eme  verhältnissmässig  ziemlich  dicke  Kinde 
umgiebt,  und  nur  einige  wenige  Dotterkörperchen  in  sich  einschliesst.  Die  Menge  dieser  letzteren 
ist  auch  im  Vergleich  mit  dem  Umfange  der  Häufchen  eine  viel  geringere,  als  in  den  früheren  Hallen. 
Eine  besondere  häutige  Hülle  oder  Zellenwandung  habe  ich  an  diesen  Gebilden  aber  ebensowenig, 
als  an  denjenigen,  von  welchen  sie  herstammten,  wahrnehmen  können,  weshalb  es  mir  denn 
auch  passender  zu  sein  scheint,  sie  unter  dem  Namen  von  Dotterballen,  als  von  Zellen  aufzu- 
führen, zumal  sie  mit  den  frühem  Ballen  auch  immer  noch  durch  Anwesenheit  von  Dotter- 
körperchen und  centrale  Lage  des  Kernes  übereinstimmen. 

Wenn  in  der  mittlern  oder  derjenigen  Abtheilung  des  Hintertheiles  des  Dotters,  welche 
zu  der  Zeit,  da  derselbe  aus  15  an  Grösse  sehr  verschiedenen  Ballen  zusammengesetzt  ist,  aus 
den  12  kleinem  besteht,  die  soeben  beschriebenen  Veränderungen  vor  sich  gehen,  nimmt  diese 
ganze  Abtheilung  nicht  unerheblich  an  IMasse  und  Umfang  zu,  indess  diejenigen  beiden  grös- 
sern  Ballen  des  Dotters,  welche  die  seitlichen  Bänder  desselben  darstellen  und  erst  später  einen 
Uebergang  zu  der  Bildung  von  Embryonal -Substanz  machen,  sehr  viel  weniger  an  Masse  und 
Umfang  gewinnen.  In  Folge  davon  drängt  dann  diese  mittlere  Abtheilung  jene  beiden  seitlichen 
nicht  nur  auseinander,  sondern  dringt  auch  eine  Strecke  über  sie  nach  hinten  vor,  so  dass  da- 
durch dem  Vordertheile  des  Dotters  gegenüber  ein  zwar  nur  wenig  langer  und  nur  mässig  dicker, 
jedoch  beträchtlich  breiter  hinterer  Vorsprung  entsteht,  der  an  seinem  freien  Rande  bogenför- 
mig abgerundet  ist.  Nach  diesen  Vorgängen  zeigt  also  der  Dotter,  von  einer  seiner  beiden  ab- 
geflachten Seiten  angesehen,  eine  wieder  vierlappige  Form,  während  er  einige  Zeit  vorher  nur 
dreilappig  w’ar.  (Taf.  I.  Fig.  14,  15  und  16.) 

Erst  nachdem  der  Dotter  diese  vierlappige  Form  wieder  angenommen  hat,  beginnen 
die  3 grössern  Furchungsballen,  die  den  Vordertheil  und  die  Seitenränder  des  Hintertheiles 
darstellen,  ihren  Uebergang  in  Embryonal- Substanz,  und  zw'ar  die  beiden  letztem  etw'as  früher, 
als  der  erstere.  Zunächst  vermehren  sich  die  Kerne  der  3 grössern  Furchungsballen,  indem  aus 
einem  jeden,  allem  Anschein  nach  durch  endogene  Bildung,  einige  neue  entstehen.  Späterhin 
findet  man  an  der  Stelle  dieser  Ballen,  ohne  dass  an  deren  Oberfläche  eine  Durchfurchung  be- 
merkbar gewesen  wäre,  sehr  viele  dicht  bei  einander  liegende  Gebilde  vor,  die  in  jeder  Hinsicht 
mit  denjenigen , welche  bis  dahin  aus  den  8 oberflächlichen  kleinern  Furchungsballen  entstan- 
den waren,  übereinstiramen.  Wie  jene,  sind  auch  sie  übrigens  insofern  den  frühem  Furchungs- 
ballen ähnlich,  als  sie  keine  häutige  Wandung  haben  und  in  der  gallertai’tigen  Substanz,  die 
ihren  Kern  umgiebt,  noch  Dotterkörperchen  enthalten.  Auch  ist  die  den  Kern  umgebende 
Masse  bei  ihnen  im  Ganzen  etwas  klarer,  als  die  der  Ballen,  von  welchen  sie  herstammen,  weil 

Rathke.,  Entwicklung  der  Hirudineen.  3 


18 


Sephelis  vulgaris. 


bei  ihrer  Bildung  viele  von  den  Dotterkörperchen,  welche  sich  in  jenen  ältern  Ballen  befanden, 
aufgelöst  und  verschwunden  sind. 

Es  ist  daher  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  anzunehmen,  dass  die  Entstehung  der  an- 
geführten rundlich -eckigen  Gebilde  im  Wesentlichen  auf  denselben  Vorgängen  beruht,  wie  in 
den  Dottern  vieler  andern  Thiere  die  Entstehung  der  jüngeren  Furchungsballen  aus  den  älteren, 
obschon  der  Dotter  der  Nephelis  keine  Vermehrung  der  an  seiner  Oberfläche  erschienenen  Furchen 
wahrnehmen  lässt,  die  letztre  vielmehr  ziemlich  rasch,  ohne  ein  Erscheinen  neuer,  immer 
schwächerer  Furchen,  geebnet  wird. 


§.  10. 

Während  die  Substanz,  aus  welcher  die  3 grössten  Furchungsballen  des  Dotters  be- 
stehen, gewissermaassen  heimlich  und  im  Verborgenen  die  angegebene  Umwandlung  erfährt, 
nimmt  sie,  wie  überhaupt  der  ganze  Dotter,  einen  noch  grössern  Umfang  an,  als  es  bereits 
vorher  geschehen  war.  Zugleich  verlieren  die  3 erwähnten  Ballen  das  Aussehen  stark  hervor- 
ragender Hügel,  indem  sie  und  ihre  Nachkommenschaft  mehr  und  mehr  sich  in  die  Breite  aus- 
dehnen. Ganz  besonders  gilt  dies  von  denjenigen,  welche  einige  Zeit  hindurch  die  beiden  seit- 
lichen Abtheilungen  des  Hintertheils  des  Dotters  darstellten,  insofern  sich  nämlich  an  ihnen 
zwei  ziemlich  dicke  und  einander  gegenüber  liegende  Schichten  bilden,  die  mit  der  ebenfalls 
veränderten  Substanz  der  frühem  8 oherflächlichen  kleineren  Furchungsballen  um  den  bereits 
entstandenen  Nahrungsdotter  gleichsam  eine  Kapsel  zusammensetzen,  die  ungefähr  die  Form 
einer  halbovalen  Urne  hat.  Weniger  dehnt  sich  in  derselben  Zeit  die  Substanz  des  dritten  grös- 
sern Furchungsballen,  der  als  der  Vordertheil  des  Dotters  betrachtet  w’erden  kann,  in  die  Breite 
aus.  Derselbe  gestaltet  sich  vielmehr  zu  einem  niedrigen,  breiten  und  dichten  (nicht  hohlen) 
Hügel,  der  von  der  angeführten  Kapsel  auf  ihrem  weitern  Ende,  das  sonst  oflfen  stehen  würde, 
getragen  wird  und  für  dieselbe  gleichsam  einen  Deckel  und  Verschluss  darstellt.  Im  Ganzen 
aber  verändert  sich  der  Dotter  in  Hinsicht  der  Form  dermaassen , dass  er  in  dem  einen  Stadium 
seiner  Entwickelung  als  ein  Oval  erscheint,  das  an  zwei  einander  gegenüberliegenden  Seiten 
ziemlich  stark  abgeflacht  ist,  und  dessen  Länge  nicht  viel  mehr,  als  seine  grösste  Breite  beträgt. 
(Taf.  II.  Fig.  1 .) 

In  der  nächstfolgenden  Zeit  wird  der  Hintertheil  des  Dotters,  während  dieser  im  Gan- 
zen immer  mehr  an  Grösse  zunimmt,  im  Verhältniss  zu  seiner  Breite  etwas  länger  oder  über- 
haupt gestreckter , wie  auch,  insbesondere  dadurch , dass  sich  seine  beiden  abgeflachten  Seiten 
mehr  und  mehr  hervorwölben,  etwas  dicker.  An  dem  Schluss  der  ersten  Entvvickelungsperiode 
(Taf.  II.  Fig.  2.)  hat  er  die  Form  eines  ziemlich  länglichen  und  von  zwei  Seiten  etwas  abge- 
platteten Ovals,  dessen  dickeres  Ende  abgeschnitten  ist.  Der  Vordertheil  des  Dotters,  der 
auf  dem  abgestutzten  dickem  Ende  des  Hintertheiles  aufsitzt,  nimmt  zwar  an  Höhe  weit  mehr, 
als  an  Breite  zu,  doch  lange  nicht  um  so  viel,  dass  die  erstere  der  letztem  gleichkäme,  und 
bleibt  von  zwei  Seiten  noch  immerfort  ziemlich  stark  abgeflacht.  Er  erscbeint  am  Schluss  der 


Erste  Periode  des  Fruchtlehens ■ 


19 


ersten  Entwickelungsperiode,  wenn  er  dem  l^eobachter  eine  seiner  abgeflachten  Seiten  zuge- 
kelirt  hat,  als  ein  am  Gipfel  abgerundeter  Hügel,  der  auf  halber  Höhe  etwas  breiter,  als  an 
seinem  Fusse  ist. 

Während  der  Vordertheil  des  Dotters  seine  frühere  Form  in  die  soeben  angegebene  ver- 
ändert, entsteht  in  ihm  eine  tiefe  und  ihn  ganz  durchsetzende  Grube,  die  an  seinem  Gij)fel  mit 
einer  verhältnissmässig  ziemlich  grossen  runden  Oeffnung  beginnt,  nach  hinten  gegen  den  Nah- 
rungsdotter gleich  einem  Trichter  immer  enger  wird  , an  ihrem  Ende  wahrscheinlich  bald  nach 
ihrer  Entstehung  eine  zweite,  aber  nur  sehr  kleine  auf  den  Nahrungsdotter  führende  Oeffnung 
hat  und  im  Ganzen  eine  Schlundhöhle  andeutet.  (Taf.  II.  Fig.  3 und  4.)  Ist  sie  gebildet,  dann 
kann  der  Körper,  der  in  dem  frisch  gelegten  Eie  als  ein  Dotter  zu  bezeichnen  war,  schon  mit 
dem  Namen  eines  Embryos  belegt  werden.  Ein  ganzer  noch  so  junger  Embryo  ist  seinem  Um- 
fange nach  ungefähr  vier  Mal  grösser,  als  ein  Dotter  in  dem  frisch  gelegten  Ei.  Von  seinen  beiden 
ungleich  grossen  Abschnitten  ist  der  vordere,  in  den  sich  der  Vordertheil  des  Dotters  umgewan- 
delt hat,  und  der  sich  zu  einem  Kopfe  entwickeln  soll,  ungefähr  halb  so  lang,  als  der  andere, 
der  sich  zu  einem  Rumpf  ausbilden  soll.  Ueberhaupt  ist  derselbe  im  Vergleich  mit  letzterm 
bedeutend  grösser,  als  bei  den  reifen  Embryonen  und  den  erwachsenen  Exemplaren  der  Nejihelis. 


§.  11. 

Von  den  beiden  verschiedenartigen  Substanzen,  in  welche  sich  der  früherhin  gleich- 
artige Dotter  bereits  geschieden  hat,  nimmt  der  Nahrungsdotter  an  Masse  und  Umfang  weit 
mehr  zu,  als  der  Bildungsdotter,  und  zwar  in  einem  solchen  Grade,  dass  er  den  letztem  schon 
am  Ende  der  ersten  Entwickelungsperiode  nicht  unbeträchtlich  übertrifft.  In  Folge  dieser  über- 
wiegenden Zunahme  des  Nahrungsdotters  wird  an  dem  Hintertheil  des  Embryo,  in  welchem  der- 
selbe vorkommt,  die  ihn  wie  eine  Rinde  umgebende  Bildungssubstanz  immer  mehr  und  mehr  aus- 
gedehnt und  verdünnt.  Am  geringsten  ist  das  am  hintern  Ende  des  länglich  gewordenen  Dot- 
ters oder,  wenn  man  lieber  will,  des  im  Entstehen  begriffenen  Embryos,  der  Fall,  da,  wo  sich 
nachher  der  Saugnapf  bilden  soll.  (Taf.  II.  Fig.  8.)  Der  Vordertheil  des  Dotters  aber,  der  nur 
aus  dem  Bildungsdotter  besteht,  wird  durch  die  überwiegende  Massenzunahme  der  Substanz, 
welche  dem  Embryo  als  ein  Nahrungsmittel  dienen  soll,  nur  insofern  verändert,  als  er  an  rela- 
tiver Grösse  immer  mehr  zurücktritt. 

Der  Bildungsdotter  oder  die  Embryonal- Substanz  eines  eben  erst  entstandenen  Em- 
bryos ist  fast  allenthalben  farblos,  w'asserhell  und  völlig  durchsichtig,  weil  aus  ihr  fast  allent- 
halben die  Dotterkörperchen  verschwunden  sind.  Nur  an  dem  hintern  Ende  erscheint  sie  noch 
in  einer  mässig  grossen  Ausbreitung  feingranulirt,  weil  in  ihr  daselbst  noch  viele  von  jenen 
Körperchen  verblieben  sind.  (Taf.  II.  Fig.  4.)  Ueber  ihre  Zusammensetzung  lässt  sich  wegen 
der  ihr  eigenthümlichen  Klarheit  und  Durchsichtigkeit  nur  dadurch  eine  genauere  Auskunft 
gewinnen , dass  man  auf  den  Embryo  eine  kürzere  oder  längere  Zeit  solche  Mittel  einwürken 
lässt,  welche  diese  Substanz  entweder  färben,  oder  sie  zum  Gerinnen  bringen  und  mehr  oder 

3* 


20 


Nephelis  vulgaris. 


weniger  trüben,  wie  namentlich  eine  wässrige,  mit  Zusatz  von  Salmiakspiritus  angefertigte 
Lösung  von  Karmin,  eine  wässrige  Lösung  von  Chromsäure,  eine  lodtinctur,  ein  reiner  schwa- 
cher Weingeist,  oder  eine  sehr  verdünnte  Salpetersäure.  Hei  den  Untersuchungen,  welche  ich 
nach  einer  Anwendung  der  angeführten  ^Mittel  oder  reinen  Wassers  an  noch  sehr  jungen  Em- 
bryonen anstellte,  ergab  sich,  dass  die  Embryonalsubstanz  durchweg  aus  dicht  beisammenlie- 
genden rundlich  - eckigen  Gebilden  besteht,  die  einen  Durchmesser  von  wenigstens  nur  0,0005", 
sehr  selten  bis  0,0006"  oder  etwas  darüber,  besitzen  und  als  Zellen  betrachtet  werden  können. 
Der  Kern,  mit  Avelchem  dieselben  versehen  sind,  ist  im  Verhältniss  zu  ihrem  Umfange  beträcht- 
lich gross,  besitzt  eine  dünne  häutige  Wandung  und  enthält,  ausser  einer  völlig  klaren  Flüssig- 
keit, einen  verhältnissmässig  ansehnlichen , etwas  glänzenden  Kernkörper,  oder  auch,  obgleich 
nur  selten,  zwei  kleinere  solche  Körperchen.  Im  Uebrigen  aber  scheinen  sie  nur  aus  einer  dick- 
lichen gallertartigen  Materie  zu  bestehen,  die,  mit  Ausnahme  derjenigen,  Avelche  an  dem  hintern 
Ende  des  Embryos  Vorkommen,  und  noch  eine  Menge  Dotterkörperchen  enthalten,  überall  in 
frischem  Zustande  völlig  gleichartig  ist  und  durch  reines  Wasser  in  kurzer  Zeit  stark  ange- 
schAvellt  wird.  Eine  besondere  häutige  Wandung  habe  ich  an  ihrer  Oberfläche  nicht  erkennen 
können,  vielmehr  schien  mir  eine  solche  zu  fehlen  und  durch  eine  dichtere  oberflächliche  Schicht 
gallertartiger  Materie  ersetzt  zu  sein. 

Mit  Ausnahme  ZAveier  Stellen  haben  diese  Zellen  der  Embryonal -Substanz  an  dem 
Schluss  der  ersten  Entwickelungsperiode,  allem  Anschein  nach,  überall  eine  gleiche  Beschaffen- 
heit. Die  eine  dieser  Stellen  befindet  sich  am  hintern  Ende  des  Embryos,  wo  die  Zellen,  wie 
schon  angeführt  noch  viele  Dotterkörperchen  enthalten  und  bei  durchfallendem  Lichte  grau  er- 
scheinen. Die  andere  kommt  in  dem  Kopfe  oder  derjenigen  Abtheilung  des  Embryos  vor,  in 
welche  sich  der  Vordertheil  des  Dotters  umgewandelt  hat.  Sie  besteht  aus  einer  die  neu  ent- 
standene Schlundhöhle  zunächst  umgebenden  einfachen  Lage  von  Zellen,  die  zwar  keine  Dotter- 
körperchen mehr  enthalten,  doch  weniger  durchsichtig,  als  die  nach  aussen  von  ihnen  gelege- 
nen sind,  eine  sehr  schwache  weingelbe  Färbung  haben  und  schon  ohne  Amvendung  färbender 
oder  erhärtender  Mittel  gesehen  Averden  können.  Diese  letzteren  Zellen,  die  übrigens  mit  den 
nach  aussen  Amn  ihnen  befindlichen  innig  Zusammenhängen,  sind  zusainmengenommen  als  An- 
lage des  Schlundes  zu  betrachten. 

Wie  die  Embryonal  - Substanz  anderer  Avirbelloser  Thiere,  spaltet  sich  auch  die  der  Ne- 
phelis in  ihrer  ganzen  Ausbreitung  in  zwei  Schichten,  von  denen  sich  die  äussere  zu  einer  Lei- 
beswand, die  innere  zu  einem  Darmkanal  entwickelt.  Doch  erfolgt  diese  Spaltung  bei  der  Ne- 
phelis  erst  im  Verlauf  der  zweiten  Entwickelungsperiode,  denn  bei  Embryonen,  bei  welchen  erst 
unlängst  eine  Schlundhöhle  entstanden  ist,  setzt  die  Embryonalsubstanz  noch  eine  einzige 
Schicht  zusammen.  Am  Kopfe  hat  dieselbe  eine  ziemlich  beträchtliche  Dicke,  besonders  nach 
hinten  zu,  die  grösste  also  beinahe  dicht  vor  dem  Rumpfe.  Dagegen  aber  ist  sie  an  dem  Rumpfe 
A'on  dem  vordem  bis  zu  dem  grau  erscheinenden  hintern  Theile  desselben  so  dünn  und  zart,  dass 
sie  bei  dem  Herausnehmen  der  Embryonen  aus  dem  Eiweiss,  auch  wenn  man  dabei  mit  der 
grössten  Vorsicht  verfährt,  meistens  verletzt  Avird. 


Erste  Periode  des  Frxichtlehenz . 


21 


An  der  ganzen  Oberfläche  des  Kopfes  ist  die  hier  beschriebene  Substanz  des  Embryos, 
gleich  nachdem  in  ihm  sich  eine  Schlundhöhle  gebildet  hat , mit  sehr  nahe  bei  einander  stehen- 
den und  verhältnissmässig  ziemlich  langen  Flimmerhaaren  besetzt,  die  bei  einer  380  maligen 
Yergrösserung  ganz  deutlich  gesehen  werden  können,  und  von  denen  auf  je  einer  oberflächli- 
chen Zelle  des  Kopfes  immer  einige  beisammen  Vorkommen.  Hat  man  einen  solchen  jungen 
Embryo  in  Wasser  gelegt,  dem  Farbestofie  in  moleculärer  Suspension  beigemischt  sind,  wie  na- 
mentlich Karmin  oder  Indigo,  so  be'merkt  man  schon  bei  einer  schwächern,  als  bei  der  eben  er- 
wähnten Yergrösserung,  dass  kleine  Theilchen  dieser  Stoffe  von  dem  Kopf  des  Embryos  in  leb- 
hafte Bewegungen  gesetzt  werden,  derart,  dass  sie  zunächst  der  Oberfläche  desselben  in  der 
Regel  von  hinten  nach  der  Mundöffnung  Zuströmen,  und  dann  meist  nach  verschiedenen  Rich- 
tungen hin  aus  einander  weichen.  Nur  sehr  selten  dringt  ein  Farbetheilchen  in  die  trichterför- 
mige Schlundhöhle.  Ist  es  aber  in  sie  hineingelangt,  so  bleibt  es  gewöhnlich,  wie  ich  dies  bei 
etwas  älteren  Embryonen  mehrmals  gesehen  habe,  unter  fortwährenden  Umwälzungen  eine  län- 
gere Zeit  darin  zurück.  Aus  diesem  Umstande  lässt  sich  darauf  schliessen , dass  sich  auch  auf 
der  Innenwand  der  Schlundhöhle  Flimmerhaare  befinden. 

An  dem  Rumpfe  der  Embryonen  kommt  es  niemals  zur  Bildung  von  Fliramerhaaren ; 
derselbe  bleibt  vielmehr  immer  nackt  und  glatt. 


§.  12. 

Der  Nahrungsdotter  der  Nephelis  erscheint  am  Schlüsse  der  ersten  Entwickelungsperiode 
dieses  Wurms  schwach  ockergelb,  statt  dass  er  anfangs  völlig  farblos  war.  Zusammengesetzt 
ist  er  nunmehr,  wie  in  den  jungen  Embryonen  vieler  oder  vielleicht  der  meisten  Schnecken,  aus 
einer  ziemlich  grossen  Menge  scharf  begrenzter  Theile , die  dicht  beisammenliegen , gegen  ein- 
ander stark  abgeplattet  sind  und  auf  den  ersten  Anblick  dünnhäutige  mit  einer  tropfbaren  Flüs- 
sigkeit erfüllte  Blasen  zu  sein  scheinen.  Bei  einer  nähern  Untersuchung  aber  ergeben  sich  diese 
an  Form  und  Grösse  sehr  verschiedenen  Theile,  deren  Durchmesser  bis  0,0008'  betragen,  als 
kleine  Quantitäten  oder  Tropfen  einer  völlig  klaren  und  beinahe  wasserdünnen  Flüssigkeit. 
Durch  Chromsäure  oder  Salpetersäure  werden  sie  zum  Gerinnen  gebracht,  ohne  jedoch  ihre 
durchweg  gleichartige  Beschaffenheit  zu  verlieren.  Sie  erlangen  dabei  eine  ähnliche  Festigkeit, 
wie  das  Eiweiss  der  Hühnereier  beim  Sieden,  während  sie  durch  Berührung  mit  kaltem  Wasser 
in  kurzer  Zeit  vollständig  aufgelöst  werden.  Lässt  man  sie  unter  Wasser  aus  einem  verletzten 
Embryo  austreten,  so  vereinigen  sich  meistens  einige  mit  einander,  ehe  sie  zergehen  und  vei'- 
schwinden.  Ist  der  Embryo  in  eine  ammoniakalische  Lösung  von  Karmin  gelegt  worden, 
so  nehmen  sie  diesen  Farbestoff  in  solchem  Maasse  in  sich  auf,  dass  nach  einigen  Stunden  der 
ganze  Nahrungsdotter  purpurroth  erscheint.  Auch  bei  Einwirkung  einer  wässrigen  Lösung  von 
Chromsäure  oder  einer  lodtinctur  nehmen  sie  sehr  bald  die  Farbe  dieser  iSlittel  an. — Zwischen 
ihnen  ist  zwar  nichts  zu  sehen,  was  sie  von  einander  trennt,  und  wodurch  sie  am  Zusammen- 
fliessen  verhindert  werden , doch  dürfte  trotzdem  wohl  mit  ziemlicher  Gewissheit  anzunehmen 


22 


Nephelis  vulgaris. 


sein , dass  sie  durch  eine  geringe  Älenge  einer  in  chemischer  Hinsicht  anders  beschaffenen  Flüs- 
sigkeit von  einander  getrennt  werden.  Für  eine  solche  Annahme  spricht  insbesondere  auch  der 
Umstaud,  dass  sie  bei  den  Embrjmnen,  die  einige  Zeit  in  einer  wässrigen  Lösung  von  Chrom- 
säure gelegen  haben , mehr  oder  weniger  fest  zusammengekittet  erscheinen , ohne  dass  sie  zu- 
sammengeHosseu  wären  und  ihre  Form  verloren  hätten. 

Ihre  Zahl  nimmt  bis  weit  in  die  dritte  Periode  des  Fruchtlebens  hinein  immer  mehr 
und  sehr  bedeutend  zu,  indem  sie  durch  eine  mehrmals  wiederholte  einfache  Theilung  sich  ver- 
vielfältigen. Bei  ihrer  Vermehrung  Averden  sie  jedoch  nicht  etwa,  je  später,  desto  kleiner,  son- 
dern im  Allgemeinen  bis  beinahe  an  das  Ende  der  zweiten  Periode  gegentheils  grösser,  was  da- 
durch möglich  und  erklärlich  wird,  dass  der  ganze  Nahrungsdolter  bis  dahin  auf  Kosten  des  in 
dem  Eie  enthaltenen  Eiweisses  an  Umfang  und  Masse  zunimmt. 


§.  13. 

Während  sich  der  Dotter  vergrössert,  nimmt  auch  die  ihn  einhüllende  Dotterhaut  an 
Umfangzu,  Avobei  zunächst  um  sie  herum  das  halbfeste  Eiweiss  verflüssigt  Avird,  und  die  aus 
ihm  entstandene  Flüssigkeit  durch  diese  Haut  nach  innen  hindurch  dringt.  Ihre  ErAveiterung 
geht  anfangs  sogar  in  einem  höheren  Grade  vor  sich,  als  die  Vergrösserung  des  Dotters,  so  dass 
der  von  einer  ganz  klaren  und  Avasserdünnen  Flüssigkeit  erfüllte  ZAvischenraum  zwischen 
beiden  immer  Aveiter  Avird.  Später  nimmt  hingegen  der  Dotter  mehr,  als  die  Dotterhaut  an  Um- 
fang zu,  doch  niemals  in  einem  solchen  Grade,  dass  er  sie  je  Avieder  ganz  ausfüllte.  Kurze  Zeit 
vor  der  Bildung  der  Mundöffnung  geht  die  Dotterhaut  spurlos  zu  Grunde,  und  dann  liegt  der 
Embryo  in  einer  mässig  grossen  Quantität  einer  tropfbaren  Flüssigkeit,  die,  im  Umkreis  der  Dot- 
terhaut, aus  dem  halbfesteii  EiAveiss  durch  eine  partielle  Auflösung  desselben  entstanden  Avar. 

In  der  eiAvähnten  Flüssigkeit  dreht  sich  der  Embryo  mittelst  der  schAvingenden  Flim- 
merhaare, die  sich  an  der  äussern  Fläche  seines  verhältnissmässig  sehr  grossen  Kopfes  befinden, 
um  seinen  Mittelpunkt  fortwährend,  jedoch  nur  langsam*)  und  nur  in  einer  und  derselben  Ebene 
herum,  Avobei  er  seine  eine  schAvach  abgeplattete  Seite  nach  oben,  die  andere  nach  unten  ge- 
richtet hat.  Rascher  macht  er  eine  solche  rotirende  BeAvegung,  Avenn  er  aus  dem  Ei  herausge- 
nommen und  in  Wasser  gelegt  Avorden  ist,  doch  nur  kurze  Zeit,  Aveil  die  Substanz  so  junger 
Embryonen  durch  die  EiuAvirkung  von  Wasser  sehr  bald  zersetzt  Avird.  Es  bieten  demnach  die 
jungen  Embryonen  der  Nephelis  eine  ähnliche  und  durch  gleiche  Älittel  beAA’irkte  Erscheinung 
dar,  wie  die  sehr  jungen  Embryonen  vieler  Schnecken  und  noch  mancher  andern  wirbellosen 
Thiere.  Einige  Mal  sah  ich  übrigens  schon  solche  Embryonen  der  Nephelis , bei  denen  noch 
keine  Mundhöhle  deutlich  erkennbar  Avar,  eine  rotirende,  obgleich  nur  sehr  langsame  BeAvegung 
machen,  was  darauf  schliessen  Hess,  dass  auch  schon  bei  ihnen  Flimmerhaare  entstanden 
waren. 


1)  Der  auf  Tafel  II.  Fig.  4 abgebildete  Embryo  brauchte  für  je  eine  Drehung  etwa  1 */*  Minute. 


Erste  Periode  des  Fruchtlebens . 


23 


Sobald  die  Mundöifiiung  entstanden  ist,  machen  die  jungen  Embryonen,  obwohl  in 
ihnen  noch  keinerlei  Andeutung  von  Muskelfasern  bemerkbar  ist,  auch  schon  Schluckbewegun- 
gen, durch  die  sie  kleine  Quantitäten  des  flüssig  gewordenen  Eiweisses,  in  dem  sie  liegen,  in 
sich  aufiiehmen.  Diese  Bewegungen  folgen  bald  nach  längeren,  bald  nach  kürzeren  Pausen  auf 
einander,  meistens  jedoch  nach  ziemlich  kurzen.  So  zählte  ich  bei  dem  Embryo,  nach  welchem 
auf  der  zweiten  Tafel  die  Figur  4 gezeichnet  ist,  und  bei  dem  die  Schluckbewegungen,  die  er 
innerhalb  des  Eies  machte,  ziemlich  rasch  auf  einander  folgten,  in  einer  Minute  6 bis  7 solcher 
Bewegungen.  Eine  jede  von  ihnen  aber  geht  mir  ziemlich  langsam  vor  sich,  und  zvvar  in  der 
Weise,  dass  auf  eine  starke  Erweiterung  der  Schlundhöhle  alsbald  eine  Verengerung  folgt,  die 
von  dem  INIunde  aus  ganz  allmählich  nach  hinten  fortschreitet,  diese  Höhle  also,  wenn  sie  in 
ihrem  hintersten  Theile  eine  starke  Erweiterung  zeigt,  in  ihrem  vordem  und  mittlern  Theile 
wieder  verengt  und  geschlossen  ist,  auch  etwas  später  wieder  in  ganzer  Länge  verengt  und  un- 
wegsam erscheint.  (Taf.  II.  Fig.  5 — 7.)  Dass  durch  diese  Bewegungen  das  flüssige  Eiweiss 
des  Eies  verschluckt  wird,  lässt  sich  schon  aus  der  Art  und  Weise,  in  der  dieselben  vor  sich 
gehen,  folgern.  Als  einen  noch  vollständigem  Beweis  dafür  kann  ich  aber  die  Thatsache  anfüh- 
ren, dass  ich  zwei  Alal  in  Eiern,  deren  Hülle  sehr  klar  und  durchsichtig  war,  ganz  deutlich  be- 
merkt habe,  wie  ein  noch  unaufgelöstes  Eiweisskörperchen,  das  sich  dem  Vordertheile  eines 
Embryos  angenähert  hatte,  plötzlich  (fortgetrieben  durch  die  Flimmerhaare  desselben)  irr  einem 
Bogen  nach  dem  weitgeöflheten  Munde  hinschoss,  darauf  langsam  durch  die  Schlundhöhle  hiir- 
durchging  und  endlich  hinter  ihr  im  Nahrungsdotter  verschwand.  (Taf.  II.  Fig.  7.) 

Noch  andere  Bewegungen,  welche  solche  junge  Embryonen,  bei  denen  erst  unlängst 
die  Schlundhöhle  entstanden  ist , in  ihrem  Elemente  bisrveilen  ausführeir , bestehen  in  langsa- 
men Verlängerungerr  und  Verkürzungen  des  Kopfes.  Häufiger  werden  diese  Bewegungen,  wenn 
man  die  Embryoiren  aus  dem  Ei  herausgenommen  und  in  Wasser  gelegt  hat.  Während  der  Ver- 
kürzung des  Kopfes  wird  dann  zuweilen  der  Mund  erweitert,  während  der  Verlängerung  dage- 
gen w’ieder  verengert,  es  wird  also  eine  Schluckbewegung  gemacht,  aber,  wie  gesagt,  nur  bis- 
weilen, indem  meistens  dabei  die  Schlundhöhle  ihrer  ganzen  Länge  nach  verengert  bleibt.  — 
Einen  Wechsel  von  Verkürzung  und  Verlängerung  des  Rumpfes  habe  ich  bei  so  jungen  Embryo- 
nen, wie  wir  sie  bisher  betrachtet,  nicht  bemerken  können.  Auch  habe  ich  niemals  bei  der- 
gleichen oder  etwas  ältern  Embryonen,  die  noch  eine  mehr  oder  weniger  ovale  Form  hatten, 
eine  solche  an  der  einen  Seite  aufsteigende,  an  der  andern  aber  absteigende,  oder  überhaupt 
rings  um  den  Körper  fortlaufende  Wellenbewegung  wahrnehmen  können,  wie  sie  Ernst  Heinr. 
Weber  an  sehr  jungen  Embryonen  von  Hirudo  medicinalis  gesehen  hat.  ’) 


1)  Meckel’s  Archiv  für  Anatomie  und  Physiologie.  Jahrgang  1828.  Seite  316  — -118. 


24 


Nephelis  milgaris. 


Zweite  Periode  des  Friiclitlebens. 

§•  14. 

Obgleich  die  Embryonen  wälirend  dieser  zweiten  Periode  an  Grösse , besonders  Länge 
bedeutend  zunehmen  und  auch  sonst  in  ihrer  Gesammtentwicklung  viele  Fortschritte  machen, 
sind  sie  doch  gegen  Ende  derselben  ihren  Eltern  noch  immer  sehr  unähnlich.  Ihre  Länge  be- 
trägt um  diese  Zeit  gewöhnlich  zwischen  wechselnd  nicht  blos  in  den  einzelnen 

Eiern,  sondern  auch  den  einzelnen  Embryonen  derselben  Eier. 

Der  Kopf,  der  die  Form  eines  an  dem  Gipfel  abgerundeten  und  von  zwei  Seiten  etwas 
abgeplatteten  Hügels  erhalten  hatte,  wird  in  dieser  Periode  zwar  grösser  und  besonders  länger, 
doch  bei  weitem  nicht  in  einem  solchen  Grade,  wüe  der  Rumpf;  er  erscheint  daher  im  Verhält- 
niss  zu  demselben , je  später,  desto  kürzer.  Hei  den  Fortschritten , die  er  in  seiner  Entwicke- 
lung macht,  wird  er  an  seinem  freien  Ende,  an  dem  sich  die  Mundölfnung  befindet,  durch  eine 
Zunahme  an  Masse  breiter  und  dicker,  wie  überhaupt  in  Hinsicht  der  Form  so  verändert,  dass 
er  nach  einiger  Zeit  einen  der  Quere  nach  stark  abgestutzten  Kegel  darstellt,  noch  später  aber 
eine  Aehnlichkeit  mit  einem  Cylinder  erlangt.  Auch  wächst  die  den  Keim  umgebende  Substanz 
allmählich,  namentlich  in  der  letzten  Hälfte  dieser  Periode,  an  ihrer  einen  Seite,  welche  den 
vordersten  Theil  der  Rückenseite  des  Körpers  darstellen  soll,  etwas  stärker,  als  an  der  gegen- 
überliegenden, nach  vorn  hervor,  so  dass  der  Embryo  bei  dem  Eintritte  in  die  dritte  Entwicke- 
lungsperiode an  dem  vordem  Ende  etwas  schräg  von  der  obern  Seite  und  vorn  nach  der  untern 
Seite  und  hinten  abgestutzt  erscheint. 

Der  Rumpf  nimmt  in  der  zweiten  Periode  sehr  bedeutend  an  L'mfang  zu.  Nach  dem 
Heginn  derselben  weitet  er  sich  zuvörderst  nach  allen  Seiten  so  aus,  dass  er  die  E’orm  einer 
Kugel  erhält,  auf  welche  der  Kopf  als  ein  nur  mässig  grosser  Aufsatz  nach  vorn  hervorsieht. 
(Taf.  II.  Fig.  8.)  Späterhin  aber  nimmt  er  viel  mehr  an  Länge,  als  an  Dicke  zu,  wird  wiederum 
oval,  und  ist,  wenn  dies  geschehen,  an  seinem  hintern  Ende  wieder  dünner,  als  an  dem  vor- 
dem. (Taf.  II.  Fig.  9.)  Doch  erscheint  er,  nachdem  er  die  Kugelform  aufgegeben  hat,  in  der 
nächstfolgenden  Zeit  nicht  stets,  sondern  nur  gewöhnlich  oval  geformt,  denn  nicht  selten  ver- 
ändert er  sein  Aussehen  innerhalb  des  Eies  im  Verlauf  von  mehreren  Minuten  dermaassen  , dass 
sein  Rumpf  bald  die  Form  einer  Mohrrübe  annimmt  und  an  dem  hintern  Ende  zugespitzt  wird, 
bald  auch  wurstförmig  und  dann  entweder  an  beiden  Enden  gleich  dick,  oder  hinten  dicker,  als 
vorn  würd.  (Taf.  II.  Fig.  10  u.  11,  welche  Figuren  nach  einem  und  demselben  in  dem  Eie  lie- 
genden Embryo  gezeichnet  sind.)  Noch  später  wird  der  Rumpf,  indem  er  vorzüglich  in  die 
Länge  zu  wachsen  forthihrt,  allmählich  immer  gestreckter  und  schlanker.  (Taf.  II.  Fig.  14,  15. 
und  Taf.  III.  Fig.  l u.  2.)  Am  Ende  der  zweiten  Periode  beträgt  seine  Länge  im  Ruhezustände, 
wenn  der  Leib  nicht  etwa  stark  verkürzt  oder  gegen theils  stark  ausgestreckt  ist,  beinahe  vier 
Mal  so  viel,  als  seine  grösste  Breite.  Am  dicksten  ist  er  zu  dieser  Zeit  vor  seiner  Mitte,  doch 
bei  einem  und  demselben  Embryo  bald  in  einer  grössern,  bald  in  einer  geringem  Entfernung  von 


Zxceite  Periode  des  Fruchtlehens . 


25 


derselben.  Von  da  verjüngt  er  sieb  nach  vorn  und  hinten  mehr  oder  weniger  stark.  Auf  Quer- 
durchschnitten erscheint  er,  mit  Ausschluss  des  hintern  Endes,  an  dem  sich  schon  ein  Saugnapf 
gebildet  hat,  (Taf.  III.  Fig.  1 u.  2.)  sowie  des  Kopfes,  allenthalben  ziemlich  kreisrund.  Die 
halsibrmige  Ringfurche  hinter  dem  Kopfe,  durch  w’elche  sich  dieser  bisher  scharf  gegen  den 
bauchig  erweiterten  Rumpf  absetzte,  geht  im  Laufe  dieser  Entwickluugsperiode  so  vollständig 
verloren,  dass  äusserlich  zwischen  beiden  entw'eder  gar  keine  Gi'enze,  oder  als  solche  nur  noch 
eine  sehr  schwache  und  seichte  Ringfurche  vorkommt. 

§.  15. 

Während  der  Rumpf  der  Embryonen  die  Form  einer  Kugel  annimmt,  die  er  eine 
ziemlich  lange  Zeit  hindurch  behält,  beginnt  die  Zellen-  oder  Embryonal- Substanz  derselben 
sich  in  zwei  Schichten  zu  scheiden , von  denen  sich  die  äussere  zur  Leibeswand,  die  innere  zum 
Darmkanal  entwickeln  soll.  Diese  Scheidung  macht  sich  zuerst  im  Kopfe  bemerkbar,  und  zwar 
dadurch,  dass  die  schwach  weingelben  Zellen,  welche  die  Schlundhöhle  in  einer  einfachen  Lage 
umgeben  und  für  die  Entwickelung  des  Schlundes  selbst  bestimmt  sind,  die  Beschaffenheit, 
welche  sie  erlangt  haben , noch  eine  längere  Zeit  unverändert  behalten , während  die  übrigen 
Zellen  des  Kopfes,  obgleich  sie  mit  jenen  erstem  allenthalben  in  einem  innigen  Zusammen- 
hänge bleiben,  der  Mehrzahl  nach  sehr  bald  eine  andere  Beschaffenheit  annehmen.  Erst  später, 
w'enn  der  Rumpf  seine  kugelrunde  Form  aufzugeben  und  länglich  oval  zu  werden  angefangen 
hat,  wird  auch  in  dieser  Abtheilung  des  Körpers  eine  Scheidung  der  Embryonal- Substanz  er- 
kennbar, nur  dass  diese  hier  gleich  anfangs  als  eine  förmliche  Spaltung  der  Substanz  in  zwei 
auseinandergehende  Schichten  auftritt. 


§.  16. 

Um  die  histologische  und  morphologische  Entwickelung  der  Embryonal- Substanz  an 
den  verschiedenen  Stellen  des  Körpers  specieller  zu  schildern , bemerken  wir  zunächst  in  Betreff 
des  Kopfes,  dass  die  meisten  der  nach  aussen  von  der  Schlundröhre  gelegenen  Zellen  alsbald 
bedeutend  wachsen  und  sich  dabei  namentlich  in  radiärer  Richtung  (von  der  Achse  des  Kopfes 
nach  der  Oberfläche  hin)  ausw’eiten.  Sie  bilden,  für  sich  allein  betrachtet,  einen  breiten  und 
dicken  Ring,  dessen  Elemente  je  nach  der  Dicke  des  Kopfes  an  den  verschiedenen  Stellen  in 
einer  oder  zwei  oder  drei  Lagen  über  einander  gruppirt  sind.  Wo  sie  mehrfach  geschichtet  sind, 
greifen  die  Zellen  der  einzelnen  Lagen  theilweise  in  einander.  Sie  besitzen  eine  zwar  deutlich 
häutige,  doch  im  Verhältniss  zu  ihrem  Umfange  nur  sehr  dünne  Wandung,  enthalten  ausser 
einem  wandständigen  Kern,  der  im  Vergleich  mit  ihrem  Umfange  nur  sehr  klein  ist,  eine  farb- 
lose und  durchweg  ganz  klare  Flüs.sigkeit,  und  haben  in  ihrem  Aussehen  eine  grosse  Aehnlich- 
keit  mit  denjenigen  Zellen,  aus  welchen  der  Kern  der  Rückensaite  bei  den  Stören  und  Neun- 
augen besteht.  Mit  ihren  Wandungen  liegen  sie  so  dicht  bei  einander,  dass  sie  unter  dem 

Hathke,  Entwicklung  der  Hirudineen.  4 


26 


Nephclis  vulgm'is. 


Mikroskop,  bei  tiefem  Einstellungen,  wobei  nur  einzelne  Zellensegmente  in  Sicht  kommen,  den 
Schein  gewähren,  als  befände  sich  in  dem  Kopfe  eine  Menge  einfacher  und  verästelter,  dünner 
Kernfasern,  die  eine  dünne  gallertartige  Masse  durchsetzten  und  zwischen  einer  flimmernden 
Cuticula  und  der  kleinzelligen  Schlundröhre  ausgespannt  wären.  Wenn  man  aber  einen  aus 
dem  Ei  herausgenommenen  lebenden  Embryo,  in  dessen  Kopfe  solche  Zellen  Vorkommen,  einige 
Stunden  in  reinem  Wasser,  oder  eine  kürzere  Zeit  in  einem  stark  verdünnten  Liquor  ammonii 
eaustici  liegen  lässt,  vergeht  der  Schein,  sowohl  der  Fasern,  wie  der  Cuticula,  indem  die  dicht 
zusammengedrängten  Zellen,  welche  ihn  hervorbrachten,  stark  aufquellen,  sich  von  einander 
trennen  und  allmählich  auseinanderweichen. 

Bei  den  abwechselnden  Verkürzungen  und  Verlängerungen,  die  der  Kopf  noch  junger 
Embryonen  besonders  bei  den  Schluckbewegungen  bemerken  lässt , zeigen  die  beschriebenen 
grösseren  Zellen  desselben  sehr  beträchtliche  Formveränderungen , der  Art,  dass  sie  bald  länger 
und  dünner,  bald  kürzer  und  dicker  werden.  Andere  Theile  aber,  durch  welche  die  erwähnten 
Bewegungen  des  Kopfes  im  Ganzen  hervorgebracht  werden  könnten,  als  diese  Zellen,  sind  bei 
so  jungen  Embryonen  nicht  vorhanden.  Es  ist  daher  anzunehmen,  dass  die  Verkürzungen  und 
Verlängerungen  durch  den  ziemlich  rasch  vor  sich  gehenden  Wechsel  in  der  Form  der  beschrie- 
benen Zellen,  dieser  Formwechsel  aber  durch  partielle  Contractionen  ihrer  Wandungen  be- 
wirkt werde. 

Wenn  die  soeben  beschriebenen  Zellen  ihre  Ausbildung  erlangt  haben,  setzen  sie  den 
grossem  Theil  der  Masse  des  Kopfes  zusammen.  Im  Uebrigen  aber  besteht  derselbe  aus  sehr 
viel  kleineren  Zellen,  die  in  ihi-eii  Durchmessern  höchstens  0,0006"  halten  und  4 verschiedene 
Gruppen  bilden.  Einige  von  ihnen  liegen  nämlich  oberflächlich  und  dicht  bei  einander  an  dem 
vordem  Ende  des  Kopfes  in  3 — 4 Kreisen  um  den  Mund  zusammengruppirt.  Sie  erscheinen 
in  der  Richtung  von  aussen  nach  innen  stark  abgeplattet  und  sind  an  ihrer  äussern  Seite,  wie 
die  oberflächlichen  grossem  Zellen,  mit  Flimmerhaaren  versehen.  Andere  kommen  oberflächlich 
ganz  am  hintern  Ende  des  Kopfes  vor.  Sie  sind,  wie  die  vordem,  abgeplattet  und  mit  Flimmer- 
haaren versehen , auch  nicht  selten  zu  einem  oder  zwei  Kreisen  vereinigt.  Noch  andere  befin- 
den sich  in  der  Tiefe  des  Kopfes,  wo  sie  die  schon  mehrmals  angeführte  nächste  Umgebung  der 
Schlundhöhle  bilden  und  ein  mässig  dickwandiges  und  aus  einer  einfachen  Lage  von  Zellen  be- 
stehendes contractiles  Rohr  zusammensetzen.  Auf  der  obern  Seite  dieses  Rohres,  zwischen  ihm 
und  dem  aus  stark  vergrösserten  Zellen  des  Kopfes  bestehenden  Ringe  eng  eingeschlossen,  liegt 
endlich  noch  eine  besondere  Gruppe  von  dicht  gedrängten,  rundlich -eckigen  Zellen,  die  erst 
nach  dem  Beginn  der  zweiten  Periode  entstanden  sind,  und  einen  kurzen,  im  Verhältniss  zur 
Länge  aber  ziemlich  bi-eiten  Halbgürtel  darstellen , in  dem  man  bei  einer  Seitenansicht  des 
Kopfes  eine  Zusammensetzung  aus  zwei  Lagen  erkennen  kann.  Es  ist  die  erste  Andeutung  des 
Hirnes,  die  dem  Beobachter  in  diesem  Halbgürtel  vorliegt. 

Später,  wenn  der  bis  dahin  hügelförinige  Kopf  die  Form  einer  kurzen  Walze  annimmt, 
verschwinden  die  grossen  contractilen  Zellen.  Die  frühere  Durchsichtigkeit  geht  fast  ganz  ver- 
loren. Auf  der  Oberfläche  erkennt  man  jetzt  eine  Schicht  von  kleinen,  nur  bis  0,0004"  messen- 


Ziceite  Periode  des  Fruchtlehens. 


27 


den,  abgeplatteten  und  mit  Flimmeiliaaieii  besetzten  Zellen,  die  sich  ohne  Unterbrechung  von 
dem  INIunde  bis  zu  dem  Rumpfe  erstreckt.  Unterhalb  derselben  liegt  eine  verhältnissmässig 
ziemlich  dicke  Schicht  von  ^Muskelfasern,  von  denen  die  meisten  quer  verlaufen,  und  noch  weiter 
nach  innen  eine  dünnere  Schicht  von  Muskelfasern,  die  den  Schlund  zusammensetzen  hilft. 
Wie  und  w'oher  jene  oberflächliche  Schicht  von  Zellen,  die  als  die  Anlage  einer  Hautbedeckung 
des  Kopfes  zu  betrachten  ist,  und  diese  beiden  Muskelschichten  entstehen,  habe  ich  theils 
wegen  der  abnehmenden  Durchsichtigkeit  des  Kopfes,  theils  auch  'wegen  der  Kleinheit  dessel- 
ben, die  es  nicht  gestattete,  ihn  nach  Wunsch  zu  zerlegen,  nicht  ermitteln  können.  Ich  ver- 
muthe  jedoch,  dass  sich  die  beschriebenen  grossen  Zellen  des  Kopfes  unter  gleichzeitiger  starker 
Vermehrung  allmählich  wieder  verkleinern  und  dabei  in  zwei  l.agen  zerfallen,  von  denen  die 
äussere  sich  in  Verbindung  mit  den  schon  früher  vorhandenen  oberflächlichen  Zellen  zu  einem 
Epithelium  entwickelt,  während  die  innere  sich  in  eine  ziemlich  dicke  Schicht  von  Muskel- 
fasern verwandelt.  Ebenso  dürften  auch  die  weingelben  Zellen  der  Schlundröhre  oder  vielmehr 
deren  Abkömmlinge  theils  zur  Darstellung  einer  Zellenauskleidung  des  Schlundes,  theils  zur 
Entwickelung  einer  Muskelschicht  verwendet  werden.  Dass  aus  der  anfangs  einfachen  Lage 
von  Zellen,  welche  die  Schlundhöhle  umgiebt,  nicht  etwa  nur  allein  das  Epithel  des  Schlundes 
entsteht,  sondern  auch  die  Muskelschicht  desselben  sich  entwickeln  muss,  lässt  sich  aus  dem 
Umstande  folgern,  dass  die  letztere  durch  die  Zellengruppe,  aus  der  sich  das  Gehirn  entwickeln 
soll,  wenngleich  nicht  gänzlich,  so  doch  zum  Theil,  nämlich  an  ihrer  obern  Seite,  von  der 
übrigen  Substanz  des  Kopfes  getrennt  ist. 


§.  17. 

An  dem  Rumpf  der  Embryonen  stellt  die  Embryonalsubstanz  bei  dem  Beginn  der  zwei- 
ten Periode  einen  mit  dem  Nahrungsdotter  angefüllten  Schlauch  dar,  dessen  Wandung  aus 
einer  einfachen  Zellenlage  besteht  und  sowohl  im  Verhältniss  zu  seinem  Inhalt,  als  auch  an 
und  für  sich  selbst  im  Allgemeinen  nur  eine  geringe  Dicke  hat.  In  dem  ersten  Drittel  der 
zweiten  Periode  wird  die  Wandung  dieses  Schlauches,  während  er  an  Umfang  sehr  bedeutend 
zunimmt,  und  sich  auch  sein  Inhalt  durch  hinzugekommenes,  von  dem  Embryo  verschlucktes 
Eiweiss  immer  mehr  vergrössert,  nur  an  drei  mässig  grossen  Stellen  etwas  dicker,  im 
üebrigen  aber  noch  etwas  dünner.  Bei  Embryonen,  deren  Rumpf  die  Form  einer  Kugel  ange- 
nommen hat,  sowie  auch  bei  etwas  älteren,  bei  denen  er  schon  wieder  oval  geworden  ist,  wird 
sie  daher  während  des  Herausnehmens  aus  dem  Ei  und  dem  Eiweiss  (auch  wenn  solches  unter 
Wasser  und  mit  der  grössten  Vorsicht  geschieht)  fast  immer  zerrissen.  Ebenso  wird  der  un- 
verletzte Embryo  alsbald  durch  Imbibition  gesprengt,  wenn  man  ihn  mit  Wasser  in  Berüh- 
rung bringt,  es  müsste  denn  sein,  dass  derselbe  durch  ein  chemisches  Mittel,  -wie  namentlich 
durch  Chromsäure  oder  Salpetersäure,  das  eine  oder  einige  Stunden  auf  das  ganze  Ei  eingewirkt 
hat,  vorher  erhärtet  war.  Während  nun  aber  der  Schlauch,  der  von  der  Embryonalsuhstanz 
des  Rumpfes  gebildet  ist,  sich  immer  mehr  ausweitet,  dehnen  sich  die  meisten  seiner  Zellen, 

4* 


28 


Nephelin  oulgaris. 


deren  Durchmesser  anfänglich  selten  mehr,  als  0,0005"  betrug,  bedeutend  in  die  Breite  aus. 
Sie  platten  sich  zu  dünnen  Scheiben  ab,  deren  Durchmesser  mitunter  bis  0,0012"  wächst,  geben 
sogar  ihre  Zellennatur  auf  und  verschmelzen  mit  einander  zu  einem  dünnen  und  durchsichtigen 
Häutchen,  das  den  noch  immer  kugligen  Rumpf  umgiebt  und  nur  noch  zerstreute,  mehr  oder 
weniger  weit  auseinander  gelegene  Zellenkerne,  selbst  hier  und  da  nur  schwache  Ueberreste  von 
solchen  erkennen  lässt.  Allerdings  finden  sich  in  oder  dicht  unter  diesem  Häutchen  auch  noch 
einzelne  vollständige  Zellen  (bis  zu  0,0007"'),  aber  immer  nur  in  geringer  Zahl  und  in  ziemlich 
weiter  Entfernung  von  einander.  Nur  selten  sieht  man  sie  einmal  zu  zweien  beisammen.  Sie 
sind  nie  rund,  sondern  beständig  stark  abgeplattet. 

Ein  anderes  Verhalten  zeigen  in  dem  ersten  Drittel  der  zweiten  Periode  manche  von 
denjenigen  Zellen  der  Embryonalsubstanz,  welche  sich  an  der  Bauchseite  des  Rumpfes  befinden, 
indem  sie  sich  weder  stark  abplatten  und  in  die  Breite  ausdehnen,  noch  auch  mit  einander  ver- 
schmelzen und  schliesslich  ganz  vergehen,  statt  dessen  vielmehr  durch  eine  Theilung  sich  ver- 
mehren, im  Verhältniss  zu  ihrem  Umfange  eine  ziemlich  grosse  Dicke  behalten  und  auch  immer 
scharf  begrenzt  bleiben.  Dieselben  setzen  zwei  sehr  schmale  und  einander  gleiche  streifen- 
förmige Gruppen  zusammen,  die  auf  die  beiden  Seiteuhälften  des  Körpers  vertheilt  sind,  sich 
von  dem  Kopfe  bis  an  das  hintere  Ende  des  Rumpfes  erstrecken,  und  bis  in  die  Nähe  ihres  ab- 
gerundeten hintern  Endes  allenthalben  eine  gleiche  Breite,  an  diesem  Ende  aber  eine  etwas 
grössere  Breite  haben.  Man  kann  diese  beiden  Zellengruppen  schon  bald  nach  dem  Beginn  der 
zweiten  Periode  erkennen,  deutlich  aber  ihrem  ganzen  Verlaufe  nach  erst  in  einer  etwas  spätem 
Entwickelungszeit,  dies  jedoch  wegen  der  grossen  Verletzbarkeit  solcher  Embryonen,  welche 
noch  nicht  über  das  erste  Drittel  der  zweiten  Periode  hinausgelangt  sind,  nur  in  dem  Falle, 
wenn  der  Embryo  durch  Salpetersäure  oder  Chromsäure  erhärtet  worden  ist.  Ihr  Verlauf  ist 
anfangs,  wenn  der  Rumpf  eben  erst  die  Form  einer  Kugel  angenommen  hat,  derart,  dass  sie 
von  vorn,  wo  sie  mässig  weit  von  einander  abstehen,  nach  hinten  zu  bedeutend  und  beinahe 
um  die  ganze  Breite  der  Bauchseite  auseinander  weichen  , darauf  hinter  der  Mitte  des  Rumpfes, 
nachdem  sie  bis  hieher  ein  Paar  recht  stark  gekrümmte  und  einander  abgekehrte  Bogen  gebildet 
haben,  einander  wieder  ziemlich  nahe  kommen , und  zuletzt  vor  ihrem  Ende  nochmals,  doch 
nur  wenig  und  unter  der  Form  von  nur  schwach  gekrümmten  und  einander  zugekehrten  Bogen 
auseinander  gehen.  (Taf.  V.  Fig.  1 bis  3.)  Anbelangend  ihre  Zusammensetzung,  so  besteht  eine 
jede  aus  einer  einfachen  Schicht  dicht  zusammengedrängter  Zellen,  die  in  ihrer  Gesammtheit 
eine  solche  Lagerung  neben  und  hinter  einander  haben,  dass  sie  anfänglich  drei  oder  sogar  — wie 
es  mir  einige  Male  geschienen  hat,  — nur  zwei  ziemlich  regelmässig  geordnete  Längsreihen  bil- 
den, deren  Zahl  sich  nach  einiger  Zeit  aber  in  Folge  ihrer  Vermehrung  auf  vier  erhöhet.  Wenn 
sich  die  Zellender  beiden  Streifen  in  diese  vier  Reihen  zusamrnengruppirt haben,  dann  erscheinen 
dieselben  scharf  umschrieben  und  mit  deutlicher  zarthäutiger  Wandung.  Sie  enthalten  einen 
im  Verhältniss  zu  ihrem  Umfange  ansehnlich  grossen  Kern,  der  einen  etwas  glänzenden  Kern- 
körper, oder  bisweilen  deren  zwei,  in  sich  einschliesst,  und  einen  klaren  gallertartigen  Inhalt. 
Im  Verhältniss  zu  ihrem  Umfange  beträchtlich  dick,  sind  sie  gegen  einander  so  abgeplattet,  dass 


Zweite  Periode  des  Fruchtlehens 


29 


einige  eine  rundlich  - eckige,  andere  eine  oval  - eckige  Form  haben;  alle  zusammen  genommen 
aber  geben  ein  ähnliches  Bild,  wie  ein  Pliasterepithel.  Ihre  Grösse  ist  im  Allgemeinen  nur 
gering:  denn  die  meisten  von  ihnen  messen  nur  0,0004  bis  0,0005".  In  dem  breitem  Ende 
eines  jeden  Streifens  aber  sind  sie  grösser , zumal  die  hintersten  von  ihnen,  deren  Querdurch- 
messer  0,0008  bis  0,0010  ' betragen.  (Taf.  V.  Fig.  7.) 

Sobald  die  beiden  angegebenen  streifen-  oder  bandförmigen  Zellen -Gruppen  die  be- 
schriebene Form  und  Zusammensetzung  angenommen  haben,  lässt  sich  unter  günstigen  Um- 
ständen bisweilen  wahrnehmen , dass  sie  vorn  verschmälert  in  zwei  noch  dünnere,  im  Innern 
des  Kopfes  befindliche  und  aus  kleinen  Zellen  bestehende  Stränge  übergehen , die  den  Schlund 
von  beiden  Seiten  bogenförmig  umfassen  und  über  ihm  sich  an  das  Hirn  anschliessen.  Hinten 
aber  grenzen  sie  (Taf.  Y.  Fig.  1,  3,  e.)  an  eine  Gruppe  von  3 in  einer  Reihe  neben  einander 
liegenden  sehr  grossen  Zellen  an,  die  gewissermaassen  einen  Anhang  derselben  bilden,  und  aus 
der  grauen,  noch  viele  Dotterkörperchen  enthaltenden  Masse  entstanden  sind,  die  sich  bei  dem 
Schluss  der  ersten  Entwickelungs  - Periode  au  dem  hintern  Ende  des  Embryos  befindet.  Diese 
3 Zellen  erscheinen,  wie  jene  IMasse,  während  ihres  ganzen  Bestandes  bei  durchfallendem  Lichte 
grau,  bei  auffallendem  aber  schwach  Aveiss ; doch  je  später , umsoweniger,  indem  sie  allmäh- 
lich farbloser  und  durchsichtiger  werden.  Audi  erscheinen  sie,  namentlich  bei  einer  Ansicht 
auf  ihre  äussere  Fläche,  immer  unter  einer  ovalen,  doch  insofern  verschiedenen  Form,  als  sie 
anfangs  kurz -oval,  späterhin  aber  sehr  langgestreckt- oval  sind.  !Mit  ihren  breitem  Enden  sind 
sie  nach  oben,  mit  ihren  schmäleren  Enden  nach  unten  und  vom  gekehrt,  zu  den  beiden  strei- 
fenförmigen Zellengruppen  aber,  gegen  welche  hin  ihre  Achsen  convergiren , haben  sie  (Taf.  V. 
Fig.  8.)  eine  solche  Lage,  dass  die  beiden  äussern  mit  ihren  schmäleren  Enden  nach  vorn  an  die 
hinteren  Enden  jener  Gruppen  angrenzen,  während  die  mittlere,  deren  Achse  in  der  iMittel- 
ebene  des  Körpers  liegt,  mit  ihrem  schmälern  Ende  dem  Zwischenräume  zwischen  den  hinteren 
Enden  jener  Zellengruppen  zugewendet  ist.  Bei  Embryonen,  ivelche  der  Einwirkung  von 
Salpetersäure  oder  Chromsäure  ausgesetzt  gewesen  waren,  sind  sie  an  ihrer  äussern  Fläche  stark 
abgeplattet  und  überhaupt  blattartig  dünn:  während  sie  dagegen  bei  solchen  Embryonen,  welche 
noch  leben  und  keine  Verletzung  erlitten  haben,  an  ihrer  äussern  Fläche,  zumal  an  deren  brei- 
terer Hälfte,  so  stark  convex  erscheinen,  dass  sie  über  die  übrige  Oberfläche  des  Körpers  stark 
hervorragen,  wie  sich  besonders  deutlich  an  den  noch  in  dem  Eie  eingeschlossenen  Embryonen 
wahrnehmen  lässt,  w’enn  die  Hülle  des  Eies  ungewöhnlich  dünn  und  durchsichtig  ist.  Die 
NVandung  dieser  Zellen  ist  sehr  dünnhäutig  und  ihr  anfangs  runder,  späterhin  elliptischer  Kern, 
der  ebenfalls  nur  eine  dünne  Wandung  hat , verhältnissmässig  gross,  mit  einem  nur  kleinen 
Kernkörper  versehen,  und  mit  einer  ganz  klaren,  farblosen  Flüssigkeit  erfüllt.  Was  aber  ihre 
Grösse  anbelangt,  so  ist  sie,  wie  die  Form  dieser  Zellen,  zu  verschiedenen  Zeiten  der  Entw'icke- 
lung  verschieden.  Unter  den  (in  Salpetersäure  erhärteten)  Embryonen,  bei  welchen  ich  sie 
maass,  betrug  ihre  Länge  bei  einem  noch  sehr  jungen,  dessen  kugelrunder  Rumpf  erst  0,0066  ' 
lauge  Durchmesser  hatte,  0,0014,  ihre  grösste  Breite  0,0012"  und  je  ein  Durchmesser  ihres 
kugelrunden  Kernes  0,0004",  bei  viel  älteren  Embryonen  aber,  deren  Rumpf  jedoch  noch  eben- 


Nephelis  vulgaris. 


:5ü 

falls  die  Form  einer  Kugel  hatte,  ihre  Länge  0,0040  bis  0,0048",  ihre  grösste  Breite  0,0025 
bis  0,0035"  und  die  Achse  ihres  schon  elliptisch  gewordenen  Kernes  0,0015  bis  0,0018  '. 

Die  beiden  streifen  - oder  bandförmigen  Zellengruppen,  die  sich  an  der  Fauchseite  des 
Rumpfes  von  dem  vordem  bis  zum  hintern  Ende  erstrecken , sind  die  Grundlagen  sowohl  für 
das  Bauchmark,  wie  auch  für  die  Muskeln  und  die  Hautbedeckung  der  Bauchwandung,  auch 
ausserdem  muthmaasslich  für  einen  Theil  des  Darmkanals.  In  dem  Nachstehenden  werde  ich 
diese  anfangs  nur  dünnen  und  einfach  geformten  Körpertheile,  die  ihrer  Lage  und  morphologi- 
schen Bedeutung  nach,  den  sogenannten  Primitivstreifen  oder  Keimwülsten  junger  Embryonen 
von  Arthropoden  entsprechen,  unter  dem  Namen  der  Bauchplatten  aufführen.  Die  hinter 
ihnen  an  dem  Ende  des  Rumpfes  gelegene  Gruppe  colossaler  Zellen  ist  die  Grundlage  für  den 
Saugnapf  der  Nephelis. 


§.  18. 

Die  erste  bemerkenswerthe  Veränderung,  die  an  den  Bauchplatten  vor  sich  geht,  nach- 
dem sie  die  beschriebene  Form  erhalten  haben,  besteht  darin,  dass  zwischen  ihren  hinteren  En- 
den einige  kleine  rundlich- eckige  und  dicht  beisammenliegende  Zellen  auftreten,  die  gleichsam 
eine  sie  verbindende  kurze  und  schmale  Brücke  bilden.  Demnächst  nehmen  sie  beträchtlich, 
wie  der  ganze  Rumpf,  an  Länge  zu,  strecken  sich  dabei  gerade  und  rücken  zugleich  immer 
näher  an  einander,  (Taf.  V.  Fig.  9.)  indess  der  zwischen  ihnen  befindliche  viel  dünnere  Theil 
der  Bauchwandung  gleicherweise,  wie  die  untere  Vereinigungshaut  verschiedener  Wirbel- 
thiere,‘)  durch  ein  Schwinden  seiner  Substanz  je  später,  desto  schmäler  wird.  Einige  Zeit, 
nachdem  der  Rumpf  wiederum  oval  geworden  ist , treffen  beide  in  der  Mittellinie  auf  einander, 
um  sich  sodann  ihrer  ganzen  Länge  nach  zu  schliessen,  indess  der  zwischen  ihnen  befindliche 
Theil  der  Bauchwandung  allmählich  völlig  verloren  geht.  Die  Vereinigung  beginnt  hinter  der 
Alitte  des  Rumpfes,  da,  wo  die  Bauchplatten  bei  ihrer  Entstehung  am  wenigsten  von  einander 
abstanden,  und  geht  von  da  aus  allmählich  immer  weiter,  theils  nach  hinten,  theils  nach 
vorn.  Am  spätesten  geschieht  dieselbe  zunächst  dem  Kopfe,  (Taf.  V.  Eig.  10.)  wo  die  Bauch- 
platten erst  dann  an  einander  sich  anschliessen , wenn  der  Rumpf  schon  eine  ziemlich  langge- 
streckte Form  angenommen  hat. 

Während  die  Bauchplatten  zusammenrücken,  werden  sie  durch  eine  Vermehrung  der 
Zellen,  aus  denen  sie  bestehen,  nicht  nur  länger,  sondern  auch  ein  wenig  breiter.  Nach  ihrer 
Vereinigung  aber  nehmen  sie  in  kurzer  Zeit  an  Breite  viel  bedeutender  zu,  als  es  bisher  ge- 
schehen war,  und  zwar  um  so  mehr,  je  weiter  nach  vorn  hin.  Ferner  gewinnen  sie  jetzt  seit- 
Avärts  von  der  Mittelebene  des  Körpers,  in  der  sie  an  einander  sich  innig  angeschmiegt  haben, 
dergestalt  an  Dicke,  dass  sie  gegen  die  Rumpfhöhle  wulstartig  etwas  Vordringen,  in  Folge 


1)  Ueber  den  Theil  der  Leibeswand  der  Embryonen  von  Wirbelthieren,  welche  ich  mit  dem  Namen  der 
untern  Vereinigungshaut  belegt  habe,  ist  von  mir  ein  Näheres  angegeben  in  JoH.  MÜller’s  Archiv  für  Anatomie 
und  Physiologie.  Jahrgang  1838,  S.  362. 


Zweite  Periode  des  Fruchtlehens. 


31 


dessen  zwischen  ihnen  eine  dieser  Höhle  zugekehrte  schmale  und  rinnenfürniige  Längsfurche 
entsteht.  Ausserdem  aber  theilen  sich  beide  zusammen  um  dieselbe  Zeit  in  eine  doppelte  E-eihe 
auf  einander  folgender  kurzer  und  paariger  Abschnitte.  Diese  Bildung  geschieht  dadurch,  dass 
die  Zellen,  aus  denen  die  Streifen  zusammengesetzt  sind,  während  der  Verlängerung  der  letzteren 
nicht  gleichmässig  in  ihrer  ganzen  Masse,  sondern  gruppenweise  auseinanderrücken.  Zwischen 
den  einzelnen  Gruppen  bleiben  Querfurchen,  die  über  die  ganze  Breite  der  Bauchplatte  hinlau- 
fen , sich  mit  der  angeführten  Längsfurche  unter  rechten  Winkeln  kreuzen  und  als  die  ersten 
Anzeichen  von  einer  Gliederung  des  Rumpfes  betrachtet  werden  können.  (Taf.  V.  Fig.  11.) 

Wie  übrigens  die  beiden  Bauchplatten  zunächst  nach  ihrer  Vereinigung  vorn  am 
raschesten,  nach  hinten  zu  aber  immer  weniger  rasch  an  Breite  zunehmen,  eben  so  verhält  es 
sich  auch  mit  ihrer  Zunahme  an  Dicke.  Desgleichen  entsteht  von  den  Querfurchen,  die  an 
ihnen  bemerkbar  werden,  der  Zeit  nach  eine  hinter  der  andern,  wie  sie  der  Reihe  nach  auf  ein- 
ander folgen.  Es  beginnt  demnach  auch  bei  Hex  Nephelis , wie  nach  den  bisherigen  Erfahrun- 
gen bei  den  Arthropoden,  die  Gliederung  des  Körpers  zunächst  hinter  dem  Kopfe  und  schreitet 
von  dort  aus  immer  weiter  nach  hinten  vor , da  die  angeführten  Querfurchen , wie  schon  oben 
erwähnt  worden,  als  die  ersten  Anzeichen  einer  Gliederung  betrachtet  werden  können. 

Sind  die  Embryonen  in  ihrer  Entwickelung  bereits  bis  dahin  vorgeschritten  , dass  ihr 
Rumpf  sehr  langgestreckt  - oval  geworden  ist  und  hinten  in  eine  stumpfe  Spitze  ausgeht,  die 
von  dem  Auswuchs  der  Leibeswand,  der  sich  zu  einem  Saugnapf  ausbilden  soll,  noch  keine 
Andeutung  bemerken  lässt,  dann  haben  ihre  mit  einander  vereinigten  Bauchplatten  gleich  hinter 
dem  Kopf  die  grösste,  obwohl  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge  nur  erst  sehr  mässige  Breite  und 
Dicke.  Je  mehr  sie  sich  dem  hintern  Ende  nähern,  um  so  schmäler  und  dünner  werden  diesel- 
ben. An  diesem  Ende  selbst,  also  da,  wo  sie  früher  am  breitesten  und  dicksten  waren,  sind  sie 
jetzt  am  wenigsten  entwickelt,  obwohl  sie  gegen  früher  nicht  abgenommen  haben.  Mitunter 
zeigen  sie  bei  solchen  Embryonen  auch  noch  nicht  in  ganzer  Länge  das  Aussehen  einer  Doppel- 
reihe kleiner  Abschnitte,  sondern  nur  erst  in  ihrer  vordem  Hälfte  oder  ihren  zwei  vordem  Drit- 
teln. (Taf.  V.  Fig.  11.) 

Diese  ihre  Abschnitte  haben  anfangs  die  Form  von  quadratischen  oder  ein  w'enig  oblon- 
gen Täfelchen  mit  abgerundeten  Ecken.  In  ihrer  Mitte  am  dicksten,  nehmen  sie  von  da,  be- 
sonders nach  aussen,  immer  mehr  ab.  In  Hinsicht  des  Umfanges  und  der  Masse  sind  die  des 
vordersten  Paares  am  grössten,  die  übrigen  aber  um  so  kleiner,  je  Aveiter  sie  nach  hinten  liegen. 
Die  dichtgedrängt  beisammenliegenden  Zellen,  aus  denen  sie  zusammengesetzt  sind,  haben  nur 
Durchmesser  Amn  0,0004  bis  höchstens  0,0006",  ein  klares  Aussehen,  einen  scharfen  Umriss, 
einen  verhältnissmässig  recht  grossen  Kern,  und  überhaupt  sämmtlich  eine  gleiche  BeschalFen- 
heit.  Doch  lässt  sich  schon  bei  Embryonen  aus  der  INIitte  der  zAveiten  Periode,  deren  Rumpf 
sehr  langgestreckt  - oval  ist,  aber  noch  nicht  die  geringste  äussere  Andeutung  eines  Saugnapfes 
zeigt,  an  denjenigen  Zellen,  Avelche  die  der  Mittellinie  der  BauchAvand  zugekehrte  Hälfte  der 
Täfelchen  bilden,  mitunter  ein  sehr  zarter  fadenförmiger  Ausläufer  bemerken,  der  nur  für  eine 
in  der  ersten  Entwickelung  begriffene  Nervenfaser  gehalten  Averden  kann.  Dergleichen  Fasern. 


Nephelin  tulgaris. 


:V2 

konnte  ich  ganz  deutlich  besonders  dann  an  der  abgelösten  und  isolirt  untersuchten  Hauchwand 
gewahr  werden,  Avenn  ich  die  Embryonen  durch  verdünnte  Salpetersäure  erhärtet  und  sie  gleich 
danach  einige  Stunden  der  Einwirkung  einer  wässrigen  und  mit  Salmiakspiritus  versetzten  Lö- 
sung von  Karmin  ausgesetzt  hatte.  Dabei  ergab  sich  überdies  , und  zwar  besonders  deutlich, 
Avenn  die  KaucliAvandung  ein  AA’enig  gepresst  Avorden  war,  dass  von  den  angeführten  Fasern 
einige  in  der  mittlern  Längsfurche  zAA’ischen  den  ZAvei  Hauchplatten  gerade  nach  hinten  verlie- 
fen, andere  aber  von  den  Täfelchen  der  einen  Seitenhälfte  zu  den  entsprechenden  Täfelchen 
der  andern  schräg  oder  quer  hinübertraten.  Die  letzteren  Fasern  deuteten  darauf  hin,  dass 
schon  ein  erster  Schritt  zur  Bildung  von  Nervenästen  des  Bauchmarks  gethan  AV'ar , doch  Hessen 
sich  bei  solchen  Embryonen , von  denen  soeben  die  Rede  Avar,  dergleichen  Aeste  selbst  noch 
nicht  erkennen. 

§.  19. 

Späterhin  nehmen  die  beiden  Bauchplatten  nicht  nur  immer  mehr  an  Länge,  Breite 
und  Dicke  zu,  sondern  erhalten  auch  hinten,  Avenn  es  bisher  noch  nicht  geschehen  war,  quer- 
gehende Furchen  , Avodurch  sie  nun  auch  hier  in  tafelförmige  Abschnitte  zerlegt  Averden.  Dabei 
aber  scheidet  sich  von  diesen  Täfelchen  eines  nach  dem  andern , Avie  sie  in  ihrer  Reihe  von  vorn 
nach  hinten  auf  einander  folgen,  in  drei  Theile,  die  nach  ihrer  vollendeten  Ausbildung  in  morpho- 
logischer und  histologischer  Hinsicht  Avesentlich  von  einander  A^erschieden  sind,  und  zAvar  in 
einen  Theil  der  allgemeinen  Hautbedeckung,  in  ein  Ganglion  des  Bauchmarks  und  ein  Bündel 
quer  verlaufender  Muskelfasern. 

Nachdem  sich  nämlich  die  bisher  sehr  ähnlichen  Zellen  eines  solchen  Täfelchens  all- 
mählich stärker  vermehrt  haben,  platten  sich  diejenigen  von  ihnen,  welche  der  Oberfläche  des 
Körpers  zunächst  liegen  und  einen  kleinen  Theil  derselben  bilden,  recht  beträchtlich  ab.  Sie 
setzen  eine  Partie  jener  einfachen  Zellen -liage  zusammen,  die  sich  bei  den  erAvachsenen  Exem- 
plaren von  Nephelis  zunächst  nach  innen  von  einer  dünnen  Cuticula  befindet  und  für  den 
Avesentlichsten  Theil  der  Hautbedeckung  dieses  Wurmes  zu  halten  sein  dürfte,  und  gevrähren 
fnach  EinAvirkung  von  Salpetersäure  auf  den  Embryo)  bei  einer  Ansicht  auf  die  Oberfläche  das 
Bild  eines  zarten  Plattenepithels. 

Die  nach  innen  von  dieser  einfachen  Zellenlage  befindliche  oder  übrige  Masse  der 
Täfelchen,  die  aus  einer  sehr  viel  grossem  und  stärker  gehäuften  Zellenlage  besteht,  wird  in 
ZAvei  neben  einander  liegende  Theile  geschieden , indem  an  ihr  eine  schmale,  von  Intercellular- 
substanz gefüllte  Furche  entsteht,  die  eine  Richtung  von  vorn  nach  hinten  hat,  einen  schw'ach 
gekrümmten  Bogen  bildet  und  mit  ihrer  convexen  Seite  der  Mittelebene  des  Körpers  abgekehrt 


1)  Bei  den  Pupiparen  beschreibt  LeuckäRT  gleichfalls  eine  Umwandlung  der  von  ihm  (nach  Zaddacu’s 
Vorgänge)  als  Ursegmente  bezeichneten  Täfelchen  des  Primitivstreifens  je  in  ein  Ganglion  und  einen  Seitenmuskel, 
AA'ährend  die  Hautbedeckung  dagegen  selbstständig , schon  vor  der  Gliederung  des  Primitivstreifens,  in  ganzer 
Ausdehnung  sich  bilden  soll.  (Die  Fortpflanzung  und  EntAvicklung  der  Pupiparen.  Halle,  1858.  S.  73.) 


'Zweite  Periode  des  Fruchtlebens. 


33 


ist.  Von  den  beiden  letzteren  Theilen  entwickelt  sich  dann  derjenige,  welcher  der  Mittelebene 
des  Körpers  zunächst  liegt,  zu  einem  Ganglion  des  Eauchmarks , der  andere  zu  einer  Partie  der 
Muskulatur  der  Rumpfwandung.  (Taf.  V.  Fig.  13,  14.) 

'Was  nun  denjenigen  Theil  anbelangt,  welcher  künftighin  ein  Nervenganglion  darstel- 
len soll,  so  grenzt  derselbe  schon  bei  seiner  Pildung  dicht  an  den  ihm  entsprechenden  Theil  der 
andern  Seitenhälfte.  Er  ist  mit  ihm  durch  eine  kleine  Quantität  von  Intercellular- Substanz  so 
innig  verbunden,  dass  beide  dem  Aussehen  nach  ein  Ganzes  ausmachen,  statt  dass  bei  einigen, 
wenn  nicht  etwa  gar  allen  Arthropoden  die  Hauchmarks- Ganglien  je  eines  Paares  zur  Zeit  ihres 
Ursprunges  von  einander  mässig  weit  entfernt  liegen.  Noch  inniger  aber  wird  diese  Verbindung 
in  einer  etwas  spätem  Zeit,  indem  die  zunächst  der  Mittelebene  des  Körpers  gelegenen  Zellen 
von  beiden  Seiten  her  allmählich  zwischen  einander  eindringen  und  die  frühere  Scheidungslinie 
vollständig  verwischen,  auch  beide  Hälften  durch  neu  ausgesendete  Nervenfasern,  die  von  der 
einen  zu  der  andern  herüber  und  über  sie  hinweggehen  , je  später  desto  fester  mit  einander  ver- 
knüpft werden.  ^lit  vollem  Grunde  lässt  sich  daher  annehmen , dass  beide  zu  einem  einzigen 
Ganglion  zusammenschmelzen,  dass  also  andern  Hauchmarke  der  JVejuÄeZ/s , wenn  seine  Ent- 
wückelung  vollendet  ist,  nur  eine  einzige  Reihe  von  Ganglien  vorkommt. 

Zunächst  nach  seiner  Entstehung  hat  ein  solches  Ganglion,  für  sich  betrachtet,  eine 
sogenannte  Bisquitform.  Es  zeigt  nämlich  zwei  längere  und  zwei  kürzere  Seitenränder,  ist  an 
den  erstem  in  der  Glitte  etwas  concav  und  an  den  beiden  Enden  abgerundet.  Ausserdem  ist  es 
in  seiner  Mitte  an  der  innern  Fläche  concav  und  daselbst  dünner,  als  gegen  die  Enden  hin. 
Seine  Lage  aber  ist  von  der  Art,  dass  sich  seine  Achse  mit  der  Mittellinie  der  Bauchwand  unter 
rechten  Winkeln  kreuzt,  die  abgerundeten  und  verdickten  Enden  also  rechts  und  links  neben 
der  iMittellinie  vorspringen.  (Taf.  V.  Fig.  13.)  Durch  beständige  Zellen- Vermehrung  nimmt 
dieses  Ganglion  sehr  bald  an  Grösse , insbesondre  aber  gegen  seine  Enden  so  erheblich  an  Dicke 
zu,  dass  die  zwei  äussern  Drittheile  desselben  in  aller  Kürze  die  Fomi  von  Halbkugeln  erhalten. 
Seine  Zellen  werden  dabei  der  Mehrzahl  nach  etwas  oval  oder  birnfömiig  und  wenden  sich, 
wenn  sie  solche  Form  annehmen,  mit  ihrem  dickem  Ende  gegen  die  Oberfläche  des  Ganglions. 
In  ihrer  innern  Beschaffenheit  aber  erfahren  diese  Zellen  keine  bemerkbare  Veränderung,  denn 
abgesehen  von  ihrem  Kern,  der  in  der  Regel  nur  mit  einem  Kernkörper,  selten  mit  zweien, 
versehen  ist,  haben  sie  selbst  noch  an  dem  Ende  der  zweiten  Entwickelungsperiode  keinen  fein- 
körnigen, sondern  einen  völlig  klaren  Inhalt. 

Im  Ganzen  bilden  sich  bei  nnsexer  Nephelis  2S  Ganglien.  Die  ^Meisten  derselben  rücken 
bei  ihrer  Entwickelung  (weil  sie  alle  zusammen  viel  weniger  an  Länge  zunehmen,  als  der 
Rumpf,  in  dem  sie  liegen,  allmählich  aus  einander,  doch  in  der  zweiten  Periode  höchstens  nur 
so  weit,  dass  die  Entfernung  zwischen  je  zweien  von  ihnen  selbst  in  den  ausgestreckten  Embryo- 
nen nicht  mehr  beträgt,  als  ihre  Länge.  Aber  es  ist,  wie  gesagt,  nur  die  iMehrzahl  der  Ganglien, 
die  sich  in  solcher  Weise  verändert.  Die  drei  vordersten  bleiben,  statt  auseinander  zu  rücken. 


I)  Rathke,  Entwich. -Geschichte  des  Flusskrebses.  Leipzig,  1S2S.  Seite  16. 

Rathke,  Entwicklung  der  Hirudineen.  5 


u 


ISleplielis  vulgaris. 


dicht  bei  einander , (Taf.  III.  Fig.  4.)  und  stellen  mit  dem  vordersten  Theil  der  beiden  Stränge 
des  Bauchraark.es  (Taf.  I\^.  Fig.  4,  c.  8,  c.  o,f.)  eine  einzige  Älasse  von  zusammengesetzter  Form 
dar,  die  man  als  erstes  Ganglion  zu  betrachten  pflegt.  Gleichfalls  bleiben  die  sechs  hintersten 
Ganglien  bei  einander,  um  mit  dem  hintersten  Theil  der  Stränge  des  Bauchmarkes  eine  iNIasse 
zusammenzusetzen,  die  ebenfalls  nur  ein  einziges  Ganglion  zu  sein  scheint  und  demnach  denn 
auch  allgemein  für  das  letzte  Ganglion  des  Bauchmarkes  gehalten  wird.  Nach  der  gewöhnli- 
chen Anschauungsweise,  von  der  ich  übrigens  nicht  abweichen  will,  würde  also  eine  aus- 
gebildete Nephelis  nur  21  Ganglien  des  Bauchmarkes  besitzen. ') 

In  ihrer  Vergrösserung  machen  die  28  ursprünglichen  Ganglien  anfangs  um  so  geringere 
Fortschritte,  je  weiter  sie  in  der  Reihe  nach  hinten  auf  einander  folgen.  Gegen  das  Ende  der 
zweiten  Periode  aber  bleibt  das  ursprünglich  zweite  in  seiner  Vergrösserung  nicht  nur  hinter 
dem  ersten,  sondern  auch  hinter  dem  dritten  etwas  zurück,  indess  die  übrigen,  welche  auf  das 
dritte  folgen,  auch  in  dieser  Zeit  an  Umfang  und  an  Masse  um  so  weniger  zunehmen,  je  weiter 
sie  nach  hinten  liegen. 

•Je  mehr  die  Entwickelung  der  Ganglien  des  Bauchmarkes  vorschreitet,  desto  deutli- 
cher und  zahlreicher  werden  auch  die  Nervenfasern,  die  von  den  Zellen  derselben  abgehen. 
Besonders  gilt  dies  von  denjenigen,  welche  nach  der  Länge  des  Leibes  verlaufen  und  die  beiden 
.Stränge  des  Bauchmarkes  zusammensetzen.  Diese  mehren  sich  in  der  letztem  Hälfte  der  zwei- 
ten Periode  sehr  bedeutend  und  bilden  zwei  mässig  dicke  Stränge,  die  zunächst  der  Mittelebene 
des  Leibes  an  der  obern  Seite  der  Ganglien,  wie  in  einer  Rinne,  verlaufen  und  einige  Zeit  von 
einander  so  abstehen,  dass  sich  zwischen  ihnen  ein  schmaler  Zwischenraum  befindet.  (Taf.  V. 
Fig.  14.)  Gegen  das  Ende  der  zweiten  Periode  aber  schliessen  sich  diese  Stränge  in  ihrem  gan- 
zen Verlauf  so  innig  an  einander  an,  dass  sie  beide  nur  einen  einzigen  Strang  zu  bilden  schei- 
nen, der  von  oben  und  unten  etwas  abgeplattet  und  an  seiner  obern  Seite  mit  einer  kaum  be- 
merkbaren Längsfurche  versehen  ist.  Auf  dem  vordersten  Ganglion,  das,  w'ie  schon  angeführt, 
eigentlich  aus  dreien  zusammengesetzt  ist,  hat  derselbe  die  grösste  Breite,  während  er  von  da 
nach  hinten  allmählich  schmäler  wird.  In  den  Zwischenräumen  zwischen  den  einzelnen  Ganglien 
ist  er  dabei  zugleich  etwas  eingeschnürt,  bis  er  nach  starker  Verjüngung  schliesslich  auf  dem 
(zusammengesetzten)  hintersten  Ganglion  unmerklich  aufhört. 

Schwieriger  als  diese  Längsfasern  lassen  sich  diejenigen  Fasern  erkennen,  welche  in 
gerader  Richtung  von  den  Ganglienzellen  des  Bauchmarkes  ausgehen  und  die  seitlichen  Nerven- 
stärame  zusammensetzen , doch  können  schon  vor  dem  Schluss  der  zweiten  Periode  an  einem 
jeden  der  einfachen  Ganglien,  welche  zwischen  dem  ersten  und  dem  letzten  liegen,  mehr  oder 
weniger  deutlich  zwei  Paar  Bündel  zarter  und  blasser  Fasern  wahrgenommen  werden,  die  an 
der  obern  Seite  desselben  ihren  Ursprung  haben , von  da  in  bogenförmigem  Verlaufe  nach  dem 
gegenüberliegenden  Seitenrande  hinlaufen , sich  in  der  Substanz  des  Ganglion  also  kreuzen. 


1)  Ich  zähle  bei  ausgewachsenen  Exemplaren  von  Nephelis  gewöhnlich  nur  2ü  Ganglien  — wohl  des- 
halb , weil  statt  der  6 letzten  deren  7 unter  sich  verschmolzen  sind.  Anm.  des  Herausgebers. 


Ziceite  Periode  des  Fruchtlebens . 


:iö 

und  schliesslich  zu  zwei  Paar  Nerven  - Aesten  zusammentreten,  die  von  dem  Ganglion  seitwärts 
abgehen.  Nicht  gelungen  aber  ist  es  mir,  diese  Aeste  bei  Embryonen  aus  der  zweiten  Periode 
selbst  nur  eine  mässige  Strecke  weit  zu  verfolgen. 

Was  übrigens  weiter  noch  den  Ursprung  der  Nervenfasern  des  Pauchmarkes  und  seiner 
Aeste  anbelangt,  so  wäre  vielleicht  zu  bemerken,  dass  die  Zellen,  welche  diese  Fasern  aussen- 
den, allem  Anschein  nach  sämmtlich  unipolare  sind. 

Während  die  28  ursprünglich  vorhandenen  Ganglien  des  Bauchmarkes  und  die  beiden 
Stränge  desselben  an  Grösse  immer  mehr  zunehmen  geben  die  ersteren  früher  oder  später,  wie 
sie  in  der  Reihe  auf  einander  folgen,  ihre  anfängliche  Bisquitform  auf,  und  nehmen  andere 
Formen  an.  Die  drei  vordersten,  die  nicht  auseinander  rücken,  sondern  beisammen  bleiben, 
gewinnen  weit  mehr  an  Breite,  als  an  Länge,  indem  sie  sich  besonders  in  der  Richtung  von 
links  nach  rechts  vergrössern.  Die  Concavität  des  vordem  und  hintern  Randes  bleibt,  während 
der  auf  ihnen  liegende  Theil  der  beiden  Stränge  des  Bauchmarkes  erheblich  an  Breite  zunimmt 
und  mit  ihnen  einen  besondern  Abschnitt  bildet,  an  dem  die  abgerundeten  Enden  als  drei  Paar 
verhältnissmässig  nur  kleiner  Lappen  seitwärts  hinausragen.  (Taf.  IV.  Fig.  4 und  6.)  Die  übri- 
gen Ganglien  verlieren  in  dieser  Periode,  mit  Ausnahme  der  6 oder  8 hintersten,  die  ihre  ur- 
sprüngliche Form  noch  beibehalten,  eines  nach  dem  andern  ihren  hintern  Ausschnitt  so  voll- 
ständig , dass  statt  der  frühem  Concavität  sich  eine  förmliche  Convexität  hervorbildet.  Ist  dies 
an  dem  vierten  in  der  Reihe  (dem  nachherigen  zweiten)  geschehen,  so  vergrössert  sich  dasselbe 
besonders  in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten.  Ohne  Verlust  des  vordem  Ausschnittes  ge- 
winnt dasselbe  in  seiner  Form  sehr  bald  eine  Aehnlichkeit  mit  einem  Kartenherz,  w'ährend 
die  Mehrzahl  der  folgenden  allmählich  eine  mehr  elliptische  Gestalt  annimmt. 


§.  20. 

Der  dritte  von  den  Theilen  , in  welche  sich  die  einzelnen  Abschnitte  der  Bauchplatten 
scheiden,  derjenige  nämlich,  welcher  am  meisten  nach  aussen  liegt,  nimmt  weniger,  als  der 
in  seinen  Metamorphosen  oben  verfolgte  mediane  Theil  an  Dicke  zu , breitet  sich  dagegen  aber 
bei  seiner  Vergrösserung  w^eit  mehr  in  der  Fläche  aus.  (Taf.  V.  Fig.  13,  14,  c,  c.)  Nach  einiger 
Zeit  stellt  er  dann  eine  mässig  dicke,  quer  oblonge  Tafel  dar,  die  sich  von  dem  Ganglion,  mit 
dessen  einer  Seitenhälfte  sie  aus  einem  und  demselben  Abschnitt  der  Bauchplatten  entstanden  ist, 
ungefähr  bis  zu  der  Grenze  der  untern  und  der  einen  seitlichen  Wandung  des  Rumpfes  erstreckt, 
in  ihrem  Verlauf  immer  mehr  sich  abflacht  und  schliesslich  in  einen  dünnen,  aber  trotzdem  noch 
ziemlich  scharfen  und  abgerundeten  Seitenrand  ausläuft.  Die  Zellen  dieser  Tafel  nehmen  mit 
der  Vergrösserung  derselben  immer  mehr  und  mehr  zu.  Sie  ordnen  sich  zunächst  in  ziemlich 
viele  Reihen,  die  neben  und  über  einander  liegen  und  sämmtlich  eine  quere  Richtung  haben, 
verschmelzen  dann  mit  einander  und  verwandeln  sich  schliesslich  in  eben  so  viele  Muskelfaseni, 
die  bis  in  die  dritte  Periode  des  Fruchtlebens  noch  ziemlich  grosse  Ueberreste  von  Zellenkernen 


36 


Nejihelis  culgaris. 


in  sich  einschliesseii.  ’j  Während  ihrer  Entstehung  und  Entwickelung  aus  den  an  einander  ge- 
reihten Zellen  nehmen  alle  diese  Fasern  oder  Muskel  - Primitivbündel  mehr  und  mehr  an  Länge 
zu,  und  zwar  zunächst  in  der  Richtung  nach  aussen  hin.  Wenn  sie  aber  mit  ihrem  äussern 
Ende  ungefähr  die  Grenze  zwischen  der  untern  und  der  einen  Seitenwand  des  Rumpfes  erreicht 
haben  , was  schon  einige  Zeit  vor  dem  Ende  der  zrveiten  Periode  der  Fall  ist,  wachsen  sie  nach 
innen  zwischen  der  Hautbedeckung  und  dem  Ganglion  des  Rauchmarkes,  neben  welchem  sie 
entstanden  waren,  hindurch,  erreichen  die  ihnen  der  Lage  nach  entsprechenden  Muskelfasern 
der  andern  Seite  und  vereinigen  sich  mit  diesen  so  innig,  dass  die  einzelnen  Fasern  beider  Hälf- 
ten ohne  Unterbrechung  und  geraden  Weges  in  einander  übergehen , und  mit  denselben  zusam- 
men einen  schmalen  und  massig  dicken  Halbgürtel  darstellen. 

Die  Ausbildung  dieser  muskulösen  Halbgürtel  an  der  Bauchwandung  des  Rumpfes 
schreitet  ebenfalls,  wie  die  der  Ganglien  des  Rauchmarkes,  ganz  allmählich  von  dem  vordem 
nach  dem  hintern  Ende  des  Rumpfes  vor , so  dass  die  vordem  schon  vollständig  gebildet  sein 
können,  indess  die  hintern  oder  hintersten  noch  mehr  oder  weniger  weit  getrennte  Seitenhälften 
erkennen  lassen. 


§.  21. 

Die  drei  kolossalen  Zellen,  welche  sich  bald  nach  der  ersten  Periode  des  Fruchtlebens 
an  dem  hintern  Ende  des  Rumpfes  gebildet  haben,  bleiben  ziemlich  lange  bestehen,  so  lange 
nämlich,  als  sich  die  Rauch  platten  noch  nicht  in  grösserer  Strecke  vereinigt  haben.  Man  er- 
kennt sie  noch  bei  solchen  Embryonen , deren  Rumpf  schon  eine  ziemlich  langgestreckt- ovale 
Form  gewonnen  hat.  In  der  letztem  Zeit  ihres  Restehens  aber  nehmen  sie  nicht  merklich  an 
Grösse  zu : wenigstens  habe  ich  ihre  Länge  in  den  Fällen , in  welchen  ich  sie  messen  konnte, 
nicht  über  0,0048"  gross  gefunden.  Sie  erscheinen  mithin,  nachdem  sie  eine  solche  Länge  an- 
genommen haben,  im  Verhältniss  zu  der  Länge  oder  überhaupt  zu  dem  Umfange  des  ganzen 
Embryo’s,  je  später,  desto  kleiner.  Weiterhin,  wenn  sie  vergangen  sind,  findet  man  statt  ihrer 
an  dem  hintern  Ende  des  Rumpfes  eine  ziemlich  grosse  Zahl  von  hellen,  farblosen  und  rundlich- 
eckigen viel  kleinern  Zellen,  deren  Durchmesser  höchstens  0,0007"  betragen,  und  die  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach,  wenn  auch  nicht  die  nächsten,  so  doch  entferntem  Nachkommen  von 
ihnen  sind.  Diese  Jüngern  Zellen  bilden  bei  solchen  Embryonen,  deren  Rumpf  bereits  die  Form 
eines  sehr  lang- gestreckten  Ovals  oder  einer  solchen  Birne  angenommen  hat,  bei  denen  sich 
die  vereinigten  Rauchplatten  aber  noch  nicht  vollständig  in  tafelförmige  Abschnitte  aufgelöst 
haben,  an  dem  stumpfzugespitzten  hintern  Körperende  eine  mässige  Verdickung,  die  den  Inhalt 
desselben  kappenförmig  umgiebt,  wegen  der  grossen  Durchsichtigkeit  ihrer  Substanz  aber  erst 
dann  erkannt  werden  kann,  wenn  diese  durch  Salpetersäure  oder  Chromsäure  zum  Gerinnen 
gebracht  und  erhärtet  worden  ist.  Neben  der  Mittelebene  des  Leibes  hat  diese  Verdickung 


1)  Leydig  hat  bei  der  Neplielis  ähnliche  Wahrnehmungen  gemacht.  (Zeitschrift  für  wissenschaftliche 
Zoologie  von  Siebolu  und  Kölliker.  Bd.  I.  Seite  109.) 


Zweite  Periode  des  Fruchtlehens. 


37 


eine  grössere  Stärke,  als  in  ihren  Seitentheilen,  ■während  sie  nach  vorn  in  das  liintere,  be- 
kanntlich stark  verschmälerte  Ende  der  vereinigten  Bauchplatten  so  vollständig  übergeht,  dass 
ihr  dickerer  Theil  kaum  mehr  als  eine  Fortsetzung  oder  das  eigentliche  Ende  derselben  zu  sein 
scheint.  (Taf.  V.  Eig.  II,  a.) 

Gegen  das  Ende  der  zweiten  Periode  wächst  die  Substanz  der  angegebenen  Kappe, 
unter  steter  Massenzunahme  in  der  Mitte  allmählich  so  stark  nach  aussen  hervor,  dass  sie  einen 
nach  hinten  gerichteten , kegelförmigen  Fortsatz  von  ziemlichem  Umfange  bildet,  in  den  nun- 
mehr der  Leib  des  Embryo’s  nach  hinten  ausgeht.  (Taf.  III.  Fig.  1,  2.)  Aber  dieser  Fortsatz 
bleibt  nur  kurze  Zeit  hindurch  kegelförmig.  Er  plattet  sich  ab  und  verwandelt  sich  unter  steter 
Vergrösserung  in  eine  verhältnissmässig  dicke  Scheibe  oder  Schaufel,  die  mit  ihrer  einen  Fläche 
nach  oben  gekehrt  und  an  selbiger  mässig  stark  convex,  an  ihrer  andern  aber  schwach  concav 
ist,  anfangs  eine  kurze  Zeit  die  Form  eines  Dreiecks  hat,  aber  bald  darauf  eine  mehr  ellipsoidi- 
sche  Gestalt  annimmt.  Noch  etwas  später  schwillt  der  Rand  dieser  Scheibe  wulstartig  an,  wo- 
bei an  ihm  gleichzeitig  einige  schwache  Einschnitte  oder  Kerben  entstehen.  Ist  dies  geschehen, 
so  bilden  sich  an  der  Bauchwand  des  Rumpfes  dicht  vor  der  Scheibe  zwei  mässig  breite  Seiten- 
wülste, in  die  sich  der  Scheibenrand  nach  vorn  fortsetzt  und  mit  denen  zusammen  er  nur  eine 
einzige  ^Yulst  darstellt , die  zu  einer  gewissen  Zeit  ungefähr  die  Form  eines  Hufeisens  hat. 
(Taf.  III.  Fig.  3.)  In  dem  weitern  Verlaufe  der  Entwickelung  aber  kommen  die  vordem  Enden 
dieser  Wulst  einander  immer  näher,  bis  sie  schliesslich  sich  vereinigen,  und  nunmehr  einen 
geschlossenen,  hier  und  da  freilich  etwas  eingekerbten  Kreis  umschreiben , der  den  Rand  eines 
in  Hinsicht  der  Form  schon  beinahe  völlig  ausgebildeten  Saugnapfes  darstellt. 

Nach  dem  Angeführten  entwickelt  sich  also  der  Saugnapf  einestheils  aus  einem  Fort- 
satze, der  aus  dem  hintern  Ende  des  Rumpfes  hervorgewachsen  ist,  anderntheils  aber  aus  einer 
kleinen  Partie  der  Bauch wandung  des  Rumpfes.  Dadurch  aber,  dass  er  sich  zum  Theil  aus  der 
Bauchwand  des  Leibes  entvvickelt,  wird  es  erklärt,  dass  über  seiner  vordem  Hälfte  ein  Theil 
des  Bauchmarkes  gefunden  wird,  obgleich  er  hinter  dem  Bauchmark  seine  Entstehung  genom- 
men hat. 

Bald  nachdem  sich  der  Saugnapf  in  der  angegebenen  Weise  gebildet  hat,  besitzt  er 
schon  eine  solche  Form,  wie  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  der  Nephelis.  Muskelfasern  aber 
scheinen  sich  in  seinem  Randstücke  erst  später  und  nur  ziemlich  langsam  zu  entwickeln:  denn 
selbst  noch  einige  Zeit  nach  seiner  Bildung  schien  mir  dieser  Theil  des  Saugnapfes  nur  aus  ele- 
mentaren Zellen  zu  bestehen. 

§.  22. 

Wenn  die  drei  kolossalen  Zellen,  welche  als  die  erste  Anlage  zu  dem  Saugnapf  der 
Nephelis  zu  betrachten  sind,  schon  eine  länglich  - ovale  Form  angenommen  haben,  und  je  eine 
Bauchplatte  schon  aus  vier  Längenreihen  von  Zellen  besteht,  der  Rumpf  aber  noch  die  Form 
einer  Kugel  hat,  erscheint  der  übrige  oder  bei  weitem  grössere  Theil  der  Wandung  des  Rumpfes, 


38 


Nephelis  vulgaris. 


wie  bereits  erwähnt  worden  (§.  17.)  als  ein  sehr  zartes  Häutchen,  in  dem  viele  zerstreut  liegende 
Zellenkerne  und  in  geringerer  Zahl  auch  kleine  oder  doch  nur  mässig  grosse  ganze  Zellen  ver- 
kommen. Nachdem  aber  in  dem  weitern  Verlaufe  der  Entwickelung  der  Rumpf  sich  mehr  ver- 
längert und  die  Form  eines  langgestreckten  Ovals  angenommen  hat , lassen  sich  an  der  innern 
Seite  seiner  Wandung  (bei  den  durch  Salpetersäure  erhärteten  und  nachher  der  Einwirkung  einer 
Lösung  von  Karmin  ausgesetzten  Embryonen)  viele  mit  Zellenkernen  in  Verbindung  stehende 
Fasern  wahrnehmen,  die  zwar  nur  sehr  zart , doch  scharf  begrenzt  sind,  entweder  ganz  gerade 
oder  doch  nur  schwach  geschlängelt  verlaufen  und  nicht  nur  verschiedene  Formen,  sondern  auch 
eine  sehr  verschiedene  Länge  haben. ’)  Die  meisten  von  ihnen  haben  im  Verhältniss  zu  ihrer 
Dicke  eine  ziemlich  grosse  oder  selbst  beträchtlich  grosse  Länge,  gehen  von  einem  Zellenkern 
gewöhnlich  zu  zweien , selten  zu  dreien  oder  vieren  nach  verschiedenen  Richtungen  auseinander 
und  endigen  unter  fortwährender  Verdünnung  entweder  einfach  oder  nach  ein  - bis  zweimaliger 
dichotomischer  Spaltung.  Einige  dieser  Fasern  verlaufen  nach  der  Länge  des  Leibes,  andere 
hingegen,  die  sich  mit  jenen  kreuzen , quer,  aber  sowohl  die  erstem  als  auch  die  letztem  in 
ziemlich  grossen  Abständen  von  einander.  Die  kurzem  Fasern  kommen  in  viel  geringerer 
Zahl  vor,  gehen  zu  zweien  oder  dreien  von  einem  Zellenkern  ab  und  liegen  in  den  Zwischen- 
räumen, welche  sich  zwischen  den  längern  befinden.  Wie  sich  erwarten  lässt,  sind  alle  diese 
Fasern  nichts  anderes,  als  Ausläufer  oder  Ausstrahlungen  von  gekernten  Zellen,  deren  Wan- 
dungen sich  im  Umkreis  der  Kerne  nicht  selten  noch  als  selbstständige  Bildungen  erkennen 
lassen. 

Ob  dergleichen  Fasern  auch  schon  bei  jungen  Embryonen  verkommen,  deren  Rumpf 
die  Form  der  Kugel  noch  nicht  aufgegeben , aber  doch  vor  einiger  Zeit  bereits  die  Bauchplatten , 
ausgeschieden  hat,  bin  ich  zu  ermitteln  nicht  im  Stande  gewesen.  Ich  vermuthe  indess,  dass 
sie  auch  hier  schon  vorhanden,  aber  noch  zu  zart  und  zu  vergänglich  sind,  als  dass  sie  der 
Anwendung  von  Salpetersäure  oder  Chromsäure  hätten  widerstehen  können.  Ueberdies  gelang 
es  mir  bei  solchen  noch  sehr  jungen  Embryonen  nach  der  Erhärtung  nur  sehr  selten,  ausser 
den  Bauchplatten  mässig  grosse  Stücke  der  Wandung  des  Rumpfes  von  der  Inhaltsmasse  abzu- 
lösen und  ihnen  ohne  Verletzung  eine  solche  Lage  zu  geben,  dass  ihre  innere  Fläche  nach  oben 
gekehrt  war. 

Während  des  weiter  fortschreitenden  Wachstbums  der  Embryonen  werden  die  beschrie- 
benen Fasern  nicht  nur  länger,  sondern  es  nimmt  auch  ihre  Zahl,  allem  Anschein  nach,  einige 
Zeit  noch  immer  mehr  zu.  Bei  Embryonen,  bei  denen  sich  in  der  Bauchwand  des  Rumpfes  be- 
reits Muskeln  unterscheiden  Hessen,  oder  was  so  ziemlich  dasselbe  besagt , bei  denen  sich  der 
rudimentäre  Saugnapf  in  Form  eines  kleinen  kegelförmigen  Fortsatzes  eben  gebildet  hatte,  er- 
scheinen sie  als  langgestreckte,  an  ihren  Enden  entweder  einfache  oder  gabelförmig  ein  bis  drei 
Mal  getheilte  Fäden,  die  meistens  ungefähr  in  ihrer  Mitte  einen  Ueberrest  von  einem  Zellen- 


1)  Um  diese  Fasern  deutlich  sehen  zu  können,  ist  es  nöthig  die  Wandung  des  Rumpfes  von  dem  Inhalt 
desselben  zu  trennen  und  sie  so  zu  legen , dass  ihre  innere  Seite  nach  oben  gekehrt  ist. 


Ziveite  Periode  des  Fruehtlehetis . 


39 


kern  enthalten,  als  Fäden  also,  von  denen  meistens  je  zwei  von  einem  Zellenkerne  nach  entge- 
gengesetzten Richtungen  auslaufen.  Dass  auch  bei  ihnen  noch,  wie  bei  Jüngern  Embryonen, 
mitunter  drei  bis  vier  dergleichen  Fäden  von  einem  Zellenkern  oder  einem  Reste  desselben  ab- 
gingen, habe  ich  nicht  bemerken  können.^) 

Die  meisten  dieser  Fasern  verlaufen  bei  den  hier  erwähnten  ältern  Embryonen  an  dem 
dünnem  Theil  der  Rumpfwandung  in  nur  mässig  grossen  Entfernungen  von  einander  der  Quere 
nach,  und  erstrecken  sich,  wie  es  mir  schien,  sämmtlich  von  der  Bauchfläche  bis  gegen  die  Mitte 
des  Rückens.  Die  übrigen  verlaufen  nach  der  Länge  des  Rumpfes , so  dass  sie  sich  mit  den 
erstem  kreuzen.  Diejenigen,  welche  der  Hauchwand  angehören,  oder  sich  in  deren  nächster 
Nähe  befinden,  liegen  ungefähr  in  denselben  Entfernungen  von  einander,  wie  die  Querfasern, 
während  diejenigen,  welche  sich  weiter  nach  oben  befinden,  also  entweder  den  Seitenwänden 
des  Rumpfes  oder  dem  Rücken  angehören , in  viel  grössern  Abständen  von  einander  gefunden 
werden.  Einige  von  ihnen,  namentlich  manche  weit  nach  unten  gelegene,  haben  eine  fast  so 
grosse  Länge,  wie  der  Rumpf,  andere  hingegen  eine  viel  geringere.  — Auf  der  Bauchfläche 
und  den  benachbarten  Seitentheilen  setzen  die  sich  kreuzenden  Fasern  auf  grössere  Strecken  ein 
vollständiges  Gitterwerk  zusammen,  dessen  Oeffnungen  sämmtlich  viereckig  sind  (Taf.  V. 
Fig.  13  und  14.)  und  nur  da,  wo  die  hinter  einander  liegenden  Längsfasern  aufhören,  gleichsam 
durchbrochen  und  lückenhaft  erscheinen. 

Die  beschriebenen  Fasern,  die  übrigens  auch  nach  Einwirkung  von  Essigsäure  scharf 
begrenzt  bleiben,  dienen  ohne  Zweifel  dazu,  der  Rumpfwand  eine  grössere  Festigkeit  und  Halt- 
barkeit zu  geben.  Wahrscheinlich  aber  sind  sie  nicht  nur  elastisch,  sondern  auch  contractil. 
Die  Zusammenziehungen,  die  man  an  dem  von  diesen  Fasern  durchzogenen  Theile  der  Rumpf- 
wandung schon  bei  solchen  Embryonen  beobachtet,  bei  Avelchen  darin  noch  gar  keine  Muskel- 
fasern Vorkommen,  dürften  wohl  hauptsächlich,  wenn  nicht  gar  allein,  von  ihnen  hervorge- 
bracht werden. 

§.  23. 

Gegen  das  Ende  der  zweiten  Periode  schwinden  und  vergehen  die  so  eben  beschriebe- 
nen Fasern,  indess  sich  dafür  die  Muskulatur  der  Rumpfwand  immer  weiter  ausbildet.  Die 
muskulösen  Halbgürtel  nämlich,  welche  ungefähr  um  die  Mitte  dieser  Periode  in  der  Bauch- 
wand des  Rumpfes  entstanden  sind,  (§.  20.)  gewinnen  allmählich  eine  immer  bedeutendere 
Breite.  Sie  wachsen,  nachdem  sie  mit  ihren  Enden  die  Seitenwände  des  Rumpfes  erreicht 
haben,  an  denselben  immer  weiter  in  die  Höhe,  und  gehen  von  da  auch  auf  die  Rückenfläche 
des  Rumpfes  über,  bis  sie  schliesslich  in  der  Mittellinie  auf  einander  stossen  und  (kurz  vor  dem 
Ende  der  zweiten  Periode)  zu  vollständig  geschlossenen  Gürteln  zusammen  fliessen.  Während 


1)  Es  giebt  übrigens  auch  ausgebildete  Thiere  mit  muskulösen  Strahlenzellen  , wie  z.  B.  die  Heteropo- 
den,  vergl.  Leuckart  zoologische  Untersuchungen.  Heft  III.  S.  l.ö. 


40 


Nephelis  vulgaris. 


sie  aber  der  Mittellinie  des  Rückens  en tgegen wachsen , verschwinden  jederseits  die  frühem 
TjOngitudinal- Fasern,  die  durch  sie  ersetzt  werden,  eine  nach  der  andern,  wie  sie  von  unten 
nach  oben  auf  einander  folgen.  Ebenso  werden  auch  die  transversalen  von  unten  nach  oben 
immer  kürzer , bis  von  ihnen  gleichfalls  keine  Spur  mehr  übrig  ist. 

Wenn  die  muskulösen  Halbgürtel , die  anfangs  dicht  auf  einander  folgen , sich  seit- 
wärts über  die  Bauchwandung  des  Rumpfes  hinaus  verlängert  haben  und  an  den  Seitentheilen 
desselben  eine  ziemlich  grosse  Strecke  hinaufgewachsen  sind,  rücken  sie,  während  der  weiter 
vor  sich  gehenden  Verlängerung  des  Embryo’s,  so  auseinander,  dass  zwischen  je  zweien  von 
ihnen  ein  kleiner  Zwdschenraum  entsteht,  der  jedoch  nur  in  dem  Falle  deutlich  bemerkt  werden 
kann  , wenn  sich  der  Embryo  ausgestreckt  hat.  Ausserdem  aber  rücken  dann  auch  die  Fasern 
der  einzelnen  Halbgürtel  auseinander,  und  zwar  geschieht  dies  in  der  Art,  dass  dadurch  ein 
jeder  in  etliche  auf  einander  folgende  bandartige  Streifen  getheilt  wird,  die  ebenfalls  nur  durch 
geringe  Zwdschenräume  von  einander  geschieden  sind.  Die  meisten  von  diesen  Halbgürteln 
theilen  sich  in  5,  die  hintersten  aber,  die  eine  geringere  Breite,  als  die  übrigen  haben,  nur  in 
1 oder  auch  nur  in  3 solche  Streifen. 

iMit  den  querverlaufenden  Muskelfasern  der  Rumpfwandung  bilden  und  entwickeln  sich 
auch  solche  Fasern,  die  von  vorn  nach  hinten  verlaufen,  sich  nach  innen  von  jenen  erstem  be- 
finden und  nicht  dicht  beisammen,  sondern  in  kleinen  Entfernungen  von  einander  liegen.  Die- 
jenigen von  diesen  Längsfasern,  welche  sich  am  frühesten  bemerkbar  machen,  entstehen  ganz 
in  der  Nähe  des  in  Entwickelung  begriffenen  Bauchmarkes,  andere  je  später,  in  einer  desto 
grossem  Entfernung  von  demselben  und  um  so  näher  der  Mittellinie  des  Rückens.  In  der  letz- 
ten Zeit  der  zweiten  Periode  setzen  dieselben  eine  besondere  Schicht  zusammen,  die  aber  sehr 
viel  dünner  ist,  als  die  Schicht  der  querverlaufenden  Muskelfasern  des  Rumpfes,  und  überhaupt 
nur  aus  einer  einfachen  Lage  von  Fasern , die  ohnehin  nicht  sonderlich  dicht  beisammen  liegen, 
zu  bestehen  scheint. 

Uebrigens  kommen  in  diesen  longitudinalen  Muskelfasern  des  Rumpfes  selbst  noch  an 
dem  Ende  der  zweiten  Periode  eben  so,  vvie  in  den  transversalen  Muskelfasern  des  Rumpfes, 
viele  und  ziemlich  nahe  auf  einander  folgende  Ueberreste  von  Zellenkernen  vor. 


§•  24. 

Wie  wir  oben  (§.  17.)  sahen,  ist  die  Oberfläche  der  Embryonen  zu  der  Zeit,  in  welcher 
der  Rumpf  noch  seine  ursprüngliche  kugelförmige  Gestalt  besitzt,  im  Verhältniss  zu  dem  Kopfe 
aber  schon  eine  beträchtliche  Grösse  erlangt  hat,  mit  kleinen  oder  doch  nur  mässig  grossen, 
nicht  eben  sonderlich  zahlreichen,  w'eit  auseinander  liegenden  und  stark  abgeplatteten  Zellen 
versehen.  Diese  Zellen  mehren  sich  bald  nachher  bedeutend,  bis  sie,  wie  die  oberflächlichen 
Zellen  des  Kopfes,  eine  besondere  einfache  Lage  zusammensetzen,  in  der  sie  dicht  gedrängt 
beisammen  Vorkommen.  Eine  derartige  Lage  oder  Schicht  lässt  sich  an  dem  ganzen  Körper, 
mit  Ausnahme  der  Stellen , an  welchen  sich  die  Bauchplatten  und  die  bekannten,  kolossalen 


Zxoeite  Periode  des  Fruchtlehens. 


41 


Zellen  befinden,  schon  bei  solchen  Embryonen  erkennen,  deren  Rumpf  erst  eine  länglich  - ovale 
Form  angenommen  hat.  Doch  bleiben  diese  Zellen,  die  alle  stark  abgeplattet  erscheinen,  und 
deren  Querdurchmesser  meistens  0,0006  ",  selten  etwas  mehr  beträgt,  nebst  den  ihnen  gleichen 
oberflächlichen  Zellen  , Avelche  etwas  später  auch  an  den  bis  dahin  nackten  Stellen  entstanden 
sind,  während  einer  längern  Zeit  des  Fruchtlebens  völlig  klar  und  so  durchsichtig,  dass  sie 
nicht  ohne  Weiteres  wahrgenommen  und  von  einander  unterschieden  werden  können.  Wenn 
man  aber  den  Embryo  in  Wasser  gelegt  hat,  und  darin  sterben  lässt,  schwellen  sie  unter  gleich- 
zeitigem Verlust  ihrer  frühem  klaren  Beschaffenheit  allmählich  an,  so  dass  sie  mitunter  einzeln 
über  die  Oberfläche  des  Körpers  hervortreten.  Auch  werden  sie  einzeln  sichtbar,  wenn  der 
Embryo  etwa  eine  Stunde  in  einer  mit  Liquor  ammonii  caustici  versetzten  Lösung  von  Karmin 
gelegen  hat. 

Bei  der  weiter  fortschreitenden  Entwickelung  des  Körpers  werden  in  fast  allen  diesen 
zarten  Zellen , die  alsdann  zusammengenommen  ein  ähnliches  Bild  geben , wie  ein  Platten- 
epithel auf  einer  serösen  Haut  von  Wirbelthieren,  sehr  kleine  molekulare  Fettkügelchen  abge- 
lagert. In  den  meisten  von  ihnen  bildet  sich  nur  eine  geringe  Zahl  dergleichen  Kügelchen  (meist 
l bis  3),  in  anderen  aber  und  namentlich  denjenigen,  welche  an  der  Rückenwand  des  Rumpfes 
zu  den  Seiten  der  Mittellinie  liegen , gegen  das  Ende  der  zweiten  Periode  eine  so  beträchtliche 
Menge,  dass  diese  Zellen,  die  entweder  eine  scheibenförmig- runde,  oder  ovale,  oder  elliptische 
Form  haben,  und  deren  Durchmesser  bis  0,0009"  lang  werden,  durch  sie  ein  punktirtes  Aus- 
sehen erhalten  und  bei  durchfallendem  Lichte  ganz  grau,  bei  auffallendem  aber  weiss  oder  sehr 
schwach  gelb  erscheinen. 

Eine  längere  Zeit  liegt  die  oberflächliche  Zellenschicht  des  Körpers  frei  und  bloss  da. 
Gegen  das  Ende  der  zweiten  Periode  aber  bildet  sich  auf  derselben  eine  überaus  dünne  und  zarte 
Cuticula,  die  völlig  structurlos  ist.  Hat  man  einen  Embryo  aus  dieser  Entwickelungszeit  in 
Wasser  gelegt  und  ihn  darin  absterben  lassen,  so  wird  dieselbe  durch  einen  in  den  Körper  ein- 
gedrungenen Theil  des  Wassers  von  der  Zellenschicht,  auf  der  sie  entstanden  ist  und  mit  der  sie 
innig  zusammenhängt,  hie  und  da  abgehoben  und  sichtbar  gemacht.  Auf  eine  andere  Weise 
kann  man  an  solchen  Embryonen  nicht  zu  einer  Kenntniss  ihrer  Existenz  gelangen. 

Die  Flimmerhaare,  die  sich  bei  sehr  jungen  Embryonen  an  der  Oberfläche  des  Kopfes 
befinden,  vergehen  in  dieser  Periode  spurlos,  jedoch  erst  nach  der  Mitte  derselben.  Die  in  der 
Entwickelung  am  weitesten  vorgeschrittenen  Embryonen,  bei  welchen  ich  noch  solche  Haare 
gewahr  werden  konnte,  hatten  einen  walzenförmigen,  vorn  quer  abgestutzten  Kopf,  und  einen 
langgestreckten  und  nach  hinten  ziemlich  stark  verjüngten  und  schwach  nach  dem  Rücken  zu 
gekrümmten  Rumpf.  An  der  Bauchseite  des  letztem  sah  man  eine  Menge  Querfurchen,  von 
denen  sich  die  hinterste  nicht  weit  von  dem  Ende  befand,  an  dem  sich  übrigens  noch  keine  An- 
deutung von  einem  Saugnapfe  auffinden  liess. 


Eathke,  Entwicklung'  der  Hirudineen. 


6 


42 


Nephelis  vulgaris. 


§•  25. 

Nach  den  Bemerkungen,  die  in  dem  Vorstehenden  über  die  Entwickelung  der  Leibes- 
wand gemacht  worden  sind,  hat  diese  nach  dem  Beginn  der  zweiten  Beriode  des  Fruchtlebens 
an  dem  Kopfe  eine  bedeutend  grössere  Dicke,  als  an  dem  Rumpfe,  an  welchem  sie  fast  allent- 
halben (abgesehen  nämlich  von  dem  hintern  Ende,  an  dem  die  3 kolossalen  Zellen  entstanden 
sind)  nur  überaus  dünn  ist.  In  dem  weitern  Verlaufe  der  Entwickelung  gewinnt  dieselbe  nun 
auch  am  Rumpf  eine  immer  grössere  Dicke.  Zunächst  an  der  Bauchfläche,  wo  sie  nach  einiger 
Zeit  der  Dicke  der  Kopfwand  fast  gleich  wird.  Von  der  Bauchseite  des  Rumpfes  aber  schreitet 
die  Verdickung  sehr  allmählich  gegen  die  Rückenseite  fort,  doch  ist  selbst  am  Ende  der  zweiten 
Periode  die  Wandung  des  Rumpfes  hier  noch  immer  beträchtlich  dünner,  als  an  der  Bauchseite. 

Ausserdem,  dass  sich  die  Wandung  des  Rumpfes  im  Verlauf  der  zweiten  Periode  an 
ihrer  Bauchseite  mehr,  als  namentlich  und  insbesondere  an  ihrer  Rückenseite  verdickt,  gewinnt 
sie  an  derselben  jetzt  auch  eine  grössere  Länge,  als  an  der  gegenüberliegenden  Seite.  Dies 
aber  hat  zur  Folge,  dass  der  Embryo  nach  dem  Rücken  hin  eine  starke  bogenförmige  Krümmung 
erhält  und  einige  Zeit  vor  dem  Ende  dieser  Periode  zuweilen  ungefähr  den  dritten  Theil  eines 
Kreises  beschreibt.  (Taf.  III.  Fig.  1.) 

Eine  Gliederung  des  Leibes  beginnt  bald  nach  der  Zeit,  in  der  sich  die  mit  einander  ver- 
schmolzenen Bauchplatten  in  eine  Reihe  von  Abschnitten  zu  theilen  angefangen  haben.  Von 
diesen  Abschnitten  wird  nämlich  einer  nach  dem  andern,  wde  sie  auf  einander  folgen,  sehr  bald 
an  seiner  Aussenfläche  mässig  stark  convex,  in  Folge  wovon  dann  zwiscben  je  zweien  von  ihnen 
eine  seichte  und  mässig  breite  Querfurche  entsteht.  Wenn  sich  späterhin  die  muskulösen 
Halbgürtel  gebildet  haben  und  immer  w'eiter  gegen  die  Rückenseite  des  Leibes  hin  ausbreiten, 
sich  gleichzeitig  auch  eine  Hautbedeckung  entwickelt,  dann  nehmen  diese  Querfurchen  nicht 
nur  an  Tiefe,  sondern  auch  bedeutend  an  Länge  zu.  Die  in  der  Entwickelung  begriffene  Haut- 
bedeckung schlägt  dann  auf  der  Grenze  je  zweier  muskulösen  Halbgürteln  eine  mässig  tiefe 
Falte,  die  mit  den  letzteren  immer  länger  wird  (Taf.  III.  Fig.  12.),  bis  sie  zuletzt  eine  voll- 
ständige Ringfurche  darstellt.  Ausserdem  aber  bildet  sich  auf  eine  gleiche  Weise,  und  das  eben- 
falls schon  frühe,  eine  solche  Falte  auch  zwischen  dem  Kopfe  und  dem  Rumpfe,  wodurch  diese 
beiden  Abschnitte  äusserlich  gegen  einander  sich  abgrenzen. 

Demnach  entstehen  bei  den  Embryonen  der  zweiten  Entwickelungsperiode  auf  die  an- 
gegebene Weise  äusserlich  eben  so  viele  Ringfurchen  , als  sich  bei  ihnen  Ganglien  des  Bauch- 
markes und  gürtelförmige  ^luskeln  der  Leibeswandung  bilden , und  zwar  in  der  Richtung  von 
vorn  nach  hinten  allmählich  immer  eine  nach  der  andern.  Ausser  diesen  Ringfurchen  bilden 
sich  nach  der  Mitte  der  zweiten  Periode  in  grösserer  Zahl  aber  noch  andere,  nur  dass  diese 
meistens  eine  etwas  geringere  Tiefe  erhalten.  Dieselben  entstehen  dann,  wenn  sich  die  noch  in 
der  ersten  Entwickelung  begriffenen  gürtelförmigen  Muskeln  in  bandartige  Streifen  theilen,  und 
zw'ar  dadurch,  dass  sich  die  Hautbedeckung  zwischen  je  zweien  solchen  Theilen  faltenartig  ein 
wenig  einschlägt.  Auch  hier  bilden  sich  die  vordersten  Falten  zuerst,  die  hintersten  aber  zu- 


Zxceite  Periode  des  Fi'uchtlebexis. 


43 


letzt,  und  ebenso  nimmt  auch  hier  eine  jede  ihren  ersten  Ursprung  an  der  Bauchfläche,  von  der 
sie  dann  immer  weiter  nach  der  Mittellinie  des  Rückens  emporsteigt. 

§•  26. 

Von  dem  Darmkanal  lässt  sich  bei  dem  Beginn  der  zweiten  Periode  nur  ein  kleiner 
Theil  erkennen,  derjenige  nämlich,  welcher  sich  in  dem  Kopfe  befindet.  Durch  die  ganze 
Länge  desselben  hinlaufend,  erscheint  er  anfangs  unter  der  Form  eines  Trichters  ( Taf.  II. 
Fig.  3.),  der  nur  aus  einer  einfachen  Lage  von  Zellen  besteht  und  auf  seiner  innern  Fläche  mit 
Flimmerhaaren  besetzt  ist.  Gegen  die  Älitte  der  Periode  verändert  derselbe  diese  Form.  Er 
verwandelt  sich  in  ein  cylindrisches , überall  so  ziemlich  gleich  weites  Rohr,  das  (zur  Zeit  der 
Ruhe)  nur  ganz  hinten  auf  einer  kürzern  Strecke  trichterförmig  verengert  ist.  Die  Flimmer- 
haare, die  dasselbe  umkleiden,  fallen  zw'ar  allem  Anscheine  nach  noch  etwas  früher  ab,  als  die- 
jenigen, welche  sich  an  der  Oberfläche  des  Kopfes  befinden;  dafür  aber  entwickelt  sich  an  ihm 
nach  aussen  von  der  einfachen  Zellenlage,  aus  der  dasselbe  anfänglich  allein  bestand,  eine  etwas 
dickere  Schicht  von  ringförmigen  Muskelfasern.  Noch  später  bildet  sich  an  und  aus  ihm  ein 
nach  hinten  zu  in  den  Rumpf  hineingehender  Nachwuchs , der  eine  eBvas  dickwandige,  wal- 
zenförmige Röhre  darstellt,  und  ausser  einer  Zellenlage  gleichfalls  eine  Muskelschicht  erkennen 
lässt,  die  eine  ziemliche  Dicke  besitzt  und  aus  transversalen,  wie  longitudinalen  Fasern  besteht. 
Dieser  nachgewachsene  Theil  des  Darmkanals,  über  dessen  Entstehung  und  Entwickelung  ich 
weiterhin  (§.  28.)  das  Nähere  angeben  werde,  kann  nunmehr  als  Speiseröhre  oder  Schlund, 
jener  Theil  aber,  von  dem  er  gleichsam  ausgesendet  worden  ist,  als  Schlundkopf  betrachtet 
werden. 

Der  übrige  Theil  des  Darmkanals,  der  einen  bedeutend  grossem  Umfang  besitzt  und 
beinahe  bis  zum  Schluss  des  Fruchtlebens  mit  einem  zur  Entwickelung  der  Embryonen  dienli- 
chen Nahrungsstoff  angefüllt  ist,  hat  Avährend  der  ganzen  zweiten  Entwicklungs  • Periode  eine 
so  überaus  dünne  und  so  durchsichtige  Wandung,  dass  sich  diese  durch  die  Wandung  des  Rum- 
pfes hindurch  auf  keine  Weise  von  dem  Nahrungsstoffe,  den  sie  umschliesst,  und  dem  sie  allent- 
halben dicht  anliegt,  unterscheiden  lässt^  nach  dem  Oeffnen  aber  selbst  bei  solchen  Embryonen, 
die  bis  an  das  Ende  der  zweiten  Periode  gelangt  sind , nur  stückweise  und  nur  schwer  erkannt 
werden  kann.  Wann  und  wie  sie  entsteht,  habe  ich  nicht  ermitteln  können:  ich  vermuthe 
aber,  dass  sie  mit  dem  Schlundkopfe  zu  derselben  Zeit  und  auch  auf  eine  ähnliche  Weise  ge- 
bildet wird.  Wahrscheinlicher  Weise  entsteht  sie  schon  am  Anfänge  der  zweiten  Periode,  und 
zwar  dadurch,  dass  sich  die  Embryonalsubstanz  des  Rumpfes  in  zwei  Schichten  scheidet,  von 
denen  sich  dann  die  innere  in  die  Wand  des  eigentlichen  Darmkanals  (des  spätem  Magens  und 
Mastdarms)  umbildet. 

Ehe  ich  nun  jedoch  anführe,  was  ich  über  diese  grössere  Abtheilung  des  Darmkanals 
hinsichtlich  ihrer  Entwickelung  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  ermittelt  habe,  will  ich 

6* 


44 


Nejihelis  vulgaris. 


zuvor  ein  Näheres  über  den  sie  ausfüllenden  NahrungsstofF  angeben,  zumal  ihre  früheste  Form 
und  deren  spätere  Veränderung  sich  allein  nach  den  Umrissen  dieser  augenfälligen  Masse  be- 
stimmen lässt. 

Während  sich  die  Embryonen  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  sehr  stark  ver- 
grössern,  nehmen  sie  durch  Schluckbewegungen  immer  mehr  von  dem  Eiweiss  ihres  Eies  in  sich 
auf.  Sie  eignen  sich  diese  Substanz  sogar  in  einer  weit  grössern  Menge  an,  als  sie  zunächst  zu 
ihrer  Entwickelung  verbrauchen,  so  dass  ihr  Rumpf  besonders  an  dem  Ende  der  erwähnten 
Periode  mit  bedeutenden  Massen  von  Nahrungsstoff  angefüllt  ist.  Dass  sie  aber  in  der  That  aus 
dem  Eie  Eiweiss  durch  den  Mund  in  sich  aufnehmen,  dafür  kann  ich  als  Beweisgründe  auffüh- 
ren: 1)  dass  ich  bei  Embryonen  mit  kugelrundem  Rumpfe  und  durchsichtigem  Kopfe,  die  ich 
mit  dem  noch  grösstentheils  halbfesten  Eiw’eiss  aus  dem  Ei  herausgenommen  hatte,  während 
der^  Schluckbewegungen  oftmals  einen  schon  halb  aufgelösten  Theil  jenes  Stoffes  durch  die 
Schlundhöhle  in  den  Rumpf  eindringen  und  gleich  darauf  aus  ihm  entweder  vollständig  oder 
unvollständig  wieder  hervorkommen  sah ; 2)  dass  ich  solche  Embryonen , Avenn  ich  sie  aus  dem 
Eiweiss  herausnehmen  wollte,  sehr  oft  an  dem  noch  festen  Theil  desselben  so  haftend  fand,  als 
hätten  sie  daran  sich  festgesogen,  und  3)  dass  ich  noch  öfters,  wenn  ich  ein  Ei,  in  dem  sich 
solche  Embryonen  befanden,  durch  Salpetersäure  erhärtet  hatte,  die  Schlundhöhle  derselben  von 
einem  Fortsatze  des  erhärteten  Eiweisses  wie  von  einem  dicht  schliessenden  Pfropfen,  der  bis  in 
den  Rumpf  hineinreichte,  ausgefüllt  sah. 

Trotzdem  nun  aber  die  Embryonen  durch  den  Mund  allmählich  eine  bedeutende 
Menge  von  dem  Eiweiss  des  Eies  in  sich  aufnehmen , lässt  der  Nahrungsstoff,  den  sie  während 
der  zweiten  Periode  in  ihrem  Rumpfe  enthalten,  falls  sie  noch  frisch  und  unverletzt  sind,  bei 
äusserer  Untersuchung  des  Körpers  niemals  eine  Aehnlichkeit  mit  dem  Eiweiss  bemerken.  Er 
scheint  durch^veg  von  einer  solchen  Beschaffenheit  zu  sein,  wie  der  Nahrungsdotter  der  Embry- 
onen aus  der  letzten  Zeit  der  ersten  Periode,  und  von  diesem  nur  insofern  abzuweichen , als  er 
bei  seiner  Massenzunahme  eine  etwas  stärker  gelbliche  Färbung  angenommen  und  an  Durchsich- 
tigkeit immer  mehr  verloren  hat.  Wie  der  Nahrungsdotter  jener  jüngsten  Embryonen,  so  lässt 
derselbe  an  seiner  Oberfläche  immer  noch  eine  Zusammensetzung  aus  lauter  kleinen  gelblichen 
Massentheilen  wahimehmen,  die  an  ihrer  äussern  Fläche  ganz  gerade  und  eben  erscheinen,  eine 
völlig  gleichartige  Beschaffenheit,  Avie  etAva  eine  Glasmasse,  haben,  und  eine  vielfach  Avech- 
selnde  unregelmässig  eckige  Form  besitzen , so  dass  sie  zusammengenommen  das  Aussehen  eines 
Getäfels  geAA’ähren.  Sobald  jedoch  der  Rumpf  eines  Embryo’s,  zumal  eines  solchen,  der  schon 
über  die  Mitte  der  ZAveiten  Periode  hinausgelangt  war,  an  einer  kleinen  Stelle  verletzt  ist,  drin- 
gen aus  der  Wand  nicht  nur  kleine  Tropfen  derselben  klaren  und  dicklichen  Flüssigkeit  hervor, 
Avelche  die  Theile  des  Nahrungsdotters  von  Embryonen  der  ersten  Periode  zusammensetzen, 
sondern  w’eiter  auch  Massen  einer  sehr  dickflüssigen,  etAvas  zähen,  nur  halbdurchsichtigen 
und  mehr  oder  Aveniger  gelblichen  Substanz,  die  nicht,  Avie  jene  Tropfen,  im  Wasser  bald 
zergeht  und  dem  Auge  entschwindet,  sondern  sich  lange  darin  erhält,  obgleich  sie  durch 
Imbibition  allmählich  einen  grössern  Umfang  erlangt.  In  der  Tiefe  des  Rumpfes  ist  übrigens 


Ziceite  Periode  des  Fruchtlehens. 


45 


diese  Substanz  etwas  dünner,  als  weiter  nach  aussen  hin;  denn  bei  Embryonen  ans  der  letzten 
Zeit  der  zweiten  Periode  bemerkte  ich  einige  Mal,  dass  ein  Ballen  von  molekularen  Kügelchen, 
der  in  der  Gegend  der  imaginären  Körper- Achse  lag,  bei  den  willkürlichen  Verkürznngen  nnd 
Verlängerungen  der  Embryonen , auch  dann,  wenn  diese  dabei  sich  krümmten  und  streckten, 
sich  in  der  Kichtnng  der  Achse  eine  ziemlich  grosse  Strecke  vorw'ärts  und  rückwärts  bewegte, 
ohne  im  mindesten  nach  der  einen  oder  der  andern  Seite  abzuweichen.  Noch  besser  aber  und 
zuverlässiger  kann  man  erfahren,  dass  der  in  dem  Embryo  vorhandene  NahrungsstofF  aus  zwei 
verschiedenen  Substanzen  besteht,  %venn  man  anf  ihn  einige  Zeit  ein  Mittel  hat  einwirken  las- 
sen, welches,  wde  verdünnte  Salpetersäure,  die  ich  zu  diesem  Zw'ecke  besonders  empfehle,  die 
beiden  Substanzen  zum  Gerinnen  bringt  und  erhärtet.  Nach  der  Anwendung  dieses  iMittels 
findet  man  den  Nahrungsstoff  des  Embryo’s  äusserlich  aus  vielen  sehr  dünnen  Täfelchen  zusam- 
mengesetzt, die  beinahe  ganz  durchsichtig  sind,  fast  ein  glasartiges  Aussehen  haben  und  in 
einer  einfachen  Schicht  bei  einander  liegen,  im  üebrigen  aber  und  zum  grössten  Theil  aus  einer 
einzigen  und  nirgends  unterbrochenen  iMasse  bestehen,  welche  selbst  in  dünnen  Scheiben  weni- 
ger durchsichtig  ist,  als  jene  Täfelchen,  ein  ziemlich  festes  und  derbes  Gefüge  hat  und  der 
Grundsubstanz  eines  hyalinen  Knorpels  einigermaassen  ähnlich  sieht.  Bei  näherer  Untersuchung 
erscheint  diese  Masse  als  eine  fein  granulirte  Substanz,  in  der  sehr  kleine,  selten  etwas  mehr, 
als  0,0001”  messende  und  ganz  klare  Kügelchen  zerstreut  liegen.  Auf  den  ersten  Anblick  haben 
die  Kügelchen  ein  ähnliches  x\ussehen,  wie  Fettkügelchen,  doch  zeigen  dieselben  nur  zarte 
Umrisse  und  keine  kugelrunde,  sondern  mitunter  ovale  oder  länglich  - ovale  Formen.  Wahr- 
scheinlicher Weise  bestanden  sie  vor  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  aus  einer  dünnen  eiweiss- 
artigen Flüssigkeit.  Eine  ähnliche  Veränderung,  wie  Salpetersäure,  bringt  in  dem  Nahrungs- 
Stoffe  der  Embryonen  auch  Essigsäure  hervor,  nur  wird  derselbe,  besonders  aber  sein  homogener 
innerer  Kern  dadurch  so  stark  geschwellt,  dass  er  den  Rumpf  des  Embryo’s  der  Länge  nach 
zersprengt  und  mehr  oder  w^eniger  weit  daraus  hervordringt. 

Nach  dem  Angeführten  ist  anzunehmen,  1)  dass  sich  das  dünnflüssige  Eiweiss,  welches 
die  Embryonen  während  der  zweiten  Periode  ihrer  Entwickelung  verschlucken,  allmählich  in  der 
imaginären  Körper- Achse  zwischen  den  Massen theilen  des  Nahrungsdotters  in  immer  grösserer 
Menge  anhäuft,  und  dieselben  so  auseinander  drängt,  dass  sie  nach  aussen  zu  liegen  kommen, 
und  zu  dünnen  Scheiben  sich  abplatten,  und  2)  dass  dieses  Eiweiss  im  Innern  der  Embryonen, 
die  davon  in  dem  angegebenen  Zeitraum  nur  erst  einen  kleinen  Theil  verbrauchen , im  Ganzen 
eine  dickflüssige  Beschafienheit  und  (wahrscheinlich  in  Folge  einer  chemischen  Veränderung) 
auch  eine  gelbliche  Färbung  annimmt. 

Aber  auch  die  Massentheile  des  Nahrungsdotters  verändern  nach  dem  Beginne  der  zwei- 
ten Entwickelungs- Periode , wenn  die  Embryonen  immer  mehr  Eiweiss  in  sich  aufnehmen,  ihre 
Form  und  Lage.  Sie  wachsen  und  vermehren  sich  in  einem  solchen  Grade,  dass  sie,  wie  sehr 
sich  in  den  Embryonen  das  Eiweiss  auch  anhäufen  mag,  es  dennoch  immer  in  einer  nirgends 
unterbrochenen  Schicht  umgeben  und  verdecken.  Bei  noch  sehr  jungen  Embryonen,  mit  kugel- 
förmigem Rumpfe,  fand  ich  die  grössten  dieser  Theile , die  übrigens  sämmtlich  schon  sehr  abge- 


46 


Nephelis  vulgaris. 


plattet  und  sehr  dünn  waren,  0,0024"  lang  und  0,00 IS"  breit,  bei  etwas  älteren,  deren  Rumpf 
ebenfalls  noch  kugelförmig  war,  0,0113  bis  0,0127"  lang  und  0,0060  bis  0,0087"  breit,  und  bei 
noch  ältern , deren  Rumpf  schon  eine  langgestreckt -ovale  Form  angenommen  hatte,  durch- 
schnittlich etwa  0,01 40"  lang  und  0,01"  breit.  Das  Material  zu  ihrer  Vergrösserung  kfinnen  sie 
selbstverständlich  nur  aus  dem  verschluckten  und  von  ihnen  aufgenommenen  Eiweiss  bezogen 
haben.  Es  wird  wahrscheinlich  von  den  oben  angegebenen  kaum  messbaren  Kügelchen  geboten, 
die  sich  in  dem  verschluckten  Eiweisse  befinden  und  der  Mehrzahl  nach  zunächst  den  ausein- 
ander gedrängten  Theilen  des  Nahrungsdotters  angehäuft  sind.  Diese  Vermuthung  liegt  um  so 
näher,  als  dieselben  allem  Anscheine  nach  aus  einer  eben  solchen  Flüssigkeit  bestehen,  wie  die 
Theile  des  Nahrungsdotters. 

Was  andererseits  die  Vermehrung  dieser  Gebilde  anbetrilft,  so  erfolgt  dieselbe  durch 
eine  Theilung,  wie  sich  besonders  daraus  entnehmen  lässt,  dass  die  Körperchen  späterhin, 
wenn  ihre  Zahl  bedeutend  grösser  geworden  ist,  wieder  einen  geringem  Eimfang  haben,  als  in 
einer  frühem  Zeit.  So  fand  ich  bei  Embryonen,  bei  denen  sich  eben  erst  der  Saugnapf  gebildet 
haben  konnte,  die  Durchmesser  der  grössten  von  ihnen  nur  0,0011  bis  0,0018".  Ausserdem 
aber  erfolgt  eine  Zunahme  ihrer  Zahl  auch  möglicherweise  dadurch,  dass  die  ursprünglich  kaum 
messbaren  Kügelchen  des  verschluckten  Eiweisses , die  an  der  Oberfläche  desselben  am  meisten 
angehäuft  sind,  zusamrnenfliessen  und  sich  zu  grösseren  Massen  vereinigen. 

Schliesslich  wäre  über  den  NahrungsstolF,  der  in  den  Embryonen  enthalten  ist,  noch 
anzuführen,  dass  beide  Theile  desselben,  selbst  durch  die  AVandung  des  Rumpfes  hindurch,  von 
Karminlösung  mehr  oder  weniger  roth  und  sogar  dunkel  purpurroth  gefärbt  werden,  je  nach- 
dem diese  eine  kürzere  oder  längere  Zeit  eingewirkt  hat. 

§.  28. 

An  der  Oberfläche  der  im  Innern  der  Embryonen  befindlichen  Nahrungsmasse  lassen 
sich  zuweilen  schon  vor  beginnender  Längsstreckung  des  Rumpfes,  nach  Erhärten  durch  Salpeter- 
säure oder  Chromsäui'e,  in  den  abgelösten  Körperorganen  einige  sehr  platte  und  sehr  zarte  Zel- 
len erkennen,  die  bis  0,0007"  messen.  Sie  haften  dem  Nahrungsstoff  an  und  sind  allem  An- 
scheine nach  Fetzen  einer  besondern  einfachen  Zellen -Lage,  die  von  der  eigentlichen  Kövper- 
w'and  verschieden  ist.  Noch  öfters  lassen  sich  dergleichen  mehr  oder  weniger  grosse  Zellenhaufen 
an  der  Oberfläche  des  Nahrungsstoffes  bei  etwas  älteren  Embryonen  erkennen,  deren  Rumpf 
schon  langgestreckt  - oval  geworden  ist,  vorausgesetzt,  dass  dieselben  durch  die  angeführten 
Mittel  vorher  erhärtet  worden  sind.  Bei  Embryonen,  bei  denen  bereits  ein  Saugnapf  angedeu- 
tet, oder  in  der  Entwickelung  begriffen  ist,  kann  man  zuweilen  auch  schon  ohne  solche  Alittel 
einen  grössern  oder  kleinern  Theil  eines  förmlichen  Nahrungsschlauches  wahrnehmen.  Am 
besten  gelingt  dies  dann , wenn  bei  dem  Herausnehmen  der  Embryonen  aus  dem  Ei  die  AVan- 
dung  ihrer  Rumpfhöhle  irgendwo  geplatzt,  und  der  Nahrungsstoff  zum  Theil  dui'ch  den  Riss 
hervorgedrungen  ist.  So  sah  ich  einige  Alal  bei  solchen  Embryonen  den  grössten  Theil  des 


Ziceite  Periode  des  Fruchtlehens. 


47 


XahrunasstoiFes , umgeben  von  einer  besondern  Hülle , vorfallen  und  ausserhalb  des  sich  dabei 
verkürzenden  Leibes  eine  massig  grosse  Schlinge  bilden.  Freilich  muss  dazu  erwähnt  werden, 
dass  die  Wandung  dieses  Schlauches,  der  sich  zu  jMagen  und  Darm  ausbilden  soll,  nicht  nur 
im  Vergleich  mit  der  Wand  des  Schlundkopfes  und  der  Speiseröhre,  sondern  auch  an  und  für 
sich  selbst  noch  immer  sehr  dünn , und  überdies  in  Hinsicht  ihres  Gewebes  erst  wenig  ent- 
wickelt ist.  Selbst  nach  dem  zweiten  Drittel  der  zweiten  Periode  lässt  dieselbe  nur  eine  Zusam- 
mensetzung aus  abgeplatteten  Zellen  erkennen,  die  nach  wie  vor  bis  0,0007”  messen,  jetzt  aber 
ziemlich  viele  kleine  Fettkügelchen  enthalten  und  allem  Anscheine  nach  in  zw’ei  Lagen  über  ein- 
ander Vorkommen.')  Gegen  Ende  dieser  Periode  ist  seine  Wandung  zwar  gleichfalls  noch  dünn, 
aber  dem  Gewebe  nach  schon  weiter  entwickelt.  Statt  einer  einfachen  Zellenlage  unterscheidet 
man  dann  eine  iMuskelhaut  mit  longitudinalen  und  transversalen  Fasern,  der  die  Zellen  auf 
der  Innern  Fläche  aufliegen.  Die  Fasern  sind  dünner  als  die  der  Leibesw’and,  sonst  denselben 
aber  ähnlich.  In  der  tiefem  Ringfaserschicht  schliessen  sie  dichter,  als  in  der  äussern  Lage,  die 
wiegen  der  Zwischenräume  zwischen  ihnen  kaum  eine  zusammenhängende  Schicht  genannt  w'er- 
den  kann.  Die  Zellen,  die  in  einer  einfachen  Schicht  dicht  gedrängt  beisammen  liegen,  sind 
stark  abgeplattet  und  etwas  eckig,  mit  Durchmessern  von  0,0004  — 0,0007”.  Sie  enthalten 
einen  mässig  grossen  Kern  und  eine  klare  Flüssigkeit,  in  der  einzelne  sehr  kleine  Fettkügel- 
chen suspendirt  sind. 

Die  mit  dem  Nahrungsstolf  erfüllte  grössere  Abtheilung  des  Darmkanals  nimmt  unge- 
fähr bis  zu  der  Zeit,  da  aus  dem  hintern  Ende  des  Embryo’s  ein  dichter  kegelförmiger  Fortsatz 
als  erste  Anlage  für  den  Saugnapf  hervorwächst,  den  Raum  der  Rumpf  höhle  vollständig  ein. 
Sie  richtet  sich  während  dieser  Zeit  in  ihrer  Gestalt  nach  der  Gestalt  der  Rumpfhöhle,  in  der 
sie  enthalten  ist,  verändert  dieselbe  also  in  einer  ähnlichen  Weise,  wie  die  Leibeswand,  und 
behält,  wie  diese,  dabei  eine  ganz  ebene  Oberfläche.  Später  wird  diese  Oberfläche  allerdings 
uneben,  aber  erst  dann,  wenn  auch  die  Leibeswand  die  frühere  Glätte  verloren  hat.  Und  dies 
geschieht  erst  kurz  vor  dem  Ende  der  zweiten  Periode  dadurch,  dass  sich  an  ihrer  untern  Seite 
einige  quer  gerichtete,  in  einer  Reihe  auf  einander  folgende  und  meistens  etwas  geschlängelt 
verlaufende  Furchen  oder  vielmehr  einwärts  gekehrte  Falten  hervorbilden  (Taf.  HI.  Fig.  3 u.4.), 
die  links  und  rechts  an  Länge  immer  mehr  zunehmen  und  in  der  nächsten  Periode,  nachdem  sie 
auf  die  obere  Seite  des  Darmkanals  übergegangen  sind,  zu  vollständigen  Ringfurchen  werden. 
Zu  den  Einfurchungen  der  Leibeswand  stehen  dieselben  übrigens  in  keiner  Beziehung,  wie  schon 
aus  den  verschiedenen  Zahlenverhältnissen  zur  Genüge  hervorgeht.  In  der  Regel  bilden  sich 
nur  9 bis  12  solche  Furchen,  aber  diese  gewinnen  dafür  jm  Verlaufe  des  Fruchtlebens  eine  be- 
deutende Breite  und  Tiefe,  viel  mehr  als  das  jemals  an  den  Furchen  der  Rumpfwandung  der 
Fall  ist.  Wie  übrigens  von  diesen,  so  entsteht  auch  von  ihnen  die  vorderste  zuerst,  und  zwar 

1)  Wenn  bei  Embryonen  aus  der  letzten  Zeit  der  zweiten  Periode  ein  Theil  des  Nahrungsstoffes  ausge- 
tlossen  ist,  dann  findet  man  darin  auch  eine  Menge  von  Fettkügelchen.  Diese  aber  gehören  nicht  dem  Nah- 
rungsstoffe selbst  an  , wie  man  etwa  glauben  könnte , sondern  sind  aus  verletzten  Zellen  des  Darmkanals  und  der 
Leibeswand  hervorgedrungen. 


48 


Nephelis  vulgaris. 


in  einer  nur  geringen  Entfernung  von  der  Speiseröhre.  Die  hinterste,  die  dem  Ende  des  Darm- 
kanals angenähert  ist,  nimmt  in  der  Regel  erst  in  der  folgenden  Periode  ihren  Ursprung. 

Wie  schon  angeführt  worden , füllt  die  den  Nahrungsstoff  verschliessende  Abtheilung 
des  Darmkanals  ungefähr  bis  zu  der  Mitte  der  zweiten  Periode  den  Raum  der  Rumpfhöhle  voll- 
ständig aus.  Auch  späterhin  lässt  sich  in  dieser  Periode  noch  eben  so  wenig  ein  stetiger  Zwi- 
schenraum zwischen  Leibeswand  und  Darmröhre  wahrnehmen.  Trotzdem  aber  sieht  man  um 
diese  Zeit  in  lebenskräftigen  Embryonen  zuweilen  hier  und  da  in  der  Peripherie  des  Darmes 
einen  hellen  Raum  von  verschiedener  Grösse,  der  vielleicht  nach  einigen  Minuten  verschwindet 
uird  offenbar  dadurch  hervorgebracht  ward,  dass  sich  der  Darmkanal  an  der  betreffenden  Stelle 
in  längerer  oder  kürzerer  Strecke  der  Weite  nach  zusammengezogen  und  sich  dabei  von  der 
Wand  der  Rumpfhöhle  entfernt  hatte.  Am  häufigsten  sah  ich  einen  solchen  Zwischenraum 
(der  mitunter  eine  so  bedeutende  Grösse  erlangte,  wie  sie  auf  der  Tafel  II  in  der  Figur  12  ange- 
geben ist)  dann  entstehen,  wenn  die  aus  einem  unter  Wasser  geöffneten  Ei  herausgenommenen 
Embryonen  frei  in  dieser  Flüssigkeit  zu  liegen  kamen.  Mitunter  aber  sah  ich  einen  solchen  kla- 
ren Zwischenraum  auch  dann  in  Embryonen  eine  längere  Zeit  hindurch  abwechselnd  entstehen 
und  wieder  verschwinden,  wenn  sie  noch  in  ihren  Eiern  enthalten  waren.  Schon  aus  diesen 
Wahrnehmungen  lässt  sich  erschliessen,  dass  in  den  Embryonen,  die  über  die  Mitte  der  zweiten 
Entwickelungs- Periode  hinausgelangt  sind,  zwischen  der  Rumpfwand  und  dem  Darmkanale 
ein  mit  dünner,  tropfbarer  Flüssigkeit  erfüllter  Raum  vorhanden  ist,  der  für  gewöhnlich  aber 
nur  eine  so  geringe  Ausdehnung  besitzt,  dass  die  in  ihm  enthaltene  Flüssigkeit  den  Darmkanal 
nur  in  einer  sehr  dünnen  und  deshalb  denn  auch  nicht  sichtbaren  Schicht  umgiebt.  Für  das 
Vorhandensein  einer  Flüssigkeit  im  Umkreise  des  eigentlichen  Darmes  kann  ich  auch  ausserdem 
noch  den  Umstand  anführen,  dass  ich  in  lebenden,  über  die  Mitte  der  zweiten  Periode  hinaus 
gelangten  Embryonen  bei  abwechselnden  Verkürzungen  und  Verlängerungen  des  Leibes  einige 
Mal  unter  dem  Rücken  ein  kleines  Kügelchen  oder  ein  Paar  dergleichen  Kügelchen,  die  mir 
zufällig  abgetrennte  Zellenkerne  zu  sein  schienen , eine  lange  Strecke  habe  vorwärts  und  rück- 
wärts fortschiessen  sehen.  Da  diese  Bewegung  keineswegs  immer  in  derselben  Bahn  vor  sich 
ging , vielmehr  oftmals  bald  nach  rechts,  bald  auch  nach  links  unregelmässig  abwich , konnte 
kaum  der  Verdacht  entstehen,  dass  dieselbe  in  einem  Blutgefässe  stattfinde,  und  zwar  um  so 
weniger,  als  bei  unseren  Embryonen  unter  dem  Rücken  überhaupt  keine  nach  der  Länge  des 
Körpers  verlaufenden  Blutgefässe  Vorkommen. 

Wenn  zwischen  der  Leibeswand  und  dem  Darmkanal  irgendwo  auf  einige  Zeit  ein 
grösserer  Zwischenraum  entstanden  ist,  dann  wird  darin  beständig  auch  eine  Anzahl  von  zarten 
F'asern  sichtbar,  die  in  mässiger  Entfernung  von  einander  zwischen  beiden  Flächen  ausgespannt 
sind.  Wo  sich  diese  Fasern  an  die  Darmwand  ansetzen,  da  bildet  die  letztere  einen  kleinen  und 
kurzen  Vorsprung,  der  bei  dem  Verschwinden  des  angeführten  Raumes  gleichfalls  wiederum 
vergeht,  mithin  nur  durch  den  Widerstand,  welchen  die  in  Spannung  versetzte  Faser  leistete, 
bewirkt  worden  und  für  eine  an  dem  Darmkanal  erfolgte  Ausbuchtung  zu  halten  ist.  Uebrigens 
entbehren  die  Fasern  ebensowenig  der  Elasticität,  wie  auch,  allem  Anscheine  nach,  der  selbst- 


Zioeite  Periode  des  Fruchtlehens. 


49 


ständigen  Contractilität.  Die  Art  ihrer  Anheftung  betreffend , so  konnte  ich  mich  bei  Embryo- 
nen aus  der  letzten  Zeit  der  zweiten  Periode,  wenn  dieselben  durch  Salpetersäure  erhärtet  und 
darauf  geöffnet  waren , namentlich  an  dem  Darmkanale  mit  aller  Bestimmtheit  davon  überzeu- 
gen,  dass  sie  sich  am  Ende  in  eine  Anzahl  massig  langer  Zweige  auflösten  und  mittelst  derselben 
zwischen  den  Elementen  der  anliegenden  Gewebe  förmlich  Wurzel  fassten. 

Die  mit  dem  Nahrungsstoff  erfüllte  Abtheilung  des  Darmkanals  nimmt  übrigens  nicht 
in  demselben  Grade,  wie  der  Rumpf,  der  sie  enthält,  sondern  in  einem  geringem,  an  Länge 
zu.  In  Folge  davon  entfernt  sie  sich  allmählich  von  der  im  Innern  des  Kopfes  gelegenen  zweiten 
Abtheilung,  die  nach  vollendeter  Entwickelung  des  Körpers  als  ein  Schlundkopf  zu  betrachten 
ist.  Es  schiebt  sich  zwischen  beide  ein  neuer  Kanal  ein,  der  sich  als  einen  Schlund  oder  eine 
Speiseröhre  darstellt  und  gleich  von  Anfang  an  eine  beträchtlich  dicke  Wand  mit  quer  und 
längs  verlaufenden  Muskelfasern  hat.  Anfangs  nur  kurz,  verlängert  sich  dieser  Kanal  gegen  Ende 
der  zweiten  Periode  und  noch  mehr  später  um  ein  sehr  Bedeutendes.  (Taf.  III.  Fig.  1 bis  8.) 
Anfangs,  wenn  derselbe  nur  erst  eine  geringe  Länge  hat,  liegt  unter  ihm  das  sogenannte  vor- 
derste Ganglion  des  Bauchmarkes,  das  jedoch  aus  drei  in  einem  innigen  Zusammenhänge  ge- 
bliebenen Ganglien  zusammengesetzt  ist  (Taf.  III.  Fig.  4.).  Wenn  er  aber  später  an  Länge 
zunimmt,  kommt  von  den  nächstfolgenden  Ganglien  eines  nach  dem  andern  unter  ihm  zu 
liegen  (Taf.  IV.  Fig.  5.),  bis  sich  die  Zahl  derselben  bei  den  reifen  Embryonen,  die  das  Ei 
verlassen,  auf  7 bis  8 vermehrt  hat.  (Taf.  lY.  Fig.  8.)  Gleichzeitig  wird  die  vordere  Hälfte  des 
Rumpfes,  die  bis  dahin  noch  die  dickste  war,  mit  dem  fortschreitenden  Wachsthume  der  Speise- 
röhre allmählich  immer  dünner  (Taf.  III.  Fig.  l bis  8.),  bis  sie  nach  einiger  Zeit,  und  noch 
vordem  Ende  des  Fruchtlebens,  soweit  sie  die  Speiseröhre  in  sich  einschliesst,  ^vie  ein  nach 
vorn  verjüngter  Hals  erscheint. 

Der  After,  der  bei  der  Nephelis  sehr  klein  bleibt,  entsteht  bei  ihr  zwar  in  der  zweiten 
Periode  des  Fruchtlebens,  wahrscheinlich  aber  erst  um  die  Mitte  derselben.  Ganz  deutlich  habe 
ich  ihn  nur  einmal  bei  einem  Embryo  aus  dieser  Periode  gesehen.  Derselbe  besass  bereits  eine 
Andeutung  des  Saugnapfes  unter  der  Form  des  oben  beschriebenen  kegelförmigen  Zapfens.  Wie 
bei  andern  nicht  zu  den  Hirudineen  gehörigen  Würmern,  so  bildet  sich  der  After  auch  hier  ganz 
am  hintern  Ende  der  Leibeshöhle.  Da  aber  bei  Nephelis  die  Bauchwand  einen  über  das  hintere 
Ende  der  Leibeshöhle  hinausgehenden  Fortsatz  aussendet,  der  sich  zu  der  hintern  Hälfte  des 
Saugnapfes  entwickelt,  und  dieser  Napf  eine  ansehnliche  Grösse  erlangt,  auch  zuweilen  mit 
seiner  concaven  Seite  ganz  nach  hinten  gerichtet  ist,  so  wird  dadurch  der  Schein  hervorgebracht, 
als  wäre  bei  ihr  der  After  an  der  Rückenseite  des  Leibes  entstanden.  (Taf.  III.  Fig.  8 ) 

§.  29. 

Das  Gehirn,  das  in  dem  Kopfe  ungefähr  gleich  weit  von  dessen  Enden  entsteht,  er- 
schien mir,  als  ich  es  zuerst  gewahr  werden  konnte  ( w'as  bei  noch  sehr  jungen  Embryonen  mit 
einem  ziemlich  kugelrunden  Rumpfe  der  Fall  war)  unter  der  Form  eines  Halbgürtels  oder  Bo- 

Rathke,  Kntwicklung  der  Hirudineen.  7 


öO 


Nephelis  vulgaris. 


gens,  der  auf  der  obern  Seite  des  Schlundkopfes  lag,  allenthalben  eine  gleiche  und  im  Verhält- 
niss  zu  seiner  Länge  ziemlich  grosse  Breite  und  Dicke  hatte,  und  an  seinen  Enden  abgerundet 
^var.  Die  rundlich- eckigen  Zellen,  welche  denselben  bildeten,  waren  nur  in  mässiger  Menge 
vorhanden  und  in  zweien  Schichten  über  einander  gelegen.  Bei  Embryonen,  die  schon  eine  viel 
bedeutendere  Grosse  erlangt  hatten , aber  noch  immer  einen  kugelförmigen  Rumpf  besassen, 
kam  statt  eines  solchen  Bogens  ein  offener  und  aus  kleinen  rundlich -eckigen  Zellen  bestehender 
Ring  vor,  der  den  Schlundkopf  von  oben  her  umfasste,  an  demselben  rechts  und  links  eine 
schräge  Richtung  von  oben  nach  unten  und  hinten  hatte,  und  mit  seinen  mässig  weit  von  ein- 
ander abstehenden  Enden  in  die  ungefähr  dreimal  breiteren  Bauchplatten  überging.  Der  mitt- 
lere oder  ursprünglich  vorhandene  und  auf  dem  Schlundkopfe  liegende  Theil  dieses  Ringes  war 
verhältnissmässig  etwas  breiter,  als  bei  den  Jüngern  Embryonen,  und  von  oben  etwas  abgeplat- 
tet. Die  seitlichen  Theile  desselben,  die  erst  später  sich  gebildet  hatten,  waren  dagegen  strang- 
förmig,  etwas  dünner,  als  jener  mittlere,  und  ungefähr  dreimal  dünner,  als  die  Bauchplatten 
in  der  Nähe  ihres  vordem  Endes. 

Wie  die  Untersuchungen  noch  älterer  Embryonen  ergaben,  nimmt  der  mittlere  Theil 
des  beschriebenen  Ringes,  der  sich  zum  Gehirn  entwickelt,  in  dem  weitern  Verlaufe  der  zweiten 
Periode  des  Fruchtlebens  eine  solche  Form  an,  dass  er  gegen  Ende  derselben  ein  Paar  unregel- 
mässig ovale  oder  länglich -bimförmige  Massen  darstellt,  die  mit  ihrer  Achse  quer  gelagert  sind, 
unter  einander  an  ihrem  dickem  Ende  Zusammenhängen  und  hauptsächlich  aus  Gehirnkugeln 
bestehen.  (Taf.  III.  Fig.  5.)  Die  seitlichen  Theile  des  Ringes , die  sich  zu  einem  Paar  Com- 
missuren für  die  Verbindung  des  Gehirns  mit  dem  Bauchmark  entvvickeln , nehmen  viel  weni- 
ger, als  dieser  mittlere  Theil  an  Dicke  zu,  und  bestehen  am  Ende  der  zweiten  Periode  schon 
beinahe  gänzlich  aus  Nervenfasern. 

Die  Augen  entstehen  erst  in  der  folgenden  Periode,  oder  werden  doch  erst  in  ihr  er- 
kennbar. 


§.  30. 

Blutgefässe  beginnen  sich  bei  der  Nephelis  schon  sehr  frühe  zu  bilden.  Sie  entstehen 
unter  der  Form  von  überaus  zarthäutigen  Kanälen,  deren  Wandungen  eine  mässige  Anzahl  mehr 
oder  minder  weit  auseinander  liegender  Reste  von  Zellenkernen  enthalten.  Am  frühesten  lassen 
sie  sich  am  Rumpfe  auffinden,  in  dem  sie  ohne  Zweifel  auch  zuerst  entstehen.  Ihr  Inhalt  aber 
bleibt  noch  während  der  ganzen  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  völlig  klar  und  farblos,  wes- 
halb es  denn  auch  kaum  möglich  ist,  sich  bei  den  Embryonen  dieser  Periode  eine  genaue  Kennt- 
niss  von  der  Zusammensetzung  des  von  ihnen  gebildeten  Systemes  zu  verschaffen.  Es  ist  immer 
nur  ein  kleiner,  oder  doch  nur  mässig  grosser  Theil  dieses  Systems,  der  dem  Beobachter  zu  Ge- 
sicht kommt. 

Soll  ich  die  Wahrnehmungen  angeben,  welche  ich  über  die  Entwickelung  dieses  Sy- 
stems gemacht  habe,  so  kann  ich  folgendes  sagen. 

Bei  Embryonen  mit  noch  kugelförmigem  Rumpfe  sah  ich  mehrmals  ein  der  innern 


Zxoeite  Periode  des  Fruchtlehens . 


5 1 

Fläche  der  Leibeswand  jederseits  dicht  anliegendes  und  damit  innig  zusammenhängendes  Gefäss, 
das  in  der  Nähe  des  Kopfes  oberhalb  der  Bauchplatten  mit  zwei  einfachen  Aesten  begann,  und 
in  seinem  Verlauf  immer  weiter  nach  unten  herabstieg,  bis  es  in  die  Nähe  der  Bauchplatten  ge- 
langt war.  Vor  den  kolossalen  Zellen  der  Hinterleibswand  angekommen,  bog  es  nach  oben  und 
vorn  auf  die  Rückseite  des  Körpers,  auf  der  es,  fortwährend  sich  verdünnend,  bis  etwa  zur 
Mitte  hinlief,  um  sich  dann  endlich  den  weiteren  IJeobachtungen  zu  entziehen.  Auch  bei  älte- 
ren Embryonen,  deren  Rumpf  schon  langgestreckt -oval  war,  fand  ich  jederseits  nur  ein  solches 
ziemlich  einfaches  Gefäss.  Es  bildete  eine  Schlinge  mit  ungleich  langen  Schenkeln,  deren  Bogen 
in  der  Nähe  der  kolossalen  Zellen  lag,  während  der  längere  Schenkel  in  einiger  Entfernung 
über  den  Bauchplatten  emporstieg,  der  kürzere  Schenkel  aber  nach  vorn  und  oben  gegen  den 
Rücken  gekehrt  war.  Bei  solchen  Embryonen,  die  bereits  die  Mitte  der  zweiten  Periode  passirt 
hatten,  beobachtete  ich  jederseits  in  mässig  grosser  Entfernung  von  der  Bauchseite  des  Körpers 
einen  besondern  Gefässstamm,  der  sich  durch  die  ganze  Länge  des  Rumpfes  erstreckte,  nach 
vorn  und  hinten  verjüngt  auslief,  und  sowohl  nach  der  Rückenseite,  als  auch  nach  der  Bauch- 
seite, besonders  aber  nach  der  erstem,  mehrere  stark  geschlängelte  Aeste  aussendete.  Ich  ver- 
muthe,  dass  von  dem  schlingenformigen  Gefäss,  welches  bei  den  jüngern  Embryonen  jederseits 
vorkam,  der  längere  oder  untere  Schenkel  sich  zudem  hier  beschriebeneji  Stamme  entwickelt 
hat,  während  der  kürzere  Schenkel  wahrscheinlicher  Weise  zu  dem  hintersten  obern  Ast  des 
Stammes  geworden  ist. 

Von  den  Aesten , welche  bei  diesen  älteren  Embryonen  die  beiden  seitlichen  Stämme 
nach  oben  hin  abgaben,  waren  einige  nicht  fest,  wie  die  übrigen,  an  die  Leibeswand  angeheftet, 
sondern  grösstentheils  lose  zwischen  ihr  und  dem  Darmkanale  gelegen.  Wahrscheinlich  waren 
dieses  solche  Zweige,  die  sich  zu  dem  Darmkanale  begaben,  um  in  ihm  sich  zu  verbreiten, 
denn  einige  Mal  sah  ich  bei  älteren  Embryonen  aus  der  zweiten  Periode,  die  sich  öfters  stark  ver- 
kürzten und  verlängerten,  nicht  bloss  die  Leibeswand  an  dem  Darmkanale  hin-  und  hergleiten, 
sondern  auch  einen  oder  zwei  derartige  Gefäss -Aeste  zwischen  dem  Darmkanale  und  der  Wan- 
dung der  Rumpfhühle  so  sich  hin  und  her  bewegen  oder  vielmehr  umwenden,  dass  der  davon 
gebildete  Bogen  bald  nach  vorn , bald  auch  nach  hinten  gekehrt  war. 

Ein  Bauchgefäss  fand  ich  erst  bei  Embryonen  aus  der  letzten  Zeit  der  zweiten  Periode, 
doch  selbst  bei  diesen  nur  ein  paar  Male  und  noch  auf  einer  sehr  niedern  Stufe  der  Ausbildung. 
Es  erschien  dasselbe  als  ein  sehr  zarter  Kanal,  der  unterhalb  des  Bauchmarkes  hinlief  und  an 
Dicke  sehr  beträchtlich  dahinter  zurückstand.  Ein  Zusammenhang  mit  den  Seitenstämmen  des 
Gefässsystems  liess  sich  noch  nicht  erkennen,  vielleicht  nur  deshalb,  weil  die  Verbindungs- 
äste zwischen  beiden  noch  überaus  zart  waren.  In  Betreff  seiner  Entstehung  muss  ich  nach 
meinen  Ifeobachtungen  annehmen,  dass  es  sich  viel  später,  als  die  beiden  Seitenstämme  des  Ge- 
fässsystems zu  bilden  beginnt. 


52 


Nephelis  vulgaris. 


§•  31. 

Während  der  Rumpf  der  Embryonen  dem  Umfange  und  der  Masse  nach  ein  immer 
grösseres  Uebergew  ich  t überden  Kopf  erhält,  gehen  die  drehenden,  durch  die  Flimmerhaare 
des  letztem  bewirkten  Bewegungen  in  dem  Eie  immer  langsamer  vor  sich,  bis  sie  nach  einiger 
Zeit  ganz  aufhoren,  obgleich  jene  Haare  erst  viel  später  abfallen.  Embiyonen , deren  Rumpf 
bereits  die  Form  einer  Kugel  angenommen  hatte,  habe  ich  Aveder  in  ihrem  Eie,  noch  auch  nach 
der  Herausnahme  aus  demselben,  im  Wasser,  drehende  BeAvegungen  mehr  ausführen  sehen,  aa  cü 
die  Flimmerhaare  ihres  Kopfes,  die  noch  immer  lebhaft  schAvangen,  nicht  mehr  im  Stande 
Avaren,  den  Körper  in  BeAvegung  zu  setzen.  So  Avenigstens  in  dem  Falle,  dass  die  Embryonen 
unversehrt  Avaren.  Wenn  aber  nach  einer  zufälligen  Verletzung  der  im  Innern  des  Körpers  ent- 
haltene Nahrungsstoff  gross tentheils  ausgetreten  ist,  und  sich  die  Wandung  des  Rumpfes,  Avas 
dabei  zu  geschehen  pflegt,  auf  einen  kleinern  Raum  zusammen  gezogen  hat,  dann  geschieht  es 
zuAveilen  (auch  noch  bei  älteren  Embryonen  mit  ovalem  Rumpfe),  dass  die  drehenden  Bewe- 
gungen wieder  ihren  Anfang  nehmen. 

Bald  nachdem  die  Embryonen  in  die  ZAAeite  Periode  des  Fruchtlebens  gelangt  sind, 
lassen  sie  ausser  den  SchluckbeAvegungen , die  der  Kopf  ausführt , auch  am  Rumpfe  BeAvegun- 
gen  AA^ahrnehmen,  und  zwar  zuweilen,  doch  nur  selten,  schon  innerhalb  des  Eies,  öfters  hin- 
gegen, Avenn  sie  aus  demselben  herausgenommen  und  in  Wasser  gelegt  Avorden  sind.  Diese 
Bewegungen  bestehen  darin , dass  sich  der  Rumpf  an  einer  Stelle  der  Länge  nach  zusammen- 
zieht und  Avieder  ausdehnt,  oder  sich  auch  im  Ganzen  verkürzt  und  Avieder  A'^erlängert.  Aeltere 
Embryonen , die  schon  eine  längliche  Form  angenommen  und  sich  an  dem  Rücken  zusammen- 
gekrümmt  haben,  biegen  sich  zuAveilen  noch  stärker  zusammen,  um  sich  dann  später  Avieder 
zu  strecken,  bis  sie  in  ihre  frühere  Krümmung  zurückkehren.  Auch  ziehen  sich  solche  Embry- 
onen, nach  dem  Herausnehmen  aus  dem  Ei,  zuAveilen  an  einer  Stelle  des  Körpers  der  Quere 
nach  zusammen. 

Was  diese  Bewegungen  besonders  interessant  macht,  ist  der  Umstand,  dass  mehrere 
derselben,  Avie  namentlich  die  SchluckbeAvegungen  und  die  Contractionen,  welche  zuAveilen  an 
dem  Aveitern  Theile  des  Darmkanals  stattfinden,  schon  zu  solchen  Zeiten  erfolgen,  in  denen  sich 
in  den  betreffenden  Körpertheilen  statt  der  spätem  Muskelfasern  einstAveilen  noch  blos  ele- 
mentare Zellen  vorfinden.  Es  ist  das  ein  neuer  BeAveis,  dass  in  Thieren,  Avelche  bei  ihrer  Ent- 
Avickelung  allmählich  mit  IMuskelfasern  ausgestattet  Averden , in  einer  sehr  frühen  Zeit  des  Le- 
bens die  elementaren  oder  primitiven  Zellen  ganz  ähnliche  Bewegungen  zu  beAvirken  vermögen, 
Avie  später  die  daraus  entstandenen  Muskelfasern. 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens. 


53 


Dritte  Periode  des  Friiclitlebeiis. 

§•  32. 

In  dieser  längsten  Periode  des  Fruchtlebens  verändert  sich  die  Gestalt  des  Embryo  der- 
art, dass  er  seinen  Eltern  immer  ähnlicher  wird.  Zur  Zeit  seiner  Geburt  hat  er  bereits  voll- 
ständig die  Formverhältnisse  derselben  angenommen.  Seine  Grösse  beträgt  um  diese  Zeit  meist 
2 Linien.  Eine  der  wichtigsten  Formveränderungen  dieser  Zeitperiode  besteht  darin,  dass  die 
obere  Wandung  des  Kopfes  eine  mässig  grosse  Strecke  über  die  bisher  nach  vorn  gekehrte  Mund- 
üfFnung  hinaus  wächst,  und  dadurch  eine  Oberlippe  bildet,  die  ungefähr  die  Form  eines  schma- 
len Schirmes  hat,  der  in  der  Mitte  am  dicksten  und  nach  unten  meist  etwas  rinnenförmig  zu- 
sararaengerollt  ist.  Ein  wenig  später,  als  die  Oberlippe,  wird  die  um  Vieles  kleinere  Unterlippe 
gebildet,  und  zwar  dadurch,  dass  sich  der  untere  Rand  der  Mundöffnung  verdickt  und  in  einen 
Wulst  verwandelt,  der  sich  mit  seinen  Enden  an  die  Oberlippe  anschliesst,  mit  derselben  einen 
ungleich  breiten  Ring  zusammensetzend.  (Taf.  IV.  Fig.  4 von  unten,  Fig.  5 im  Profil  gesehen.) 

Der  Rumpf,  der  in  Hinsicht  seines  Umfanges  ein  immer  bedeutenderes  Uebergewicht 
über  den  Kopf  gewinnt,  wächst  unter  bedeutender  Grössen  - ^nahme  besonders  in  die  Länge, 
weshalb  er  denn  auch  allmählich  eine  schlankere  Form  annimmt,  und  zwar  um  so  mehr,  als  der 
Embryo  in  der  letztem  Hälfte  dieser  Periode  den  Nahrungsstoff,  den  er  in  seinem  Darmkanal 
enthält,  allmählich  zu  seiner  weitern  Entwickelung  aufbraucht.  Nachdem  er  schon  in  der  vori- 
gen Periode  eine  Aehnlichkeit  mit  einer  Walze  angenommen  hatte,  wird  er  nunmehr  von  der 
Bauch  - und  der  Rückseite  ziemlich  stark  abgeflacht,  an  der  rechten  und  linken  Seite  aber  unter 
zunehmender  Verdickung  seiner  Wandung  beinahe  scharfkantig.  Auch  bildet  sich  jetzt  an  ihm. 
die  Gliederung  oder  Ringelung,  welche  eine  Nephelis  erhalten  soll,  vollständig  aus,  indem 
zwischen  den  Ringfurchen , die  bereits  entstanden  waren , noch  neue  entstehen.  Den  Rumpf 
der  reifen  Embryonen  findet  man  immer  schon  in  eine  grosse  Menge  sehr  kurzer  Glieder  abge- 
theilt. 

§.  33. 

Die  obere  und  die  seitlichen  Wandungen  des  Rumpfes,  die  noch  an  dem  Ende  der 
vorigen  Periode  viel  dünner,  als  die  Bauchwand  waren,  nehmen  in  dem  weitern  Verlaufe  des 
Fruchtlebens  so  rasch  an  Dicke  zu,  dass  sie  derselben  schon  nach  kurzer  Zeit  gleichkommen. 
Und  dabei  bleibt  es  nicht  einmal  stehen,  indem  sämmtliche  AVandungen  fortwährend  wachsen, 
bis  sie  die  Dicke  der  Kopfwand  allmählich  übei  treffen. 

Diese  bedeutende  Dicken  - Zunahme  beruht  hauptsächlich  auf  der  weitern  Ausbildung 
jener  beiden  Muskelschichten,  die  wir  früher  darin  haben  entstehen  sehen,  und  wird  dadurch 
vermittelt,  dass  die  Fasern  dieser  beiden  Schichten , also  die  quer  verlaufenden  oberflächlichen 
und  die  nach  der  Länge  des  Körpers  verlaufenden  tiefem,  nicht  nur  zahlreicher,  sondern  auch 


54 


Nej)helis  vulgaris. 


etwas  dicker  werden.  Vorzüglich  gilt  dies  von  der  letztem  oder  tiefem  Schicht,  die  noch  am 
Ende  der  vorigen  Periode  viel  dünner,  als  die  andre,  und  überhaupt  nur  überaus  dünn  w'ar 
(§.  24.),  jetzt  aber  besonders  durch  eine  sehr  bedeutende  Zunahme  ihrer  Fasermenge  etwas  dicker, 
als  die  äussere  wird.  Eine  dritte,  zwischen  beiden  in  der  Mitte  befindliche,  mässig  dicke  Schicht 
von  [Muskelfasern,  die  ich  bei  erwachsenen  Exemplaren  bemerkt  habe,  und  deren  Fasern  in  jeder 
Seitenhälfte  einen  schrägen  Verlauf  nach  einer  und  derselben  E-ichtung  haben,  entsteht  erst 
später,  als  jene  beiden , wahrscheinlich  sogar  erst  nach  dem  Ende  des  Fruchtlebens.  Der  bis 
dahin  muskellose  Saugnapf  versieht  sich  während  dieser  dritten  Periode  gleichfalls  mit  einer 
Muskulatur.  Er  bildet  theils  ringförmige  und  concentrische,  theils  auch  strahlenförmige,  von 
einem  gemeinschaftlichen  Mittelpunkte  ausgehende  Fasern,  die  schon  nach  kurzer  Zeit  derart 
erstarken,  dass  sich  die  Embryonen  aus  der  zweiten  Hälfte  dieser  Periode  nach  der  Heraus- 
nahme aus  dem  Ei  bereits  mit  ihrer  Hülfe  an  fremden  Gegenständen  befestigen.  Auch  die  Lip- 
pen lassen  bereits  frühe  eine  Muskulatur  erkennen.  Dieselbe  besteht,  namentlich  in  der  Ober- 
lippe, aus  concentrisch  gelagerten  halbringförmigen  Fasern,  so  wie  aus  fächerförmig  ausgebreite- 
ten, die  von  hinten  nach  vorn  verlaufen  und  als  Fortsetzungen  der  Faserbündel  zu  betrach- 
ten sind,  welche  in  der  Rückenwandung  der  Leibeshöhle  nach  der  Länge  derselben  ihren  Ver- 
lauf machen. 

Die  Cuticula  nimmt  mit  der  darunter  gelegenen  Zellenlage,  die  sie  erzeugt  hat,  im  Ver- 
hältniss  zu  den  beiden  Muskelschichten  der  Leibeswandung  nur  wenig  an  Dicke  zu.  Sie  erhält 
auch  weder  im  Verlaufe  des  Fruchtlebens,  noch  sonst  später  eine  solche  zarte  Streifung  oder 
Furchung,  wie  bei  manchen  andern  freilebenden  Würmern,  sondern  bleibt  an  ihrer  Oberfläche 
stets  glatt  und  entbehrt  deshalb  denn  auch  der  Fähigkeit  des  Irisirens.  Die  Zellen , welche 
unter  ihr  hinziehen,  behalten  die  frühere  einfache  Schichtung  und  verwandeln  sich  durch  Abplat- 
tung in  rundlich-  eckige  Täfelchen,  die  bei  den  reifen  Embryonen  meistens  bis  0,0006",  selten 
bis  0,0007"  im  Durchmesser  haben.  Die  Pigmentirung  entwickelt  sich  erst  nach  der  Geburt. 
Wenn  die  Embryonen  das  Ei  verlassen,  ist  der  Inhalt  dieser  Zellen  noch  farblos,  klar  und  durch- 
sichtig, von  gallertartiger  Beschaflenheit.  Die  dunkelrandigen  Kerne,  die  eine  verhältniss- 
mässig  sehr  ansehnliche  Grösse  besitzen  und  gleichfalls  ganz  klar  sind,  werden  der  Mehrzahl 
nach  oval  oder  elliptisch,  und  scheinen,  vermuthlich  in  Folge  der  Abplattung  ihrer  Zellen,  gegen 
Ende  des  Fruchtlebens  so  stark  durch  die  äusseren  Bedeckungen  der  Körperwand  hindurch,  dass 
diese  dadurch  das  Aussehen  gewinnen,  als  wäre  ihre  ganze  Oberfläche  mit  einer  grossen  Menge 
sehr  kleiner  und  nahe  bei  einander  stehender  warzenartiger  Erhöhungen  besetzt.  Dass  es  sich 
hierbei  aber  blos  um  eine  optische  Täuschung  handelt,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  die  An- 
w'endung  von  Mitteln,  welche  den  Inhalt  der  Zellen  zum  Gerinnen  bringen  und  ihnen  ihre 
Durchsichtigkeit  benehmen,  diesen  Schein  von  vorhandenen  Wärzchen  der  Hautbedeckung 
völlig  aufhebt. 

Unter  diesen  subcuticularen  Zellen  findet  man  bei  den  ausgewachsenen  Embryonen  an 
bestimmten  Körperstellen  noch  andere  grössere  (bis  0,0009"  grosse)  Zellen  von  rundlicher  Form 
und  feinkörnigem  Aussehen,  die  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  zur  Schleimabsonderung  dienen, 


Dritte  Periode  des  Frtcchtlehens. 


obwohl  es  mir  nicht  gelingen  wollte,  daran  einen  Ausführungsgang  zu  beobachten.  Zu  diesen 
Stellen  rechne  ich  namentlich  die  Oberlippe  und  die  concave  Fläche  des  Saugnapfes,  w.p  man 
auch  bei  den  erwachsenen  Thieren  secretorische  Zellen  von  ansehnlicher  Grösse  (0,002"  und 
darüber)  antrifft. 

Etwas  zweifelhafter  ist  mir  die  Natur  zweier  Zellenreihen,  die  sich  an  der  äussern  und 
innern  Seite  der  beiden  Seitengefässe  vorfinden  und  besonders  in  der  hintern  Körperhälfte  aus- 
gebildet (0,006")  sind,  nach  vorn  aber  immer  kleiner  werden,  und  in  einiger  Entfernung  hinter 
dem  Kopfe  gänzlich  schwinden.  Sie  besitzen  ein  helles  Aussehen  und  einen  deutlich  durch  die 
Wand  hindurchschimmernden,  ziemlich  grossen  Kern.  Aehnliche  Zellen  liegen  in  einer  noch 
grösser!!  Tiefe  jederseits  neben  dem  Magen,  der  Speiseröhre  und  dem  Darm  gleichfalls  in  ein- 
facher Reihe.  Man  sieht  an  ihnen  oftmals  eine  ovale  Form  und  einen  doppelten  oder  bisquit- 
förmigen  Kern,  Eigenschaften,  die  auf  einen  regen  Theilungsprocess  hindeuten. 

Die  Pigmentirung  des  Körpers  beginnt  einige  Tage  nach  der  Geburt  und  zwar  zunächst 
an  Rücken  - und  Bauchfläche.  Die  hier  gelegenen  Hautzellen  beginnen  eine  molekulare  Masse 
von  gelblich -brauner  Färbung  in  sich  abzulagern  und  in  immer  grösserer  Menge  anzuhäufen. 
Später  entwickeln  sich  zwischen  den  braunen  auch  schwarze  Pigmentzellen  von  mehr  oder 
minder  zackigem  oder  strahligem  Aussehen. 


§.  34. 

Der  in  dem  Kopfe  gelegene  Theil  des  Darmkanals  behält  die  Form  bei,  die  er  in  der 
vorigen  Periode  erlangt  hatte,  nimmt  auch  an  Länge,  wie  überhaupt  an  Umfang,  nur  sehr 
massig  zu  und  stellt  einen  muskulösen  Schlundkopf  dar,  der  selbst  nach  Beendigung  des 
Fruchtlebens  nur  eine  sehr  mässig  dicke  Wandung  und  im  Verhältniss  zu  dem  Umfange  des 
ganzen  Körpers  nur  eine  geringe  Grösse  hat.  Dagegen  aber  verlängert  sich  die  Speiseröhre  sehr 
bedeutend,  und  bis  zu  einem  solchen  Grade,  dass  sie  bei  reifen  Embryonen  über  die  7 oder  8 
vorderen  Ganglien  des  Bauchmarkes  hinausreicht.  (Taf.  IV.  Fig.  8.)  Sie  verwandelt  sich  in 
einen  ansehnlich  langen  und  geraden,  walzenförmigen  Kanal  (Taf.  IV.  Fig.  1 und  2.),  der  im 
Verhältniss  zu  seiner  Länge  ziemlich  dick  ist.  Namentlich  gilt  dies  von  dem  hintern  Ende, 
mit  Ausnahme  der  Uebergangsstelle  in  den  Magen,  die  eine  mehr  oder  minder  starke  Ein- 
schnürung zeigt.  Diese  Dicke  kommt  übrigens  hauptsächlich  auf  Rechnung  der  Muskelhaut,  die 
aus  einer  ansehnlichen  Lage  dicht  gedrängter  Ringfasern  besteht,  an  deren  Innenfläche  zahl- 
reiche Stränge  longitudinaler  Faseim  hinlaufen.  Die  Schleimhaut  der  Speiseröhre  zeigt  eine 
einfache  Schicht  polygonaler,  mässig  abgeplatteter  Zellen , und  eine  Cuticula,  die  durch  fort- 
gesetzte Verdickung  allmählich  eine  ziemlich  grosse  Festigkeit  angenommen  hat. 

Kurz  nach  der  Entwickelung  der  Speiseröhre  erhebt  sich  die  Innenfläche  derselben  zu 
drei  Längsleisten  von  nicht  unansehnlicher  Dicke , die  in  einen  ziemlich  scharfen  Rand  auslau- 
fen , also  die  Form  von  dreiseitigen  Prismen  besitzen , und  in  gleichen  Entfernungen  von  einan- 
der derart  angeordnet  sind,  dass  die  eine  der  untern,  die  beiden  andern  aber  der  obern  Seiten- 


56 


NejyJielis  vulgaris. 


fläche  aufsitzen.  Nachdem  sie  mit  der  Röhre,  der  sie  angehören,  an  Länge  und  Stärke  eine  Zeit- 
lang zygenommen  haben , erkennt  man  deutlich , dass  sie  nicht  etwa  blosse  faltenförniige  Erhe- 
bungen der  Schleimhaut  darstellen,  sondern  auch  einen  Strang  von  longitudinalen  Muskel- 
fasern in  sich  einschliessen.  In  der  Ruhe  liegen  diese  drei  Leisten  mit  ihren  Seitenflächen  und 
ihren  Kanten  so  dicht  neben  einander,  dass  das  Lumen  der  Speiseröhre  in  ganzer  Länge  da- 
durch dicht  geschlossen  wird.*)  Allerdings  erkennt  man  durch  die  durchsichtigen  Körperdecken 
einen  dunkeln  Längsstreifen,  der  in  der  Achse  der  Speiseröhre  hinläuft,  allein  dieser  Streifen  be- 
zeichnet nur  die  Stelle,  wo  die  freien  Kanten  der  drei  Leisten  auf  einander  stossen. 

Die  andere  oder  grössere,  mit  Nahrungsstoff  erfüllte  Abtheilung  des  Darmkanals  wird 
in  der  dritten  Periode,  während  sie  immer  mehr  an  Länge  zunimmt,  zwar  nicht  wirklich,  doch 
aber  scheinbar,  d.  h.  im  Verhältniss  zu  ihrer  Länge,  allmählich  enger.  Dabei  scheidet  sie  sich 
in  zwei  an  Länge  und  Weite  sehr  ungleiche  Abschnitte,  von  denen  sich  der  grössere  zu  einem 
Magen,  der  um  Vieles  kleinere  und  auf  jenen  folgende  zu  einem  Darm  entwickelt.  (Taf.  IV. 
Fig.  1 und  2.) 

Die  Entwickelung  des  Magens  anbelangend,  so  werden  die  fast  ringförmigen  Furchen, 
die  am  Darmkanale  schon  in  der  vorigen  Periode  entstanden  waren,  in  kurzer  Zeit  völlig  ring- 
förmig und  darauf  allmählich  auch,  besonders  rechts  und  links,  bedeutend  tiefer.  Auf  solche 
Weise  entstehen  an  dem  Magen  zwei  Reihen  von  dicken  und  ziemlich  tiefen  Taschen,  die  ein- 
ander paarweise  gegenüber  liegen  und  in  10  bis  13  Paaren  Vorkommen.  Die  mittleren  dieser 
Taschen  erreichen  einen  ziemlich  grossen  Umfang.  Nächst  ihnen  sind  es  die  des  vordersten 
Paares  oder  der  zwei  vordersten,  so  wie  auch  die  der  zw'ei  oder  drei  hinteren  Paare,  die  sich  am 
stärksten  entwickeln.  Anfänglich  haben  alle  diese  Taschen  eine  einfache,  wenn  auch  etwas 
verschiedene  Form;  nach  einiger  Zeit  aber  wird  in  der  Regel  eine  jede  durch  eine  an  ihr  von 
oben  nach  unten  herablaufende,  mässig  tiefe  Furche  unvollständig  in  zwei  Hälften  getheilt,  von 
denen  übrigens  gewöhnlich  die  hintere,  mitunter  auch  die  vordere  schmäler  und  kleiner  ist,  als 
die  andere.  Bisweilen,  allem  Anscheine  nach  aber  nur  ausnahmsweise,  geschieht  es  auch,  dass 
sich  an  einigen  Taschen  zwei  solche  Furchen  bilden.  Sobald  die  Taschen  einmal  ihre  zusammen- 
gesetzte Form  erlangt  haben,  sistirt  ihr  Wachsthum,  das  überhaupt  nur  mässig  ist  und  nur  so 
lange  andauert,  als  der  im  Darmkanale  befindliche  Nahrungsstoff,  von  dem  auch  sie  einen  Theil 
enthalten,  durch  fortgesetztes  Verschlucken  von  Eiweiss  noch  vergrössert  Avird.  Gegen  das 
Ende  des  Fruchtlebens,  wenn  dieser  Nahrungsstoff’  keine  Zufuhr  mehr  erhält  und  nach  und  nach 
A'erhraucht  wird,  AA’erden  die  Taschen  sogar  allmählich  Avieder  kleiner,  mitunter  selbst  bis  zum 
völligen  SchAvunde.  Bei  neugebornen  Embryonen  trifft  man  meist  Aveniger  als  10  Paar  Ma- 
gentaschen und  diese  nur  von  unbedeutender  Grösse.  Es  giebt  auch  Exemplare,  bei  denen  die 
Taschen  gänzlich  fehlen,  und  der  Magen  dann  nur  eine  Anzahl  von  10  — 13  Kammern  zeigt, 
die  durch  mässig  starke  ringförmige  Einschnürungen  gegen  einander  abgegrenzt  sind  und  von 
denen  mit  Ausnahme  der  hintersten,  oder  der  zAA^ei  bis  drei  hintersten,  die  zugleich  die  klein- 

J)  Bei  der  erwachsenen  Nephelis  lässt  sich  diese  bisher  übersehene  Bildung  gleichfalls  nachweisen. 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens. 


57 


sten  sind,  eine  jede  ungefähr  in  ihrer  Mitte  eine  seichte  Eingfurche  bemerken  lässt.  Später 
werden  auch  die  zwischen  diesen  Kammern  befindlichen  Einschnürungen  immer  schwächer,  die 
Kammern  aber  in  der  Mitte  ein  wenig  weiter,  als  an  den  Enden,  und  überhaupt  mehr  tonnen- 
förmig. Bei  erwachsenen  Exemplaren  lässt  der  Magen  eine  solche  Kammerung  übrigens  nur 
dann  erkennen,  wenn  er  sich  der  Länge  nach  zusammengezogen  hat. 

Nach  dem  Angeführten  entstehen  also  bei  der  Neplielis  an  dem  Magen  zwei  Reihen 
eben  solcher,  nur  anders  geformter  Taschen,  wie  bei  den  Würmern  der  Gattungen  Hirudo 
und  Haemoins.  Während  diese  Gebilde  bei  der  letztem  aber  bestehen  bleiben  und  an  dem 
Wachsthum  des  Körpers  Theil  nehmen,  gehen  sie  bei  Neplielis  mit  dem  Ende  des  Eilebens  all- 
mählich wieder  verloren.  Es  ist  daher  anzunehmen,  dass  die  Wandungen  des  Magens  bei  den 
Embryonen  Aex  Neplielis  nur  zu  dem  Zweck  mehrfach  eingefaltet,  und  die  Taschen  ausgebuchtet 
werden,  damit  sie  für  die  Resorption  des  Nahrungsstoffes  eine  grössere  Fläehe  erhielten. 

Der  nur  sehr  kurze  und  anfangs,  wie  der  Magen,  mit  Nahrungsstoff  erfüllte  Abschnitt 
des  Darmkanals,  welcher  sich  zum  Darm  entwickeln  soll,  wird  nachher,  wenn  in  ihm  der 
Nahrungsstoff  schwindet,  allmählich  enger.  Bei  reifen  Embryonen  stellt  er  einen  geraden,  bald 
tonnenförmigen,  bald  auch  von  vorn  nach  hinten  allmählich  etwas  verjüngten  Kanal  dar,  der 
um  Vieles  kürzer  ist,  als  der  Magen  oder  als  die  Speiseröhre,  und  diese  unbedeutende  Länge 
auch  beständig  beibehält. 

Der  After,  der  schon  in  der  vorigen  Periode  entstanden  w'ar  (§.  29.),  anfangs  aber 
wegen  seiner  sehr  geringen  Grösse  nur  selten  aufgefunden  werden  konnte,  wird  jetzt  in  der 
dritten  Periode  immer  deutlicher  erkennbar. 

Was  die  Wandungen  des  Magens  und  des  Darmes  anbetrifft,  so  erlangen  diese  niemals 
eine  so  bedeutende  Dicke,  wie  die  der  Speiseröhre.  Dass  sich  auf  der  Grenze  des  Magens  und 
der  Speiseröhre  äusserlich  eine  schwache  ringförmige  Einschnürung  bildet,  ist  schon  oben  er- 
wähnt worden.  Dieser  Einschnürung  aber  entspricht  im  Innern  eine  mässig  breite,  ringförmige 
Klappe,  die  nach  hinten  gerichtet  ist  und  durch  diese  ihre  Richtung  verhindert,  dass  der  Inhalt 
des  Magens  in  die  Speiseröhre  Übertritt.  Bei  ältern  Embryonen  lässt  sich  diese  Bildung  besonders 
deutlich  dann  wahrnehmen,  wenn  die  Thiere  mit  einem  Glasplättchen  beschwert  sind,  dessen 
Last  dann  einen  Theil  des  Magen -Inhaltes  in  die  Speiseröhre  hinübertreibt.  Eine  ähnliche,  aber 
kleinere  Klappe  kommt  bei  reifem  Embryonen  und  bei  jungen  Exemplaren  allem  Anscheine  nach 
auch  zwischen  je  zwei  Kammern  des  Magens  und  an  dem  Ende  desselben  vor. 

Die  Muskelfasern,  die  sich  bei  reifem  Embryonen  in  der  Wand  des  Magens  und  des 
Darms  erkennen  lassen , bilden  darin  zwei  Schichten,  von  denen  die  äussere  aus  longitudinal, 
die  innere  aus  transversal  verlaufenden  Fasern  besteht.  Die  Lage  dieser  beiden  Faserschichten 
ist  also  umgekehrt,  als  in  der  Wand  der  Speiseröhre,  in  der  die  Ringfaserschicht  die  äussere 
war.  Weiter  nach  innen  befindet  sich  in  dem  Magen  und  Darm  eine  einfache  Schicht  von  abge- 
platteten Zellen,  die  nicht  selten  einige  sehr  kleine  molekulare  Fettkügelchen  enthalten,  und 
eine  structurlose  Cuticula  abgeschieden  haben. 


Kathke,  Entwicklung'  der  Hirudineen, 


58 


Nephelis  vulgaris. 


§•  35. 

Der  Nahrungsstoff,  der  in  Magen  und  Darm  enthalten  ist  und  beide  völlig  ausfüllt, 
nimmt  in  dem  erstem  Organe  ungefähr  bis  zu  der  Mitte  der  dritten  Periode  immer  mehr  an 
Umfang  zu,  ohne  indess  im  Ganzen  seine  Consistenz  und  Farbe,  noch  auch  seine  Zusammen- 
setzung aus  zwei  verschiedenen  Substanzen  zu  verändern.  Die  eine  dieser  beiden  Substanzen 
aber,  und  zwar  diejenige,  welche  in  einer  dünnen  Schicht  die  andere  vollständig  umgiebt,  er- 
fährt insofern  eine  Veränderung,  als  die  tafelförmigen  hellen  Massentheile,  die  sie  zusammen- 
setzen , durch  fortgesetzte  Theilung  sich  vermehren , aber  dabei  zugleich  an  Grösse  beträchtlich 
abnehmen.  Was  letztere  anbelangt,  so  betragen  die  Querdurchmesser  derselben  bei  dem  Beginn 
der  dritten  Periode  bis  0,014"  (§.  27.),  ungefähr  am  Ende  des  ersten  Drittels  dieser  Periode 
aber  nur  noch  0,0014"  und  nach  der  INlitte  noch  viel  weniger.  Die  Vergrösserung  aber, 
w'elche  die  ganze  in  dem  Darmkanale  enthaltene  Masse  des  Nahrungsstoffes,  auch  in  der  erstem 
Hälfte  der  dritten  Periode , erfährt,  hat,  wie  früher,  ihre  Ursache  darin,  dass  die  Embryonen 
kleine  Quantitäten  des  in  dem  Ei  vorkommenden  und  allmählich  immer  mehr  verflüssigten  Ei- 
weisses  verschlucken  und  davon  bis  zu  der  Mitte  dieser  Periode  weniger  verbrauchen,  als  sie  in 
sich  aufnehmen.  Denn  auch  bei  Embryonen  aus  dieser  Periode  kann  man  nicht  nur  dann,  wenn 
sie  aus  dem  Ei  herausgenommen  und  in  Wasser  gelegt  worden  sind,  sondern  auch  schon  früher, 
w’ährend  des  Aufenthaltes  im  Innern  des  Eies,  falls  es  die  meist  ziemlich  undurchsichtigen 
Hüllen  erlauben,  eine  mässig  grosse  und  von  vorn  nach  hinten  fortschreitende  Erweiterung  der 
Speiseröhre  gewahr  werden , nach  der  bald  wieder  eine  in  derselben  Eichtung  fortschreitende 
Verengerung  erfolgt,  also  Bewegungen,  die  offenbar  als  Schluckbewegungen  zu  betrachten  sind. 
Ausserdem  aber  habe  ich  bei  verschieden  weit  entwickelten  Embryonen  aus  der  dritten 
Periode,  die  ich  noch  lebend  in  eine  wässrige  Lösung  von  Karmin  gelegt  hatte,  oftmals  eine 
oder  einige  Stunden  nachher  gesehen,  dass  die  enge  Höhle  ihrer  Speiseröhre  entw’eder  in  gairzer 
Länge  oder  doch  streckenweis  mit  der  erwähnten  Lösung  angefüllt  w^ar.  ln  den  Magen  war 
freilich  diese  Lösung  niemals  übergegangen,  vielleicht  jedoch  nur  deshalb  nicht,  weil  sie  die 
Cardia  zu  heftig  gereizt  und  zu  einer  anhaltenden  Contraction  veranlasst  hatte. 

Nach  der  Mitte  der  dritten  Periode,  wenn  das  flüssig  gewordene  Eiweiss  des  Eies  schon 
grösstentheils  verzehrt  ist,  wird  der  in  dem  Magen  befindliche  Nahrungsstoff  allmählich  so  ver- 
mindert, dass  er  gegen  die  Geburt  hin  entw’eder  vollständig  oder  fast  vollständig  schwindet,  wie 
das  in  dem  Darme  schon  früher  der  Fall  gewesen  ist. 


§.  36. 

Die  zarten  Fäden,  w’elche  sich  schon  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  zwischen 
der  grössern  Abtheilung  des  Darmkanals  und  der  Leibeswand  gebildet  haben  ( §.  28.),  w'erden 
in  der  dritten  Periode  etwas  länger  und  dicker  und  erweisen  sich  immer  deutlicher  als  kleine 
Bündel  von  ^luskelfasern.  Während  dieselben  aber  an  Grösse  zunehmen,  entstehen  zwischen 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens. 


59 


ihnen  auch  noch  neue  Bündel,  wodurch  nunmehr  die  Wandung  der  Rumpfhöhle  mit  dem  Darm- 
kanal in  eine  noch  vielfachere  Verbindung  gesetzt  wird,  als  es  früher  der  Fall  war.  So  schliesse 
ich  wenigstens  daraus,  dass  diese  Fäden  bei  reifen  Embryonen  allem  Anscheine  nach  in  einer 
viel  grossem  Zahl  verkommen,  als  bei  Embryonen  aus  der  ersten  Zeit  der  dritten  Periode, 
und  das  nicht  bloss  am  Magen  und  Darme,  sondern  auch  der  Speiseröhre,  wo  sie  früher 
fehlten.  *) 

Ausser  diesen  Muskelbündeln,  die  von  allen  Seiten  des  Darmkanals  divergirend  auslau- 
fen , entwickeln  sich  innerhalb  der  Rumpfhöhle  in  der  dritten  Periode  auch  noch  zahlreiche 
andere  Fasern,  die  keine  Verbindung  mit  dem  Darmkanale  eingehen.  Dieselben  bilden  sich 
nach  Beginn  der  dorsoventralen  Abplattung  rechts  und  links  von  dem  Darmkanal  zwischen 
Rücken  - und  Bauchwand  und  verlaufen  in  senkrechter  Richtung,  mit  den  übrigen  Muskelfasern 
der  Leibeshöhle  sich  kreuzend.  Ihre  Aufgabe  besteht  wahrscheinlicher  Weise  darin,  die  Rücken- 
und  Bauchwandung  des  Rumpfes  einander  zu  nähern.^) 

Ausser  den  verschiedenen  Muskelbündeln,  welche  zwischen  Leibeswand  und  Darmka- 
nal entstehen , bildet  sich  innerhalb  dieses  Raumes  auch  eine  grosse  Menge  von  fetthaltigen 
Zellen , welche  die  übrig  gebliebenen  kleinen  Zwischenräume  zwischen  den  Faserzügen  mehr 
und  mehr  ausfüllen.  Einige  von  ihnen  machen  sich  schon  bald  nach  dem  Anfänge  der  dritten 
Periode  bemerkbar,  die  meisten  aber  nach  und  nach  erst  später.  Zuerst  entstehen  diese  Zellen 
rechts  und  links  von  dem  Magen  und  Darm.  Später,  wenn  deren  schon  eine  grosse  Menge  vor- 
handen ist,  bilden  sich  (gegen  Ende  dieser  Periode)  andere  auch  über  und  unter  dem  Magen 
und  Darm,  desgleichen  einige,  doch  nicht  gar  viele,  um  die  hintere  Hälfte  der  Speiseröhre.  Ihre 
Form  ist  bei  den  Embryonen  und  jungen  Exemplaren,  je  nach  den  äussern  Verhältnissen,  etwas 
verschieden.  Wo  die  Zellen  vereinzelt  liegen,  da  erscheint  dieselbe  entweder  kugelrund  oder 
oval,  während  sie  da,  wo  sich  mehrere  sehr  nahe  oder  dicht  bei  einander  befinden,  durch  ge- 
genseitige Abplattung  eine  etw'as  eckige  wird.  Die  Grösse,  welche  diese  Zellen  erreichen,  be- 
trägt bei  reifen  Embryonen  bis  0,0007",  bei  Erwachsenen  aber  bis  0,0020"  und  darunter  (letzteres 
z.  B.  bei  Exemplaren,  die  eine  längere  Zeit  hindurch  gehungert  haben).  Das  in  ihnen  enthal- 
tene und  um  ihren  Kern  herumliegende  Fett  bildet  eine  Menge  sehr  kleiner  runder  Kügelchen, 
deren  Zahl  bei  reifen  Embryonen  ungefähr  bis  30  beträgt,  bei  Erwachsenen  aber  eine  so  bedeu- 
tende wird , dass  sie  sich  nicht  mehr  ermitteln  lässt,  und  der  Kern  dadurch  oft  vollständig  ver- 
deckt wird.  Ihre  Farbe  ist  anfangs,  wenn  in  ihnen  erst  wenige  Fettkügelchen  Vorkommen, 
weiss,  später  aber,  wenn  die  Menge  dieser  Kügelchen  bedeutend  gewachsen  ist,  bei  auffallen- 
dem Lichte  ockergelb,  bei  durchfallendem  gelblich -grün.  Essigsäure  kann  ihnen  die  ockergelbe 


1)  Leydig  betrachtet  die  bei  Neplielis  und  andern  Hirudineen  in  der  Leibeswand  vorkommende  Schicht 
von  Querfasern  als  einen  Hautmuskel  (a.  a.  0.,  S.  107.).  Da  aber  durch  ihre  Zusammenziehung  eine  Verlängerung 
des  Körpers  bewirkt  wird,  so  kann  ich  dieser  Ansicht  nicht  beitreten. 

2)  Um  die  verschiedenen  Fasersysteme , welche  die  Leibeshöhle  durchsetzen , zu  sehen , bedient  man 
sich  am  besten  feiner  Querschnitte,  die  man  von  ausgewachsenen  und  gehärteten  Exemplaren  leicht  anfertigen 
kann. 


6U 


Nephelis  vulgaris. 


Farbe,  die  nur  den  Fettkügelchen  angehört,  vollständig  entziehen  und  sie  zum  Erbleichen 
bringen.  In  Betreff  der  Bedeutung  dieser  Zellen  muss  ich  der  Ansicht  Leydig’s  beistimmen, 
dass  sie  zusammengenommen  nichts  weiter,  als  einen  Fettkörper  darstellen. 


§.  37. 

Das  Gehirn  bleibt  in  seiner  Grössenentwicklung  allmählich  so  weit  zurück , dass  es  so- 
wohl bei  den  reifen  Embryonen,  als  auch  bei  den  Erwachsenen  um  Vieles  kleiner  erscheint,  als 
das  erste  Ganglion.  Seine  beiden  Seitenhälften,  die  bei  dem  Schlüsse  der  zweiten  Periode  in 
ihrer  Form  eine  Aehnlichkeit  mit  länglichen  Birnen  hatten,  behalten  diese  Form  auch  während 
der  dritten  Periode  ohne  andere  Veränderung  bei,  als  dass  sie  an  ihrem  dünnem  Ende  verhält- 
nissmässig  etwas  dicker  werden.  Wo  diese  dünnen  Enden  in  die  Commissuren  des  Schlund- 
ringes übergehen,  erkennt  man  jetzt  aber  jederseits  einen  ziemlich  starken  Nervenstamm,  der 
bogenförmig  nach  vorn  läuft,  sich  ziemlich  bald  in  vier  Zweige  auflöst,  und  mit  diesen  an  die 
in  Entwicklung  begriffenen  vier  Augen  hinantritt.  Gleichzeitig  hat  sich  der  Ursprungsstelle  die- 
ser Sehnerven  gegenüber  an  den  Seitentheilen  des  Gehirns  nach  hinten  ein  warzenförmiger  Fort- 
satz gebildet,  der  in  kurzer  Zeit  eine  recht  ansehnliche  Grösse  erreicht  und  sich  zu  einem  beson- 
dern  Hirnlappen  entwickelt.  (Taf.  III.  Fig.  5 und  S.)  Hirn  und  Lappen  zeigen  während  des 
Fruchtlebens  einen  ziemlich  gleichmässigen  Zellenbau.  Erst  nach  Beendigung  desselben  geht 
in  dieser  Beziehung,  wie  auch  in  Hinsicht  der  Form,  eine  wenn  auch  langsame,  doch  sehr  auf- 
fallende Veränderung  vor  sich. 

Früher  von  gedrungener  Form,  Averden  die  Seitenhälften  des  Hirns  jetzt  mehr  gestreckt. 
Sie  rücken  gleichzeitig  auseinander.  AVo  bisher  die  keulenförmigen  Ganglien  unmittelbar  sich 
berührt  hatten,  da  sieht  man  jetzt  eine  dünne  Brücke  sich  zwischen  beiden  ausspannen.  Die 
beiden  hintern  Lappen , die  so  rasch  an  Grösse  zugenommen  hatten , sistiren  ihr  AVachsthum, 
oder  bleiben  doch  wenigstens  zurück,  so  dass  sie  im  A'erhältniss  zu  den  übrigen  Theilen  des 
Hirns  bei  den  erwachsenen  Exemplaren  der  Nephelis  kleiner  erscheinen,  als  bei  den  reifen  Em- 
bryonen. (Taf.  A".  Fig.  15.) 

Gleichzeitig  macht  sich  im  Hirne  eine  Faserung  bemerkbar,  die  mit  zunehmender 
Grösse  allmählich  über  die  zelligen  Elemente  so  sehr  das  Uebergewicht  erhält,  dass  man  bei 
erwachsenen  oder  auch  nur  halberwachsenen  Exemplaren  jederseits  nur  noch  vier  mässig  grosse 
Haufen  von  Ganglienzellen  antrifft.  Zwei  dieser  Haufen  befinden  sich  (Taf.  A".  Fig.  15.)  an 
der  obern  Seite  des  Gehirns,  einer  hinter  dem  andern.  Sie  haben  eine  halbovale  Form  und  sind 
mit  ihrem  einen  Ende  nach  aussen,  mit  dem  andern  gegen  die  Alittelebene  des  Kopfes  gekehrt. 
Die  beiden  andern  Haufen  sind  durch  eine  Einfurchung  des  Lappens  entstanden,  der  sich  an 
dem  dünnem  oder  äussern  Ende  der  Seitenhälften  gebildet  hatte.  Sie  besitzen  eine  etwas  gerin- 
gere Grösse,  als  die  erst  erwähnten  Haufen,  liegen  einer  neben  dem  andern  und  zeigen  unge- 


1)  Lehrbuch  der  Histologie  des  Menschen  und  der  Thiere.  Frankfurt  a/M.  1857.  Seite  366  und  67. 


Dritte  Periode  des  FruclUlehens. 


61 


fahr  die  Form  von  Halbkugeln.  Die  übrige  Masse  des  Hirnes  besteht  grösstentheils  aus  quer- 
verlaufenden Nervenfasern. 

An  den  Sehnerven  gehen  nur  unbedeutende  Veränderungen  vor  sich.  Die  Länge  der- 
selben bleibt  beständig  eine  mässig  grosse,  während  dagegen  die  Dicke,  wenigstens  die  des  Stam- 
mes, eine  verhältnissmässig  bedeutende  wird.  An  dem  Ende  dieses  Stammes  sieht  man  bei  halb 
und  ganz  erwachsenen  Exemplaren  zwei  kleine  ganglionäre  Anschwellungen  von  ovaler  Form 
dicht  hinter  einander.  (Taf.  V.  Fig.  15.) 


§.  38. 

Bei  dem  scheinbar  ganz  gleichmässigen  Längenwachsthum  der  Embryonen  könnte  man 
vermuthen,  dass  die  Ganglien  des  Bauchstranges  eben  so  gleichmässig  aus  einander  rückten. 
Doch  mit  nichten.  Es  gilt  das  nur  für  die  Älehrzahl  derselben,  für  diejenigen,  welche  in  der 
Mitte  des  Körpers  liegen,  während  die  beiden  vordem  und  die  drei  hintern  dicht  neben  einan- 
der verbleiben.  Es  sind  das  Verhältnisse,  die  an  die  oben  beschriebenen  Verschmelzungspro- 
cesse  erinnern,  durch  welche  das  vorderste  und  letzte  Ganglion  des  Bauchmarkes  aus  einer 
grossem  Anzahl  von  anfangs  isolirten  Ganglien  ihren  Ursprung  genommen  haben. 

Die  beiden  Faserstränge  des  Bauchmarkes,  die  sich  an  der  obern  Fläche  der  einzelnen 
Ganglien  neben  einander  zu  bilden  begonnen  haben,  werden  von  diesen  Theilen  des  Nerven- 
systems niemals  überwuchert,  sondern  behalten  immer  ihre  ursprüngliche  Lage.  Ebenso  blei- 
ben sie  immer  dicht  an  einander  geschmiegt,  'ohne  jedoch  jemals  irgendwo  ihre  Fasern  durch 
Kreuzung  oder  auf  eine  andere  Weise  auszutauschen.  Auch  behalten  sie  die  Form,  welche  sie 
in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  erlangt  haben,  insofern  bei,  als  sie  auf  den  einzelnen 
Ganglien  stets  etwas  breiter  erscheinen,  als  zwischen  denselben. 

Was  die  weitere  Entwickelung  der  einzelnen  Ganglien  anbelangt,  so  wird  das  vorderste 
nicht  nur  an  und  für  sich,  sondern  auch  im  Verhältniss  zu  denfolgendeu,  mit  Ausnahme  des  hinter- 
sten, bedeutend  grösser,  als  es  solches  schon  in  der  vorigen  Periode  geworden  war.  Insbesondere 
gilt  dies  von  dem  Faserstrange  des  Ganglions,  der  die  Form  eines  Dreiecks  annimmt  und  aus 
seinem  nach  vom  gerichteten  breitem  Ende  oder  seiner  Basis  ein  Paar  dicke  Hörner  aussendet, 
die  in  die  dünnem  vom  Gehirne  zu  dem  Bauchmarke  sich  begehenden  Commissuren  übergehen. 
Die  drei  Ganglien , welche  die  vordem  Markmassen  zusammensetzen  helfen , wachsen  haupt- 
sächlich in  die  Breite  und  werden  dadurch  zu  lappigen  Anhängen  an  den  Seitentheilen  des  Faser- 
stranges, die  ziemlich  weit  nach  aussen  vorspringen.  Gegen  Ende  des  Fruchtlebens  nehmen 
diese  Lappen  die  Gestalt  von  Kolben  an  (Taf.  IV.  Fig.  6.),  während  sie  später  mehr  in  die  Dicke 
wachsen  und  hügelförmig  werden.  Aber  auch  diese  Form  ist  noch  nicht  die  bleibende.  Die 
Hügel  furchen  sich  und  zerfallen  dadurch  in  zwei  oder,  wie  die  vordem,  die  von  Anfang  an  die 
grössesten  waren  und  fast  die  doppelten  Durchmesser  der  hinteren  besitzen,  in  drei  unvollständig 
abgetrennte  Theile.  (Taf.  V.  Fig.  15.)  Nach  der  Geburt  findet  man  sogar  eine  noch  grössere 
Zusammensetzung  dieser  vordem  Markmasse,  indem  man  ausser  den  hier  geschilderten  Seiten- 


62 


Nephelis  vulgaris. 


ganglien  dann  auch  noch  auf  der  untern  Fläche  des  Faserstranges  jederseits  neben  der  Mittel- 
linie fünf  flache  Erhebungen  von  ganglionärer  Heschafienheit  antrifft , die  in  einer  Längsreihe 
hinter  einander  liegen  und  eine  meist  ovale  Form  besitzen.  (Ibid.)  Die  Zellen  dieser  Ganglien- 
massen -waren  übrigens  schon  früher  vorhanden,  damals  aber  in  einer  mehr  gleichmässigen  Lage 
unterhalb  der  strangförmigen  Fasermasse  verbreitet. 

Das  zweite  Ganglion  des  Hauchmarkes  behält  bei  den  Embryonen  ungefähr  die  Form 
eines  Kartenherzens,  die  es  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  angenommen  hatte,  ohne 
erhebliche  Veränderung  bei.  Die  folgenden  dagegen  gewinnen  mit  Ausnahme  des  letzten  gegen 
das  Ende  des  Fruchtlebens  durch  vorwaltendes  Hreitenwachsthum  anfangs  mehr  oder  weniger 
Aehnlichkeit  mit  einer  Raute,  um  dann  späterhin  zu  einer  fast  kreisrunden  Scheibe  zu  werden. 
Die  Form  des  letzten  Ganglions , das  mit  Ausnahme  des  ersten  alle  übrigen  an  Grösse  übertrifft, 
und,  wie  wir  wissen,  aus  sechs  ursprünglich  getrennten  Ganglien  zusammenschmilzt,  erinnert 
eine  zeitlang  an  die  zum  Kegelspiel  gebrauchten  Kegel,  indem  die  6 Ganglien,  welche  in  seine 
Zusammensetzung  eingehen,  bei  ihrer  weitern  Vergrösserung  sich  nicht  bloss  dicht  aneinander 
anschmiegen,  sondern  auch  verwachsen  und  nach  ihrer  Vereinigung  einen  länglichen  Körper 
darstellen,  der  anfangs  noch  mit  etlichen  halbringförmigen  Furchen  versehen  ist,  nachher  aber 
an  der  Oberfläche  völlig  eben  wird.  (Taf.  V.  Fig.  16.) 

Wie  bei  den  Blutegeln,  so  wird  auch  bei  der  Nephelis  das  Bauchmark  von  zwei  häuti- 
gen Scheiden  eingeschlossen.  Die  eine  derselben,  die  eine  Art  Neurilem  darstellt  und  dicht  auf 
dem  Älarke  aufliegt,  ist  von  grosser  Dünne  und  Durchsichtigkeit.  Sie  bildet  einige  Falten 
oder  Fortsätze,  die  in  das  Innere  der  Ganglien  eihdringen  und  dieselben  in  eine  Anzahl  kleinerer 
Abtheilungen  zerlegen.  Die  Entwickelung  dieser  Scheide  beginnt  wahrscheinlich  schon  in  der 
zweiten  Periode  des  Fruchtlebens,  obwohl  ich  sie  vor  der  völligen  Reife  niemals  auffallend,  und 
ganz  deutlich  erst  bei  erwachsenen  und  halberwachsenen  Exemplaren  erkennen  konnte. 

Die  äussere  Scheide  bildet  einen  nur  lockern  Ueberzug  um  das  Bauchmark,  wiederholt 
aber  dessen  Form  trotzdem  nicht  minder  vollständig,  als  die  innere.  Gleich  letzterer,  ist  sie 
während  des  ganzen  Embryonallebens  dünn  und  durchsichtig,  mit  Eigenschaften  begabt,  die 
nach  der  Geburt  allmählich  verloren  gehen,  da  sie  bei  erwachsenen  Exemplaren  eine  ziemlich 
ansehnliche  Dicke  besitzt.  Die  Undurchsichtigkeit  geht  übrigens  niemals  so  weit,  wie  bei  den 
Blutegeln,  bei  denen  diese  Scheide  bekanntlich  schwarz  pigmentirt  ist.  Ueber  die  eigentliche 
Natur  und  die  Entstehung  dieser  Hülle  werden  wir  erst  bei  einer  spätem  Gelegenheit  (§.  41.) 
Aufschluss  finden. 


§.  39. 

In  gleicher  Weise,  wie  bei  andern  Hirudineen,  sendet  das  Bauchmark  auch  bei  der 
Nephelis  nur  in  seinen  Ganglien  Nerven  aus.  Abgesehen  von  dem  ersten  und  dem  letzten  Gang- 
lion giebt  jedes  (Taf.  IV.  Fig.  6.)  2 Paar  Nerven  ab,  von  denen  der  eine  in  geringer  Entfer- 
nung hinter  dem  andern  seinen  Ursprung  nimmt.  Die  Fasern  derselben  entspringen  - — was  sich 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens . 


63 


schon  bei  Embryonen,  aber  deutlicher  bei  erwachsenen  Exemplaren  erkennen  lässt  — in  einer 
ähnlichen  Weise,  wie  es  nach  den  Untersuchungen  Brxjch’s  bei  dem  medicinischen  Blutegel  der 
Fall  ist.*)  Soll  ich  es  specieller  beschreiben,  so  erhält  ein  jeder  Nerv  zunächst  ein  Bündel 
Fasern  von  dem  anliegenden  Strange  des  Bauchmarkes,  ausserdem  aber  noch  eine  grössere 
Menge  von  der  ihm  gegenüberliegenden  Seitenhälfte  seines  Ganglions,  so  dass,  wie  solches 
schon  früher  bemerkt  Averden  konnte,  im  Innern  der  Ganglien  eine  Kreuzung  der  Fasern 
stattfindet. 

Was  zunächst  diejenigen  Fasern  anbetrilft,  Avelche  von  einem  der  beiden  Stränge  des 
Bauchmarkes  herkommen,  so  bilden  diese  ein  schmales  Bündel,  dessen  Elemente  früher  in  der 
Richtung  der  Stränge  von  vorn  nach  hinten  verliefen,  und  erst  an  der  Ursprungsstelle  der  Nerven 
in  die  Bahn  derselben  ablenkten.  Für  die  Fasern  der  vordem  Nerven  geschieht  diese  Ablenkung 
bereits  am  vordem  Rande  des  Ganglions,  für  die  des  zweiten  etwas  später,  dicht  vor  der  Mitte. 
Beide  Faserbündel  verlaufen  an  der  obern  Fläche  des  Ganglions  und  zwar  in  Form  eines  S,  inso- 
fern ein  jedes  derselben  zwei  nach  verschiedener  Richtung  hinsehende  Bogen  beschreibt,  die 
gewöhnlich  freilich  weit  flacher  sind,  als  die  Bogen  dieses  Buchstaben.  Die  Krümmungen  beider 
Bündel  verlaufen  übrigens  in  verschiedenem  Sinne,  indem  die  den  Strängen  des  Bauchmarkes 
anliegenden  Bogen  einander  abgekehrt,  die  andern  aber  einander  zugekehrt  sind. 

Um  den  Ursprung  und  den  Verlauf  des  zweiten,  zur  Verstärkung  der  abgehenden  Ner- 
venstämme  dienenden  Faserbündels  näher  zu  beschreiben,  dürfte  es  zweckmässig  sein,  an  den 
betreffenden  Ganglien  drei  in  einfacher  Reihe  aufeinander  folgende,  gleich  lange  Abschnitte 
zu  unterscheiden.  Aus  einem  jeden  dieser  Abschnitte  entspringen  nun  zwar  Nervenfasern  in 
ziemlich  gleicher  Menge,  die  auch  sämmtlich  darin  übereinstimmen,  dass  sie  über  beide  Stränge 
des  Bauchmarkes  hinüber  nach  der  andern  Seitenhälfte  des  Körpers  verlaufen , aber  die  Gruppi- 
rung  dieser  Fasern  ist  an  den  einzelnen  Abschnitten  des  Ganglions  doch  eine  verschiedene.  Wäh- 
rend sich  die  Fasern  des  mittlern  Abschnittes  in  zwei  divergirende  und  an  Breite  immer  mehr 
abnehmende  Bündel  vertheilen,  von  denen  das  eine  zu  dem  vordem,  das  andere  zu  dem  hintern 
Nervenstamme  der  gegenüberliegenden  Seite  hinläuft,  bleiben  die  Fasern  des  vordem  und  hin- 
tern Abschnittes  ungetheilt  für  die  gegenüberliegenden  Nervenstämme.  Die  einzelnen  Nerven- 
stämme  enthalten  also  dreierlei  verschiedene  Faserbündel,  von  denen  eines  aus  dem  anliegenden 
Markstrange,  das  andere  aus  dem  mittlern  und  das  dritte  aus  dem  vordem  resp.  hintern  Ab- 
schnitte der  gegenüberliegenden  Ganglienhälfte  hervorkommt. 

Die  Ganglienzellen,  von  denen  die  Nervenfasern  der  beiden  letzterAvähnten  Bündel 
entspringen,  sind  allem  Anscheine  nach  sämmtlich  unipolar.  Ob  aber  eine  jede  Ganglienzelle 
des  Bauchmarkes  eine  Faser  aussendet,  oder  ob  es  hier  auch  apolare  Ganglienzellen  giebt,  wie  es 
nach  Bruch  bei  dem  medicinischen  Blutegel  der  Fall  ist,  habe  ich  nicht  ermitteln  können. 
Ebenso  ist  es  mir  unbekannt  geblieben,  ob  die  beiden  vordem  Nerven  kurz  nach  dem  Hervor- 
treten aus  dem  Ganglion  apolare  Zellen  in  sich  einschliessen , wie  es  gleichfalls  bei  dem  Blut- 


1)  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie  von  SiEBOLD  und  KöLLIKER.’  Bd.  I.  Seite  164  bis  174. 


64 


Nephelis  vulgaris. 


egel  der  Fall  ist.  Vielleicht  jedoch,  dass  diesen  apolaren  Zellen  diejenigen  Ganglienkugeln  zu- 
zurechnen sind,  die,  isolirt  von  den  übrigen  und  in  einfacher  Anzahl  zwischen  den  Ursprungs- 
stellen der  beiden  Nerven  gefunden  werden. 

Ausser  den  Fasern,  die  in  die  Nerven  übertreten , entstehen  in  den  Ganglien  des  mitt- 
leren Bauchraarkes  auch  andere,  die  den  Fasersträngen  sich  heimischen.  Sie  verlaufen  von  den 
Ganglien  nach  hinten , sind  aber  überall  nur  in  geringer  Menge  vorhanden. 

Aus  dem  hintersten  Ganglion  entspringt,  wie  bei  der  Grösse  desselben  und  seiner  Zu- 
sammensetzung nicht  anders  zu  erwarten  war,  eine  ungleich  grössere  Menge  von  Nerven.  Zu- 
nächst zwei  ziemlich  starke  Stämme , die  nur  wenig  divergirend  aus  dem  abgerundeten  Ende 
desselben  heiworkommen  und  in  den  Saugnapf  übertreten,  ausserdem  aber  jederseits  noch  zehn 
andere  dünnere,  die  in  etwas  schräger  Richtung  nach  hinten  verlaufen  und  zum  grössten Theile 
gleichfalls  für  den  Saugnapf  bestimmt  sind.  Nur  die  vordem  scheinen  sich  vor  dem  Saugnapfe 
in  den  letzten  Seitentheilen  der  Leibeswand  auszubreiten. 

Auch  die  vorderste  Ganglienmasse  des  Bauchmarkes  giebt  mehrere  Nerven  ab,  doch 
ungleich  weniger,  als  diese  hintere.  Am  ansehnlichsten  unter  denselben  sind  zwei,  die  jederseits 
in  den  Einschnitten  zwischen  den  drei  Seitenlappen  und  dem  Faserstrange  hervorkommen  und 
die  Umgebung  des  Mundes  mit  ihren  Zweigen  versorgen. 

§.  40. 

Uie  acht  Augen  der  Nephelis  entstehen  erst,  nachdem  sich  die  Oberlippe  gebildet  hat, 
also  erst  einige  Zeit  nach  dem  Beginn  der  letzten  Periode  des  Fruchtlebens,  und  zwar  alle  zu 
derselben  Zeit.  Vier  von  ihnen  liegen  in  einem  nach  vorn  convexen  Bogen  auf  der  Oberlippe 
selbst,  die  man  deshalb  denn  auch  als  Vorderkopf  betrachten  kann,  die  übrigen  je  zu  zweien 
w’eiter  nach  aussen , hinter  der  Oberlippe.  Sie  bilden  sich  dicht  unter  der  Cuticula  als  kugel- 
runde, anfangs  farblose  und  ganz  durchsichtige  Körper,  die  eine  ziemlich  grosse  Festigkeit  be- 
sitzen und  keine  Höhle  in  sich  einschliessen,  vielmehr  ganz  solid  sind.  Das  Pigment  entsteht 
erst  einige  Zeit  später  an  der  Oberfläche  dieses  Körpers,  der  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  als 
eine  lichtbrechende  Linse  in  Anspruch  zu  nehmen  ist.  Eingeschlossen  und  knapp  umfasst 
sind  beide  eben  angeführte  Theile , wie  schon  Leydig  bei  erwachsenen  Exemplaren  der  Nephelis 
bemerkt  hat,®)  von  einer  häutigen  Blase,  die  der  Sclerotica  nebst  der  Cornea  der  Wirbelthiere 
entspricht.  Ob  aber  diese  Hülle  früher  oder  — was  kaum  wahrscheinlich  sein  dürfte  — später 
entsteht,  als  in  dem  Auge  namentlich  die  Ablagerung  des  Pigments  beginnt,  muss  ich  dahin 


1)  Die  neueren  Untersuchungen  Leydig’s  (Archiv  für  Anat.  und  Physiol.  1861.  S.  594.)  haben  freilich 
über  den  Bau  dieser  Gebilde  ein  ganz  anderes  Besultat  ergeben.  Hiernach  würden  die  sog.  Linsen  der  Hirudineen 
(auch  Nephelis)  als  das  von  eigenthümlichen  Zellen  umlagerte,  und  mit  diesen  in  eine  bloss  becherförmige  Scle- 
rotica eingeschlossene  Nervenende  selbst  in  Anspruch  zu  nehmen  sein.  (Anm.  des  Herausgebers.) 

2)  A.  a.  O.,  S.  261.  Durch  die  eben  erwähnten  neuen  Untersuchungen  will  sich  Leydig  übrigens 

davon  überzeugt  haben,  dass  die  Pigmentzellen  äusserlich  von  der  Sclerotica  gelegen  seien.  (Anm.  des 
Herausgebers.)  * 


1) ritte  Periode  des  Fruchilehem . 


65 


gestellt  sein  lassen.  Gesehen  habe  ich  sie  erst  bei  reiferen  Embryonen,  und  auch  hier  nur  nach 
Anwendung  verdünnter  Essigsäure. 

Die  kugelrunde  Form,  die  der  lichtbrechende  Körper  des  Auges  anfänglich  besitzt, 
wird  nachher,  während  er  sich  vergrössert,  der  Art  verändert,  dass  sich  gegen  die  Zeit  der  Ge- 
burt hin  an  ihm  allmählich  eine  Aehnlichkeit  mit  der  dickem  Hälfte  eines  der  Quere  nach  halbir- 
ten  Hühnereies  hervorbildet,  an  der  aber  statt  der  Abflachung  der  Schnittebene  eine  mässige 
Convexität  gefunden  wird.  Die  letztere  ist  dabei  constant  der  Oberfläche  des  Kopfes  zugekehrt. 
Umgekehrt  nimmt  das  Pigment  seinen  Ursprung  an  dem  veijüngten  Pole  der  Linse,  die  der 
Oberfläche  des  Kopfes  abgekehrt  ist  und  mit  den  Sehnerven  in  Verbindung  tritt.  Von  da  breitet 
sich  dasselbe  allmählich  immer  weiter  über  die  Peripherie  des  die  Form  des  Auges  hauptsächlich 
bestimmenden  lichtbrechenden  Körpers  aus , so  dass  es  denselben  schon  vor  dem  Schlüsse  des 
Fruchtlebens  bis  auf  das  vordere,  nach  der  Oberfläche  des  Kopfes  hingekehrte  Segment  einhüllt. 
Betrachtet  man  das  Auge  von  vorn , so  erscheint  dieses  pigmentfreie  Segment  wie  eine  kreis- 
runde Pupille.  Die  Farbe  des  Pigments  ist  anfangs , so  lange  dasselbe  eine  nur  unbedeutende 
Dicke  hat,  hellviolet,  später  dunkelviolet,  und  schliesslich  fast  schwarz.  Um  über  den  feine- 
ren Bau  dieser  Pigmentlage  Aufschluss  zu  erhalten,  muss  man  den  Embryo  einem  ziemlich 
starken  Drucke  aussetzen.  Die  bis  dahin  ganz  gleichförmige  Pigment- Masse  löst  sich  dann  in 
mehr  oder  w'eniger  runde  Klümpchen  auf,  die  gegen  0,0004”  im  Durchmesser  haben  und  in  der 
Mitte  nicht  selten  einen  farblosen  Punkt  durchschimmern  lassen,  der  ohne  ZAveifel  einen  Zellen- 
kern darstellt.  Das  hiernach  also,  wie  bei  den  höhern  Thieren,  in  Zellen  enthaltene  Pigment 
ist  übrigens  nur  zum  Theil  von  feinkörniger  Beschaffenheit  und  seiner  übrigen  !Masse  nach 
diffus. 

Die  Wand  der  Augenblase  ist  äusserst  dünn  und  structurlos,  von  glasartiger  Durch- 
sichtigkeit. 

Die  Richtung,  w'elche  die  Augen  während  ihrer  Form  Veränderung  annehmen,  ist  nach 
der  Lage  derselben  insofern  verschieden,  als  die  vorderen,  deren  Achsen  ein  wenig  diver- 
giren , sich  mit  ihrem  pigmentfreien,  schwach  convexen  Segment  nach  oben  und  vorn,  die  hin- 
teren aber  mit  dem  gleichen  Ende  nach  aussen  und  hinten  wenden.  IMit  den  ersteren  würd  eine 
Nephelis  daher  nach  oben  und  vorn,  mit  den  letzteren  nach  aussen  und  hinten  sehen  können. ') 

§.  41. 

Das  Blut,  das  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  noch  klar  und  farblos  ist,  nimmt 
in  der  dritten  sehr  allmählich  eine  gelbliche  Färbung  an,  und  besitzt  diese  auch  noch  bei  jungen 

1)  Die  von  Leydig  neuerdings  auch  bei  A’ejjÄeh's  aufgefundenen  »becherförmigen  Sinnesorgane«,  die 
vielleicht  als  Tastapparate  fungiren  und  mit  den  Augen  zugleich  aus  dem  Sehnerven  mit  Fasern  versorgt  werden, 
scheinen  den  Beobachtungen  Eathke’s  entgangen  zu  sein.  Sie  liegen  nach  der  Beschreibung  Leydig's  (a.  a.  O., 
S.  6ü4.)  theils  gehäuft  an  der  Oberlippe,  theils  auch  in  Menge  an  der  Unterlippe  und  zerstreut  auf  der  Ober- 
fläche des  Kopfes ; einzelne  scheinen  sogar  ■weit  über  die  Kopfregpon  hinaus  in  der  Körperhaut  vorzukommen. 
(Anm.  des  Herausgebers.) 

K a th  k e , Entwicklung  der  Hirudineen. 


9 


6G 


Neplielis  vulgaris. 


Exemplaren,  die  vor  mehrern  Tagen  oder  einigen  Wochen  das  Ei  verlassen  haben.  Eine  rothe 
Färbung  gewinnt  es  erst  später,  Avenn  seine  Menge  bei  dem  fortschreitenden  Wachsthume  der 
jungen  Thiere  immer  mehr  zunimmt.  Auch  die  Blutkörner  erscheinen  erst  nach  Abschluss  der 
zweiten  Entwickelungsperiode  und  zwar  so  allmählich,  dass  sie  selbst  zur  Zeit  der  Geburt  noch 
äusserst  spärlich  und  von  geringer  Grösse  sind.  In  Extravasaten,  wie  sie  nach  zufälligen  Ver- 
letzungen auch  bei  jungen  Exemplaren  nicht  selten  sich  bilden,  sieht  man  dieselben  bisweilen 
in  grösserer  Menge  zu  rundlichen  Ballen  zusammenschmelzen. 

Die  beiden  symmetrischen  Seitenstämme  des  Blutgefässsystems,  die  in  den  Embryonen 
aus  der  letzten  Hälfte  der  zweiten  Periode  meist  mehrere  verschiedentlich  grosse  Krümmungen 
bildeten , strecken  sich  in  der  dritten  bei  zunehmendem  Längen  - AVachsthume  des  Körpers  all- 
mählich gerade,  und  erscheinen  nur  dann  noch  ein  wenig  geschlängelt,  w’enn  sich  die  betreffen- 
den Thiere,  wüe  das  allerdings  nicht  selten  geschieht,  stark  verkürzen. 

Der  mittlere  längere  Theil  der  Gefässe  erleidet  gleichzeitig  eine  ziemlich  beträchtliche 
Erweiterung,  während  die  Enden  bis  über  das  Fruchtleben  hinaus  noch  dünn  und  zart  bleiben. 
Da  unsere  Nephelis  bekanntlich  des  mittlern  Rückengefässes  entbehrt,  mit  dem  die  Seiten- 
stämme bei  andern  Hirudineen  in  Verbindung  stehen,  so  treten  die  letzteren  hier  mehrfach  und  in 
verschiedener  Weise  direct  unter  sich  in  Zusammenhang.  Zunächst  gehen  sie  sowohl  vorn,  inner- 
halb der  Oberlippe  vor  den  Augen , wie  auch  hinten , zwischen  dem  After  und  der  Mitte  des 
Saugnapfes,  unter  einem  Bogen  in  einander  über.  In  geringer  Entfernung  von  dem  Hirne  sind 
sie  sodann  durch  eine  ziemlich  dicke  Anastomose  vereinigt,  die  über  der  Speiseröhre  dicht  unter 
der  Rückenw'and  des  Leibes  hinläuft  und  einen  nach  vorn  gekehrten  Bogen  darstellt.  Etwas 
weiter  nach  hinten  kommt  eine  zweite  Anastomose  vor,  die  gleichfalls  zwischen  der  Eücken- 
wand  des  Leibes  und  der  Speiseröhre  liegt,  und  auch  in  Hinsicht  der  Form  und  Dicke  der  erstem 
nicht  unähnlich  ist.  Auf  diese  beiden  Anastomosen  folgt  weiter  eine  Anzahl  dünner  Gefässe, 
die  von  beiden  Stämmen  ausgehen , ebenfalls  der  Rückenw'and  des  Leibes  angehören  und  ober- 
halb der  hintern  Hälfte  der  Speiseröhre  und  des  vordem  Theiles  des  Magens  zu  einem  unregel- 
mässigen weitmaschigen  Netzw'erke  zusammentreten,  indem  einige  von  ihnen  quer,  andere  aber 
sehr  schräg  verlaufen,  und  noch  andere  gabelförmig  in  zwei  Zweige  getheilt  sind.  Auch  die  erste 
Anastomose  giebt  etwas  rechts  von  der  Mittellinie  des  Körpers  ein  mässig  starkes  Gefäss  ab,  das 
nach  hinten  zu  der  andern  Anastomose  hinläuft  und  sich  mit  derselben  in  Verbindung  setzt,  so- 
dann auf  die  Speiseröhre  übergeht,  und  auf  dieser  sich  bis  in  die  Nähe  des  Magens  nach  hinten 
verfolgen  lässt. 

Der  unpaarige  oder  dritte  Gefässstamm  der  Nephelis , der  auf  der  Bauchwandung  des 
Leibes  liegt  und  durch  zwei  Reihen  von  Quergefässen  mit  den  beiden  seitlichen  Stämmen  zu- 
sammenhängt, nimmt  zwar  in  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens  seine  Entstehung,  (§.  31.) 
ist  jedoch  noch  an  dem  Ende  derselben  so  überaus  zart,  dass  er  nur  unter  sehr  günstigen  Um- 
ständen bemerkt  w'erden  kann,  und  ebensowohl  gegen  das  Bauchmark,  unter  dem  er  seinen  A^er- 
lauf  macht,  wie  auch  gegen  die  Seitenstämme  beträchtlich  zurück  steht.  In  der  dritten  Periode 
aber  nimmt  dieser  Gefässstamm  mehr  als  irgend  ein  anderer  an  AVeite  zu.  Doch  diese  Erweite- 


# 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens. 


67 


rung  ist  keine  ganz  gleiclnnässige.  Sie  richtet  sich  vielmehr  nach  der  Form  des  Bauchmarkes 
und  zwar  so  vollständig,  dass  das  Bauchgefäss  bei  Betrachtung  von  unten  ein  getreues  Abbild 
der  Ganglien  ebensowohl,  wie  auch  der  dazwischenliegenden  Commissuren  bietet. 

L)ie  richtige  Erkenntniss  dieser  Verhältnisse  ist  freilich  nicht  ganz  leicht , theils,  weil 
die  Wandungen  des  Bauchstammes  so  zart  und  durchsichtig  sind,  dass  sie  durch  die  Körper- 
wand hindurch  nicht  deutlich  unterschieden  werden  können,  theils  auch  deshalb,  weil  bei  An- 
wendung eines  Druckes  der  Blutlauf  leicht  gestört,  und  das  Bauchgefäss  vom  Blut  entleert  wird. 
Dennoch  ist  mir  darüber  nicht  der  geringste  Zweifel  geblieben , da  es  mir  mehrfach  gelun- 
gen ist,  zu  sehen,  wie  die  durch  eine  Queranastomose  in  das  Bauchgefäss  eintretenden  Blut- 
körner sich  um  den  Seitenrand  eines  Ganglions  nach  vorn  zu  bewegten  und  dann  später  neben 
der  vorausgehenden  Commissur  fortglitten.  Offenbar  ist  schon  jetzt  jene  eigenthümliche  Bezie- 
hung zwischen  Bauchgefäss  und  Bauchstrang  eingetreten,  von  der  uns  J.  Müllek  zuerst  bei  er- 
wachsenen Exemplaren  von  Nephelis  unterrichtet  hat.  Das  Bauchgefäss,  welches  früher  unter- 
halb des  Bauchmarkes  verlief,  hat  dasselbe  jetzt,  wie  eine  Scheide,  in  sich  eingeschlossen. 
Wahrscheinlicher  Weise  erfolgt  diese  Einscheidung  dadurch,  dass  das  mitten  unter  dem  Bauchmarke 
entstandene  Gefäss  unter  fortwährender  Breitenzuiiahme  sich  abplattet  und  mit  seinen  Seiten- 
rändern den  aufliegenden  Ganglienstrang  immer  mehr  und  immer  vollständiger  umfasst.  Ist 
dieses  vollständig  geschehen , so  nimmt,  wie  ich  vermuthe,  das  äussere  Blatt  der  bluthaltigen 
Doppelscheide,  denn  darin  hat  sich  das  frühere  Gefäss  jetzt  verwandelt,  erheblich,  obwohl  nur 
sehr  langsam,  an  Dicke  zu.  Es  bildet  sich  in  die  sog.  äussere  Hülle  des  Bauchmarkes  um,  wäh- 
rend das  innere  Blatt  der  Doppelscheide,  w'elches  dem  Bauchmarke  zugekehrt  ist  und  demselben 
immer  mehr  sich  anschmiegt,  dünn  bleibt  und  zu  dem  eigentlichen  Neurilem  wird. 

Die  Anastomosen,  welche  sich  in  eben  so  vielen  Paaren,  als  Ganglien  des  Bauchmar- 
kes Vorkommen,  zur  Vereinigung  des  Baucbgefässes  mit  den  beiden  seitlichen  Gefässstämmen 
bilden  und  so  wie  diese  dicht  an  den  Wandungen  des  Leibes  liegen , werden  erst  in  der  dritten 
Periode  des  Fruchtlebens  sichtbar,  nehmen  aber  in  derselben  so  an  Dicke  zu,  dass  sie  im  Ver- 
hältniss  zu  den  angeführten  drei  Gefässstämmen  des  Körpers  schon  bei  reifen  Embryonen  eben 
so  dick  erscheinen,  wie  bei  den  Erwachsenen. 

Nach  der  Entwicklung  dieser  Anastomosen  geht  der  Kreislauf  des  Blutes  bei  den  Embry- 
onen in  derselben  schwankenden  Weise  vor  sich,  wie  es  bei  den  Erwachsenen  nach  der  ausführ- 
lichen Beschreibung,  welche  J.  Müller  davon  gegeben  hat,  der  Fall  ist,  weshalb  es  über- 
flüssig erscheint,  darüber  hier  ein  Näheres  anzuführen. 

Die  contractilen  Blutbehälter,  die  der  eben  erwähnten  Queranastomose  jederseits  auf- 
sitzen , sind  mir  nur  bei  völlig  ausgebildeten  Embryonen  einige  Male  aufgestossen , ohne  dass 
es  jedoch  gelingen  wollte,  mehr  über  deren  Ursprung  festzustellen,  als  dass  sie  anfangs  nicht 
bloss  äusserst  zarthäutig,  sondern  auch  völlig  farblos  sind. 


1)  lieber  den  Kreislauf  des  Blutes  bei  Ilirudo  (Nephelis)  vulgaris,  in  Meckel’s  Archiv  für  Anatomie 
und  Physiologie,  Jahrgang  182S,  Seite  26  und  27. 


9 


68 


Nephelis  'oulgarxs. 


§•  42. 

Die  schleifenförmigen  Organe  kommen  gleichfalls  schon  bei  reifen  Embryonen  vor,  ob- 
wohl sie  sich  erst  einige  Tage  nach  der  Geburt  deutlich  erkennen  lassen.  Sie  liegen  an  der  Seite 
des  Darmkanals,  je  eines  zwischen  zweien  der  eben  erwähnten  Blutbehälter,  die  bekanntlich  in 
gleicher  Zahl  Vorkommen , und  erscheinen  als  kleine  Packete,  in  denen  sich  bei  näherer  Unter- 
suchung ein  dünner,  mehrfach  schlingenförmig  zusammengelegter  Faden  erkennen  lässt.  Eine 
Höhlung  habe  ich  an  diesem  Faden  einstweilen  eben  so  wenig  auffinden  können,  wie  die  son- 
derbaren »rosettenförmigen«  Flimmerorgane,  die  nach  aller  Wahrscheinlichkeit  die  Enden  dieser 
secretorischen , nicht,  wie  man  früher  wollte,  respiratorischen  Kanäle  auszeichnen. 


§•  43. 

Von  Geschlechtsorganen  habe  ich  bei  den  Embryonen  unserer  Nephelis  auch  im  ausge- 
bildeten Zustande  keine  Spur  gefunden,  obgleich  ich  eifrig  darnach  suchte.  Ich  muss  daher 
annehraen,  dass  diese  Organe  erst  in  einer  spätem  Lebenszeit  entstehen,  obwohl  sie  bei  einem 
nahe  verwandten  Wurme,  dem  medicinischen  Blutegel  nämlich,  wie  das  E.  H.  Weber  gefun- 
den hat,  schon  zur  Zeit  des  Fruchtlebens  auftreten. 


§•  44. 

Die  halbfeste  Masse,  welche  ursprünglich  das  Eiweiss  in  den  Eiern  der  Nephelis  dar- 
stellt, v'erwandelt  sich  während  der  Entwicklung  der  Embryonen  im  Umkreis  derselben  bekannt- 
lich immer  mehr  und  mehr  in  eine  dünne  und  gleichartige  Flüssigkeit.  Sie  hat  ihre  Umwand- 
lung vollendet,  noch  bevor  die  Embryonen  ausgeschlüpft  sind.  Aber  gleichzeitig  geht  auch, 
wie  wir  wissen,  eine  Aufnahme  dieser  Flüssigkeit  von  Seiten  der  wachsenden  Embryonen  vor 
sich,  und  zwar  in  einem  solchen  Grade,  dass  zur  Zeit  derGeburt  davon  nur  noch  geringe  Mengen 
im  Innern  der  pergamentartigen  Schale  übrig  sind. 

Zum  Theil  geschieht  diese  Ueberführung  des  Eiweisses  in  einen  andern  Aggregatzu- 
stand offenbar  unter  dem  Einflüsse  des  Wassers,  das  langsam  und  in  geringer  Menge,  aber 
stetig  durch  die  Hüllen  des  Eies  nach  innen  hindurchdringt.  Es  wird  das  schon  dadurch  be- 
wiesen, dass  das  Ei  während  der  Entwicklung  der  in  ihm  entstandenen  Embryonen,  wie  schon 
Carena  bemerkt  hat,  immer  mehr  und  stärker  sich  wölbt. 

Wenn  die  Embryonen  nach  dem  Beginn  der  letzten  Periode  ihres  Fruchtlebens  länger 
und  schlanker  werden , geben  sie  die  Krümmung  im  Rücken , die  sie  gegen  das  Ende  der  zwei- 
ten Periode  angenommen  hatten , auf,  und  strecken  sich  allmählich  gerade.  Nachher  nehmen 


1)  Meckel’s  Archiv  für  Anatomie  und  Physiologie.  1S28.  S.  39S. 

2)  A.  a.  O.,  S.  204. 


Dritte  Periode  des  Fruchtlehens . 


69 


sie  in  dem  Ei  bisweilen  eine  Krümmung  nach  dem  Bauche  oder  nach  den  Seiten  an,  aber  nur, 
um  dieselbe  bald  wieder  zu  verlieren.  Auch  verkürzen  und  verlängern  sie  sich  nicht  selten 
sehr  merklich.  Noch  später,  wenn  das  Eiweiss  völlig  in  eine  dünne  Flüssigkeit  umgewandelt 
ist,  machen  sie  sogar  kriechende  Bewegungen.  Sind  die  Embryonen  nun  endlich  so  weit  ent- 
Avickelt,  dass  sie  ein  freies  Lehen  im  Wasser  führen  können,  so  wird  die  geringe  Quantität 
festen  Kittes,  welche  die  in  den  nabelförmigen  Endzapfen  der  äussern  Eihülle  befindlichen  klei- 
nen Oeffnungen  bis  dahin  dicht  verschlossen  hatte,  in  eine  gallertartige  Substanz  verwandelt, 
und  die  OefFimng  selbst,  ohne  Zuthun  der  Embryonen,  allmählich  weiter.  Nachdem  dies  ge- 
schehen, dringen  dann  die  Embryonen,  wie  ich  mehrmals  gesehen  habe,  langsam  aus  den 
Oeffnungen  hervor.  Doch  vergehen  mitunter  3 bis  4 Tage,  ehe  sämmtliche  Embryonen  ihr  Ei 
verlassen  haben,  indem  die  kleinern  und  schwächern  gewöhnlich  noch  eine  Zeitlang  im  Innern 
desselben  verweilen. 

Schliesslich  hätte  ich  noch  anzuführen , dass  man  nicht  selten  Eier  von  Nephelis 
findet,  die  zwischen  ihren  beiden  nabelförmigen  Erhöhungen  an  der  convexen  Seite  eine  mehr 
oder  weniger  grosse,  meist  auch  gezackte  Oeffnung  von  verschiedener  Form  besitzen.  Eine 
solche  Oeffnung  rührt  aber  nicht  von  den  im  Ei  entstandenen  und  zum  Auskriechen  reif  gewor- 
denen Embryonen  her,  sondern  von  andern  Thieren,  und  zwar  höchst  wahrscheinlich  von 
Schnecken,  die  das  Ei  benagten  und  dessen  feste  Hülle  durchbrachen. 


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II. 

llVTERSUCHllVdElN 

ÜBER  DIE 


ENTWICKLUNG  DER  CLEPSINEN. 


Von  der  Gattung  Clepsine  kommen  bei  Königsberg  4 Arten  vor,  nämlich  CI.  compla- 
nata , CI.  bioculata,  CI.  murginata  und  eine  Art,  die  meines  Wissens  noch  nicht  beschrieben 
und  benannt  worden  ist.  Ich  will  dieselbe  Clepsine  maculosa  nennen  und  in  dem  Nachste- 
henden zunächst  beschreiben. 

Clepsine  maculosa  steht  unter  den  bis  jetzt  näher  bekannten  Arten  dieser  Gattung  in 
Hinsicht  der  Zahl  ihrer  Augen  und  der  Grösse  ihres  Körpers  am  nächsten  der  CI.  tessulata, 
weicht  aber  in  der  Färbung  und  Zeichnung  ihrer  Hautbedeckung  so  bedeutend  ab,  dass  sie  wohl 
nicht  für  eine  Varietät  derselben  ausgegeben  werden  kann.  Die  Augen  kommen  bei  ihr  in  4 
auf  einander  folgenden  Paaren  vor  und  sind  zwar  alle  verhältnissmässig  nur  sehr  klein,  doch 
die  des  zweiten  Paares  beinahe  noch  einmal  so  gross,  als  die  übrig(Ai.  Die  des  ersten  und  zwei- 
ten Paares  liegen  sehr  nahe  bei  einander,  näher  als  die  des  dritten  und  vierten.  Der  Zwischen- 
raum zwischen  je  zwei  Paaren  ist  grösser,  als  der  zwischen  den  beiden  Augen  des  dritten  und 
vierten  Paares.  Die  Körpergrösse  anbelangend,  so  war  von  den  zwei  Exemplaren  dieses  Wur- 
mes, die  ich  erhalten  hatte,  das  eine  im  ausgestreckten  Zustande  2",  das  andere  2"  6'"  lang, 
im  verkürzten  Zustande  aber  das  erstere  oder  kleinere,  als  es  seine  Eier  an  die  Seitenwandung 
eines  grossen  Glasgefässes  abgesetzt  hatte  und  sie  bedeckte,  genau  1"  lang.  Die  Breite  dieses 
kleinern  Exemplares  betrug  , als  es  auf  den  Eiern  sass , hinter  der  Mitte  des  Leibes  6'",  gleich 
hinter  dem  Kopfe,  der  fast  2"'  breit  war,  S'/o'".  Ueberhaupt  haben  die  hieher  gehörigen  Thiere 
im  verkürzten  Zustande  eine  verhältnissmässig  grössere  Breite,  als  die  bisher  bekannten  Clepsi- 
nen,  und  es  geht  bei  ihnen  in  diesem  Zustande  der  Rumpf  in  den  Kopf  nicht  allmählich,  son- 
dern mit  einem  Paar  seitlicher  abgerundeter  Abstufungen  über.  Dabei  hat  der  Körper  eine  ge- 
ringere Dicke,  als  der  Körper  anderer  Clepsinen , indem  die  Bauchseite  gewöhnlich  ganz  platt, 
seine  Rückenseite  aber  nur  w^enig  convex  ist.  Bisweilen  nimmt  derselbe  die  Form  einer  tiefen 
Mulde  an;  er  zieht  sich  auch  mitunter  in  seiner  Mitte,  nachdem  er  sich  verkürzt  hat,  so  zu- 
sammen , dass  er  in  Hinsicht  der  Form  eine  Aehnlichkeit  mit  dem  Körper  einer  Geige  erhält. 
Der  Kopf  ist  ziemlich  gross  und  vorn  stark  abgerundet,  der  Saugnapf  (an  dem  hintern  Ende  des 
Körpers)  aber  nur  mässig  gross,  namentlich  verhältnissmässig  kleiner,  als  bei  Clepsine  compla- 
naia , und  von  dem  Rumpfe  nur  durch  eine  mässig  tiefe  ringförmige  Einschnürung  abgegrenzt. 

Kathke,  Entwicklung  der  Hirudinpen.  10 


74 


Clepsine. 


Bei  dem  auf  den  Eiern  sitzenden  Exemplare  betrugen  die  Querdurchmesser  dieses  Saugnapfes  2'". 
An  dem  Kopfe  lassen  sich  3 Ringel  unterscheiden.  Die  Seitenränder  des  Körpers  sind  nur  dünn 
und  zwischen  den  Ringeln  nur  massig  tief  eingekerbt;  die  zwischen  den  Kerben  befindlichen 
Trappen  erscheinen  stumpf  abgerundet. 

Die  Grundfarbe  des  ganzen  Körpers  war  bei  meinen  Exemplaren  ein  dunkles  Braun, 
das  durch  sehr  kleine  und  sehr  nahe  bei  einander  vorkommende  Punkte  eine  Beimischung  von 
Schwarz  erhalten  hatte.  Auf  diesem  dunklen  Grunde  aber  befanden  sich  an  der  Rückenseite  in 
ziemlich  grosser  Zahl  rostgelbe  Flecke,  die  ohne  besondere  Regel  und  Ordnung  vertheilt 
waren  und  sehr  verschiedene,  im  Allgemeinen  aber  ganz  unregelmässige  Formen  hatten.  Einige 
waren  rundlich  - eckig,  andere  fast  oblong  oder  halbmondförmig,  und  noch  andere  beinahe 
kreuzförmig.  Die  grössten  von  ihnen  betrugen  in  ihren  grössten  Durchmessern  1 bis  . An 
der  Bauchseite  fanden  sich  ähnliche  weissgelbe  Flecke,  aber  in  einer  viel  geringem  Zahl,  ’j 

Die  Anhänge  des  Magens  kamen  in  7 Paaren  vor  und  waren  etwas  ästig. 

Die  beiden  mir  zu  Gesicht  gekommenen  Exemplare  waren  wenig  beweglich  und  sassen 
Avährend  ihrer  mehrwöchentlichen  Gefangenschaft  oft  dicht  beisammen,  auch  das  eine  so  auf 
dem  andern,  dass  es  mit  demselben  ein  Kreuz  bildete.  Sie  waren  beide  ungefähr  2 Meilen  von 
Königsberg  in  dem  kleinen  Landsee  bei  Dammhof  neben  einander  gefangen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  auch  über  die  von  Friedrich  Müller  mit  dem  Namen 
der  Clepsine  marginata  helegte  ^ixuämGe  einige  Bemerkungen  machen,  die  sich  hauptsächlich 
auf  die  Färbung  und  Zeichnung  beziehen , weil  ich  diese  bei  den  meisten  von  mir  gesehenen 
Exemplaren  anders  gefunden'habe , als  man  sie  angegeben  hat.  Fr.  Müller  hat  sich  über  sie 
dahin  geäussert , der  Körper  sei  nfusco-viride,  dorso  macularum ßavescentium  seriebus  quatuor, 
linearum  ejusdem  coloris  Serie  media  notato , margine ßano-alho  fuscoque  tessulatav  ß)  Grube 
aber  dahin,  ihr  Leib  sei  grün  mit  Querreihen  von  je  vier  weissen  Punkten.  Einige  Mal  nun 
habe  ich  allerdings  Exemplare  gesehen,  die  eine  fast  dunkel  bouteillegrüne  Grundfarbe  hatten 
und  am  Rücken  4 Reihen  schwach  ockergelber  punktförmiger  Flecken,  an  ihren  gelblich-weissen 
Seitenrändern  aber  eine  Reihe  schmaler  und  ganz  einfacher  brauner  Querstriche  zeigten.  In  der 
Regel  war  jedoch  an  den  Exemplaren,  welche  bei  Königsberg  Vorkommen,  die  Grundfarbe  der 
ganzen  Hautbedeckung  ein  helles  Bi'aun.  Die  Umgebung  des  Mundes  war  weiss,  und  hinter  den 
Augen  befand  sich  bei  ihnen  an  dem  Kopfe  ein  dreieckiger  ockergelber  Fleck.  Von  hinten  her 
ward  dieser  Fleck  und  die  Augen  von  zwei  dunkelbraunen  Streifen  eingefasst,  die  stark  divergi- 
rend  nach  vorn  und  aussen  verliefen,  und  von  denen  ein  jeder  gabelförmig  getheilt  war.  In  der 
Mittellinie  des  Rückens,  die  nicht  selten  dunkelbraun  oder  fast  schwarz  erscheint,  liegt  eine 

1)  Clepsine  tessulata , die  bis  2o'"  lang  und  bis  5'"  breit  wird,  ist  nach  Fr.  Müller  (WieGmann’s 
.Archiv  für  Xaturgeschichte.  1844.  Bd.  1.  S.  376)  »cinereo-viride,  dorso  macularum  ßavescentium  seriebus ‘1  — 6 
notato,  margine  cinereo  ßavoque  tessulato« , nach  Grube  (Die  Familien  der  Anneliden.  Berlin,  1851.  S.  150.) 
graulichgrün  mit  6 Längsreihen  weisser  Punkte,  von  denen  die  am  Rande  selbst  stehenden  die  ansehnlichsten 
sind. 

2)  A.  a.  O.,  Bd.  I.,  S.  376. 

3)  A.  a.  0. , S.  150. 


Arten.  Eier. 


I i> 

Reihe  von  4 bis  8 mehr  oder  weniger  ausgeprägten  ockergelben  Punkten,  je  einer  zwischen  zwei 
Ringeln  des  Rumpfes.  Deutlicher  ausgebildet  sind  vier  symmetrisch  über  den  Rücken  ver- 
theilte Reihen  ockergelber  oder  fast  citronengelber  Wärzchen  , die  am  sechsten  Segmente  des 
Rumpfes  beginnen  und  sich  bis  an  das  Ende  des  Körpers  hinerstrecken.  .Je  4 von  diesen  Wärz- 
chen oder  Punkten  liegen  in  einer  Querreihe  auf  einem  Leibesringe.  Zunächst  den  Seitenrän- 
dern eines  jeden  Segments  kommt  ein  Paar  dunkelbrauner  viereckiger  Flecke  vor,  von  denen 
jeder  nach  aussen  2 parallele,  wenig  lange  linienförmige  Fortsätze  aussendet.  Zwischen  die- 
sen dunkelbraunen  Flecken  und  deren  benachbarten  Fortsätzen  liegt  je  ein  rundlicher  ockergel- 
ber Fleck.  Der  Saugnapf  ist  zunächst  seiner  Anheftung  lauchgrün. 

Im  ausgestreckten  Zustande  sind  die  grösseren  Exemplare  von  Clepsine  marginata 
2>'" , im  mässig  stark  verkürzten  nur  5”'  lang.  Ihr  Kopf  ist  jederseits  in  einen  stumpfdrei- 
eckigen Lappen  ausgezogen,  so  dass  er  fast  rautenförmig  erscheint,  und  verhältnissmässig  viel 
grösser,  als  bei  CI.  complanata,  weshalb  denn  Cakena  dieser  Art  den  Beinamen  cephalota  gege- 
ben hat.  Von  den  4 Augen,  die  sie  besitzt,  sind  die  hinteren  ungefähr  viermal  grösser  als  die 
vorderen,  und  weiter  als  jene  auseinander  gelegen. 

Die  letzten  der  7 ästigen  Magenblindsäcke  reichen  beinahe  bis  zu  dem  Saugnapfe  hin. 

Bei  Königsberg  habe  ich  Exemplare  dieser  Art  nur  in  den  Gräben  gefunden,  welche  in 
der  Nähe  des  Bahnhofes  liegen  , in  denen  sie  zwar  nicht  selten  sind,  jedoch  in  viel  geringerer 
Zahl,  als  Exemplare  von  Clepsine  complanata  Vorkommen,  von  der  sie  sich  übrigens,  wie  von 
den  übrigen  verwandten  Arten,  durch  die  grosse  Lebhaftigkeit  ihrer  Bewegungen  leicht  un- 
terscheiden lassen. 

§•  2. 

Wie  andere  Himdineen,  sind  auch  die  Clepsinen  eierlegende  Thiere.  Zwar  soll  nach 
einer  von  Moquin  - Tandox  gemachten  Angabe  die  von  ihm  CI.  Carenae  benannte  Art  lebendige 
Junge  gebären,^)  doch  lässt  sich  diese  Angabe  um  so  mehr  bezweifeln,  als  derselbe  Zoologe 
auch  die  CI.  complanata  lebendige  Junge  gebären  lässt,  was  entschieden  unrichtig  ist. 

Die  Eier  der  hierländischen  Arten  haben,  eben  abgelegt,  die  Form  einer  Kugel  und 
eine  meist  ziemlich  bedeutendeGrösse,  {iC\%yor\Cl.  maculosa  i.  B.  ’/g  Pariser  Linie).  Siebestehen 
aus  einem  Dotter  und  einer  ihn  ganz  knapp  einhüllenden  structurlosen  und  sehr  dünnen , aber 
ziemlich  festen,  durchsichtigen  Haut,  die  wohl  nur  als  Dotterhaut  {Membrana  vitellina)  gelten 
kann. 

Clepsine  marginata  legt  ihre  Eier  in  einer  einfachen  oder  zum  Theil  auch  doppelten 
Schicht  an  mancherlei  im  Wasser  befindliche  Gegenstände,  vorzüglich  an  die  Blätter  von  Stra- 
tiotes  aloides , zusammen  mit  einer  dicklichen  Flüssigkeit,  die  alsbald  zu  einem  weissen  und 
ziemlich  festen  Kitt  erhärtet,  durch  den  sie  unter  sich  und  mit  dem  unterliegenden  Gegen- 
stände verbunden  werden.  Andere  Clepsinen  aber,  namentlich  CI.  complanata,  CI.  hioculata 


1)  MonograpMe  de  la  famille  des  Hirudinees.  Pr.  edit.  Paris,  1827.  Pag.  105. 

10* 


76 


Clepsine. 


und  CI.  maculo&a,  kitten  die  Eier  nicht  selbst  und  unmittelbar  an  andere  Gegenstände  an , son- 
dern setzen  sie  an  solche  (CI.  complanata  vorzüglich  an  die  Blätter  von  Stratiotes  aloides)  hau- 
fenweise in  besonderen  Hülsen  ab,  die  eine  an  sich  structur-  und  farblose,  völlig  durchsichtige 
und  dünnwandige,  aber  ziemlich  feste  häutige  Blase  darstellen  und  ausser  den  Eiern  eine  ver- 
hältnissmässig  geringe  jNIenge  einer  sehr  dünnen,  farblosen  und  ganz  klaren  eiweisshaltigen 
Flüssigkeit  einschliessen. 

Clepsme  complanata  und  CI.  hioculata  produciren  (um  die  Mitte  des  Frühlings)  je  nach 
ihrem  Alterund  ihrer  Grösse  1 bis  7 dergleichen  Hülsen,  je  mit  10  bis  20  Eiern.  Von  den 
beiden  Exemplaren  der  CI.  maculosa,  die  mir  zugebracht  waren , starb  das  eine  vor  dem  Eierle- 
gen, während  das  andere  am  8.  Juni  2 solche  Hülsen  absetzte,  von  denen  jede  ungefähr  40  Eier 
enthielt. 

Die  Bildung  dieser  Hülse  ist  nach  den  Beobachtungen  Grobe’s*)  ganz  ähnlich,  wie 
ich  das  bei  Nephelis  beschrieben  habe.  Aus  den  weiblichen  Geschlechtsorganen  ergiesst  sich 
eine  tropfbare  Flüssigkeit,  die  den  Körper  gürtelförmig  umfliesst,  die  Eier  in  sich  aufnimmt 
und  zu  einer  geschlossenen  Kapsel  wird , nachdem  der  Körper  sich  durch  eine  plötzliche  Bewe- 
gung aus  dem  Gürtel  hervorgezogen  hat.  Freilich  sieht  man  an  diesen  Hülsen  nirgends  die  Spu- 
ren der  früheren  Oeffnungen,  wie  bei  Nephelis,  allein  das  erklärt  sich  wohl  durch  die  That- 
sache,  dass  die  Erhärtung  der  Oberfläche  zur  Zeit  des  Schliessens  erst  in  einer  unvollständigen 
Weise  stattgefunden  hatte. 


§.  3. 

Der  Dotter  ist  in  den  gelegten  Eiern  der  Clepsine  hioculata  halbdurchsichtig,  in  denen 
der  übrigen  hierländischen  Clepsinen  ganz  undurchsichtig.  Ferner  ist  derselbe  bei  der  erstem 
Art  schwach  kupferroth,  bei  CI.  meistens  schwach  röthlich - weiss , mitunter  aber 

grünlich  - weiss  oder  auch  beinahe  milchweiss,  bei  CI.  maculosa  dunkel  lauch-grün  und  bei  CI. 
marginata  citronen-  oder  canarienvogel-gelb.  Salpetersäure  ändert  die  gelbe  Farbe  des  Dotters 
der  letztgenannten  Art  in  eine  spangrüne  und  die  des  Dotters  von  CI.  maculosa  in  ein  helles 
reines  Grün  (Ungarisches  Berggrün)  um;  dem  Dotter  von  CI.  complanata  aber  entzieht  sie  die 
röthliche  oder  grünliche  Farbe,  wenn  er  eine  solche  hatte.  Der  Consistenz  nach  bildet  der 
Dotter  in  frisch  gelegten  Eiern  einen  dicklichen  und  ziemlich  zähen  Brei,  der  aus  seiner  blasen- 
förmigen  Haut,  wenn  diese  unter  Wasser  angestochen  ist,  nur  in  einer  geringen  Quantität  her- 
vordringt, im  Uebrigen  aber  seinen  Zusammenhang  zu  behalten  strebt.  Zusammengesetzt  ist 
er  theils  aus  kleinen  verschiedentlich  gestalteten  Formelementen  oder  Dotterkörperchen,  theils 
aus  einer  farblosen,  klaren,  und  albuminhaltigen  dicklichen  Flüssigkeit,  die  als  ein  Liquor  vi- 
telli  das  Bindemittel  jener  Körperchen  ausmacht.  In  den  Massenverhältnissen  dieser  beiderlei 
Stoffe  finden  sich  übrigens  bei  den  einzelnen  Arten  mancherlei  Verschiedenheiten,  indem  z.  B. 
die  Menge  der  Dotterkörperchen  in  den  Eiern  der  CI.  complanata,  CI.  maculosa  und  CI.  margi- 


1)  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  der  Clepsinen.  Königsberg,  1S44.  S.  3. 


Eier. 


77 


nata  den  bei  weitem  grossem,  in  denen  der  CI.  hioculata  aber  nur  den  kleinern  (etwa  dritten ) 
Theil  der  ganzen  Dottersubstanz  ausmacbt. 

Bei  näherer  Untersuchung  erscheinen  diese  F’ormelemente  übrigens  von  doppelter  Art. 
Die  einen  sind  unmessbar  kleine  Molekularkürper  von  kugliger  Gestalt,  die  nach  Art  der  Fett- 
körner das  Licht  stark  brechen  und  ein  nur  geringes  specitisches  Gewicht  besitzen.  Durch  Essig- 
säure und  Aetzkali  werden  sie  in  keiner  Weise  geändert,  wohl  aber  lassen  sie  sich,  wenn  meh- 
rere beisammen  liegen,  durch  Druck  zu  einer  grossem  Kugel  zusammentreiben.  Sie  sind  un- 
streitig Kügelchen  eines  flüssigen  reinen  Fettes.  An  sich  vollkommen  farblos,  erscheinen  sie  bei 
auffallendem  Lichte  -weiss,  sobald  sie  zusammengehäuft  sind.  Nach  Suspension  im  Wasser 
beobachtet  man  an  ihnen  eine  lebhafte  Molekularbewegung. 

Die  Körperchen  der  zweiten  Art,  die  einen  ungleich  grossem  Antheil  an  der  Gesammt- 
masse  des  Dotters  nehmen  und  auch  die  Färbung  desselben  bestimmen  , lassen  sich  in  mehrfa- 
cher Hinsicht  mit  den  bekannten  Dotterplättchen  der  Frösche*)  und  anderer  Thiere  vergleichen. 
Freilich  sind  es  weniger  die  Gestaltverhältnisse,  die  hier  maassgebend  sein  möchten,  als  die 
Eigenthümlichkeiten  der  chemischen  Keactionen,  über  die  ich  alsbald  ein  Näheres  mitzuthei- 
len  habe. 

Form  und  Grösse  dieser  Körperchen  zeigen  einen  ausserordentlichen  Wechsel.  Die 
kleinsten  derselben  sind  kaum  ansehnlicher,  als  die  grösseren  Molekularkörner,  während  an- 
dere nicht  selten,  besonders  bei  Clepsine  maculosa,  CI.  marginata  und  CI.  complanata , bis 
zu  0,00 1''  heranwachsen.  Ganz  unabhängig  von  der  Grösse  sind  die  einen  mehr  oder  weni- 
ger kugelförmig,  andere  oval,  dreieckig  mit  abgestumpften  Ecken , nierenförmig,  kartenherz- 
förmig oder  auch  ganz  unregelmässig  geformt,  und  noch  andere  von  einem  solchen  Aussehen, 
als  wären  zwei  oder  drei  rundliche  mit  einander  an  einer  Seite  verschmolzen.  So  wenigstens  bei 
den  genannten  Arten,  während  sie  dagegen  in  den  Eiern  von  CI.  hioculata  im  Allgemeinen  eine 
ziemlich  regelmässige  Kugelform  besitzen.  Durch  Lichtbrechung  und  Glanz  erinnern  sie  an  die 
Molekularkörner,  aber  sie  sind  schwer  und  sinken  im  Wasser  zu  Boden.  Karmin,  der  in  einem 
mit  kaustischem  Ammoniak  versetzten  Wasser  aufgelöst  worden  ist,  eignen  sie  sich  begierig  an 
und  Averden  dadurch  dunkelroth  gefärbt.  Auch  nehmen  sie  bei  Berührung  mit  Chromsäure 
oder  lodtinctur  leicht  deren  Farbe  an.  Durch  Druck  werden  sie  abgeplattet,  und  zum  Zer- 
springen gebracht,  wie  man  besonders  dann  erkennen  kann,  wenn  sie  durch  Karmin  vorher 
gefärbt  wurden.  Schwefeläther  löst  sie  weder  im  kalten,  noch  im  erhitzten  Zustande,  wogegen 
aber  Wasser  und,  noch  besser,  wässrige  Lösungen  von  Aetzkali,  Essigsäure,  Aqua  Laurocerasi 
u.  A.  sie  stark  aufschwellen  und  auch  sonst  verändern.  Gew’öhnlich  geht  nach  Zusatz  beson- 
ders der  letztgenannten  Reagentien  der  Glanz  und  dunkle  Rand  der  Körner  verloren,  die  Farbe 
verbleicht,  die  aufgeblähete  Masse  verliert  ihre  Festigkeit  und  })lattet  sich  scheibenförmig  ab. 

In  einer  Lösung  von  Aetzkali  erhalten  sich  die  Körperchen  stundenlang  in  dieser  ver- 
änderten Form,  wogegen  sie  in  Essigsäure  nach  kurzer  Zeit  vollständig  zerfliessen. 

1)  Vergl.  über  diese  Gebilde  besonders  Virchow,  lieber  die  Dotterplättchen  bei  Fischen  und  Amphi- 
bien. Zeitschrift  für  wissensch.  Zoologie.  Bd.  IV.  S.  236. 


78 


Clepsine. 


Nach  dem  Angeführten  ist  es  mir  Avahrscheinlich , dass  die  Dotterkörperchen  der  zwei- 
ten Art  aus  einer  proteinhaltigen  Substanz  und  einer  Fettseife  zusammengesetzt  sind. 

Die  grösseren  und  mittelgrossen  Dotterkörperchen  von  Clepsine  complanata  und  CI. 
marginata  zeigen  bei  einer  starken  Vergrösserung  und  einer  Beleuchtung  von  unten  her  an 
ihrem  Rande  einen  schwach  bläulichen  Schein , und  besitzen  überhaupt  ein  solches  Aussehen, 
als  wenn  ein  jedes  derselben  mit  einer  besondern  häutigen  Hülle  versehen  wäre.  Durch  starken 
Druck  oder  AnAvendung  von  Essigsäure  oder  Karmin  kann  man  sich  indessen  bald  überzeugen, 
dass  an  ihnen  keine  besondere  häutige  Hülle  vorkommt.  Dagegen  aber  besitzen  die  Dotterkör- 
perchen von  Clepsine  hioculaia  einzeln , oder  auch  mitunter  ein  grösseres  und  ein  kleineres  zu- 
sammen, Avirklich  eine  A'erhältnissmässig  ziemlich  dicke  besondere  Hülle,  nur  dass  dieselbe 
auch  hier  keine  eigentliche  Haut  ist,  sondern  von  einer  gallertartigen  Substanz  gebildet  Avird, 
die  allem  Anscheine  nach  aus  Liquor  vitelli  besteht  und  sich  von  dem  geAvöhnlichen  Bindemittel 
der  Dotterkörperchen  nur  durch  eine  etAvas  grössere  Dichtigkeit  unterscheidet.  Bei  Wasserzu- 
satz schAvillt  diese  Umhüllung  etAA-as  an,  Avährend  sie  durch  Chromsäure  zum  Gerinnen  gebracht 
Avird  und  eine  grössere  Festigkeit  annimmt.  Essigsäure  löst  dieselbe  rasch  auf. 

Dieses  gemeinsame  Bindemittel  der  Dotterelemente  oder  der  Liquor  vitelli  erscheint 
überall  als  eine  völlig  farblose,  durchsichtige  und  zähe,  dickliche  Flüssigkeit,  in  der  durch  Zu- 
satz von  Chromsäure  und  Weingeist  eine  scliAvache  und  zarte  Granulation  hervortritt. 


§.  4. 

Ausser  den  schon  angegebenen  Theilen  findet  man  in  dem  Dotter  der  Clepsinen  und 
namentlich  der  Clepsine  complanata,  wenn  man  ihn  in  Wasser  ausgelassen  und  ausgebreitet  hat, 
eine  mässig  grosse  Anzahl  farbloser  Kugeln,  die  einen  Durchmesser  von  0,0006  bis  0,0020  " 
(oder  sogar  einen  noch  grössern)  besitzen  und  von  Grube,  der  sie  für  häutige  Blasen  hielt  und 
bei  den  Erscheinungen  der  Embryonalzellenbildung  eine  grosse  Rolle  spielen  liess,  die  Kernku- 
geln des  Dotters  genannt  worden  sind,  ’j  Eine  häutige  Hülle  aber  kommt  au  diesen  Kugeln, 
wie  ich  mit  Bestimmtheit  angeben  kann,  nicht  vor,  vielmehr  bestehen  sie  an  ihrer  Oberfläche, 
wie  in  ihrem  Innern,  aus  einer  albuminhaltigen  dicklichen  Substanz.  Dabei  sind  sie  entAveder 
vollkommen  klar  und  von  einer  gleichartigen  Beschaffenheit,  oder  sie  enthalten  — Avas  jedoch 
weniger  häufig  der  Fall  ist  — eine  grössere  oder  geringere  Menge  molekularer  Dotterkorperchen. 
Im  Wasser  schAvellen  sie  etAvas  an,  und  dann  bildet  ihre  Substanz  um  das  von  ihnen  aufgenom- 
mene Wasser  eine  dünuAvandige  Begrenzung , in  der  die  etAAa  eingeschlossenen  Alolekularkör- 
per  lebhafte  BeAvegungen  machen.  Chromsäure  hebt  die  Bewegungen  dieser  Körper  wdeder  auf, 
verkleinert  ihren  Umfang  und  bringt  ihren  Inhalt  zum  Gerinnen. 

So  bestimmt  die  Bildung  dieser  Kugeln  auf  den  ersten  Blick  zu  sein  scheint,  so  sind 


1)  A.  a.  O.,  S.  11. 


Eier. 


79 


dieselben  doch  keine  Bestandtheile  des  normalen  und  unverletzten  Dotters,  sondern  erst  nach 
Eröffnung  des  Eies  bei  der  Berührung  mit  Wasser  aus  dem  Liquor  vitelli,  also  aus  dem  Binde- 
mittel der  Dotterkörperchen,  entstanden. 

Zur  Begründung  dieser  Angabe  habe  ich  zunächst  anzuführen,  dass  die  sog.  Kern- 
kngeln  nach  einer  von  Grube  selbst  gemachten  Aeusserung  »nur  beim  langsamen  Ausfliessen 
zerdrückter  Dotter  zum  Vorschein«  kommen.  Und  das  geschieht,  wie  ich  hinzufügen  kann,  nur 
im  Wasser,  keineswegs  aber  dann,  wenn  die  Eier  resp.  Dotter  in  Hühnereiweiss  untersucht 
w'erden.  Dazu  kommt  endlich,  dass  ich  solche  Kugeln  nicht  selten  unter  meinen  Augen  aus  dem 
Liquor  vitelli  entstehen  sah.  So  geschah  es  einige  INIale,  als  ich  durch  Aufheben  des  Deckgläs- 
chens Wasser  in  die  bis  dahin  wasserfreie  Dottermasse  eines  Präpamts  eindringen  liess,  dass  das 
durch  auseinanderweichende  Dotterkörperchen  isolirte  Plasma  unter  Berührung  mit  dem  ein- 
dringenden Wasser  sich  alsbald  in  ganzer  Masse  oder  nach  vorhergegangener  Theilung  zu  einer 
solchen  Kugel  zurundete.  Ebenso  habe  ich  mehrfach  beobachtet,  dass  die  beim  Einschieben 
einer  grössern  Dottermasse  in  einen  Wassertropfen  sich  nicht  selten  fadenförmig  ausspinnende 
Dottersubstanz  ihre  Körnchen  bei  der  Berührung  mit  dem  Wasser  verlor,  sich  an  zwei  oder  drei 
Stellen  ringförmig  einschnürte  und  sich  schliesslich  in  eine  ganze  lieihe  GKUBE’scher  Kern- 
kugeln auflöste.  Auch  habe  ich  in  Fällen , in  denen  ich  in  die  Eihaut  unter  Wasser  einen  sehr 
kleinen  Einstich  gemacht  hatte,  mehrmals  bemerkt,  dass  aus  der  entstandenen  Oeffnung  an- 
fangs nur  eine  ganz  uni'egelmässig  geformte  Partie  eiiier  farblosen  dicklichen  Flüssigkeit  (des 
Liquor  vitelli)  hervorquoll,  dass  sich  dann  aber  dieselbe  nach  einiger  Zeit  von  der  übrigen 
Masse  des  Dotters  losriss  und  alsbald  das  Aussehen  einer  sogenannten  Kernkugel  annahm. 

Noch  will  Grube  in  den  frischgelegten  Eiern  der  Clepsinen  molekulare  und  grössere 
Dotterkörperchen  gemeinschaftlich  in  Hüllen  von  0,0001  bis  0,0013"  Durchmesser  eingeschlos- 
sen gefunden  haben.  Solche  Körper  schienen  auch  mir,  als  ich  die  Eier  von  Clepsine  comqila- 
zu  untersuchen  angefangen  hatte,  in  denselben  vorzukommen ; bei  spätem  Untersuchun- 
gen aber  ergab  sich,  dass  diese  zusammengesetzten  kugelförmigen  Körper,  die  ich  auch  noch 
aus  dem  Dotter  fast  zum  Auskriechen  reifer  Embryonen  hervorgehen  sah,  nur  dann  zum  Vor- 
schein kamen,  wenn  der  Dotter  mit  Wasser  vermischt  worden,  dagegen  fehlten,  wenn  er 
in  Eiweiss  aus  Hühnereiern  untersucht  wurde.  Auch  hier  handelt  es  sich  um  isolirte  Theilchen 
\ im  Liquor  vitelli  entweder  für  sich  oder  mit  einzelnen  darin  eingeschlossenen  Molekularkörnern. 
Wenn  man  diese  Gebilde  länger  beobachtet,  dann  sieht  man  besonders  bei  Anwendung  eines 
Druckes,  nicht  selten,  dass  sich  ihr  halbflüssiger  klarer  Theil  von  den  darin  eingeschlossenen 
grösseren  Dotterkörperchen  abstreift  und  eine  neue  Kugel  bildet.  Ueberhaupt  zeigen  isolirte 
kleine  Partieen  des  Dotters  von  Clepsinen , wie  dergleichen  Partieen  eines  Froschdotters,  im 
Wasser  ein  Bestreben,  sich  zu  Kugeln  zuzurunden.  Oefters  sah  ich  daraus  selbst  ansehnlich 
grosse  Kugeln  entstehen,  von  denen,  wenn  sie  durch  einen  Druck  getheilt  worden  w'aren,  die 
einzelnen  Stücke  in  kurzer  Zeit  von  Neuem  Kugelform  annahmen. 


80 


Clepsine. 


§•  5- 

In  dem  mütterlichen  Leibe  haben  die  reifen  Eier,  oder  vielmehr  die  Dotter  der  Clepsine 
complanata  eine  erbsengrüne  Farbe.  Nur  in  seltenen  Fällen  aber  behalten  sie  dieselbe  nach 
dem  Ablegen  bei,  denn  sobald  sie  der  Einwirkung  des  Wassers  oder  der  atmosphärischen  Luft 
ausgesetzt  werden,  ändert  sich  gewcihnlich  ihre  frühere  Farbe  in  eine  etwas  in’s  Graue  spielende 
röthlich- Aveisse  oder  eine  schwach  in’s  Grüne  ziehende  milchweisse  um.  Eine  solche  Farben- 
veränderung habe  ich  an  Dottern,  die  noch  in  den  Eileitern  lagen,  alsbald  vor  sich  gehen  sehen, 
wenn  ich  die  mit  ihnen  angefüllten  Canäle  unter  Wasser  präparirt  oder  auch  nur  den  Wurm  in 
der  Höhe  der  weiblichen  Geschlechtsorgane  quer  durchschnitten  hatte.  Die  Eier  der  anderen 
hierländischen  Clepsinen  behalten  nach  ihrer  Absetzung  die  Farbe  bei,  welche  sie  im  Leibe 
ihrer  Mutter  angenommen  hatten. 

Die  bereits  in  die  Eierleiter  übergetretenen  Eier  der  Clepsine  complanata  ( und  sonder 
Zweifel  auch  der  übrigen  Clepsinen)  enthalten  weder  ein  Keimbläschen , noch  einen  besondern 
Keim.  Die  grösseren  Dotterkörperchen  haben  um  diese  Zeit  eine  meistens  kugelrunde,  seltener 
ovale  Form.  Andere  Formen  habe  ich  an  denselben  nicht  bemerken  können,  weshalb  denn 
wohl  zu  vermuthen  ist,  dass  sie  solche  erst  später  annehmen,  nachdem  die  Eier  gelegt  und  der 
Einwirkung  der  Luft  und  des  Wassers  ausgesetzt  worden  sind. 

§.  6. 

Das  Entwicklungsleben  der  Clepsinen  ist  nicht  blos  morphologisch,  sondern  auch  in 
Hetracht  der  äussern  Umstände  mehrfach  von  dem  der  Nephelis  verschieden.  Da  wir  die  mor- 
phologischen Momente  in  Nachfolgendem  einer  speciellern  DarstelLung  unterziehen  werden, 
können  Avir  über  die  Eigen thümlichkeit  derselben  hier  hiiiAveggehen.  Dagegen  erwähnen  wir  in 
EetreiF  der  äussern  Verhältnisse,  dass  die  Geburt  der  Embryonen  bei  den  Clepsinen  auf  einer 
ungleich  frühem  EntAvicklungsstufe  eintritt,  als  bei  Nephelis.  Die  Jungen  Amn  Nephelis  ver- 
lassen ihre  Eihülsen  in  einem  Zustande,  in  Avelchem  sie  den  Eltern  bereits  in  allen  wesentlichen 
Punkten  — bis  auf  die  mangelnde  Geschlechtsentwicklung  — gleichen,  während  die  jungen 
Clepsinen  zur  Zeit  der  Geburt  durch  äussere  Form  und  iunern  Bau  von  ihren  Eltern  in  auffal- 
lendster Weise  verschieden  sind.  Unfähig,  auf  dieser  unvollkommenen  Entwicklungsstufe  nach 
Art  ihrer  Ellern  zu  leben,  verharren  sie  noch  eine  längere  Zeit  unter  der  schützenden  Decke 
des  mütterlichen  Körpers , um  hier  ihre  Organisation  allmählich  zu  vervollständigen  und  einen 
EntAvicklungsgang  zu  beendigen , der  bei  Nephelis  im  Innern  der  Eihülse  durchlaufen  Avird. 

Die  EntAvicklungsgeschichte  von  Clepsine  gliedert  sich  hiernach  sehr  natürlich  in  ZAvei 
Perioden,  von  denen  die  erste  im  Innern  des  Eies,  die  andere  unter  dem  Schutze  des  mütter- 
lichen Leibes  verlebt  wird. 

In  zeitlicher  Beziehung  ist  die  letztere  die  längste.  Sie  begreift  einen  Zeitraum  von  un- 
gefähr 16  — 18  Tagen,  während  die  erstere  gewöhnlich  nur  6 oder  7 Tage  für  sich  beansprucht. 


Erste  Periode. 


S1 


Erste  Periode. 

§•  "• 

Die  Eier  der  Clepsinen  erfahren  nach  der  Befrnchtung  und  dem  Ablegen  eine  totale 
Durchfurchung,  die  sich  aber  von  der  sowohl  der  Nejdielis , wie  auch  der  übrigen  mir  bekann- 
ten Thiere  durch  eine  Reihe  von  eigenthümlichen  Verhältnissen  auszeichnet. 

Bevor  dieser  Vorgang  indessen  beginnt,  entsteht  zwischen  dem  Dotter  und  der  ihn 
umhüllenden  Haut,  der  Dotterhaut,  wie  dies  gleichfalls  in  den  Eiern  der  Nephelis  vulgaris 
der  Fall  ist,  ein  kleiner  Zwischenraum,  der  bei  einer  Beleuchtung  von  unten  als  ein  heller  Hof 
erscheint  und  mit  einer  dünnen  tropfbaren  Flüssigkeit  erfüllt  ist.  Freilich  erhält  dieser  Zwi- 
schenraum niemals  einen  bedeutenderen  Umfang.  Er  bleibt  (Taf.  VI.  Fig.  1 u.  fg.)  vielmehr 
bis  zur  Geburt  des  Embryo  fast  ohne  alle  bemerkbare  Veränderung , so  schmal , wie  er  von  An- 
fang an  gewesen  war,  während  er  bei  Nephelis  bekanntlich  immer  grösser  und  grösser  wird. 
Aus  diesem  Grunde,  wie  auch  deshalb,  weil  die  Dotterhaut  der  Clepsinen  verhältnissmässig 
viel  dicker  und  fester  ist  als  die  gleichnamige  Haut  der  Nephelis  vulgaris,  halte  ich  für  wahr- 
scheinlich, dass  die  in  dem  angeführten  Raume  vorkommende  Flüssigkeit  nicht,  wie  in  den 
Eiern  einer  Nephelis , von  aussen  eingedrungen,  sondern  von  dem  Dotter,  während  seine  Form- 
elemente sich  einander  näherten  und  auf  einen  kleinern  Raum  zurückzogen,  ausgeschieden 
worden  ist.  Dass  eine  solche  Absonderung  einer  sehr  dünnen  tropfbaren  Flüssigkeit  aus  dem 
Dotter  eines  Thieres  mit  totaler  Durchfurchung  erfolgen  kann  , lässt  sich  am  sichersten  an  den 
Dottern  der  Spinnen  nach  weisen,  in  deren  Peripherie  sich  eine  solche  Flüssigkeit  beim  Able- 
gen der  Eier  nicht  vorfindet,  sich  aber  vor  dem  Eintritte  der  Durchfurchung  in  einer  ziemlich 
beträchtlichen  Menge  anhäuft,  obschon  sich  in  den  Cocons  dieser  Thiere  ausserhalb  der  Dotter- 
häute nur  atmosphärische  Luft  befindet. 

Jener  bläschenförmige  peripherische  Tropfen,  den  wir  bei  Nephelis  oben  aus  dem  Dot- 
ter vor  Beginn  der  Durchfurchung  hervordringen  sahen  und  bei  zahlreichen  Thieren  beobachten 
können , wird  in  den  Eiern  der  Clepsinen  eben  so  wenig,  wie  in  denen  der  Spinnen  und  Crusta- 
ceen  jemals  aufgefunden. 

§.  8. 

Die  Durchfurchuug  und  Zerklüftung  des  Dotters  beginnt  damit,  dass  an  ihm  eine 
ziemlich  breite  und  tiefe  Ringfurche  entsteht,  durch  die  er  unvollständig  in  zwei  an  Grösse 
etwas  ungleiche  und  ungefähr  halbkugelförmige  Hälften  getheilt  wird.  ( Taf.  VI.  Fig.  2.)  Ist 
dies  geschehen,  so  bildet  sich  an  der  einen  (Taf.  VI.  Fig.  3.)  und  etwas  später  an  der  andern 
Hälfte  desselben  (Taf.  VI.  Fig.  4.)  eine  neue,  gleichfalls  ziemlich  breite  und  tiefe  Furche, 
die  jene  Ringfurche  unter  ziemlich  rechtem  Winkel  schneidet.  Nach  Entwicklung  dieser  Furchen 

Rathke,  Entwicklung  der  Hirudineen.  \[ 


S2  Clepsine. 

scheint  der  Dotter  an  seiner  Oberfläche  durch  4 wie  Meridiane  verlaufende  und  an  zwei  einander 
gegenüber  liegenden  Stellen,  wie  in  zwei  Polen  zusammen  treffende  Furchen  in  4 etwas  ungleich 
breite  Pallen  getheilt.  (Taf.  VI.  Fig.  4.)  Bis  hieher  hat  sich  noch  kein  auffallender  Unter- 
schied zwischen  Clepsine  und  Neplielis  gezeigt.  Aber  von  da  an  gehen  beide  sonst  so  nahe  ver- 
wandte Thiere  nach  verschiedenen  Richtungen  auseinander.  Statt  dass  der  eine  der  vier  Fur- 
chungsballen nun  weiter  zerfällt,  die  andern  aber  unverändert  bleiben,  wie  bei  Neplielis,  thei- 
len  sich  alle  nochmals,  und  zwar  durch  Meridianfurchen,  die  in  der  Regel  nicht  zu  derselben 
Zeit  entstehen,  vielmehr  gewöhnlich  in  kurzen  Zeiträumen  nacheinander  sich  bilden.  (Taf.  VI. 
Fig.  5 bis  8.)  Auf  diese  Weise  entstehen  aus  den  vier  früheren  Furchungsballen  dann 
6 und  8,  die  wie  die  Segmente  einer  Pomeranze  neben  einander  liegen,  also  von  einem 
Pole  des  Dotters  bis  zum  andern  reichen,  dabei  aber  gew’öhnlich  eine  etwas  verschiedene  Breite 
besitzen.  Die  Felder  oder  Flächen,  welche  diese  Furchungsballen  nach  aussen  begrenzen,  dürfte 
man  am  passendsten  mit  dem  Namen  der  Meridianfelder  belegen  können. 

Gleichzeitig  mit  der  Durchfurchung  oder  Klüftung  des  Dotters  erfolgt  an  demselben 
in  der  Richtung  seiner  Achse  eine  solche  Abplattung,  dass  er  nach  einiger  Zeit  ein  sog.  Um- 
schwungs-Sphäroid  darstellt,  das  je  nach  den  Arten  der  Clepsinen  auch  im  Aeussern  eine  mehr 
oder  weniger  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  schon  oben  zum  Vergleiche  angezogenen  Pomeranze 
hat,  und  am  stärksten  abgeplattet  ist  (selbst  stärker  als  die  genannte  Frucht),  wenn  der  Dotter 
(Taf.  VI.  Fig.  8.)  von  Clepsine  complanata  herstammt.  Je  w'eiter  die  Verkürzung  der  Dotter- 
achse fortschreitet,  desto  breiter  w'erden  die  Meridianfelder,  und  desto  mehr  weichen  dieselben 
an  den  Polen  des  Dotters  auseinander.  Auf  diese  Weise  entstehen  an  den  Abflachungen  des 
Dotters  jetzt  zwei  neue  Felder,  die  von  rundlich  eckiger  Form  sind  und  eine  schwach  convexe 
Oberfläche  besitzen,  zwei  sog.  Polarfelder.  Je  grösser  die  Zahl  der  Meridianzonen  ist,  die  diese 
neuen  Felder  begrenzen , desto  grösser  ei'scheint  natürlich  auch  die  Zahl  der  Ecken  an  deren 
Rande.  i\lan  erkennt  dieselben  bereits  zu  einer  Zeit,  in  der  nur  erst  5 oder  6 Meridianzonen 
vorhanden  sind,  und  diese  bleiben , wie  wir  wissen , nicht  selten  lange,  bevor  sie  auf  8 sich 
vermehren.  Immerhin  aber  dürfen  wir  diese  letztere  Zahl  als  die  Normalzahl  ansehen. 

Die  Existenz  dieser  Polarfelder  wird  erklärlich , sobald  man  durch  weitere  Unter- 
suchung die  Ueberzeugung  gewonnen  hat,  dass  sie  die  äusserlich  sichtbaren  Flächen  zweier  beson- 
derer Fui'chungsballen  darstellen,  die  mit  ihrer  übrigen  Masse  unter  den  bisher  betrachteten 
Theilstücken  versteckt  sind.  Wie  diese  beiden  Ballen  entstehen,  ist  mir  an  den  undurchsichtigen 
Dottern  der  Clepsine  complanata , CI.  maculosa,  CI.  marginata  nicht  klar  gew'orden,  wie  ich 
denn  auch  eben  so  wenig  entscheiden  kann,  ob  ausser  ihnen  zu  der  Zeit,  wenn  an  dem  Dotter 
dieser  Thiere  schon  mehr  als  4 Meridianfelder  gefunden  werden , noch  andre  Furchungsballen 
im  Innern  versteckt  sind.  Ich  vermuthe  indess,  dass  die  4 ersten  Furchungsballen  sich  zu- 
nächst je  in  einen  äussern  und  einen  innern  theilen,  dass  die  4 innern  Ballen  sich  dann  in  der 
Achse  des  Dotters  linear  an  einander  reihen,  und  von  ihnen  die  beiden  Endballen  zwischen  den 
äussern  Theilstücken  zumVorschein  kommen,  sobald  die  letztem  durch  ihre  Verkürzung  an  den 
Polen  auseinander  rücken. 


Erste  Periode. 


83 


Eine  sichere  Auskunft  über  die  Entstehung  der  erAvähntcn  Polarfelder  würde  sich  wahr- 
scheinlich in  den  halbdurchsichtigen  Dottern  der  Clepsine  bioculata  erlangen  lassen,  doch  habe 
ich  davon  nur  solche  untersuchen  können , die  in  ihrer  Entwic  kelung  schon  ziemlich  weite 
Fortschritte  gemacht  hatten. 

Wie  die  Dotter  vieler  anderer  Thiere  mit  totaler  Durchfurchung,  so  verlieren  auch  die 
Dotter  der  Clepsinen  kurz  vor  Beginn  dieses  Vorganges  um  ihren  ^littelpunkt  herum  an  Festig- 
keit und  Zähigkeit.  Sie  werden  daselbst , namentlich  die  der  Clepsine  coynplanata,  auch  etwas 
klarer,  während  sie  gegen  ihre  Oberfläche  hin  an  Festigkeit  nnd  Zähigkeit  gewinnen,  indem 
sich  die  Dotterkörperchen  hier  um  so  mehr  einander  nähern  und  zusammendrängen , je  mehr 
sie  aus  dem  INlittelpunkte  zurückweichen.  Uebrigens  habe  ich  weder  in  den  Dottern  der  Clep- 
sine complanata,  noch  in  denen  der  CI.  marginata  jemals , selbst  nach  Kochen  im  Wasser  oder 
nach  xAnwendung  von  Salpetersäure,  die  sie  gleichfalls  stark  erhärtet,  im  Alittelpunkte  einen 
Theil  des  dicklichen  Liquor  vitelli  so  rein  ausgeschieden  gefunden  , dass  er  gleichsam  einen 
Kern  für  das  Ganze  dargestellt  hätte,  vielmehr  diese  Substanz  auch  dort  zu  jeder  Zeit  mit  Dot- 
terkörperchen vermischt  gesehen.  Späterhin,  wann  die  Dotter  durchfurcht  werden,  nimmt  die 
Alasse  im  Ganzen  an  Festigkeit  und  Zähigkeit  nach  innen  wieder  zu  , nach  aussen  aber  ab, 
indem  sich  dann  ihre  Dotterkörperchen  zur  Bildung  von  Furchungsballen  scheiden  und  anders 
gruppiren.  Eben  so  wenig  aber,  als  die  ganzen  Dotter  der  CI.  complanata  und  CI.  marginata 
vor  der  Bildung  der  ersten  Furche  einen  besondern  Kern  erkennen  lassen,  eben  so  w’enig  wollte 
es  mir  auch  gelingen,  in  den  bisher  beschriebenen  Furchungsballen  einen  solchen  aufzufinden, 
ohne  dass  ich  deshalb  jedoch  dessen  Anwesenheit  geradezu  verneinen  möchte.  Die  Existenz 
solcher  Kerne  in  den  späteren  Dotterballen  macht  im  Gegentheil  glaublich,  dass  sie  auch  schon 
früher  vorhanden  seien. 


§.  9. 

Während  die  hier  beschriebenen  Erscheinungen  zur  Beobachtung  kommen,  ist  der  eine 
Pol  des  Dotters  und  später  die  Oberfläche  des  einen  Polarfeldes  der  Sitz  eines  besondern  Vor- 
ganges gewesen,  der,  so  eigenthümlich  er  auch  auf  den  ersten  Blick  erscheint,  zu  den  bisheri- 
gen Veränderungen  doch  vielfache  Beziehungen  besitzt  und  im  Grunde  genommen  kaum  mehr 
als  eine  besondere  Modification  desselben  Processes  darstellen  dürfte. 

Um  diese  neuen  Erscheinungen  chronologisch  zu  schildern,  müssen  wir  in  eine  frühere 
Zeit  des  Entwicklungslebens  zurückgreifen. 

Ungefähr  um  dieselbe  Zeit,  in  der  zwischen  dem  Dotter  und  der  Dotterhaut  der  oben 
erwähnte  schmale  Zwischenraum  entsteht,  also  bevor  noch  die  erste  Theilungslinie  sichtbar 
wird,  bildet  sich  an  einer  Stelle,  dem  spätem  obern  Pole,  wie  das  schon  Grube  gesehen  hat, 
eine  kleine  und  dünne,  kreisrunde  Scheibe,  die  sich  durch  ihre  weisse  Färbung  von  dem  darun- 
ter liegenden  Dotter  deutlich  unterscheidet,  obwohl  sie  der  scharfen  Begrenzung  ermangelt  und 
an  den  Rändern  fast  verwischt  ist.  Diese  Scheibe  ist  aus  einer  unzähligen  Alenge  von  dicht  bei- 
sammenliegenden, scharf  umschriebenen  Molekularkörnchen  zusammengesetzt,  die  durch  eine 

11* 


b4  Clepsine 

fast  gallertartige,  farblose  Substanz  mit  einander  verbunden  sind  und  ihrer  Form  und  ganzen 
Heschaffenheit  nach  mit  den  aus  flüssigem  Fett  bestehenden  Dotterkörperchen  übereinstimmen. 
Es  ist  daher  anzunehmen,  dass  mit  der  früher  beschriebenen  Ausscheidung  einer  hellen  Flüssig- 
keit aus  dem  Liquor  vitelli  auch  zugleich  eine  Scheidung  der  bis  dahin  ordnungslos  durch  ein- 
ander gemengten  Dotterkörperchen  stattflude,  in  deren  Folge  zahlreiche  IMolekularkörnchen  an 
die  Oberfläche  des  Dotters  emporsteigen,  sich  an  derselben  anhäufeu  und  durch  eine  kleine 
Menge  des  dicklich  gebliebenen  Theiles  Liquor  vitelli  unter  einander  innig  verbunden  bleiben. 
Die  Scheibe,  rvelche  von  diesen  Kügelchen  und  einem  Theil  des  Liquor  vitelli  gebildet  wird, 
ist,  nach  ihrem  ganzen  ferneren  Verhalten,  die  erste  Anlage  des  Embryo,  und  kann  daher  als 
Keim,  ihre  Masse  aber  als  Embryonalsubstanz  oder  Bildungsdotter  bezeichnet  werden. 

W enn  ich  denjenigen  Theil  der  Dotteroberfläche,  an  dem  die  Bildung  dieser  Scheibe- 
vor  sich  geht,  den  obern  Pol  genannt  habe,  so  geschah  das  Aveniger  mit  Eücksicht  auf  die  spä- 
teren Schicksale  der  Scheibe  — der  Mittelpunkt  derselben  entspricht  seiner  Lage  nach  etAva  der 
Mundöffnung  des  spätem  Embryo  — , als  vielmehr  deshalb,  aa-cU  er  bei  den  frei  im  Wasser 
suspendirten  Dottern  beständig  nach  oben  gekehrt  ist.  Keiji  ZAveifel , dass  die  Constanj  dieser 
Lage,  Avie  die  entsprechenden  Erscheinungen  an  den  Eiern  der  Vögel  und  Amphibien,  aus  einer 
ungleichen  GeAA’ichtsvertheilung  resultirt  und  an  die  Thatsache  anknüpft,  dass  die  Eleraentar- 
theile  der  Scheibe,  als  Fettkörnchen,  ein  nur  geringes  specifisches  Gewicht  besitzen. 

Kurze  Zeit  nach  der  Entstehung  dieser  Scheibe  erkennt  man  bei  auffallendem  Lichte 
in  ihrer  Mitte  einen  rundlichen  Fleck  (von  0,0030"),  der  Amn  einem  mässig  breiten  Hofe  von 
rein  Aveisser  Farbe  umgeben  ist  und  noch  Aveiter  nach  aussen  einen  entAveder  eben  so  breiten 
oder  noch  etAvas  breitem  zAveiten  Eing  zeigt,  der  im  Ganzen  eine  Aveniger  Aveisse  Farbe  hat 
und,  je  näher  seinem  verAvischten  äussern  Eande,  um  so  grauer  erscheint.  (Taf.  VI.  Fig.  19.) 
ünterAA'irft  man  diese  an  dem  Dotter  haftende  Scheibe  nach  der  Erhärtung  durch  Salpetersäure 
einer  nähern  Untersuchung,  so  ergiebt  sich,  dass  derjenige  Theil  derselben,  Avelcher  sich  als 
einen  grauen  Fleck  mit  einem  ihn  zunächst  umgebenden,  rein  Aveissen  Hofe  darstellt  (Grube’s 
Polarring),  aus  einem  beträchtlich  grossen  Haufen  (0,012")  molekularer  Fettkügelchen  besteht, 
die  in  Gemeinschaft  mit  einem  dicklichen  Bindemittel  {Liquor  vitelli)  einen  linsenförmigen 
Körper  zusammensetzen , der  einen  rundlichen , verhältnissmässig  ziemlich  grossen  und  durch- 
Aveg  gallertartigen  Kern  enthält,  aber  von  keiner  besondern  häutigen  Hülle  umgeben  ist,  dass 
sich  also  an  der  bezeichneten  Stelle  des  Keimes  aus  der  Substanz  desselben  ein  mit  einem  gal- 
lertartigen Kern  versehener  Hallen  gebildet  hat.  Die  graue  Farbe,  AA-elche  man  bei  auffallen- 
dem Licht  in  der  Mitte  dieser  Stelle  bemerkt,  ist  daher  zu  erklären,  dass  man  in  derselben  den 


1)  Auch  in  den  mit  zweierlei  verschiedenen  Dotterkörperchen  versehenen  Eiern  der  Spinnen  bildet 
sich  der  Keim,  Avie  ich  deutlich  wahrgenommen  habe , dadurch , dass  eine  grosse  Zahl  der  kleinsten  Fettkörner, 
die  in  den  frisch  gelegten  Eiern  mit  den  übrigen  Dotterelementen  durch  einander  gemengt  sind , an  die  Ober- 
fläche des  Dotters  aufsteigt  und  sich  hier  ablagert,  während  gleichzeitig  ein  Theil  des  Liquor  vitelli  in  sehr  dün- 
nem Aggregatzustande  über  sämmtliche  Dotterkörperchen  hinausdringt  und  sich  zwischen  denselben  und  der 
Dotterhaut  anhäuft. 


Erste  Periode. 


S5 


nach  aussen  durchschimmernclen  Kern  des  Hailens  und  über  ihm  nur  eine  mässig  dicke  Lage 
von  Fettkügelchen  sieht,  die  rein  weisse  Farbe  des  Hofes  aber,  welche  die  grau  erscheinende 
Mittg  des  scheibenförmigen  Keimes  zunächst  umgiebt , daher,  dass  an  ihm  nichts  weiter,  als 
eine  Menge  dicht  beisammenliegender  Fettkügelchen  erblickt  wird.  Die  weniger  weisse  b'arbe, 
welche  der  äussere  Hof  oder  das  Randstück  des  Keimes  zeigt,  hat  darin  ihren  Grund,  dass 
derselbe  nur  von  einer  mässig  dicken  Schicht  von  molekularen  Fettkügelchen  gebildet  ist.  ’) 


§•  ib. 

Nachdem  sowohl  die  Keimscheibe  im  Ganzen,  als  auch  der  angeführte,  in  ihr  entstan- 
dene Hallen  mit  seinem  Kern  noch  etwas  an  Umfang  zugenommen  hat,  thcilt  sich  der  Hallen 
in  zwei  im  W esentlichen  ihm  gleiche,  also  ebenfalls  mit  einem  gallertartigen  Kern  versehene, 
aber  kleinere  Hallen.  Ungefähr  um  dieselbe  Zeit,  nämlich  entweder  kurz  vor  oder  bald  nach 
der  Theilung  des  zuerst  entstandenen  Ballens,  bildet  sich  die  erste  Furche  des  Dotters,  also 
diejenige,  welche  ihn  ringförmig  umgiebt.  Diese  Furche  trifft  auch  die  Keimscheibe  und  geht 
über  dieselbe,  sie  ein  wenig  nach  innen  einbuchtend,  so  hinweg,  dass  sie  entweder,  wenn  sich 
der  Hallen  der  Keimscheibe  schon  getheilt  hat,  zwischen  den  beiden  aus  ihm  entstandenen  Theil- 
stücken  hinzieht  (Taf,  VI.  Fig.  3.),  oder,  falls  die  Theilung  noch  nicht  eingetreten  ist,  dicht 
neben  ihm  vorbei  läuft.  (Taf.  VI.  Fig.  2.) 

Auch  die  nächste  Ringfurche,  die  den  Dotter  in  vier  Kugel-Segmente  oder  Hallen  zer- 
schneidet, trifft  die  Keimscheibe  (Taf.  VI.  Fig.  3.),  die  also  in  dem  einen  Kreuzungspunkte 
der  beiden  ersten  Furchen,  mit  anderen  Worten  in  dem  einen  der  später  abgeflachten  Dotter- 
pole ihre  Lage  hat. 

Während  darauf  der  Dotter  oder  vielmehr  derjenige  Theil  desselben,  welcher  im  Ge- 
gensätze zu  der  Keimscheibe  oder  dem  Hildungsdotter  mit  dem  Namen  des  Nahrungsdotters  be- 
legt Averden  kann,  in  seiner  Durchfurchung  und  Zerklüftung  fortschreitet , die  Zahl  seiner 
Furchungsballen  also  vergrössert,  vermehren  sich  auch,  und  noch  weit  stärker,  durch  eine 
mehrmals  wiederholte  Theilung  die  beiden  ersten  und  um  Vieles  kleineren  Hallen  der  in  Rede 
stehenden  Scheibe.  (Taf.  VI.  Fig.  4.  u.  ff.)  Gleichzeitig  aber  nimmt  die  Scheibe  im  Ganzen 
immer  mehr  an  Masse  und  Ausbreitung  zu,  wahrscheinlich  dadiu'ch,  dass  sie  immer  andere 
iMolekularkörner  aus  dem  Nahrungsdotter  sich  aneignet  und  zu  ihrer  weitern  Entwickelung  ver- 
wendet. Wenn  alsdann  an  demjenigen  Pol  des  Nahrungsdotters,  an  welchem  sie  ihre  Lage  hat, 
die  grossen  Furchungsballen,  deren  äussere  Flächen  die  iMeridianfelder  bilden,  auseinander 
gewichen  sind  und  den  früher  hier  versteckten  polaren  Furchungsballen  entblösst  haben , dann 


1)  Wenn  sich  der  Ballen  der  Keimscheibe  oder  der  Embryonalsub.stanz  vergrössert  hat,  bemerkt  man 
bei  auffallendem  Lichte  bisweilen  in  seiner  grauen  Mitte  einen  weissen  Punkt,  der  aber  meines  Erachtens  nichts 
weiter  als  ein  Lichtreflex  ist. 

2)  Von  einer  Wanderung  des  »Polarringes«,  wie  sie  Grube  (a.  a.  ü.,  S.  IS.)  aus  einer  Beobachtung 
folgert,  habe  ich  niemals  etwas  beobachten  können. 


86 


Clepsine. 


überzieht  dieselbe  nicht  blos  den  letztem,  sondern  auch  die  um  denselben  herumliegenden  und 
ein  wenig  darüber  hinausragenden  abgerundeten  Enden  der  seitlichen  Ballen.  (Taf.  VI.  Fig.  5. 
u.  ff.)  Der  Form  dieser  letzteren  sich  anschmiegend,  erhebt  sie  sich  in  ihrem  peripherischen 
Theile  kranzförmig  in  eine  Anzahl  ziemlich  grosser  Buckel,  die  je  einem  Furchungsballen  ent- 
sprechen und  kappenartig  auf  den  obern  Segmenten  derselben  aufsitzen.  Im  Gegensätze  zu  die- 
sen Erhebungen  bildet  der  mittlere  Theil  der  Keimscbeibe , der  den  polaren  Furchungsballen 
überzieht  ( Grube’s  Embryonalfeld),  eine  ziemlich  ebene  Fläche.  Bei  näherer  Untersuchung 
erkennt  man  auch  hier  allerdings  eine  Anzahl  kugelförmiger  Hervorragungen , *)  aber  dieselben 
sind  von  ungleich  geringerer  Grösse  (0,Ü03  — 0,004”).  Sie  sind  nichts  anderes,  als  die  schon 
oben  erwähnten  Ballen  der  Keimsche.ibe , die  durch  mehrfach  wiederholte  Theilung  aus  dem 
sog.  Polarringe  hevorgegangen  sind  und  je  einen  hellen  Kern  in  sich  einschliessen.  So  lange 
diese  Hügel  nur  in  geringer  ]\Ienge  Vorkommen,  vielleicht  zu  5 oder  6 (Taf.  VI.  Fig.  5,  6.), 
sind  dieselben  noch  durch  ziemlich  grosse  Zwischenräume  von  einander  getrennt.  Aber  diese 
Zwischenräume  werden  kleiner,  wo  die  Hügel  durch  fortgesetzte  Theilung  an  iMenge  zuneh- 
men, bis  das  ganze  Embryonalfeld  schliesslich  (Taf.  VI.  Fig.  7.)  in  eine  Lage  dicht  gedrängter 
Ballen  verwandelt  ist,  die  je  zwischen  0,0012  und  0,0018”  messen,  an  Grösse  also  hinter  den 
früheren  Erhebungen  zurückstehen , obwohl  sie  histologisch  nach  wie  vor  damit  überein- 
stimmen. 

Noch  bevor  übrigens  die  Zahl  dieser  Ballen  in  dem  Embryonalfelde  zu  einer  besondern 
Höhe  herangewachsen  ist,  erkennt  man  auch  in  dem  peripherischen  Theile  der  Keimscheibe, 
der  bis  dahin  eine  einfach  körnige  Beschaffenheit  hatte,  eine  Anzahl  heller  Kerne.  Anfangs 
findet  man  in  einer  jeden  der  acht  zapfenförmigen  Erhebungen  nur  einen  einzigen  (Taf.  VI. 
Fig.  5,  6.),  aber  nach  einiger  Zeit  vermehren  sich  diese  Kerne,  wie  es  scheint,  gleichfalls 
durch  eine  Theilung.  (Taf.  VI.  Fig.  7.)  Im  Umkreis  eines  jeden  häuft  sich  auch  hier  die  kör- 
nige Substanz  zu  einem  Ballen  an,  nur  dass  die  Ballen  sich  hier  weniger  scharf  begrenzen,  als 
auf  dem  Embryonalfelde.  Auch  bleiben  die  Ballen  noch  eine  Zeitlang  grösser,^)  als  die  letz- 
tem (bis  0,003”).  Uebrigens  scheint  es,  als  wenn  die  Bildung  dieser  peripherischen  Ballen  in 
den  einzelnen  Fällen  mancherlei  Unterschiede  und  Unregelmässigkeiten  darböte,  da  es  nicht 
eben  selten  geschieht,  dass  man  in  Eiern  derselben  Entwicklungsstufe  (mit  ungefähr  30  — 40 
Ballen  auf  dem  Embryonalfelde)  bald  nur  einen  einzigen  Kern  in  je  einer  peripherischen  Er- 

1)  Gkube  nennt  diese  Hügel  »Wandungsballen«  und  lässt  sie  irrthümlicher  AVeise  in  der  Tiefe  der 
Furchungskugeln  ihren  Ursprung  nehmen.  A.  a.  O.,  S.  18  und  21. 

2)  Auffallend  ist  die  Aehnlichkeit,  welche  der  Keim  unserer  Clepsinen  auf  der  hier  geschilderten  Ent- 
wicklungsstufe mit  der  Abbildung  daibietet , die  KöLLIKER  (Entwicklungsgeschichte  der  Cephalopoden , Zürich 
1S44.  Taf.  I.)  von  der  Keimscheibe  der  Sepien  gegeben  hat.  Ich  verweise  hier  namentlich  auf  Fig.  -1.  der  Köl- 
LlKER’schen  Abbildung  und  meine  Tafel  VI.  Fig.  6 , muss  aber  dabei  ausdrücklich  hervorheben , dass  die  Dar- 
stellung, die  Kölliker  von  der  Entwicklung  dieser  Bildung  giebt,  kaum  eine  Vergleichung  mit  dem  von  mir 
Beobachteten  zulässt.  (Und  doch  dürfte  der  Unterschied  nicht  so  gross  sein,  als  es  auf  den  ersten  Blick  den  An- 
schein hat.  Er  dürfte  sich  darauf  beschränken,  dass  sich  bei  den  Cephalopoden  der  Bildungsdotter  allein  furcht, 
während  es  beider  Clepsine  auch  zugleich  der  Xahrungsdotter  ist,  der,  freilich  selbstständig  und  in  anderem 
Bhythmus,  diesen  Process  durchmacht.  Anm.  des  Herausgebers.) 


Erste  Periode. 


87 


hebung  antrifFt,  bald  auch  deren  8 und  12.  Vielleicht,  dass  in  dieser  Beziehung  auch  die  ein- 
zelnen Arten  gewisse  Differenzen  darbieten,  wie  es  mir  denn  z.  B scheinen  will,  als  ob  bei 
Clepsine  marginata  die  Ballenbildung  der  peripherischen  Zapfen  viel  später  vor  sich  gehe,  als 
bei  CI.  complanata,  und  mitunter  erst  dann  eintrete,  wo  die-Keimscheibe  sich  schon  in  be- 
deutendem Umfange  über  die  Zapfen  hinaus  ausgebreitet  hat  und  auch  hier  schon  deutliche  Em- 
bryonalballen erkennen  lässt. 

Die  Ballen,  deren  Bildung  wir  hier  verfolgt  haben,  sind  übrigens  alle,  auch  die  klein- 
sten und  ältesten , ohne  äussere  Hülle.  Sie  sind  also  noch  keine  vollständigen  Zellen  und  be- 
weisen das  auch  durch  die  Beschaffenheit  ihres  Kernes,  der  einstweilen  noch  durchweg  aus 
einer  homogenen  gallertartigen  Substanz  besteht,  an  der  sich  weder  häutige  Wand  noch  Kern- 
körper erkennen  lässt.  Die  Umhüllungsmasse  dieses  Kernes  zeigt  genau  dasselbe  Aussehen, 
wie  die  Substanz  der  primitiven  Keimscheibe,  zahllose  Molekularkörnchen,  die  durch  ein 
zähes,  flüssiges,  gleichfalls  gallertiges  Bindemittel  zusammengehalten  werden.  Dass  solches 
mit  einer  bestimmten  Kraft  geschieht,  beweisen  die  regelmässigen  Formen,  die  man  an  den 
Ballen  beobachtet,  beweist  namentlich  auch  die  Abplattung  und  eckige  Contour,  die  man  an 
den  kleineren  Ballen  des  Embryonalfeldes  gewöhnlich  antrifft. 

Bringt  man  die  Ballen,  ohne  sie  vorher  erhärtet  zu  haben,  in*'Wasser,  so  schwillt  die 
Gallertsubstanz  sowohl  der  Bindemasse,  wie  auch  der  Kern  alsbald  stark  an,  als  Zeichen,  dass 
dieselbe  begierig  von  der  umgebenden  Flüssigkeit  absorbirt  hat.  Bei  einer  Temperatur  von 
14  — 18°  R.  erfolgt  nach  wenigen  Stunden  sogar  eine  völlige  Auflösung.  An  isolirten  Ballen 
beobachtet  man  nicht  selten,  dass  die  weiche  Bindesubstanz  während  des  Anschwellens  ihre  Mo- 
lekularkörnchen zur  Seite  drängt  und  selbst  völlig  abstreift,  ohne  ihre  ursprüngliche  Form  da- 
bei zu  verändern.  Ist  der  Bildungsdotter  in  eine  ammoniakalische  Lösung  von  Karmin  gelegt, 
so  nehmen  nicht  blos  die  Kerne,  sondern  auch  die  Gallertmasse  der  Umhüllungsschicht  durch 
Imbibition  allmählich  eine  lebhaft  rothe  Farbe  an. 

§.  11. 

Der  Nahrungsdotter  der  Clepsinen  bestand  während  der  Entwicklung  der  ihm  auflie- 
genden Keimscheibe  bekanntlich  aus  acht  grossen  Furchungskugeln,  die,  wie  die  Segmente 
einer  Pomeranze  um  eine  gemeinschaftliche  Achse  gruppirt  waren  und  durch  breite  Meridian- 
artige Furchen  gegen  einander  sich  absetzten.  Dazu  kamen  in  der  Tiefe  noch  einige  andere 
gleichfalls  grosse  Ballen,  die  an  den  Polen  zwischen  den  hier  auseinander  weichenden  Für-. 
chungskugeln  mit  einem  Theile  ihrer  Oberfläche  zu  Tage  lagen.  So  w'enigstens  an  dem  einen 
untern  Pole,  während  an  dem  obern  sich  gerade  an  dieser  Stelle  die  Keimscheibe  gebildet  hat. 

Die  nächste  Veränderung  des  Dotters  besteht  nur  in  dem  Verstreichen  der  Furchen, 
welche  die  äussern  Flächen  aller  dieser  Ballen  gegen  einander  absetzen.  (Taf.  VI.  Fig.  9.)  Zuerst 
verschwinden  die  Grenzen  des  untern  Polarfeldes,  und  es  erhält  der  Dotter  dadurch  an  dieser 
Stelle  wieder  eine  ebene  Oberfläche.  Von  da  geht  dieser  Process  auch  auf  die  Meridianfurchen 


88 


Clepsine. 


über,  die  nach  der  Keimscheibe  zu  allmählich  immer  mehr  an  Breite  und  Tiefe  abnehmen,  bis 
sie  schliesslich  gleichfalls  verloren  gehen.  Die  oberen  zapfeiiförmigen  Segmente  der  von  diesen 
Furchen  begrenzten  Kugeln,  die  von  der  peripherischen  Ausbreitung  der  Keimscheibe  bedeckt 
sind,  persistiren  am  längsten.  Es  gewinnt  sogar  den  Anschein,  als  Avenn  sie  bei  dem  Verstrei- 
chen der  untern  Fux'chen  noch  mehr  sich  erhöben  und  von  dem  gemeinschaftlichen  Mittelpunkte 
sich  weiter  entfernten,  so  dass  man  bei  der  Betrachtung  solcher  Dotter  fast  unAvillkürlich  an  eine 
sich  eben  entfaltende  Knospe  etwa  von  Nymphaea  lutea  erinnert  wird.  (Taf.  VI.  Fig.  9.) 
Nach  kurzer  Zeit  geht  diese  Aehnlichkeit  verloren.  Die  Vertiefungen  und  Erhebungen  kommen 
auch  hier  allmählich  zur  Ausgleichung,  und  zeigt  der  Dotter  dann  eine  im  Ganzen  wieder  ebene 
Kugeloberfläche.  (Taf.  VI.  Fig.  10,  11.) 

Mit  dem  Aufhören  dieser  Furchen  hat  aber  keineswegs  etwa  die  Zerklüftung  des  Dotters 
ihr  Ende  erreicht.  Im  Gegen theil,  dieselbe  beginnt  mit  neuer  Energie,  nachdem  sie  eine  Zeit- 
lang sistirt  war.  Nur  geht  dieselbe  von  jetzt  an  gewissermaassen  im  Verborgenen  vor  sich,  näm- 
lich ohne  von  einer  Bildung  deutlich  erkennbarer  Furchen  an  der  Oberfläche  des  Dotters  beglei- 
tet zu  sein,  und  das  ebensowohl  an  dem  Nahrungsdotter  Avie  auch  an  dem  Keime.  Was  nun 
zunächst  den  erstem  anbelangt,  so  theilen  sich  die  Hallen,  in  die  er  bei  der  bisherigen  Durch- 
furchung zerlegt  worden  Avar,  bei  dem  Verstreichen  der  früheren  Furchen  in  eine  grössere  Zahl 
von  dicht  beisammenliegendeu  kleineren  Haufen,  (Taf.  VI.  Fhg.  10.  u.  ff.)  die  eine  mehr 
oder  Aveniger  rundliche  Form  haben,  anfangs  auch  noch  von  einer  ganz  ansehnlichen  Grösse  sind 
(0,006  — 0,00  7 "),  späterhin  aber  durch  fortgesetzte  Theilung  sich  verkleinern. 

Besonders  leicht  und  deutlich  lässt  sich  diese  Aveitere  Zertheilung  des  Nahrungsdotters 
an  den  halbdurchsichtigen  und  wegen  ihrer  Kleinheit  unter  dem  JNlikroskop,  auch  bei  recht 
starken  Vergrösserungen  , ganz  zu  übersehenden  Dottern  der  Clepsine  hioculata  erkennen,  Aväh- 
rend  die  undurchsichtigen  Dotter  der  Clepsine  complanata  zu  einer  solchen  Untersuchung  sich 
Aveit  Aveniger  empfehlen.  ZAvar  bemerkt  man  auch  an  den  letztem  unter  dem  Mikroskop  bei 
auffallendem  Licht  (besonders  dann,  Avenn  die  Eier  eine  schAvach  kupferrothe  Färbung  haben), 
nach  dem  Verluste  der  frühem  F’urchen  mehrere  oberflächliche  scheibenförmig- runde  Flecke,  die 
auf  eine  Zusammensetzung  des  Nahrungsdotters  aus  rundlichen  Ballen  hindeuten,  doch  lässt 
sich  aus  dem  Anblick  derselben  nicht  mit  Sicherheit  entnehmen  , ob  dieselben  Avirklich  von  der- 
gleichen Ballen  herrühreu.  Wenn  aber  ein  solcher  Dotter  der  Clepsine  complanata  durch  Wein- 
geist oder  sehr  verdünnte  Salpetersäure  oder  Chromsäure  erhärtet,  und  darauf  durchschnitten 
worden  ist,  so  lässt  sich  deutlich  und  über  allem  ZAveifel  erkennen,  dass  sein  Kern  oder  Nah- 
rungsdotter, Avie  bei  Clepsine  hioculata,  aus  dicht  beisammen  liegenden  Ballen  von  verschiedener 
Grösse  besteht,  die  je  nach  dem  Grade  und  der  Art  ihrer  Abplattung  ein  Avechselndes  Aussehen 
haben.  Ungefähr  um  die  Mitte  der  ersten  EntAvickelungsperiode  kommen  in  je  einem  Dotter  der 
angeführten  beiden  Wurniarten  etwa  30  bis  40  dergleichen  Ballen  vor,  deren  Durchmesser  (in 
den  Dottern  der  Clepsine  complanata)  von  0,0030  bis  0,0070"  betragen.  Von  einer  häutigen 
Wandung  ist  an  allen  diesen  Ballen  des  Nahrungsdotters,  selbst  Avenn  sie  durch  die  oben  er- 
Avähnten  Mittel  erhärtet  Avorden  sind,  nicht  die  mindeste  Andeutung  zu  bemerken. 


Erste  Periode. 


S9 


Dagegen  aber  entdeckt  man  bald  mehr  bald  minder  deutlich  in  einem  jeden  dieser  Dot- 
terballen einen  homogenen  hellen  Kern  von  ziemlich  beträchtlicher  Grösse.  Am  deutlichsten 
sah  ich  denselben  wiederum  bei  Clepsine  bioculata , doch  habe  ich  mich  davon  überzeugt,  dass 
er  auch  den  übrigen  Arten  nicht  abgeht.  Bisweilen  ist  in  den  Ballen  auch  ein  doppelter  Kern 
vorhanden,  wahrscheinlich  in  solchen,  die  dicht  vor  der  Theilung  stehn.  Einmal  glaube  ich 
sogar  gesehen  zu  haben,  wie  die  grossen  iVleridianballen , deren  Grenzen  erst  unvollständig  ver- 
wischt waren,  je  eine  Anzahl  von  6 — 8 derartigen  Kernen  enthielten,  die  in  ziemlich  glei- 
chen Abständen  von  einander  gelegen  rvaren.  Ich  möchte  aus  dieser  Beobachtung  erschliessen, 
dass  sich  die  grossen  Klüftungskugeln  des  Dotters  nicht  etwa  mit  dem  Factor  2 theilen,  sondern 
zunächst  in  eine  grössere  i\Ienge  kleinerer  Ballen  zerfallen,  die  dann  erst  ihrerseits  wieder 
durch  gewöhnliche  Theilung  sich  vermehren. 

Während  der  Nahrungsdotter  sich  in  der  angegebenen  Weise  verändert,  ist  die  Keim- 
scheibe allmählich  immer  grösser  und  grösser  geworden.  Als  wir  dieselbe  oben  zum  letzten  iNlale 
betrachteten,  reichte  der  Rand  derselben  nur  wenig  über  die  vorspringenden  oberen  Enden  des 
Meridianfeldes  hinüber.  (Taf.  VI.  Fig.  6.)  Aber  inzwischen  hat  dieser  Rand  sich  beständig 
verlängert.  Er  ist  über  die  Aequatorialzone  des  Dotters  hinausgewachsen  und  hat  den  letzteren 
mehr  oder  weniger  vollständig  bis  zum  unteren  Pole  überwachsen.  (Taf.  VK  Fig.  9 bis  1 1.) 

Der  Dotter  der  Clepsinen  besteht  jetzt  also  aus  zwei  Lagen,  einer  äusseren,  die  dem 
Bildungsdotter  angehört  und  die  uns  von  früherher  bekannten  kleinen  Ballen  enthält,  und  einem 
iunern  Kerne,  der  von  den  Theilstücken  des  Nahrungsdotters  gebildet  wird.  Die  erstere  er- 
scheint bei  auffallendem  Lichte  mehr  oder  minder  weiss.  Ohne  alles  Pigment  lässt  sie  den  da- 
runter  liegenden  Nahrungsdotter,  der,  rvie  Avir  wissen,  gefärbt  ist,  je  nach  ihrer  Dicke  und  dem 
Reichthum  an  Molekularkörnern  mehr  oder  minder  stark  nach  aussen  durchschimmern. 

An  erhärteten  Eiern  gelingt  cs  leicht,  diese  beiden  Lagen  von  einander  zu  trennen  und 
die  äussere  in  mehr  oder  minder  grossen  Stücken  abzuschälen.  Die  Ballen,  welche  dieselben  zu- 
sammensetzen, haben  noch  immer  das  von  früheren  Betrachtungen  her  bekannte  Aussehen, 
sind  namentlich  noch  immer  ohne  Zellhaut.  In  einer  einfachen  Schicht  neben  einander  gelagert, 
sind  sie  bald  mehr,  bald  weniger  dicht  gedrängt  und  von  ungleicher  Grösse  (meist  zAvischen 
0,0008  — 0,0018",  Kern  = 0,0004").  Auch  der  Grad  ihrer  Abplattung  scheint  manche  Verschie- 
denheit darzubieten.  Die  Häufigkeit  doppelter  Kerne,  so Avie  gestreckter  oder  semmelbrodartiger  For- 
men lässt  auf  die  Existenz  eines  fortAvährenden  regen  Vermehrungsprocesses  zurückschliesseii.  In 
einzelnen  grösseren  Ballen  finden  sich  die  Kerne  mitunter  sogar  in  dreifacher  Anzahl.  Dabei  haben 
die  Ballen  gegen  Wasser  eine  ziemlich  bedeutende  Resistenzkraft.  Nicht  blos,  dass  sie  darin 
wenig  aufschAvellen  und  ihre  Molekularkörner  nur  selten  in  BeAvegung  gerathen  lassen,  auch  die 
flächenhafte  Verbindung  der  Ballen  Avird  nur  sehr  langsam  darin  gelöst.  Bei  Zusatz  von  Essig- 
säure Averden  sie  dagegen  alsbald  und  in  ganzer  Masse  in  einen  formlosen  Brei  verAvandelt. 

Der  undurchsichtigste  Theil  des  Keimes  Avird  von  dem  frühem  Embryonalfelde  und 
dessen  nächster  Umgebung  geliefert , also  von  dem  ältesten  Abschnitte , Avährend  die  nachge- 
bildeten übrigen  Theile,  welche  die  ursprüngliche  Scheibe  zu  einer  Hohlkugel  integriren,  so 

Kathke,  Entwicklung  der  Hirudineen.  12 


90 


Clepsine. 


zart  und  durchsichtig  sind,  dass  sie  den  unterliegenden  Nahrungsdottcr  nur  wenig  trüben.  Bei 
Clepsine  complanata  zeichnen  sich  auf  diesem  dünnen  Abschnitte  der  Keimhaut  hier  und  da  ein- 
zelne weisse  d.  h.  undurchsichtige  Flecke  ab,  die  schon  von  Gkuue  ganz  richtig  auf  grössere 
Ballen  der  Embryonalsubstauz  zurückgeführt  sind.  Sie  haben  zum  Theil  drei  bis  vier  j\lal  die 
Grösse  der  gewöhnlichen  Ballen  (bis  0,005"). 


^ §.  12. 

Noch  bevor  die  Keimbaut  den  ganzen  Dotter  umwachsen  hat,  sind  mit  dem  ältesten 
Theile  derselben,  dem  Embryonalfelde,  neue  und  wichtige  Veränderungen  vor  sich  gegangen. 

^^'ir  müssen  uns  erinnern,  dass  dieses  Embryonalfeld  anfangs  eine  im  Allgemeinen 
scheibenförmige  Gestalt  hatte.  So  lange  die  zapfenförmigen  Hervorragungen,  die  es  kranzförmig 
umgeben,  persistiren,  bleibt  die  Form  unverändert.  Mit  dem  Verstreichen  derselben  geht  aber 
die  scharfe  Begrenzung  des  Feldes  verloren.  Allerdings  ist  der  Eand,  der  früher  den  Zapfen 
auflag,  nach  wie  vor  durch  eine  etwas  beträchtlichere  Dicke  und  eine  davon  abhängige  weissere 
Färbung  ausgezeichnet,  (Taf.  VI.  Fig.  11.)  allein  dieser  Rand  verläuft  nach  beiden  Seiten  so 
allmählich,  dass  die  Ausdehnung  des  Feldes  kaum  genau  bestimmt  werden  kann. 

Nach  einiger  Zeit  verändert  sich  auch  die  Form  des  Embryonalfeldes  immer  mehr  und 
mehr  zu  einem  Dreiecke.  Anfangs  haben  die  Schenkel  desselben  so  ziemlich  die  gleiche  Länge 
und  ein  gleiches  Aussehen,  aber  bald  bemerkt  man  in  Bezug  auf  letzteres  einen  Unterschied, 
indem  der  eine  Schenkel  immer  mehr  verblasst,  während  die  beiden  andern  immer  stärker  her- 
vortreten. (Taf.  VI.  Fig.  12.) 

Der  früher  ringförmige  Rand  des  Embryonalfeldes  wird  auf  diese  Weise  allmählich  zu 
zweien  Streifen  oder  Bändern,  die  sich  winkelförmig,  wie  die  Taster  eines  Cirkels,  mit  ihrem 
einen  Ende  vereinigen  und  in  unbedeutender  Entfernung  von  ihrem  Scheitelpunkte  den  obern 
Pol  des  noch  immer  abgeplatteten  Dotters  in  sich  einschliessen.  *)  Nach  dem  andern  Ende  diver- 
giren  die  beiden  Streifen,  und  das  immer  mehr,  je  weiter  sie  von  dem  Scheitelpunkte  sich  ent- 
fernen. Und  diese  Entfernung  wird  allmählich  immer  grösser,  da  die  Streifen  keineswegs  ihre 
ursprüngliche  Länge  beibehalten.  Schon  nach  kurzer  Zeit  reicht  das  hintere  Ende  bis  in  die 
Aequatorialzone  des  Dotters  (Taf.  VI.  Fig.  13.),  um  von  da  dann  alsbald  auf  die  untere 
Dotterhälfte  überzugehen.  (Taf.  VI.  Fig.  14.)  Gleichzeitig  weichen  die  Streifen  immer  mehr  und 
mehr  auseinander,  und  zwar  stärker,  als  etwa  zwei  neben  einander  hinlaufende  Meridiane. 
Sie  krümmen  sich  nicht  blos  in  dem  Sinne  der  Kugeloberfläche,  sondern  auch  selbstständig 
immer  mehr  und  mehr  nach  aussen,  so  dass  das  zwischen  ihnen  eingeschlossene  dreieckige  Feld 
von  convexen  Rändern  und  nicht  von  linearen  begrenzt  wird.  Es  scheint  sogar,  dass  sie  selbst  an 
ihrem  Scheitelpunkte  von  einander  sich  entfernen , da  der  hier  anfangs  vorhandene  spitze  Win- 
kel allmählich  zu  einem  mehr  stumpfen  wird. 

J)  Grube  lässt  diese  beiden  Streifen  irrthümlicher  Weise  aus  einer  Spaltung  des  dreieckigen  Embryo- 
nalfeldes hervorgehen.  A.  a.  O.,  S.  32. 


Erste  Periode. 


91 


Sobald  die  beiden  Streifen  auf  die  untere  Hemisphäre  des  Dotters  übergehen,  kommen 
sie  natürlich,  wie  zwei  neben  einander  hinlaufende  Meridiane  einander  wieder  näher.  Das 
zwischen  ihnen  eingeschlossene  Feld,  welches  bis  zur  Aequatorialzone  immer  breiter  wird, 
verschmälert  sich  also  jenseits  des  Aequators  und  nimmt  somit  eine  mehr  rautenförmige  Ge- 
stalt an.  Aber  dieses  Feld  bleibt  unten  offen,  weil  die  unteren  Enden  der  Streifen  sich  nicht 
berühi-en , sondern  in  einiger  Entfernung  von  einander  bleiben  und  sich  schliesslich  sogar  in 
einem  kurzen  Hogen  von  einander  abkrümmen.  Projiciren  wir  die  Streifen  auf  eine  Ebene,  so 
bekommen  wir  ein  Pild,  das  Grube  mit  einer  kurzblättrigen  Drathzange  vergleicht,  während  es 
mich  mehr  an  den  Rahmen  einer  Leier  erinnert,  dessen  obere  Hörner  einander  stark  genähert 
sind. 

Bei  allen  diesen  Vergleichen  aber  dürfen  wir  nicht  vergessen,  duss  Feld  und  Streifen, 
die  uns  hier  interessiren , einer  Kugeloberfläche  angehören  und  einen  Raum  überspannen,  der 
nach  vollkommener  Ausbildung  der  Streifen  mehr  als  die  Hälfte  dieser  Oberfläche  beträgt.  Die 
Pole  des  Dotters  fallen  also  beide  in  den  Bereich  des  Feldes,  welches  von  den  Streifen  umschlos- 
sen wird,  und  beide  in  die  Nähe  der  Endecken.  Das  ausserhalb  dieses  Feldes  gelegene  Kugel- 
segment ist  also  das  kleinere.  Es  beträgt  weniger,  als  eine  Hemisphäre  und  kann  demnach  bei 
gewissen  Lagen  des  Dotters  (Taf.  VI.  Fig.  16.)  vollständig  übersehen  werden,  was  bei  dem 
rautenförmig  ausgewachsenen  Embryonalfelde  unmöglich  ist.  Wird  es  mit  seiner  Fläche  dem 
Beobachter  zugekehrt,  so  erscheint  es  als  eine  verkürzte  Scheibe,  deren  breite  Seitentheile  je 
von  einem  der  beschriebenen  Streifen,  wie  von  einem  sichelförmig  gekrümmten  Bügel,  begrenzt 
werden.  Die  einspringenden  Enden  der  Bügel  sind  beide,  nicht  blos  das  hintere,  welches  dem 
untern  Pole  angehört,  sondern  auch  das  vordere,  das  mit  dem  der  andern  Seite  zusammenstösst, 
etwas  hornförmig  gebogen.  (Taf.  VI.  Fig.  16.) 

Während  des  Wachsthums  der  beiden  Streifen  haben  dieselben  aber  nicht  blos  an 
Länge,  sondern  auch  an  Breite  und  Dicke  zugenommen,  so  dass  sie  jetzt  wie  ein  Paar  Wülste 
auf  der  Keimhaut  vorspringen. 

Nach  dem,  was  wir  über  die  Embryonalentwicklung  der  Nephelis  oben  kennen  gekrnt 
haben,  kann  über  die  Natur  dieser  Gebilde  kein  Zweifel  obwalten.  Selbst  wenn  wir  nicht 
wüssten,  dass  sie,  wie  schon  Grube  beobachtet  hat,  im  I^aufe  der  weitern  Entwicklung  mit 
einander  in  ganzer  Länge  verschmelzen  und  dadurch  den  Grund  zu  der  Bauchfläche  des  späte- 
ren Wurmes  legten,  würden  wir  sie  schon  nach  der  angezogenen  Analogie  ohne  Bedenken  als 
die  Bauchplatten  unserer  Embryonen  in  Anspruch  nehmen. 

Histologisch  zeichnen  sich  die  Ballen  dieser  Bauchplatten  durch  Kleinheit  und  dop- 
pelte Schichtung  aus.  Sie  messen  kaum  jemals  mehr  als  0,001  und  von  da  herab  bis  0,0008", 
während  sie  in  den  übrigen  Theilen  der  Keimhaut  theilweise  bis  0,002"  gross  sind.  Namentlich 
gilt  das  von  dem  ausserhalb  der  Bauchplatten  gelegenen  Abschnitte,  in  welchem  die  Zellen 
durchschnittlich  eine  etwas  beträchtlichere  Grösse  haben  und  auch  weniger  die  ht  liegen , als 
in  dem  ausgewachsenen  Embryonalfelde.  In  beiden  Feldern  sind  die  Ballen  überdies  nur  in 
einfacher  Schicht  neben  einander  ausgebreitet. 

O 


12* 


92 


Clepsine. 


§•  13. 

Wie  wir  schon  oben  gelegentlich  bemerkten , sind  die  Rauchplatten  bestimmt , ihrer 
ganzen  Länge  nach  mit  einander  zu  verschmelzen.  Diese  Verschmelzung  beginnt  unmittelbar 
nachdem  die  Dotterkugel  umw'achsen  ist,  und  zwar  am  obern  Ende,  wo  beide  bekanntlich  von 
Anfang  an  vereinigt  waren.  Der  Winkel,  den  dieselben  hier  bilden,  (Taf.  VI.  Fig.  15.)  wird 
kleiner,  indem  die  Schenkel  immer  mehr  einander  sich  annähern.  Die  Annäherung  der  bei- 
den Rauchplatten  geschieht  aber  nicht  blos  in  dem  obern  Winkel,  sondern  in  ganzer  Länge 
und  am  meisten  in  der  Aequatorialzone,  w'o  dieselben  am  weitesten  von  einander  abstanden. 
Diezwischen  ihnen  befindliche  Keimhaut , die  durch  Vergrösserung  des  Embryonalfeldes  ent- 
standen ist,  wird  dabqi  natürlich  immer  schmäler,  während  die  gegenüberliegende,  ursprüng- 
lich mehr  scheibenförmige  Fläche  gleichzeitig  an  Rreite  gewinnt  und  eine  mehr  sattelfönnige 
Gestalt  annimmt.  (Taf.  VII.  Fig.  1 — 3.) 

Ich  brauche  wohl  kaum  ausdrücklich  hervorzuheben,  dass  die  beiden  flügelförmigen 
. Seitentheile  dieses  Feldes  zu  den  späteren  Seitenwänden  des  Körpers  weiden,  während  der  mitt- 
lere Abschnitt  desselben  den  Kücken  des  Embryo  bezeichnet.  Dass  dieser  Rücken  eine  nur  un- 
bedeutende Länge  hat,  (Taf.  VII.  Fig.  2.)  vielleicht  kaum  einmal  den  dritten  Theil  der  Kugel- 
peripherie beträgt,  während  die  zwei  anderen  Drittheile  auf  die  Rauchfläche  kommen,  kann 
diese  Deutung  nicht  beeinträchtigen.  Wir  werden  daraus  nur  so  viel  schliessen  dürfen,  dass 
der  Embryo  bei  den  Clepsineu,  wüe  bei  zahlreichen  anderen  Gliederthieren,  anfangs  einen  buckel- 
förmig vorgetriebenen  oder,  wenn  man  lieber  will,  stark  gekrümmten  Rauch  besitzt.  Und 
dieser  Schluss  wird  durch  das  spätere  Verhalten  vollständig  gerechtfertigt. 

Während  nun  aber  die  Rauchplatten  durch  Verschrumpfung  des  zwischen  ihnen  ausge- 
spannten Feldes  einander  immer  näher  rücken  und  von  vorn  her  immer  weiter  unter  sich  ver- 
schmelzen, verliert  der  Dotter  allmählich  seine  bisherige  pomeranzenförmige  Gestalt.  Der 
I.ängsdurchmesser , der  bis  dahin  noch  immer  der  kürzeste  gewesen  war,  (Taf.  VI.  Fig.  14.) 
obwohl  er  bald  nach  dem  Schwinden  der  Meridianfurche  wiederum  zu  wachsen  begonnen  hatte, 
wird  jetzt  von  allen  der  ansehnlichste.  (Taf.  VII.  Fig.  3.)  Der  Dotter  nimmt  somit  die  Gestalt 
eines  Ellipsoides  an.  Um  dieses  Ellipsoid,  so  können  wir  denken,  ist  die  Rauchfläche  in  Form 
eines  ziemlich  breiten  Doppelbandes  in  der  Richtung  eines  Meridianes  derart  herumgelegt,  dass 
die  beiden  Enden  über  die  Pole  hinübergreifen.  An  dem  einen  Pole  sind  die  beiden  Ränder  be- 
reits in  beträchtlicher  Ausdehnung  mit  einander  verwachsen , während  sie  an  dem  andern  (viel- 
leicht von  der  Mitte  an)  noch  eine  Strecke  M’eit  abstehen.  (Taf.  VII.  Fig.  4.)  Der  erste  ist  der 
frühere  obere  Pol,  an  dem  sich  die  Keimhaut  zuerst  entwickelt.  Er  entspricht  dem  späteren 
Kopfende,  während  der  gegenüberliegende  Pol,  an  dem  die  Rauchplatten  sich  zuletzt  vereinigen, 
dem  Hinterleibsende  angehört. 

Die  Seitenflächen,  die  sich  nach  aussen  oder,  wenn  man  lieber  will,  oben  (nach  dem  Rücken 
zu)  an  die  Rauchplatten  anschliessen,  zeigen  noch  immer  die  frühere  durchsichtige  Reschafienheit. 
Auch  die  darauf  sich  abzeichnenden  weissen  Flecke  sind  noch  vorhanden  und  theilweise  selbst 


Erste  Periode. 


93 


zu  einer  sehr  beträchtlichen  Grösse  herangewachsen.  Es  gilt  das  namentlich  von  denjenigen  Fle- 
cken, die  den  noch  nicht  vereinigten  hinteren  Enden  der  Hauchplatten  anliegen  und,  sechs  an  Zahl, 
derart  gruppirt  sind,  dass  je  di-ei  eines  dieser  Enden  bogenförmig  umfassen.  (Taf.  VI.  Fig.  16,«.) 
Trotz  der  sehr  ansehnlichen  Grösse,  die  zwischen  0,0048  und  0,0065  " schw'ankt,  also  der  Grösse 
der  durch  die  Seitenflächen  durchscheinenden  Nahrungsdotterballen  gleichkommt,  bestehen  diese 
Flecken,  wie  die  frühem , nur  aus  einem  einzigen  Ballen  von  Embryonalsubstanz,  mit  einem 
ganz  ansehnlichen  hellen  Kerne  im  Innern.  Bei  auffallendem  Lichte  bemerkt  man  an  ihnen  das- 
selbe ringförmige  Aussehen,  das  wir  bei  einer  füheim  Gelegenheit  an  dem  ersten  Embryonalballen 
(Gkube’s  Polarring)  hervorgehoben  haben  und  überhaupt  bei  allen  grösseren  Embryonalballen 
wiederfinden.  Es  rührt  dasselbe  offenbar  daher,  dass  die  undurchsichtigen  molekularen  Fettkör- 
perchen des  Ballens  in  nächster  Umgebung  des  Kernes  am  dichtesten  zusammengedrängt  sind. 

Bei  genauerer  Untersuchung  gewinnt  man  übrigens  bald  die  Ueberzeugung,  dass  diese 
Körnerballen  mit  den  Enden  der  Bauchplatten  in  einer  ganz  ähnlichen  Beziehung  stehen  , wüe 
wir  das  bei  Nephelis  oben  für  die  zellenartigen  Anhänge  der  Bauchplatten  nachgewiesen  haben. 

Zwischen  je  einem  derselben  und  den  Enden  der  Bauchplatte  ist  eine  Reihe  kleinerer 
Ballen  ausgespannt,  die  mit  den  Ballen  der  Bauchplatten  die  gleiche  Beschaffenheit  haben  und 
als  integrirende  Theile  derselben  betrachtet  werden  müssen.  Die  Ballen,  die  iS“  den  Bauch- 
platten in  vierfacher  Anzahl  neben  einander  liegen,  lösen  sich  gewissermaassen  reihenweis  auf 
und  treten  durch  diese  Reihen ‘)  mit  den  grossen  Endballen  in  Verbindung.  (Taf.  VII. 
Fig.  5 bis  8.) 

Es  leidet  hiernach  keinen  Zweifel , dass  diese  Endballen  trotz  ihrer  grössern  Anzahl, 
auch  trotz  der  abweichenden  Scheiben  - oder  Linsenform,  die  sie  besitzen,  den  oben  erwähnten 
Bildungen  von  Nephelis  durchaus  analog  sind. 

Diese  Ballen  sind  übrigens  schon  vor  der  vollständigen  Verwachsung  der  Bauchplatten 
deutlich  erkennbar.  Sie  lassen  sich  bereits  auffinden,  wenn  die  letzteren  das  Rückenfeld  des 
Embryo  in  der  oben  beschriebenen  Bügelform  umfassen.  (Taf.  VI.  Fig.  14.)  Die  mittleren,  die 
gewöhnlich  zugleich  die  grösseren  sind,  schieben  sich  dann  in  die  Lücken  ein,  welche  die  hin- 
teren Enden  der  Bauchplatten  gelassen  haben , und  schliessen  dieselben  fast  vollständig  ab , so 
dass  die  beiden  Bügel  dadurch  einem  verbogenen  Ringe  ähnlich  werden.  (Taf.  VI.  Fig.  16.) 

§.  14. 

Noch  bevor  die  Bauchplatten  in  ganzer  Ausdehnung  geschlossen  sind,  bemerkt  man  au 
ihnen,  besonders  nach  Zusatz  verdünnter  Essigsäure  oder  Aqua  laurocerasi,  in  der  vordem  Kör- 
perhälfte und  darüber  hinaus  dieselbe  Gliederung  in  einzelne  hinter  einander  liegende  Täfelchen, 
die  wir  bei  Nephelis  oben  genauer  beschrieben  haben.  (Taf.  VII.  Fig.  5 und  6.)  Je  weiter  die 
Verwachsung  der  Bauchplatten  fortschreitet,  desto  deutlicher  wird  diese  Bildung,  desto  grösser 


1)  Grube  hat  die  Stielchen,  auf  denen  diese  Körper  aufsitzen,  übersehen. 


94 


Clepsine. 


auch  die  Zahl  der  einzelnen  Abschnitte,  indem  sich  nach  hinten  zu  immer  neue  Täfelchen  an 
die  vorhandenen  anschliessen.  Die  hintersten  sind  am  kürzesten  und  am  wenigsten  scharf  ab- 
gesetzt: wie  bei  iVephelis,  so  geht  also  auch  hier  die  Bildung  und  Entwicklung  dieser  Täfelchen 
in  gerader  Linie  nach  hinten  vor  sich.  Inder  iUitte  sind  übrigens  alle  diese  Täfelchen  durch  eine 
Längslinie  getheilt,  die  den  innern  noch  immer  nicht  vollständig  verschmolzenen  Rändern 
der  Bauchplatten  entspricht.  Die  Täfelchen  sind  mit  anderen  Worten  symmetrisch  gestellte 
Doppeltäfelchen . 

Zur  Zeit  der  Geburt  besitzt  der  Embryo  unserer  Clepsinen  mehr  als  30  solcher  Doppel- 
tafeln, die  bis  in  das  äusserste  Ende  der  Bauchplatten  sich  erstrecken,  in  dem  letzten  Körper- 
theile  aber  sehr  dicht  stehen. 

Zum  ersten  Male  erkennt  man  jetzt  auch  die  früheren  Ballen,  die  diese  Täfelchen  zu- 
sammensetzen, als  deutliche  Zellen  mit  zarter  Hülle  und  einem  Kernkörperchen  in  dem  massig 
grossen  Kerne,  der  namentlich  bei  Anwendung  einer  Karminlösung  deutlich  hervortritt.  Die 
Form  der  Zellen  ist  durchweg  eine  rundliche,  ihre  Grösse  zwischen  0,0008  und  0,00 12'\ 

Wie  bei  Nephelis,  so  scheidet  sich  auch  bei  den  Clepsinen  ein  jedes  dieser  Täfelchen  in 
zwei  neben  einander  liegende  Hälften,  von  denen  die  eine,  die  der  iMedianlinie  des  Körpers  an- 
liegt, zu  einem  Theile  des  Bauchmarkes  wird,  während  sich  die  andere  in  ein  plattes  und  dünnes 
Bündel  quer  verlaufender  ^Muskelfasern  entwickelt.  Mit  Bestimmtheit  kann  man  die  Metamor- 
phose dieser  Täfelchen  aber  erst  nach  der  Geburt  unserer  Thiere  verfolgen,  obwohl  die  Sonde- 
rung der  einzelnen  Anlagen  wenigstens  theilweise  schon  früher  vor  sich  geht.  IMuskelfasern 
sind  zur  Zeit  der  Geburt  bei  den  Clepsinen  noch  nicht  nachweisbar,  obwohl  dieselben,  wie  Avir 
sogleich  sehen  werden,  um  diese  Zeit  schon  bestimmte,  wenn  auch  nicht  eben  sehr  lebendige 
Bewegungen  ausführen. 

Die  übrigen  Körperwände  sind  noch  so  ziemlich  unverändert , nur  dass  es  gegen  Ende 
des  Eilebens  gelingt,  auf  ihrer,  wie  überhaupt  auf  der  ganzen  Oberfläche  des  Embryo  eine  zarte 
Cuticula  aufzufinden , die  sich  bei  Wasserzusatz  mitunter  streckenAveis  abhebt.  Unterhalb  die- 
ses Häutchens  liegt  immer  noch  eine  einfache  Schicht  von  gekernten  kleinen  Körnchenballen, 
in  denen  man  jetzt  aber  auch  hier  die  Zellennatur  nachAA-eisen  kann,  wenngleich  vielleicht  noch 
nicht  so  entschieden,  Avie  in  den  Täfelchen  der  Bauchplatten.  Die  Zellen  liegen  in  mässiger  Ent- 
fernung von  einander  und  haben  ein  völlig  rundes  Aussehen. 

Am  dünnsten  sind  die  Seitendecken  des  Körpers  in  der  Nähe  der  drei  grösseren  zellen- 
artigen Körper,  die  dem  Ende  der  Bauchplatten  anhängen.  Noch  bei  den  neugebornen  Jungen 
zeichnet  sich  diese  Stelle  durch  ihre  Dünne  aus,  Avie  man  schon  daran  erkennt,  dass  die  Kör- 
perdecken hier  aufplatzen,  Avenn  man  den  eingeschlossenen  Dotter  durch  Zusatz  Amn  Essigsäure 
oder  Aqua  laurocerasi  zum  Aufquellen  bringt. 

Mit  diesem  Nahrungsdotter  der  Embryonen  ist  übrigens  noch  vor  der  Geburt  insofern 
eine  Veränderung  vor  sich  gegangen,  als  die  grossen  Ballen  desselben,  die  bis  dahin,  Avenn 
auch  in  der  letzten  Zeit  nicht  mehr  so  scharf  und  deutlich,  Avie  früher,  durch  die  Seitendecken 
des  Embryonalkörpers  hindurchschimmerten,  zerfallen  und  sich  in  eine  formlose  IMasse  auf- 


Erste  Periode. 


95 


lösen.  (Taf.  VII.  P’ig.  5,  u.  s.  w.)  Die  Zusainniensetzung  dieser  iNIasse  bleibt  übrigens  unver- 
ändert. Noch  immer  erkennt  man  darin  die  körperlichen  Elemente  und  die  zähflüssige  ßinde- 
substanz  der  unentwickelten  Eier,  nur  dass  vielleicht  die  Masse  der  grösseren  und  grössesten 
Dotterkörperchen  gegen  früher  abgenommen  bat.  • 

Nach  der  Auflösung  der  Dottcrballen  treten  die  sechs  zellenartigen  Anhänge  der  Bauch- 
platten noch  deutlicher  hervor,  als  das  früher  der  Fall  war.  Sie  haben  dureb  die  fortschreitende 
Verwachsung  der  Bauchplatten  natürlich  eine  etwas  andere  Lage  angenommen.  Aus  dem  Zwi- 
schenräume zwischen  denselben  verdrängt,  bilden  sie  jetzt  (Taf.  VII.  Fig.  7.)  einen  einzigen, 
halbmondförmig  vor  der  hintern  Bauchwand  hinziehenden  Kreisbogen,  dessen  beide  Seiten- 
hälften  natürlicli  ein  durchaus  gleiches  Ansehen  haben. 

Wie  das  hintere  Ende,  so  hat  sich  inzwischen  aber  auch  das  vordere  Ende' der  Bauch- 
platten, und  dieses  vielleicht  noch  mehr  als  ersteres,  verändert. 

Wie  w’ir  wissen,  lag  dieses  vordere  Körperende  anfangs  flach  auf  dem  Nahrungsdotter 
auf,  ohne  darüber  mehr  und  stärker  hervorzuragen,  als  es  die  wulstige  Beschaffenheit  der 
Bauchplatten  mit  sich  brachte.  (Taf.  VII.  Fig.  1,  3.)  Doch  mit  der  fortschreitenden  Verwach- 
sung und  der  beginnenden  Gliederung  der  Bauchplatten  ändert  sich  das  frühere  Aussehen.  Das 
vordere  Ende  hebt  sich  von  dem  unterliegenden  Nahrungsdotter  ab  und  wächst  allmählich  in 
einen  Zapfen  aus,  der  sich  durch  conische  Gestalt  und  Durchsichtigkeit  seiner  Masse  auszeich- 
net, für  gewöhnlich  aber,  in  Uebereinstimmung  mit  den  gegebenen  Raumverhältnissen,  nach 
hinten  zurückgekrümmt  auf  der  Rückenfläche  aufliegt.  (Taf.  VII.  Fig.  5,  C.) 

Natürlich  ist  dieser  kegelförmige  Kopfzapfen  nicht  von  den  Bauchplatten  allein  gebil- 
det. Auch  die  Rückenwand  des  Embryo  nimmt  daran  Antheil. 

Zunächst  sieht  man  anstatt  des  eigentlichen  Kupfzapfens  allerdings  nur  einen  von  dem 
vordem  Ende  der  Bauchplatten  herrührenden  Vorsprung,  aber  hinter  diesem  Vorsprunge  bildet 
sich  alsbald  eine  Querfurche,  die  immer  mehr  in  die  Tiefe  greift  und  (bei  CI.  complanata)  all- 
mählich den  grössesten  Theil  der  Rückenwand  in  sich  hineinzieht.  Durch  diese  Querfiirche  wird 
der  Kopfzapfen  isolirt  und  in  einen  selbstständigen  Abschnitt  verwandelt,  aus  dem  der  Nah- 
rungsdotter immer  mehr  nach  hinten  zurückweicht.  Je  mehr  das  geschieht,  desto  mehr  nimmt 
der  übrige,  an  Masse  natürlich  weit  überwiegende  Abschnitt  des  Körpers  unter  dem  Andrange 
des  Dotters  an  Dicke  und  Rundung  zu.  Namentlich  gilt  das  von  dem  hintern  Körperende,  das 
durch  die  Entwicklung  und  Streckung  des  Kopfes  fast  bis  zur  Keulenform  sich  auftreibt. 
(Taf.  VII.  Fig.  6.)  Uebrigens  finden  sich,  wie  es  scheint,  in  dieser  Hinsicht  beiden  einzel- 
nen Arten  mancherlei  Unterschiede.  Bei  Clepsine  marginata  z.  B.  behält  der  Leib  im  Innern 
des  Eies  eine  ziemlich  regelmässige  Eiform  , wie  es  scheint  aber  nur  deshalb , weil  der  Embryo 
hier  früher  geboren  wird,  als  bei  CI.  complanata,  bereits  zu  einer  Zeit,  in  der  die  den  Kopf- 
zapfen auf  der  Rückenfläche  isolirende  Furche  noch  eben  nicht  besonders  stark  sich  vertieft  hat. 
Die  Nieren  - oder  Bühnenform,  rvelche  bei  dem  Embryo  von  CI.  complanata  in  der  letzten  Zeit 
des  Eilebens  ganz  allgemein  gefunden  wird,  fehlt  der  CI.  margmata. 

Sobald  übrigens  der  Kopfzapfen  isolirt  ist,  sieht  man  auf  seinem  abgestumpften  Ende 


96 


Clepsme. 


eine  Oeffnung,  die  sich  nach  hinten  in  einen  ziemlich  engen  Kanal  fortsetzt.  (Taf.  VII.  Fig.  6\) 
Ueber  die  Natur  dieser  Bildung  kann  kein  Zweifel  sein.  Es  ist  der  Mund  und  die  zunächst 
daran  sich  anschliessende  Schlundröhre.  Auf  welche  Weise  sich  dieselben  gebildet  haben,  muss 
ich  freilich  im  Ungew'issen  lassen,  wie  sich  denn  überhaupt  die  Einzelnheiten  der  bei  der  Ent- 
wicklung des  Kopfzapfens  in  Heti-acht  kommenden  Vorgänge  meiner  Untersuchung  entzogen 
haben.  Es  gilt  namentlich  auch  von  der  Entwicklung  des  Hirnes , über  das  ich  nur  so  viel  mit- 
theilen kann,  dass  es  den  Embryonen  nicht  fehlt,  so  wie  von  dem  Verhalten  des  Kopfzapfens 
zu  den  ersten  Täfelchen  der  Bauchplatten,  das  w'egen  der  complicirten  Bildung  des  ersten  Gang- 
lions der  Bauchkette  von  Wichtigkeit  ist. 

Im  Vergleich  mit  Nephelis  geschieht  die  Bildung  des  Kopfzapfens  bei  den  Clepsinen 
in  einer  verhältnissmässig  späten  Zeit  des  Fruchtlebens.  Aber  dafür  hat  auch  der  Kopfzapfen 
der  letztem  keinerlei  besondere  Leistungen  zu  erfüllen.  Er  übt  keine  Schluckbewegungen, 
bevor  der  Embryo  geboren  ist,  noch  bedeckt  er  sich  jemals  mit  Wimperhaaren,  die  eine 
Botation  des  Körpers  vermitteln  könnten.  Zu  beiderlei  Thätigkeit  dürften  auch  die  äusseren 
Lebensverhältnisse  der  noch  immer  in  eine  eng  anschliessende  Eihaut  eingeschlossenen  Em- 
bryonen kaum  geeignet  sein. 

Der  Kopfzapfen  der  Embryonen  ist  übrigens  trotz  alle  dem  auch  bei  den  Clepsinen  der- 
jenige Körpertheil,  der  die  frühesten  Bewegungserscheinungen  kund  giebt.  IMan  sieht  ihn  seine 
Form  und  Lage  gelegentlich  schon  zu  einer  Zeit  verändern , in  w^elcher  der  übrige  Leib  noch 
durchaus  starr  erscheint.  Die  Bewegungen  sind  allerdings  niemals  besonders  lebhaft,  allein  sie 
reichen  doch  hin,  um  die  Dotterhaut,  die  allmählich  wieder  eine  vollständige  Kugelform  ange- 
nommen hat,  zu  durchbohren  und  den  Embryo  nach  dem  Hervorschliipfen  aus  der  Hülle  an  der 
Bauchfläche  seiner  Mutter  zu  befestigen. 

Diese  Befestigung  ist  eine  sehr  innige,  so  dass  es  schwer  hält,  die  Embryonen  ohne 
Verletzung  des  Kopfzapfens  zu  lösen.  Indessen  glaube  ich  nicht,  dass  sie  auf  andere  Weise, 
als  durch  ein  Ansaugen  mittelst  der  Mundöffnung  vermittelt  wird. 


ZAveite  Periode. 

§■  15. 

Wie  schon  erwähnt  worden,  zeigt  die  Gestalt  und  der  Entwicklungsgrad  der  neugebornen 
Clepsinen  bei  den  einzelnen  Arten  manche  Verschiedenheit.  Namentlich  ist  es  die  Cl.marginata, 
die  sich  in  dieser  Hinsicht  von  der  CI.  complanata , die  ich  vorzugsweise  studirt  habe,  und  der 
CI.  bioculaia,  die  von  der  letztgenannten  Art  kaum  abweicht,  auszeichnet.  Der  Körper  der 
neugebornen  CI.  marginata  hat  eine  Eiform  mit  einem  stumpfen  und  einem  spitzen  Ende.  In 
der  Mitte  des  ersteren  erhebt  sich  der  Kopfzapfen,  der  eine  fast  walzenförmige  Gestalt  hat  und 


Zweite  Periode. 


97 


von  unbedeutender  Länge  ist.  Nach  hinten  setzt  sich  dieser  Zapfen  in  die  fast  ungegliederten 
schmalen  Bauchplatten  fort,  die  dicht  neben  einander  bis  zum  spitzen  Pole  hinlaufen,  denselben 
umfassen  und  auf  die  Rückenfläche  des  Körpers  übergehen  , um  hier  etwas  divergirend  in  die 
bekannten  grossen  Zellenkörper  auszulaufen.  Vom  Kopfzapfen  abgesehen,  ist  der  ganze  Leib 
der  neugebornen  Jungen  mit  körniger  Dottermasse  gefüllt.  Innere  Organe  lassen  sich  kaum  auf- 
finden. Auch  ein  Darm  scheint  noch  nicht  vorhanden,  da  die  Körperdecken,  die  der  Dotter- 
masse aufliegen,  fast  in  ganzer  Ausdehnung  nur  von  einer  einfachen  Zellenlage  gebildet  sind, 
über  die  eine  äusserst  zarte  Cuticula  hinläuft.  Trotzdem  ist  das  Thier  übrigens  schon  zu  Con- 
tractionen  befähigt,  die  sich  durch  langsame,  aber  deutlich  sichtbare  Formveränderungen 
kund  thun. 

Aber  auch  da,  wo  der  Embryo,  wie  bei  Clepsine  complayiaia , auf  einer  spätem  Ent- 
wicklungsperiode geboren  würd  , ist  derselbe  an  äusserer  und  innerer  Bildung  noch  weit  hinter 
seinen  Eltern  zurück,  so  w'eit,  dass  man  ihn  bei  erster  Betrachtung  vielleicht  eher  für  einen 
fremden  Schmarotzer,  als  für  einen  Abkömmling  seines  Trägers  in  Anspruch  nehmen  könnte. 
Einer  Retorte  vergleichbar  hat  das  junge  Thier  (Taf.  VII.  Eig.  9.)  einen  nach  dem  Rücken  zu 
gekrümmten  Rumpfund  einen  Kopfzapfen,  der  ganz  allmählich  in  das  vordere  schlanke  Kör- 
perende übergeht.  Freilich  kann  dieser  Zustand  der  Ruhe  durch  Streckung,  wde  Verkürzung 

f 

beträchtlich  modificirt  werden.  Obw'ohl  dem  jungen  Thiere  noch  alle  iMuskelfasern  abgehen, 
vermag  es  sich  schon  jetzt  um  das  Doppelte  zu  verlängern,  und  ebenso  auch  um  ein  sehr  Be- 
trächtliches zusammenzuziehen.  Und  beide  Male  wurd  nicht  blos  der  Querschnitt,  sondern 
auch  die  Form  des  Körpers  eine  andere,  wenngleich  insofern  beständig  derselbe  Typus  bleibt, 
als  das  hintere  Körperende  seine  Verdickung  und  Abrundung  beibehält.  Von  einem  Saugnapfe 
findet  sich  noch  keine  Spur  und  eben  so  w’enig  von  einer  Pigmentirung.  Freilich  sind  die  jun- 
gen Thiere  nicht  farblos,  aber  es  ist  nur  der  durch  die  Leibeswände  hindurchscheinende  Dotter, 
dem  sie  ihre  Färbung  verdanken.  Wie  schon  früher  einmal  bemerkt  wurde,  sind  die  Seiten- 
decken des  Körpers  mitsammt  dem  Rücken  auch  nach  der  Geburt  noch  eine  Zeitlang  äusserst 
dünn.  Nur  der  Kopfzapfen  oder  vielmehr,  da  sich  ein  eigentlicher,  von  dem  übrigen  Körper 
abgesetzter  Kopfzapfen  nicht  mehr  unterscheiden  lässt,  das  vordere  Leibesende,  das  den  Schlund 
enthält,  macht  in  dieser  Hinsicht  eine  Ausnahme,  obw’ohl  seine  Dicke  hinter  der  der  Bauch- 
wand noch  zurückbleibt.  Uebrigens  wissen  wir,  dass  diese  Bauchw'and , die  den  jetzt  ziemlich 
verstrichenen  d.  h.  an  den  Seitenrändern  ausgewachsenen  Bauchplatten  entspricht,  nicht  aus- 
schliesslich auf  die  gewölbte  Bauchfläche  beschränkt  ist,  sondern  haken-  oder  kappenförmig 
auch  das  hintere  Körperende  umfasst.  (Taf.  VII.  Fig.  9.)  In  diesem  Umstande  finden  wir  auch 
den  Grund  für  die  Formbeständigkeit,  die  wir  als  charakteristisch  für  das  hintere  Körperende 
oben  hervorheben  mussten.  Die  drei  Paar  zellenartiger  Körnerballen  sind  bei  der  Geburt  noch 
deutlich  an  der  hintern  Grenze  der  Bauchplatten  in  den  dünnen  Körperdecken  aufzufinden. 
Trotz  ihrer  Dünne  scheinen  diese  Körperdecken  übrigens  schon  jetzt  in  zwei  Schichten  zerfallen 
zu  sein,  von  denen  die  eine  dem  Dotter,  die  andere  der  Cuticula  anliegt,  es  scheint  mit  andern 
Worten,  schon  jetzt  eine  Differenzirung  in  Leibeswand  und  Darmwaud  stattzufinden.  Für  die 

Rathke,  Entwicklung  der  Hirudiiieen,  13 


98 


Clepsine. 


liauchseite  des  Körpers  kann  ich  solches  mit  aller  Bestimmtheit  behaupten,  da  man  an  dieser 
die  zwischen  beiden  Schichten  gelegene  Leibeshöhle  nicht  selten  als  einen  hellen  und  spalt- 
förmigen Raum  hindurchschimmern  sieht.  Besonders  deutlich  ist  das  in  der  vorderen  Hälfte  des 
Körpers,  die  überhaupt  in  jeder  Beziehung  weiter  entwickelt  ist , als  die  hintere.  In  der  Sei- 
tenlage zeigt  diese  vordere  Körperhälfte  am  Bauche  auch  schon  eine  Anzahl  querer  Falten, 
das  erste  äusserlich  sichtbare  Zeichen  der  beginnenden  Gliederung. 

§■  16. 

Die  ursprüngliche  kolben-  oder  retortenförmige  Gestalt  der  neugebornen  Clepsinen 
unterliegt  übrigens  schon  nach  kurzer  Zeit  einer  Veränderung.  Das  hintere  Körperende,  welches 
bis  dahin  das  dickste  gewesen  war,  verdünnt  sich,  während  das  Kopfende  unter  gleichzeitiger 
Zusammenziehung  des  ganzen  Leibes  an  Breite  und  Dicke  zunimmt,  so  dass  die  früheren  Unter- 
schiede in  der  Gestalt  der  beiden  Körperenden  dadurch  bis  zu  einem  bestimmten  Grade  ihre 
Ausgleichung  finden.  Da  der  zwischenliegende  Theil  unter  dem  Andrange  des  aus  dem  vereng- 
ten Hinterende  zurückweichenden  Dotters  sich  zugleich  noch  stärker  ausweitet,  so  gewinnt  der 
Leib  unserer  Thiere  jetzt  fast  die  Form  eines  an  beiden  Enden  stark  abgestumpften  Weberschiff- 
chens. So  freilich  nur,  wenn  man  das  Junge  von  der  Bauch  - oder  Rückenfiäche  aus  betrach- 
tet. (Taf.  VII.  Fig.  12.)  In  der  Profillage  erkennt  man  (Taf.  VII.  Fig.  10.)  nicht  blos  die 
stärkere  Krümmung  der  Bauchfläche,  sondern  weiter  auch  vor  dem  umgekrümmten  Hinter- 
ende der  Bauchplatten  auf  dem  letzten  Drittheil  des  Rückens  eine  quere  Einbuchtung,  als  wenn 
das  genannte  Ende  der  Bauchplatten  hier  tiefer  in  die  dünnen  und  deshalb  auch  nachgiebigen 
Körperdecken  eingedrückt  hätte.  Ist  das  junge  Thier  schon  etwas  älter,  so  sieht  man  diese 
Einbuchtung  vom  Rücken  auf  die  Seitentheile  und  schliesslich  selbst  die  Bauchwand  übergehen, 
so  dass  dann  das  ganze  kappenförmige  Ende  der  Bauchplatten  durch  eine  ringförmige  Ein- 
schnürung gegen  den  übrigen  Leib  sich  absetzt.  Eine  Zeit  lang  ist  diese  Ringfurche  an  der 
Bauchseite  freilich  noch  so  seicht  und  so  leicht  zu  verstreichen , dass  sie  bei  jeder  Zusammen- 
ziehung verschwindet,  wenn  der  Dotter,  der  den  Körper  immer  noch  in  bedeutender  Menge 
erfüllt,  dagegen  andrängt.  Weiterhin  aber  wird  die  Einschnürung  allenthalben  tiefer.  Sie  wider- 
steht dem  Drucke  des  andrängenden  Dotters  und  verwandelt  den  hintersten  Theil  der  Leibes- 
wand, den  sie  absetzt,  durch  immer  schärfere  Isolation  in  einen  scheibenförmigen  Anhang. 
(Taf.  VII.  Fig.  1 1 .)  Anfangs  plump  und  dick  nimmt  diese  Scheibe  ziemlich  bald  die  Form  des 
spätem  Saugnapfes  an,  indem  die  nach  hinten  gestellte  Endfläche  ihre  frühere  Wölbung  verliert 
und  durch  Aufwulstung  des  Randes  schliesslich  sogar  concav  wird. 

Ob  die  zellenartigen  Körnei'ballen , die  dem  hintern  Ende  der  Bauchplatten  verbunden 
sind,  an  diesen  Vorgängen  einen  Antheil  nehmen,  wie  ich  das  bei  Nephelis  beobachtet  zu  haben 
glaube,  muss  ich  leider  unentschieden  lassen.  Bis  zur  Bildung  der  Ringfurche,  die  den  Saug- 
napf zu  isoliren  bestimmt  ist,  sind  dieselben  immer  noch  deutlich  durch  die  äussere  Körperhülle 
hindurch  wahrzunehmen.  Sonst  unverändert,  scheinen  sie  nur  an  Grösse  gegen  früher  etwas 


Ziceite  Periode. 


Ö9 

abgenommen  zu  haben.  Später  entziehen  sie  sich  der  Untersuchung,  zum  Theil  deshalb,  weil 
die  Körperdecken  durch  Entwicklung  einer  Muskulatur  allmählich  ihre  frühere  Durchsichtig- 
keit verlieren.  Bisweilen  aber  habe  ich  noch  bei  solchen  Individuen,  bei  denen  das  hintere 
Körperende  schon  deutlich  in  Scheibeuform  abgesetzt  war,  dem  oberu  Rande  desselben  jeder- 
seits  drei  Reihen  kleiner  Zellen  anhängen  sehen,  (Taf. TII.  Fig.  1 1.)  die  offenbar  als  Ueberreste 
der  hier  früher  vorkommenden  Bildungen  zu  betrachten  sind.  Freilich  bleibt  es  zweifelhaft,  ob 
dieselben  den  stielformigen  Zellenreihen  entsprechen,  die  von  den  Bauchplatten  zu  den  Korner- 
ballen  hinliefen , oder  ob  sie  durch  Umformung  der  letztem  entstanden  sind. 

Da  die  Ringfurche,  welche  den  Saugnapf  isolirt,  die  Längsachse  des  Körpers  unter 
ziemlich  rechtem  Winkel  schneidet , so  ist  der  Saugnapf  anfangs  natürlich  ziemlich  genau  nach 
hinten  gekehrt.  Er  zeigt  diese  Stellung  auch  dann  noch,  wenn  er  nach  Ausbildung  seiner 
Napfform,  wie  es  nicht  selten  geschieht,  anstatt  des  Kopfzapfens  zur  Hefestigung  an  dem 
mütterlichen  Körper  benutzt  wird,  und  überhaupt  gewöhnlich  so  lange,  bis  das  Junge  ein  freies 
und  selbstständiges  Leben  beginnt.  xA.natomisch  erklärt  sich  diese  Stellung  theils  durch  die  ge- 
ringe Tiefe  der  den  Saugnapf  isolirenden  Ringfurche,  die  kaum  eine  freiere  Bewegung  des  letz- 
tem zulässt,  theils  auch  dadurch,  dass  die  Rückendecke  des  Körpers,  die  in  den  obern  Rand 
der  Ringscheibe  übergeht,  im  Yerhältniss  zu  der  Bauchfiäche  immer  noch  verkürzt  ist. 

Es  ist  übrigens  nicht  blos  der  hintere  Körperrand,  welcher  bei  fortschreitender  Ent- 
wicklung der  jungen  Clepsinen  seine  frühere  Form  allmählich  verändert.  Ein  Gleiches  gilt  auch 
für  das  Kopfende,  obwohl  dessen  Veränderungen  im  Ganzen  viel  weniger  auffallend  sind  und 
auch  erst  später  eintreten.  Zunächst  beobachtet  man  hier,  dass  die  anfangs  bis  Aveit  nach  vorn 
emporragende  Dottermasse  unter  gleichzeitiger  Ausbildung  des  Oesophagus  immer  mehr  nach 
hinten  zurück  Aveicht.  (Taf.  VII.  Fig.  14,  15,  16.)  Eine  eigentliche  Lagenveränderung  des 
Dotters  ist  damit  allerdings  Avohl  kaum  verbunden.  Es  entsteht  vielmehr  der  Anschein  eines 
solchen  Zurückweichens  nur  dadurch,  dass  der  (dotterlose)  Kopfzapfen  der  Jungen  rascher 
wächst,  als  die  übrigen  Körpertheile.  Hat  derselbe  eine  bestimmte  Länge  erreicht,  so  nimmt 
auch  der  Rand  der  anfangs,  Avie  wir  Avissen,  gerade  nach  A’orn  gekehrten  iNIundölfnung  ein  ande- 
res Aussehen  an , indem  das  obere,  dem  Rücken  angehörende  Segment  zu  einer  schirmförmigen 
Lippe  ausAvächst,  welche  die  iNIundöffnung  überdacht  und  nach  dem  Bauche  zu  herabdrückt. 
An  dem  hintern  oder  untern  Rande  derselben  bildet  sich  eine  nur  unbedeutende  Aufwulstung. 

Bis  dahin  hat  der  Leib  unserer  Thiere  noch  so  ziemlich  die  frühere  Cylinderform  be- 
halten. In  der  zweiten  Hälfte  der  gegenwärtigen  EntAvicklungspcriode  tritt  aber  auch  hier  eine 
Aenderung  ein.  Der  Rücken,  der  schon  Avährend  der  EntAAÜcklung  der  Muskeldecken  immer 
mehr  in  die  Länge  geAv^achsen  Avar  und  allmählich  das  Missverhältniss  ausgeglichen  hatte, 
(Taf.  VII.  Fig.  13.)  das  zAvischen  ihm  und  der  Bauchseite  anfangs  obAvaltete,  plattet  sich  ab 
und  nähert  sich  dem  schon  früher  mehr  flächenhaft  ausgebreiteten  Bauche.  Natürlich,  dass  die 
Breite  des  Körpers  zugleich  mit  dieser  Abplattung  um  ein  Beträchtliches  zunimmt.  Die  Seiten- 
ränder springen  immer  Aveiter  vor,  und  die  Körperform  geAvinnt  eine  immer  grössere  Aehnlich- 
keit  mit  der  des  ausgebildeten  Thieres.  Zuletzt  nimmt  der  Leib  auch  allmählich  die  spätere 

13* 


100 


Clepsine. 


Ringelung  an,  indem  die  schon  früher  sichtbaren  Segmente  je  in  drei  auf  einander  folgende  Ab- 
schnitte zerfallen,  die  sich  durch  scharfe  Furchen  gegen  einander  absetzen.  An  den  Seitenrän- 
dern springen  diese  Ringe  fast  zackenartig  vor,  die  letzten  jeder  Gruppe  am  meisten,  die  vor- 
dem am  wenigsten. 

Die  Pigmentflecke  erscheinen  einige  Tage  vor  der  Abtrennung  vom  mütterlichen  Kör- 
per. Sie  entstehen  zuerst  in  spärlicher  iMenge  auf  der  Rückenfläche  des  vordem  Körperdrit- 
theils,  vermehren  sich  aber  so  rasch  , dass  sie  bei  den  eben  abgelösten  Jungen  bereits  einige 
dreissiff  Längsreihen  znsammensetzen.  Ueber  die  Zellennatur  dieser  Fleckchen  kann  trotz  der 
äusserst  wechselnden  Form  und  Grösse  kein  Zweifel  sein,  da  die  hellen  Kerne  meist  deutlich 
durch  das  hellbraune  Pigment  hindurch  schimmern.  In  den  tiefem  Lagen  der  Körperdecken 
kommt  ausserdem  noch  eine  zweite  Form  von  Pigmentzellen  vor,  die  mit  gelblich  grünen  Mole- 
kularkörnchen  gefüllt  sind  und  eine  beträchtliche  Grösse  besitzen  ( 0,0009'%  bei  den  Erwachse- 
nen sogar  mitunter  bis  zu  0,004  — 0,005").  Nach  Kalizusatz  fliessen  die  Pigmentkörnchen 
dieser  Zellen  unter  Druck  nicht  selten  zu  kleinen  Kügelchen  eines  flüssigen  Fettes  zusammen. 

Zwischen  den  Pigmentzellen  der  Haut  finden  sich  am  Bauche  und  Rücken  der  reiferen 
Jungen  zahlreiche  kleine  (0,0002"  grosse)  runde  Körperchen  von  hellem  Aussehen  und  starkem 
Lichtbrechungsvermögen,  die  auf  den  ersten  Blick  einige  Aehnlichkeit  mit  Kalkkörperchen 
haben  und  dafür  auch  um  so  eher  gehalten  werden  könnten,  als  die  Körperoberfläche  erwach- 
sener Clepsinen  in  verdünnter  Salzsäure  ziemlich  viele  Gasbläschen  entwickelt.  Hei  näherer 
Untersuchung  ergeben  sich  diese  Körper  jedoch  als  Fettablagerungen,  die  nach  Vorkommen 
und  Vertheilung  möglichenfalls  aus  dem  noch  immer  dotterhaltigen  Magen  stammen. 

Auf  der  Körperoberfläche  der  jungen  Clepsinen  erkennt  man  bei  näherer  Betrachtung 
auch  bereits  mehrere  Längsreihen  kleiner  Hautwärzchen,  wie  bei  den  erwachsenen  Thieren,  nur 
dass  die  beiden  mittleren  Reihen  einstweilen  nur  wenig  vor  den  übrigen  hervorragen. 

§.  17. 

Dass  die  Metamorphose  der  Bauchplatten  und  deren  Täfelchen  bei  den  Clepsinen  die- 
selbe ist,  wie  bei  der  Nephelis , habe  ich  schon  bei  einer  frühem  Gelegenheit  hervorheben  kön- 
nen. In  beiden  Fällen  entsteht  daraus  die  gleiche  Summe  von  Organen  und  auf  so  übereinstim- 
mende Weise,  dass  es  eine  unnütze  Wiederholung  sein  würde,  wenn  ich  die  Einzelnheiten  die- 
ses Vorganges  hier  noch  einmal  schildern  wollte.  Der  Umstand,  dass  derselbe  das  eine  !Mal 
noch  während  des  Eilebeiis  abläuft,  während  er  das  andere  Mal,  bei  unseren  Clepsinen,  in  eine 
spätere  Zeit  fällt,  kann  an  dieser  Uebereinstimmung  um  so  weniger  ändern,  als  wir  ja  wissen, 
dass  der  Termin  der  Geburt  überhaupt  in  sehr  verschiedene  Zeiten  des  Entwicklungslebens 
fällt  und  nicht  einmal  bei  allen  Arten  von  Clepsine  genau  derselbe  ist. 

Clepsine  marginata  zeigt  beim  Ausschlüpfen  aus  den  Eihüllen  die  eben  erst  durch 
Gliederung  von  einander  getrennten  Täfelchen  der  Bauchplatten,  während  diese  Organe  bei  den 
neugebornen  Jungen  von  CI.  complanata  u.  a.  bereits  in  eine  Ganglienkette  und  eine  entspre- 


Zioeite  Periode. 


101 


chende  Anzahl  paariger  Muskelanlagen  differenzirt  sind.  Allerdings  ist  die  Entwicklung  dieser 
Gebilde,  und  namentlich  der  letztem,  erst  sehr  wenig  fortgeschritten,  allein  wir  wüssen  ja,  dass 
unsere  Thiere  auch  in  anderer  Beziehung  noch  weit  von  der  lleife  entfernt  sind. 

Die  Muskulatur  der  Jungen  beschränkt  sich  einstweilen  auf  die  nächste  Nähe  des 
Bauchmarkes.  An  der  Seite  desselben  findet  man  rechts  und  links  eine  Anzahl  kleiner  vierecki- 
ger Plättchen,  die  in  der  vordem  Hälfte  eine  fast  quadratische  Gestalt  haben,  je  ein  Paar  neben 
einem  Ganglion.  Eine  Faserung  lässt  sich  darin  anfangs  noch  nicht  mit  Bestimmtheit  nachw’ei- 
sen.  Aber  schon  nach  kurzer  Zeit  erkennt  man,  dass  ein  jedes  dieser  Plättchen,  wie  bei  Ne- 
phelis,  ein  flächenhaft  ausgebreitetes,  dünnes  Muskelfaserbündel  ist,  dessen  Elemente  in  gerader 
Richtung  verlaufen  und  immer  mehr  und  w'eiter  auswachsen.  Die  Plättchen  werden  zu  Bän- 
dern, die  in  den  Seitentheilen  des  Körpers  emporsteigen,  (Taf.  VII.  Fig.  ll.J  von  da  auf  die 
Rückenfläche  übergehen  und  in  deren  Mittellinie  schliesslich  zusammenstossen.  Noch  vor  der 
vollständigen  Entwicklung  des  Saugnapfes  sind  die  Körperdecken  in  ganzer  Ausdehnung  von 
einer  Muskellage  durchzogen,  die  sich  bei  näherer  Betrachtung  in  eine  Anzahl  einzelner  Quer- 
bänder oder  Muskelsegmente  auflöst. 

Wo  diese  Querbänder  neben  den  einzelnen  Ganglien  beginnen,  liegt  zwischen  je  zweien 
eine  grosse  (0,0010  — 0,001  1”)  Zelle  mit  zahlreichen  Fettkügelchen  im  Innern,  die  man  deut- 
lich durch  die  äusseren  Bedeckungen  hindurchschimmern  sieht. 

Bekanntlich  bleibt  übrigens  der  Hautmuskelschlauch  der  Clepsinen  nicht  auf  die  Quer- 
oder Ringmuskeln  beschränkt.  Wie  hei Nephelis,  bilden  sich  auch  hier  noch  Längsmuskelfasern  und 
solche,  die  in  den  Seitentheilen  des  Körpers  senkrecht  von  dem  Rücken  nach  dem  Bauche  zu 
herabsteigen.  Die  letzteren  entstehen  anfangs  nur  in  den  Zwischenräumen  zwischen  je  zwei  Mus- 
kelbändern und  sehen  dann  bei  der  Betrachtung  vom  Bauch  oder  Rücken  fast  wie  Scheidewände 
aus,  die  durch  die  allmählich  immer  mehr  vergrüsserte  Leibeshöhle  nach  dem  Darme  hin  aus- 
gespannt sind.  (Taf.  VII.  Fig.  12,  14.)  Dieser  Anschein  vergeht  erst  später,  wenn  die  Sub- 
stanz der  Muskeldecken  trotz  der  stets  fortschreitenden  Verdickung  durch  Aufhellung  ihrer  Ele- 
mente klarer  und  durchsichtiger  wird  und  die  ursprüngliche  Regelmässigkeit  in  der  Gruppirung 
der  betreffenden  Fasern  verschwindet.  Wie  bei  Nepheli$,  so  trägt  die  Entwicklung  dieser  senk- 
rechten Fasern  auch  bei  Clepsine  viel  dazu  bei , dem  Körper  seine  definitive  Gestalt  zu  geben, 
wie  denn  die  volle  Ausbildung  des  Hautmuskelschlauches  überhaupt  erst  in  eine  spätere  Zeit 
fällt.  Dass  damit  auch  die  Leibeshöhle  unserer  Thiere  allmählich  verloren  geht,  ist  nach  dem 
Verhalten  der  erwachsenen  Thiere  zur  Genüge  bekannt. 

Die  Zahl  der  queren  Muskelsegmente  beläuftsich  bei  denClepsinen  bis  zum  vordem  Rande 
des  Saugnapfes  auf  21.  (Taf.  VII.  Fig.  11.)  Eben  so  gross  ist  natürlich  auch  die  Zahl  der 
zwischenliegenden  Ganglien,  die  in  dichter  Reihe  auf  einander  folgen  und  schon  frühe  durch 
einzelne  über  sie  hinlaufende  Längsfasern  zu  einer  zusammenhängenden  Kette  vereinigt  sind. 
Anfangs  nehmen  diese  Ganglien  nach  hinten  zn  ganz  regelmässig  an  Grösse  ab,  so  dass  also  das 
vorderste  derselben  das  grösseste  ist,  später  findet  man  jedoch  die  drei  ersten  zw'ar  etw^as  breiter, 
als  die  nächstfolgenden,  aber  dabei  kürzer  und  dichter  neben  einander.  Diese  Unterschiede  er- 


102 


Clepsine. 


klären  sich  dadurch,  dass  der  hintere  Rand  der  drei  ersten  Ganglien  nicht  in  gleichem  Maasse, 
wie  der  der  übrigen,  in  eine  stumpfe  Spitze  ausvvächst,  also  mehr  die  ursprüngliche  Biscuit- 
form  beibehält,  während  die  übrigen  Ganglien  fast  einem  Kartenherzen  ähnlich  -werden.  So 
wenigstens  in  der  ersten  Hälfte  dieser  Entwicklungsperiode,  auf  die  späterhin,  wie  wir  uns 
überzeugen  werden,  eine  Zeit  mit  neuen  und  abweichenden  Formverhältnissen  folgt. 

^yir  haben  bisher  blos  von  demjenigen  Theile  des  Körpers  gehandelt,  der  den  eigent- 
lichen Rumpf  der  Clepsinen  darstellt.  Aber  die  Bauchwand  des  Embryo  reicht  bekanntlich 
weiter,  indem  sie  auch  den  Saugnapf  in  sich  fasst.  Dieser  hintere  Theil  der  Bauchwand  zeigt 
bei  den  neugebornen  Clepsinen  neun  tafelförmige  Abschnitte,  (Taf.VII.  Fig.  1 1.)  die  eine  freilich 
nur  unbedeutende  Länge  besitzen,  sich  aber  sonst  ganz  ebenso,  wie  die  vorhergehenden  Täfel- 
chen , je  in  ein  Ganglion  und  ein  Paar  Muskelplättchen  auflösen.  Das  spätere  Verhalten  dieser 
Organe  ist  allerdings  in  einiger  Beziehung  abweichend. 

Was  zunächst  die  Muskelanlagen  betrifft,  so  bleiben  diese  beständig  auf  die  Bauch- 
fläche des  Körpers  beschränkt.  Sie  bleiben  schmale  Muskel-Streifen,  die  eine  Zeitlang  wie  die 
INIuskelbänder  des  Rumpfes  verlaufen,  dann  aber,  während  der  Abtrennung  und  Formung  des 
Saugnapfes  allmählich  eine  radiäre  Gruppirung  annehmen.  Diese  Umwandlung  wird  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  durch  das  Breitenwachsthum  der  Muskelstreifen  bedingt,  das  immer 
ansehnlicher  ausfällt,  je  mehr  sich  dieselben  von  der  Mittellinie  des  Saugnapfes  entfernen. 
Sobald  ihre  Seitenränder  nun  auf  einander  stossen,  -R-irken  sie  wie  Keile:  die  mittleren  Streifen, 
die  am  wenigsten  ausweichen  können , behalten  ihre  Querlage,  -während  die  vordem  und  hin- 
tern immer  mehr  und  stärker  aus  der  frühem  Lage  verdrängt  werden.  Am  vordem  Rande  des 
Saugnapfes  geht  übrigens  diese  Umlagerung  et-was  langsamer  vor  sich,  als  am  hintern,  so  lange 
wenigstens,  als  die  Abtrennung  des  Saugnapfes  noch  unvollständig-  ist.  Späterhin  sieht  man 
auch  hier  die  Streifen  in  ganzer  Länge  neben  einander  hinziehen. 

Ich  brauche  kaum  darauf  aufmerksam  zu  machen , dass  es  die  Radiärfasern  des  Saug- 
napfes sind,  die  auf  solche  Weise,  durch  Umformung  der  Muskelsegmente,  ihren  Ursprung  ge- 
nommen haben.  Die  Ringfasern  entstehen  erst  später  und  nachträglich,  wie  die  Längsfasern 
des  Rumpfes,  denen  man  sie  auch  in  morphologischer  Beziehung  vergleichen  darf. 

Die  Uebereinstimmung  des  Saugnapfes  mit  dem  Rumpfe  geht  so  weit,  dass  zwischen 
je  zwei  Muskelstreifen  desselben  eine  eben  solche  grosse  Fettzelle  vorkommt,  wie  wir  sie  zwi- 
schen den  einzelnen  Muskelsegmenten  des  Rumpfes  oben  vorgefunden  haben.  Allerdings  schei- 
nen diese  Zellen  im  Saugnapfe  früher  zu  verschwinden , als  im  Rumpfe,  doch  wird  man  sie  bei 
näherer  Untersuchung  auch  nach  dem  scheinbaren  Schwunde  noch  eine  Zeitlang  im  Innern  der 
einzelnen  Muskelbündel  versteckt  finden. 

Das  Verhalten  der  neun  Saugnapfganglien  lässt  sich  weit  schwieriger  beobachten,  so 
dass  ich  ausser  Stande  gewesen  bin,  dasselbe  Schritt  für  Schritt  zu  verfolgen.  Doch  bleibt 
über  die  endlichen  Schicksale  derselben  kein  Zweifel,  wenn  man  in  älteren  Jungen,  besonders 
solchen,  die  man  vorher  mit  Essigsäure  behandelt  hat,  statt  der  ursprünglich  vorhandenen  klei- 


Zweite  Periode. 


103 


nen  Knoten  in  dem  kurzen  und  dicken  Stiele  des  Saugnapfes  (Taf.  VII.  Fig.  13. J ein  einziges 
Ganglion  von  bedeutender  Grösse  und  länglicher  Form  trifft,  das  eine  ganze  Anzahl  von  Ner- 
ven abgiebt,  während  wir  sonst  nur  ein  einziges  Nervenpaar  aus  den  Ganglien  unseres  Wurmes 
hervorkommen  sehen. 

Das  Endganglion  von  Clepsine  ist  also  eben  so,  wie  das  von  Nephelis , aus  mehreren 
einzelnen  Ganglien  zusammengesetzt,  nur  dass  die  Verschmelzung  hier  früher  und  an  Gebilden 
geschieht,  die  an  Grösse  beträchtlich  zurückstehen. 

Die  gleiche  Aehnlichkeit  spricht  sich  aber  auch  in  dem  Verhalten  des  vorderen  Bauch- 
markes aus.  Wir  wissen,  dass  das  erste  Ganglion,  w'elches  den  Zusammenhang  der  Bauch- 
kette mit  dem  Hirne  vermittelt,  bei  Nephelis  gleichfalls  ein  zusammengesetztes  ist.  Und  ganz 
ebenso  auch  bei  Clepsine. 

Nach  meinen  bisherigen  Angaben  könnte  man  allerdings  leicht  das  Gegentheil  ver- 
muthen.  Aber  das  Ganglion  , von  dem  ich  bisher  als  von  dem  vordersten  gesprochen  habe,  ist 
in  Wirklichkeit  nicht  das  erste,  sondern  das  zweite  der  Kette.  Das  erste  Ganglion  liegt  dicht 
davor,  aber  nicht  flach  auf  der  Bauchwand,  wie  alle  folgenden , sondern  davon  abgehoben  und 
gegen  den  Oesophagus  oder  das  Gehirn  emporgerichtet.  Daher  kommt  es  denn  auch,  dass  die- 
ses Ganglion  trotz  seiner  ansehnlichen  Grösse  leicht  übersehen  oder  falsch  gedeutet  wird.  Und 
die  Gefahr  eines  Irrthums  ist  um  so  grösser,  als  auch  die  Form  des  Ganglions  und  dessen  Bezie- 
hungen zum  Gehirne  nicht  ganz  die  gewöhnlichen  sind. 

Die  Form  betreffend,  so  lässt  sich  diese  vielleicht  am  besten  mit  einem  Wappenschilde 
vergleichen.  An  Masse  etwa  drei  Mal  so  beträchtlich  als  das  Gehirn , hat  das  Ganglion  vorn  so 
ziemlich  die  gleiche  Breite,  während  es  sich  nach  hinten  zu  immer  mehr,  bis  etwa  zur  gewöhn- 
lichen Breite  der  Bauchganglien,  allmählich  verschmälert.  Das  Verhältniss  der  Länge  zur  Breite 
zeigt  übrigens  nachdem  Contractionszustandedes  Wurmes  und  der  Haltung  des  Rüssels  mancherlei 
Unterschiede.  Ist  der  Körper  stark  verkürzt  und  der  Rüssel  vorgeschoben,  dann  überwiegt  die 
Bi'eite,  während  es  im  andern  Falle  die  Länge  ist,  die  vorwaltet.  Dabei  ist  die  Masse  des 
Ganglions  nicht  etwa  flächenhaft  in  einer  schief  aufsteigenden  Ebene  ausgebreitet,  sondern  nach 
dem  Bauche  stark  gewölbt  und  auf  der  Rückenfläche  mit  einer  Rinne  versehen , die  zur  Auf- 
nahme des  Rüssels  dient  und  die  mehrfach  gelappten  Seitenränder  wulstförmig  nach  aussen  her- 
vorspringen lässt.  Dureh  dieses  Aussehen  getäuscht,  hat  Gbube  die  eben  erwähnten  Seitenwülste 
als  ein  Paar  ganglionärer  Commissuren  beschrieben , die  von  dem  Bauchmarke  nach  dem  Ge- 
hirne emporstiegen  und  die  Seitentheile  des  Oesophagus  umfassten.  Allerdings  giebt  es  solche 
Commissuren,  aber  diese  sind  so  kurz,  dass  sie  kaum  als  selbstständige  Theile  des  Nervenappa- 
rates betrachtet  werden  können , es  vielmehr  den  Anschein  hat , als  wenn  die  vordem  Ecken 
des  ersten  Bauchganglions  direct  mit  den  Seitentheilen  des  darüber  liegenden  Gehirnes  sich 
vereinigten.  Der  Zwischenraum  zwischen  Hirn  und  Ganglion  wird  dadurch  auf  das  Aeusserste 
beengt,  wie  etwa  bei  den  Spinnen  und  Skorpionen.  Und  wie  man  bei  den  letzteren  nicht  selten 
diese  beiderlei  Gebilde  irrthümlicher  Weise  als  eine  einzige  zusammenhängende  Masse  betrach- 


104 


Clepsine, 


tete,  so  ist  es  auch  bei  den  Clepsinen  geschehen,  dass  IIudge,*)  die  Zusammensetzung  des 
Schlundringes  verkennend,  dieselben  einfach  als  das  Hirn  unseres  Thieres  beschrieben  hat.^) 

Das  Gehirn  der  Embryonen  und  neugebornen  Jungen  besffiht  aus  zwei  ovalen  oder 
bimförmigen  Zellenhaufen,  die  dicht  hinter  der  Mundöffnung  auf  der  Rückenfläche  des  Oeso- 
phagus aufliegen  und,  mit  ihrem  dünnem  Ende  zusammenstossend,  einen  nach  vorn  convexen 
Bogen  darstellen,  dessen  Seitentheile  sich  an  den  schon  jetzt  vorhandenen  vordem  Bauch- 
knoten anschliessen.  Die  erste  Anlage  und  Entwicklung  dieser  Gebilde  hat  sich  meinen  Unter- 
suchungen entzogen.  Ich  kann  nur  so  viel  angeben,  dass  es  eigentlich  vier  Ganglien  sind,  die 
in  die  Bildung  des  vordersten  Bauchknotens  eingehen.  Von  den  übrigen  Ganglien  des  Bauch- 
stranges sind  dieselben  anfangs  nur  durch  ihi-e  Kürze  und  Breite  unterschieden , durch  Eigen- 
schaften, die  mit  Zunahme  der  Entwicklung  immer  deutlicher  hervortreten  und  auch  für  die 
definitiven  Gestaltverhältnisse  der  Gesammtmasse  bestimmend  sind.  Die  beträchtliche  Breite 
der  Ganglien  und  namentlich  der  vordem , kommt  übrigens  weniger  auf  Kosten  der  eigentlich 
ganglionären , als  vielmehr  der  fibrillären  Substanz,  mit  andern  Worten  auf  Kosten  der  Com- 
missurfasern , die  sich  in  Fächerform  über  die  Marksubstanz  ausbreiten  und  dieselbe  immer 
mehr  zur  Seite  drängen.  Daher  kommt  es  denn  auch,  dass  die  Einschnitte  zwischen  den  Gang- 
lien an  den  Seitenrändern  des  betreffenden  Knotens  am  deutlichsten  sind. 

Mit  zunehmender  Breite  wird  aber  auch  hier  die  Tiefe  der  Einschnitte  verhältnissmäs- 
sig  geringer,  und  dann  tritt  natürlich  die  Aehnlichkeit,  die  bisher  zwischen  den  einzelnen  Par- 
tien des  vordem  Bauchknotens  und  den  dahinter  liegenden  Ganglien  obgewaltet  hatte,  allmäh- 
lich immer  mehr  in  den  Hintergrund,  zumal  die  letzten  auch  inzwischen  durch  Längsstreckung 
ihrer  Commissuren  um  ein  Beträchtliches  aus  einander  gerückt  sind. 

§.  18. 

Wie  oben  bemerkt  worden,  ist  das  Gehirn  der  neugebornen  Jungen  sehr  weit  nach 
vorn  gelegen,  fast  unmittelbar  hinter  dem  Mundrande.  (Taf.  VII.  Fig.  9.)  Aber  diese  Lage 
ist  keine  bleibende.  Sobald  das  Kopfende  des  Wurmes  sich  zu  strecken  beginnt,  weicht  das 
H irn  scheinbar  immer  mehr  zurück,  bis  es,  nach  der  Entwicklung  der  Oberlippe,  in  ziemlich 
bedeutender  Entfernung  von  dem  Kopfrande  gefunden  wird.  (Taf.  VII.  Fig.  16.) 

Um  diese  Zeit  sind  aber  auch  sonst  mit  dem  Gehirne  mancherlei  Veränderungen  vor 
sich  gegangen.  Die  mittlere  Partie,  die  durch  die  Verschmelzung  der  fast  stielförmigen,  schma- 
len Innen theile  der  zwei  Seitenganglien  entstanden  ist,  hat  sich  allmählich  immer  entschie- 
dener gegen  die  letzten  abgesetzt  und  in  eine  Quercommissur  verwandelt,  die  eine  fast  aus- 
schliesslich fasrige  Textur  zeigt.  Die  Seitentheile  dieser  Faserlagen  ragen  bis  weit  in  die  anlie- 


1)  Clepsine  hioculata,  aus  den  Verhandl.  des  naturhist.  Vereins  der  pr.  Rheinlande  und  Westphalens 
bes.  abgedruckt.  Bonn,  1849.  S.  14. 

2)  Denselben  Irrthum  hat  Leydig  bei  Piscicola  begangen  , Zeitschrift  für  wissensch.  Zoologie.  Bd.  I. 

S.  129. 


Ziceite  Periode. 


105 


gendeu  Ganglien  hinein  und  bilden  hier  auf  der  Oberfläche  ein  Paar  glatter  Hügel  von  querovaler 
Form,  die  sich  ziemlich  scharf  gegen  die  eigentlich  ganglionäre  Substanz  absetzen.  Die  letztere 
überragt  den  Rand  des  Faserkernes  und  bildet  namentlich  vorn  und  hinten  an  demselben  einige 
lappige  Fortsätze,  die  eine  verschiedene  Grösse  besitzen  und  erst  während  des  spätem  freien 
Lebens  ihre  definitive  Gestaltung  erhalten.  Hei  erwachsenen  Exemplaren  von  Clepsine  compla- 
nata  sehe  ich  an  dem  Vorderrande  jenes  Kernes  drei  kleine  kugelförmige  Anhäufungen  von 
Ganglienzellen  und  eben  so  viele  grössere  auch  andern  Hinterrande,  Avährend  ich  bei  jungen 
Thieren  , die  eben  erst  ihre  IMutter  verlassen  haben,  vorn  w'ie  hinten  nur  eine  einzige  schirm- 
förmig vorspringende  Markmasse  vorfinde,  die  hinten  an  einer  Stelle  durch  einen  seichten  Aus- 
schnitt getheilt  ist.  Uebrigens  liegt  auch  an  der  untern  Fläche  des  Faserkernes  eine  Anzahl 
kleiner  ganglionärer  Erhebungen. 

Die  Länge  der  fasrigen  Commissur  zeigt  mehrfache  Unterschiede,  nicht  blos  bei  ver- 
schiedenen Thieren,  sondern  auch  bei  demselben,  je  nach  der  Lage  des  Rüssels.  Ist  dieser 
zurückgezogen,  dann  erscheint  die  Länge  nur  unbedeutend,  während  sie  um  ein  Reträchtliches 
wächst,  sobald  der  Rüssel  durch  das  bekanntlich  nur  enge  Lumen  des  Schlundringes  hervorge- 
streckt wird. 

Der  einzige  Nerv,  der  aus  dem  Hirne  hervorkommt,  ist  der  Sehnerv.  Er  entspringt 
als  ein  ziemlich  dicker  Stamm  aus  der  Fasermasse  des  Hirnkernes  und  zwar  auf  der  Unterfläche 
desselben,  läuft  dann  unterhalb  der  vordem  Hirnlappen  nach  innen  und  vorn,  und  theilt  sich 
schliesslich  in  so  viele  einzelne  Zweige,  als  Augen  vorhanden  sind.  Ueber  die  Entwicklung  der 
Augen  habe  ich  bei  Clepsine  keine  besondern  Untersuchungen  angestellt.  Ich  beschränke  mich 
deshalb  auf  die  Hemerkung,  dass  die  Pigmentirung  derselben  erst  in  der  allerletzten  Zeit  des 
Entw’icklungslebens  hervortritt,  nachdem  die  Haut  bereits  in  ziemlicher  Ausdehnung  gefärbt 
ist.  Sie  ist  anfangs  zinnoberroth , später,  wenn  die  .Jungen  ihre  Mutter  verlassen,  dunkelpur- 
purn und  wird  erst  schliesslich  schwarz. 

Ganz  ähnliche  Veränderungen,  wie  wir  sie  an  dem  Hirn  unserer  Clepsinen  eben  be- 
schrieben haben , gehen  gegen  Ende  dieser  zweiten  Entwicklungsperiode  auch  an  dem  vordem 
Bauchknoten  vor  sich.  Auch  hier  bildet  sich  eine  Anzahl  von  ganglionären  Lappen,  theils  da- 
durch, dass  die  an  den  Seitenrändern  vorspringenden  Ueberreste  der  vier  primären  Ganglien 
zerfallen,  theils  auch  durch  Zusammenhäufung  der  bisher  an  der  Unterfläche  der  Faserstränge 
in  ebener  Schicht  vertheilten  Ganglienzellen.  Auf  letztere  Weise  entstehen  jederseits  neben  der 
Mittellinie  des  betreffenden  Knotens  sieben  reihenweis  hinter  einander  geordnete  Buckel  von 
ovaler  oder  kugliger  Gestalt,  während  auf  dem  erstem  Wege  sieben  andere  Hervorragungen  von 
gleichfalls  rundlicher  oder  ovaler  Form  ihren  Ursprung  nehmen,  die  den  Seitenrand  der  mulden- 
förmigen Nervenmasse  garniren  und  nach  hinten  allmählich  an  Grösse  etwas  abnehmen. 

Ich  brauche  w'ohl  kaum  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  alle  diese  Veränderun- 
gen mit  den  bei  Nephelis  oben  ausführlicher  geschilderten  Vorgängen  die  grösseste  Analogie 
haben,  obwohl  sie  sich  im  Einzelnen  davon  mehrfach  unterscheiden. 

Von  den  fünf  Nervenpaaren  des  vordem  Bauchknotens  gehen  die  vier  hintern,  die  zu- 

Hathke,  Entwicklung  der  Ilirudineen.  14 


106 


Clepsine. 


gleich  die  dünnem  sind,  an  die  Lippen.  lieber  die  Verbreitung  des  vordem  stärkern  Nerven, 
der  in  der  Nabe  des  Gehirns  von  der  äussern  Seite  des  Ganglions  unter  und  hinter  dem  Sehner- 
ven entspringt  und  nach  vom  läuft,  bin  ich  im  Ungewissen  geblieben.  Ich  weiss  nicht,  ob  er 
der  Oberlippe  angehürt  oder  den  von  Hupge  beschriebenen  Seitennerven  darstellt,  von  dem 
ich  übrigens  sonst  bei  meinen  Untersuchungen  nichts  bemerkt  habe. 

An  der  Rückenfläche  dieser  mächtigen  Ganglienmassen  lassen  sich,  wie  das  schon  oben 
angedeutet  worden  und  auch  bei  Nephelis  der  Fall  ist,  blos  Nervenfasern  bemerken,  die  neben 
und  über  einander  nach  hinten  laufen,  um  sich  schliesslich,  in  zwei  Stränge  gesammelt,  in  das 
übrige  Bauchmark  hinein  fortzusetzen.  Höchst  wahrscheinlich  entspringen  einige  dieser  Fasern 
aus  den  Ganglienzellen  des  Gehirnes,  andere  und  wohl  die  meisten  aus  denen  des  zugehörenden 
Ganglions  selbst.  In  frischem  Zustande  sind  dieselben  übrigens  so  durchsichtig,  dass  man  durch 
sie  hindurch  die  Ganglienzellen  der  Bauchfläche  deutlich  erkennen  kann. 

Auf  dieses  vordere  Ganglion  folgen  nach  hinten,  wie  wir  wissen,  noch  22  andere,  die 
mit  Ausnahme  des  letzten,  das  wir  schon  oben  berücksichtigten,  einfache  Ganglien  sind  und 
an  Grösse  beträchtlich  zurück  stehen.  Das  erste  dieser  Ganglien,  das  sich  unmittelbar  an  das 
hintere  Ende  der  vordem  Ganglienmasse  anschmiegt,  hat  gegen  Ende  des  Entwicklungslebens 
die  Form  eines  Kartenherzens  angenommen,  nachdem  die  übrigen  diese  Form,  die  ihnen  früher 
gleichfalls  zukam,  mit  einer  unregelmässig  runden  oder,  bei  stärkerer  Längsstreckung  des  Kör- 
pers, mehr  ellipsoidischen  vertauscht  haben.  Die  Zahl  der  Nerven , die  aus  denselben  hervor- 
kommen, beläuft  sich  nicht  auf  zwei,  wie  Bijdge  {iirCl.  bioculata  angiebt,  sondern  nur  auf  einen 
jederseits.  Die  Ganglienkugeln  sind  überall  auf  dieselbe  Weise  in  sechs  Haufen  gesondert,  von 
denen  zwei  unterhalb  der  beiden  dicht  neben  einander  herablaufenden  Faserstränge  an  der  Bauch- 
fläche liegen  und  zwar  einer  hinter  dem  andern,  während  die  übrigen  in  paariger  Gruppirung 
vor  und  hinter  der  Nervenwurzel  in  den  Seitentheilen  der  Ganglien  gefunden  werden.  Die 
Nervenursprünge  verhalten  sich  im  Wesentlichen  wie  bei  Nephelis,  obgleich  die  abweichende 
Zahl  der  Nerven  und  Ganglienhaufen  natürlich  einige  Unterschiede  setzt.  Die  aus  dem  Faser- 
strange abgelenkten  Fasern  ungerechnet,  bekommt  ein  jeder  Nerv  vier  Faserbündel,  von  denen 
zwei  den  Ganglienhaufen  des  gegenüberliegenden  Seitenrandes  angehören,  die  zwei  andern  aber 
aus  dem  zugehörenden  Segmente  der  beiden  medianen  Haufen  hervorkommen.  Die  letzten  ent- 
springen an  der  Bauchfläche,  während  die  ersten  oberhalb  der  Längsfaserstränge  hinlaufen  und 
mit  den  entsprechenden  Wurzeln  der  gegenüberliegenden  Nerven  sich  kreuzen. 

§.  19. 

Zur  Zeit  der  Geburt  ist  der  Darmapparat  der  Clepsine  auch  bei  denjenigen  Arten,  die 
ihre  Eihüllen  am  spätesten  verlassen,  nur  w'enig  entwickelt.  Er  erscheint  als  ein  dottergefüll- 
ter, dünnhäutiger  Sack,  der  den  bei  weitem  grössesten  Theil  der  gesammten  Körpermasse  aus- 
macht, und  am  vordem  Ende  durch  einen  kurzen  und  muskulösen  Canal,  den  Oesophagus,  aus- 
mündet. (Taf.  VII.  Fig.  9.)  Die  Form  dieses  Sackes  wiederholt  die  Körperform,  wie  denn  der 


Zweite  Periode. 


107 


Körper  der  neugebornen  Clepsinen  überhaupt  nichts  Anderes  darstellt,  als  eine  knapp  anlie- 
gende Umhüllung  dieses  Sackes.  Nur  am  Yorderende  erhebt  sich  diese  (animalische)  Hülle  in 
einen  kegelförmigen  Vorsprung,  den  Kopfzapfen,  und  gerade  hier  hat  sich  im  Innern  dersel- 
ben der  oben  erwähnte  Oesophagus  entwickelt. 

Auf  welche  Weise  die  dünne  Haut  entsteht,  die  den  Dotter  einschliesst  und  dazu  be- 
stimmt ist,  sich  in  die  späteren  Darmwände  umzubilden,  habe  ich  bei  Clejonine  eben  so  wenig, 
wie  bei  Nephelis,  durch  directe  Beobachtung  feststellen  können,  doch  unterliegt  es  kaum  einem 
Zweifel,  dass  dieselbe  in  beiden  Fällen  durch  eine  Spaltung  der  ursprünglichen  Keimhaut 
ihren  Ursprung  nimmt.  Ebenso  dürfte  auch  der  Oesophagus  nur  durch  Differenzirung  des  Ach- 
senstranges im  Kopfzapfen  entstanden  sein. 

Ob  der  Oesophagus  von  Anfang  an  einen  Rüssel  enthält,  oder  nicht,  muss  ich  unent- 
schieden lassen.  Jedenfalls  ist  ein  solcher  bald  nach  der  Geburt  vorhanden.  Er  liegt  im 
Innern  der  Speiseröhre,  wie  ein  Degen  in  der  Scheide,  ganz  frei  und  nur  im  Grunde  derselben, 
da,  wo  diese  dem  Dotterschlauch  aufsitzt,  befestigt.  Uöst  man  die  Jungen  von  ihrer  iNlutter  ab, 
so  wird  er  nicht  selten  zapfenförmig  aus  der  iMundöffnung  nach  aussen  hervorgestreckt,  (Taf.  VII. 
Fig.  1 1.)  und  ist  es  gewöhnlich  erst  dieses  iManoeuvre,  welches  den  Beobachter  auf  die  Existenz 
desselben  aufmerksam  macht. 

Uebrigens  sind  Rüssel  und  Oesophagus  während  der  ganzen  ersten  Hälfte  dieser  Periode 
von  nur  unbedeutender  Länge,  wie  denn  die  morphologische  Entwicklung  des  Darmapparates 
überhaupt  erst  nach  der  Ausbildung  des  Saugnapfes  und  der  muskulösen  Körperdecken  erheb- 
liche Fortschritte  macht. 

Diese  weitere  Entwicklung  des  Darmapparates  wird  dadurch  eingeleitet,  dass  der  Kör- 
per rascher  und  stärker  wächst,  als  der  eingeschlossene  Dotterschlauch.  Die  Körperdeckeu 
heben  sich  dabei  immer  mehr  und  immer  weiter  von  der  Darmhaut  ab,  auf  der  sie  ursprünglich 
dicht  auflagen.  Am  auffallendsten  ist  das  in  dem  vor  dem  Dotterschlauche  gelegenen  Kopfzapfen, 
der  allmählich  so  weit  über  diesen  Schlauch  hinauswächst,  dass  er  bei  den  ausgebildeten  Jungen 
mehr  als  das  vordere  Drittheil  des  gesammten  Bauchmarkes  in  sich  einschliesst,  (Taf.  VII. 
Fig.  16.)  während  er  anfangs  ausser  dem  Hirne  nur  noch  das  zusammengesetzte  untere  Schlund- 
ganglion enthielt.  Da  der  Dotterschlauch  dem  auswachsenden  Kopfzapfen  nicht  folgt,  so  muss 
sich  der  Oesophagus  natürlich  in  geradem  Verhältniss  mit  der  fortschreitenden  Entwicklung  des- 
selben verlängern.  Er  wird  gewissermaassen  durch  den  Zug  des  wachsenden  Zapfens  immer 
länger  ausgesponnen.  Die  Insertion  des  Rüssels  rückt  dabei  scheinbar  immer  tiefer.  Ebenso 
wird  auch  die  Entfernung  des  vordem  Rüsselendes  von  der  Mundöffnung  immer  grösser,  obwohl 
die  Länge  desselben  nicht  unbeträchtlich  zunimmt.  (Taf.  "NTI.  Fig.  15,  16.)  An  dem  walzenförmi- 
gen Rüssel  der  reifem  Jungen  unterscheidet  man  in  dem  dicken  Muskelrohre  zwei  über  einander 
liegende  Schichten , von  denen  die  innere  bei  weitem  die  dickere  ist.  Sie  wird  von  Ringfasern 
gebildet,  die  so  dicht  neben  einander  liegen,  und  so  stark  gespannt  sind,  dass  das  Lumen  des 
Rüssels  dadurch  auf  einen  engen  Spalt  beschränkt  wird,  der  in  Form  eines  dünnen  Längsstri- 
ches durch  die  Wandungen  hindurchschimmert.  Von  diesem  Striche  gehen  in  massig  grossen 

14* 


lOS 


Clepsine. 


Zwischenräumen  rechts  und  links  viele  kurze  Querstriche  ab,  die  bald  auf  gleicher  Höhe  ange- 
bracht sind,  bald  auch  altcrniren , aber  verschwinden,  sobald  der  Kussel  ausgestreekt  wird. 
Sie  rühren  von  inässig  hohen  und  dicken,  abgerundeten  Querwülsten  her,  die  unter  dem  Ein- 
flüsse der  die  äussere  Muskellage  des  Rüssels  zusammensetzenden  Längsfasern  durch  die  eng- 
gepressten  Ringmuskelfasern  gebildet  werden.  Am  hintern  Ende  des  Rüssels  findet  sich  eine 
ringförmige  Klappe.  Das  vordere  Ende  ist  einstweilen  noch  glattwandig.  Es  liegt,  wie  schon 
bemerkt  wurde,  im  Ruhezustände  ziemlich  weit  von  der  Mundöffnung  entfernt,  dicht  hinter 
dem  Gehirne,  so  dass  ein  beträchtlicher  Theil  der  Speiseröhre  demselben  vorausgeht.  Dieser 
vordere  leere  Theil  hat  wegen  der  Dicke  seiner  Muskelwandungen  (Taf.  VII.  Fig.  16.)  fast  das 
Aussehen  eines  Schlundkopfes , w'ie  das  auch  schon  von  anderer  Seite  für  den  erwachsenen 
AVurm  bemerkt  ist.  Jedenfalls  besitzt  er  Functionen,  die  von  denen  der  hintern  Oesophagus- 
hälfte,  die  um  den  Rüssel  eine  dünne  Scheide  bildet,  verschieden  sind.  Zu  den  Seiten  dieser 
Scheide  liegen  (Taf.  VII.  Fig.  16.)  einige  streifenförmige  Ansammlungen  rundlicher,  scharf 
begrenzter  Körperchen  (zu  0,007"),  die  sich  späterhin  in  längliche,  einfache  oder  gabelförmig  ge- 
spaltene Läppchen  zusammenordnen  und  dann  als  deutliche  Zellen  mit  Kern  und  schwach  granu- 
liitem  Inhalte  erkannt  -werden.  Nach  den  Untersuchungen  Leydig’s  besitzen  diese  Zellen  je 
einzeln  einen  Ausführungsgang  von  bedeutender  Länge,  die  sich  jederseits  an  dem  untern  Ende 
des  Rüssels  in  ein  Bündel  sammeln,  um  von  da  in  den  Rüssel  selbst  überzutreten  und  an  der 
Spitze  desselben  einzeln  auszumünden.’)  In  der  That  sieht  man  auch  bei  den  ausge-wachsenen 
Jungen  an  der  Oberfläche  des  Rüssels  ziemlich  viele  und  zarte  faserartige  Gebilde,  die  in  ge- 
schlängeltem Verlaufe  bis  zur  Spitze  hinziehen  und  wohl  kaum  etwas  anderes  als  diese  Ausfüh- 
rungsgänge darstellen. 

Die  Afteröffnung  scheint  sich  sehr  viel  später  zu  bilden,  als  der  Mund.  Ich  habe  sie 
mit  Sicherheit  erst  bei  solchen  Embryonen  aufgefunden,  die  einen  schon  völlig  entwickelten 
und  zum  Festheften  geeigneten  Saugnapf  besassen.  (Taf.  VII.  Fig.  13.)  Zwischen  ihr  und  dem 
hintern  Ende  des  Dotterschlauches  war  in  solchen  Fällen  eine  kurze  und  durchsichtige  Röhre 
ausgespannt,  die  offenbar  als  erstes  Rudiment  des  Darmes  in  Anspruch  genommen  werden  durfte. 
Freilich  w^ar  es  nicht  etwa  der  ganze  spätere  Darm,  der  sich  hier  gebildet  hatte,  sondern  blos 
das  Endstück  desselben,  das  sich  von  dem  vorhergehenden  Darmstücke,  welches  bei  CI.  com- 
planata  bekanntlich  vier  Paar  dünner  Anhangsschläuche  trägt,  (Taf.  VII.  Fig.  16.)  auch  im 
ausgebildeten  Thiere  durch  eine  stärkere  Muskulatur  auszeichnet.  Der  vordere,  bei  weitem 
längere  Abschnitt  des  Darmes  entsteht  mitsammt  dem  Magen  aus  dem  Dotterschlauche,  und 
zwar  dadurch , dass  sich  das  hintere  Drittheil  desselben  mit  scharfer  Abgrenzung  nach  vorn 
immer  mehr  und  mehr  zu  einem  dünnen  Canale  verengt,  (Taf.  VII.  Fig.  14,  15.)  während 
der  Dotter  von  hinten  daraus  allmählich  nach  vorn  zurückweicht.  Die  vier  Anhangsschläuche 
erscheinen  anfangs  als  vier  kurze  und  lappenförmige  Aussackungen,  (Taf.  A^II.  Fig.  14.)  und 
das  bereits  vor  einer  Zeit , in  welcher  der  Darm  noch  nicht  einmal  als  besonderes  Organ  gegen 


1)  Zeitschrift  für  wissenschaftl.  Zoologie.  I.  S.  114. 


Ziceite  Periode. 


109 


den  Magen  sicdi  abgesetzt  hat.  Die  Einschnitte,  welche  diese  Lappen  trennen,  werden  mit  fort- 
schreitender Verengerung  des  Darmes  natürlich  immer  tiefer,  und  in  gleichem  Verhältniss  neh- 
men dann  auch  die  einzelnen  Anhänge  an  Selbstständigkeit  zu.  Sie  werden  nicht  blos  länger, 
sondern  auch  dünner,  indem  der  Dotter  immer  mehr  und  mehr  aus  ihnen  zurückweicht.  Haben 
sie  einmal  die  Form  von  Röhren  angenommen  , so  trifft  man  in  ihnen  nur  noch  selten  einzelne 
Dotterkörner,  und  daher  kommt  es  denn  auch,  dass  sie  ohne  Zusatz  von  Reagentien,  besonders 
verdünnter  Essigsäure,  durch  die  Leibeswand  hindurch  nur  schAver  oder  gar  nicht  mehr  wahrzu- 
nehmen sind. 

So  lange  der  Darm  noch  in  irgend  einem  Theile  Dotterkörnchen  einschliesst  oder,  Avas 
so  ziemlich  dasselbe  besagt,  seine  spätere  Canalform  noch  nicht  vollständig  angenommen  hat, 
behält  derselbe  seine  ursprüngliche  Länge.  (Taf.  VII.  Fig.  15.)  Erst  in  der  allerletzten  Zeit  des 
EntAvicklungslebens  beginnt  er  sich  zu  strecken.  Unter  gleichzeitiger  Verkürzung  des  Magens 
rückt  sein  vorderes  Ende  so  Aveit  nach  aufwärts,  dass  die  sieben  letzten  Ganglien  des  Hauch- 
markes frei  unter  ihm  zu  liegen  kommen.  Und  damit  ist  das  LängenAvachsthum  noch  nicht  ein- 
mal beendigt,  indem  sich  die  hintere,  ZAvischen  dem  letzten  Anhangsschlauche  und  dem  After 
befindliche  Hälfte  kurz  vor  dem  Verlassen  des  mütterlichen  Körpers  noch  S förmig  zusammen- 
krümmt. (Fig.  16.) 

In  diesem  gekrümmten  Darmtheile  sieht  man  an  einer  oder  ZAveien  Stellen  nicht  selten 
eine  Anhäufung  von  scharf  umschriebenen  Molekularkörperchen , die  eine  gelbliche  Färbung 
haben  und  kaum  als  Ueberreste  des  Dotters  gedeutet  Averden  können,  vielmehr  an  die  bekann- 
ten Harnconcreinente  erinnern , die  bei  zahlreichen  Articulaten  in  dem  Enddarme  gefunden 
AA-erden.  .\uch  in  den  Anhangsschläuchen,  besonders  den  vier  hintern  und  längern,  Avurden  einige 
Male  dieselben  Körperchen  aufgefunden,  hier  und  da  sogar  so  massenhaft,  dass  deren  blindes 
Ende  dadurch  keulenförmig  aufgetrieben  Avurde. 

Während  der  Darm,  Avie  hier  dargestellt  worden,  aus  dem  hintern  Abschnitte  des  ur- 
sprünglich einfachen  Dotterschlauches  hervorgeht,  bildet  sich  der  grössere  vordere  Theil  dessel- 
ben in  den  bei  Clepsine  complanata  bekanntlich  mit  sechs  ansehnlichen  Blindschläuchen  jeder- 
seits  versehenen  Magen  um. 

Schon  vor  Abschnürung  des  Darmes  hat  der  Dotterschlauch  durch  Faltung  seiner 
Membran  das  frühere  sackartige  Aussehen  verloren.  Er  hat  (Taf.  VII.  P'ig.  14.)  eine  ganze 
Anzahl  ringförmiger  Furchen  gebildet,  die,  mit  Ausnahme  der  vordem,  in  ziemlich  gleichen 
Zwischenräumen  auf  einander  folgen  und  besonders  an  den  Seitentheilen  des  schon  jetzt  etAvas 
abgeplatteten  Schlauches  ziemlich  tief  einspringen.  Die  Zahl  dieser  F'urchen  scheint  geAvöhn- 
lich  15  zu  betragen. 

Die  Grenze  zwischen  Darm  und  Magen  fällt  genau  mit  einer  dieser  Furchen  zusam- 
men. Streng  genommen  ist  sie  sogar  nichts  Anderes  als  eine  solche  Furche,  nur  dass  sie  ra- 
scher in  die  Tiefe  wächst,  als  die  übrigen,  und  die  Verengerung  des  hintern  Abschnittes  da- 
durch einleitet.  Auch  die  Einschnitte  zwischen  den  Anhangsschläuchen  des  Darmes  gehören 
diesen  Bildungen  an ; es  sind  eben  die  zwischen  den  vier  letzten  Ringfurchen  gelegenen  Vor- 


110  Clepsine. 

Sprünge  des  Dotterschlauches,  die  sich  in  den  Darm  und  dessen  Anhänge  verwandeln.  (Taf.  VII. 
Fig.  14.) 

Die  Bildung  des  Magens  wiederholt  im  Wesentlichen  die  gleichen  Vorgänge,  nur  dass 
die  Einschnitte , welche  die  einzelnen  Wülste  oder  Lappen  gegen  einander  absetzen,  hier  nur 
zum  Theil  (Taf.  VII.  Fig.  15.)  und  auch  dann  nur  langsam  in  die  Tiefe  wachsen.  Die  Zahl 
der  Blindschläuche  wird  dadurch  natürlich  geringer,  als  man  nach  der  jNIenge  der  ursprünglich 
vorhandenen  Lappen  erwarten  sollte,  während  ihre  Dicke  dabei  beträchtlicher  bleibt.  Die 
nicht  vertieften  Einschnitte  bleiben  an  den  blinden  Enden  der  Schläuche  und  bedingen  hier  das 
lappige  Aussehen,  das  man  schon  lange  an  denselben  gekannt  hat.  Ich  will  jedoch  nicht 
behaupten,  dass  ein  jeder  Einschnitt,  den  man  an  den  Seitenschläuchen  des  Magens  später  an- 
trilft,  aus  dieser  frühen  Zeit  des  Bildungslebens  stammt.  Es  geht  das  schon  daraus  hervor, 
dass  die  mittlern  iMagenschläiiche , die  je  nur  aus  einem  einzigen  Lappen  sich  bilden,  später 
gleichfalls  an  dem  äussersten  Ende  gekerbt  sind.  Der  vordere  und  hintere  Blindschlauch  be- 
steht von  Anfang  an  aus  einer  grossem  Anzahl  von  Lappen,  der  vordere  aus  3,  der  hintere, 
bekanntlich  von  allen  der  grösseste,  aus  4.  (Taf.  VII.  Fig.  16.) 

Ihre  völlige  Ausbildung  erreichen  diese  Magenanhänge  übrigens  erst  gegen  Ende  des 
Entwicklungslebens,  nachdem  die  Jungen  auch  in  ihrer  Körperform  den  Eltern  gleich  gewor- 
den sind.  Bis  dahin  waren  die  Blindschläuche  immer  noch  plump  und  kurz,  theils  wegen  un- 
genügender Tiefe  der  Einschnitte,  theils  auch  wegen  des  immer  noch  ziemlich  reichlichen  Dot- 
tergehaltes. 

Während  der  ganzen  zweiten  Periode  des  Bildungslebens  hat  bei  unsern  Clepsinen 
allerdings  durch  Verkleinerung  resp.  Verflüssigung  der  Dotterkörner,  so  wie  durch  Resorption 
des  Verflüssigten  eine  fortwährende  iMassenabnahme  des  in  dem  Darmschlauche  eingeschlosse- 
nen Dotters  stattgefunden,  allein  bis  zur  Bildung  der  Magensäcke  ist  die  iMenge  desselben  noch 
immer  eine  verhältnissmässig  ganz  ansehnliche  geblieben.  Erst  in  der  allerletzten  Zeit  geht  die 
Verflüssigung  und  Aufsaugung  in  einem  raschem  Tempo  vor  sich,  so  dass  man  sich  der  Vermu- 
thung  kaum  entschlagen  kann , es  möchte  die  Bildung  der  IMagenschläuche  oder  vielmehr  die 
dadurch  bedingte  Vergrösserung  der  resorbirenden  Fläche  darauf  nicht  ohne  Einfluss  sein.  Und 
in  demselben  Verhältnisse,  als  die  eingeschlossene  Dottermasse  sich  verkleinert,  fallen  die 
einzelnen  Theile  des  Magens  zusammen,  dadurch  immer  mehr  und  mehr  den  spätem  Formver- 
hältnissen sich  annähernd.  Wenn  der  Dotter  verbraucht  ist,  tritt  für  die  Jungen  die  Nothwen- 
digkeit  eines  neuen  Lebens  ein;  sie  verlassen  ihre  Mutter,  die  sie  bis  dahin  schützend  bedeckt 
hatte,  und  beweisen  alsbald  durch  räuberische  Angriffe  auf  kleine  Schirecken  und  Würmer,  dass 
sie  zu  einer  selbstständigen  Existenz  gelangt  sind. 

§.  20. 

Die  Bildung  der  Blutgefässe  fällt,  wie  die  der  Schleifencanäle,  vollständig  in  die  zweite 
Entwicklungsperiode  unserer  Thiere.  Sie  ist  schwierig  zu  verfolgen  und  nur  unvollständig  von 
mir  erkannt  worden,  so  dass  ich  kaum  Näheres  darüber  mitzutheilen  wage. 


ERKLÄRUNG  DER  ABBILDUNGEN. 


Tafel  I — V.  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Nephelis. 

Tafel  I. 

Sie  betrifft  das  Verhalten  des  Dotters  in  dem  Ei  bis  beinahe  zu  der  Zeit,  da  sich  aus 
ihm  ein  Embryo  gebildet  hat  (§.  4 — lU.).  In  allen  Figuren  dieser  Tafel  ist  der  Dotter  nebst 
seiner  Haut  95  Mal  vergrössert.  Mit  a ist  in  denselben  die  Dotterhaut,  mit  b der  Zwischenraum 
zwischen  ihr  und  dem  Dotter,  mit  c ein  aus  dem  letzteren  hervorgedrungener  kleiner  Tropfen 
des  Liquor  vitelli  oder  ein  Paar  dergleichen  Tropfen  bezeichnet  worden. 

Fig.  1.  Ein  Dotter  aus  einem  vor  einigen  Stunden  gelegten  Ei.  d ein  in  der  Mitte 
des  Dotters  befindlicher  und  nach  aussen  hindurchschimmernder  gallertartiger  Kern. 

Fig.  2.  • Ein  fast  oval  gewordener  Dotter,  der  in  der  Gegend,  wo  aus  ihm  zwei  kleine 
Tropfen  des  Liquor  vitelli  hervorgedrungen  sind  , eine  schwache  Einbucht  als  erste  Andeutung 
einer  im  Entstehen  begriffenen  Kingfurche  bemerken  lässt.  Sein  Kern  d hat  sich  beinahe  voll- 
ständig in  zwei  Kerne  getheilt. 

Fig.  3.  Ein  Dotter,  an  dem  schon  eine  Kingfurche  entstanden  ist,  die  aber  nur  erst 
eine  mässig  grosse  Tiefe  und  Breite  hat.  Die  beiden  Ballen,  in  die  der  Dotter  durch  diese  Furche 
unvollständig  getheilt  ist,  haben  eine  etwas  ungleiche  Grösse  und  eine  länglich-ovale  Form,  sind 
gegen  einander  stark  abgeplattet  und  enthalten  jede  einen  gallertartigen  Kern  d. 

Fig.  4.  Die  beiden  Furchungsballen  desselben  Dotters  haben  eine  kugelrunde  Form 
angenommen  und  sind  durch  eine  breitere  und  tiefere  Kingfurche,  als  früher,  gegen  einander 
abgegrenzt. 

Fig.  5.  Ein  zweigetheilter  Dotter,  dessen  einer  Furchungsballen  sehr  viel  mehr  als 
der  andere  sich  vergrössert  und  die  Form  einer  Bohne  angenommen  hat,  durch  deren  iMasse  zwei 
Kerne,  d,  d,  hindurchschimmern. 

Hg.  6.  Derselbe  Dotter  aus  einer  etwas  späteren  Zeit,  nachdem  der  grössere  Furchungs- 
ballen durch  eine  tiefe  Ringfurche  in  zw'ei  kugelrunde  und  mit  einem  Kern  versehene,  kleinere 
getheilt  ist. 

Fig.  7.  Ein  von  zwei  Seiten  etwas  abgeplatteter  Dotter,  an  dem  sich  schon  jeder  der 
zwei  ersten  Furchungsballen  in  zwei  andere  getheilt  hat,  von  der  einen  etwas  abgeplatteten 
Seite  angeseheir.  Die  vier  Furchungsballen,  aus  denen  derselbe  besteht,  sind  beinahe  von  gleicher 
Grösse,  liegen  dicht  zusammengetlrängt , haben  sich  gegen  einander  stark  abgeplattet  und  sind  je 
mit  einem  Kerne  versehen. 

Fig.  8.  Ein  in  seiner  Durchfurchung  etwas  weiter  vorgeschrittener  Dotter.  Aus  dem 
einen  der  vier  Ballen,  iji  die  er  sich  getheilt  hatte,  sind  einige  kleinere  entstanden,  von  denen  an 
jeder  Seite  des  etwas  abgeplatteten  Dotters  drei  eine  solche  Lage  haben,  dass  der  eine,  e,  an  die 
imaginäre  Achse  des  Dotters  angrenzt,  die  beiden  andern die  eine  gleiche  Grösse  und  eine 
kugelrunde  Form  haben,  sich  nach  aussen  von  jenen  neben  einander  an  dem  Rande  des  Dotters 
befinden. 

Fig.  9.  Derselbe  Dotter  in  einer  etwas  späteren  Zeit,  nachdem  er  an  Umfang  inzwi- 
schen noch  mehr  zugenommen  hat.  Der  in  Fig.  8 mit  e bezeichnete  kleine,  unpaarige  Furchungs- 
ballen hat  sich  in  zwei  neben  einander  liegende  getheilt,  während  die  beiden  anderen  kleinen 
Balleny,  y unverändert  geblieben  sind. 


112 


Erklärung  der  Ahhildungen. 


Fig.  10.  Ein  von  der  einen  Seite  angesehener  Dotter,  an  dem  die  kleinen  Furchungs- 
ballen von  den  anliegenden  zwei  grösseren  umwachsen  und  umfasst  sind. 

Fig.  11.  Ein  ebensoweit  entwickelter  Dotter,  der  sich  derart  gestellt  hat,  dass  das  mit 
den  zwei  symmetrischen  grossen  Furchungsballen  versehene  Eandsegment  nach  oben  gekehrt  ist. 
Von  den  sechs  Paaren  kleinerer  Furchungsballen,  die  in  diesem  Dotter  vorkamen,  lagen  drei 
Paar  y,  f,f  in  der  Nähe  des  nach  oben  gekehrten  Randes  desselben  und  bildeten  eine  quer  ge- 
lagerte Doppelreihe.  Das  mittlere  von  diesen  drei  Paaren  lag  völlig  zwischen  der  Substanz  der 
grösseren  Furch\ingsballen  versteckt,  die  beiden  andern  aber  nur  zur  Hälfte,  denn  zum  Theil 
ragten  die  letztem  an  den  beiden  abgeplatteten  Seiten  des  Dotters  nach  aussen  hervor. 

Fig.  12.  Ein  Dotter  von  seiner  einen  abgeplatteten  Seite  angesehen.  Von  den  zwölf 
kleineren  Furchungsballen  desselben  haben  sich  die  vier  mittleren  oder  diejenigen,  welche  etwas 
früher  in  der  Tiefe  desselben  zwischen  den  übrigen  vorkamen , vermehrt  uird  in  kugelförmige 
Tropfen  einer  klaren  Flüssigkeit,  die  als  Nahrungsdotter  dienen  soll,  umgewandelt,  g einige 
Massen  theile  oder  Tropfen  dieser  Flüssigkeit. 

Fig.  13.  Ein  ähnlicher  Dotter,  wie  der  in  Fig.  12.  abgebildete.  Von  Massentheilen 
des  Nahrungsdotters  g,  g,  g kam  in  ihm  eine  etwas  grössere  Zahl  vor. 

Fig.  14.  Ein  etwas  w'eiter  entwickelter  Dotter.  In  ihm  hatten  sich  die  Massen  theile 
des  Nahrungsdotters  beträchtlich  vermehrt,  lagen  dicht  zusammengedrängt  und  setzten  einen 
verhältnissmässig  ziemlich  grossen  Haufen  zusammen.  Die  acht  oberflächlichen  kleinen  Furchungs- 
ballen , die  an  den  Dottern,  welche  in  den  Figg.  9 — 13.  abgebildet  sind,  zu  bemerken  waren, 
hatten  sich  ebenfalls  beträchtlich  vermehrt,  waren  Zellen  ähnlich  geworden  und  setzten  an  jeder 
Seite  des  Dotters  (wie  in  Fig.  16.  dieser  Tafel)  eine  fast  klare  Schicht  zusammen,  durch  die  der 
Nahrungsdotter  hindurchschien.  In  der  Figur  ist  diese  Bildung  nicht  angedeutet  worden , um 
die  Lage  und  Zusammensetzung  des  Nahrungsdotters  deutlicher  erkennen  zu  lassen. 

Fig.  15.  Ein  ähnlicher,  aber  etwas  weiter  entwickelter  Dotter,  als  der  in  Fig.  14.  ab- 
gebildete. g der  nach  aussen  hindurchscheinende  Nahrungsdotter. 

Fig.  16.  Ein  Dotter  aus  einer  noch  etwas  spätem  Zeit  der  Entwickelung,  auf  den  ver- 
dünnte Salpetersäure  eingewirkt  hatte,  in  Folge  wovon  die  zellenartigen  Gebilde,  die  aus  den 
oberflächlichen  kleineren  Furchungsballen  entstanden  waren,  e,  ihre  Durchsichtigkeit  verloren 
hatten  und  den  Nahrungsdotter  g kaum  durchschimmern  Hessen. 


Tafel  II. 

Die  auf  dieserTafel  in  den  sieben  ersten  Figuren  dargestellten  Gegenstände  sind  95  Mal, 
die  in  den  übrigen  dargestellten  nur  15Mal  vergrössert.  (Vgl.  hierzu  besonders  §.  10  — 14.) 

Fig.  1.  Ein  Dotter,  der  nach  kurzer  Zeit  zu  einem  Embryo  geworden  wäre,  von  seiner 
einen,  nur  noch  rvenig  abgeplatteten  Seite  angesehen.  Die  drei  grossen  Furchungsballen,  welche 
auch  noch  bei  dem  in  der  letzten  Figur  der  vorigen  Tafel  abgebildeten  Dotter  vorkamen,  haben 
sich  in  sehr  viele,  dicht  gedrängt  beisammenliegende  und  auf  dem  Uebergange  in  Zellen  befind- 
liche kleinere  getheilt.  a der  Vordertheil;  h der  Hintertheil  des  Dotters;  c der  in  dem  letztem 
befindliche  Nahrungsdotter,  der  noch  aus  rundlichen  Theilen  oder  Tropfen  einer  Flüssig- 
keit besteht. 

Fig.  2.  Ein  noch  etwas  weiter  entwickelter  Dotter,  der  schon  eine  Eiform  angenommen 
hat.  Als  er  in  Wasser  gelegt  war,  zeigte  er  schwache  Contractionen , obgleich  sich  an  ihm  noch 
keine  Mundöffnung  erkennen  Hess,  a,  h und  c wie  in  Fig.  1. 

Fig.  3.  Ein  überaus  junger  Embryo,  so  schräg  gelegen,  dass  von  oben  her  seine  Mund- 
öfifnung  gesehen  werden  konnte.  Die  Dotterkörperchen  sind  schon  gänzlich  geschwunden,  und 
die  Leibesw'andung  daher  sehr  durchsichtig,  a das  Kopfstück  des  Embryo;  h die  Mundöffnung; 
c die  nach  aussen  hindurchscheinende  Schlundhöhle;  d das  Rumpfstück  des  Embryo,  das  wegen 
der  schrägen  Lage  desselben  verkürzt  erscheint;  e der  in  dem  Rumpfstück  befindliche  Nahrungs- 
dotter, dessen  Massentheile  nicht  mehr  Kugeln,  sondern  eckige  Platten  darstellen. 

Fig.  4.  Ein  nur  wenig  weiter  entwickelter  Embryo  von  der  Seite  angesehen,  a,  c,  d und 
e wie  in  Fig.  3. 


Erklärung  der  Ahhildungen. 


113 


Fig.  5 — 7.  Das  Kopfstück  desselben  Embryo,  wie  es  in  den  auf  einandei-folgenden 
Momenten  einer  Schluckbewegung  erschien,  a die  Schlundhöhle;  b ein  verschlucktes  kleines 
Kügelchen  des  Eiweisses. 

Fig.  8.  Ein  in  der  Entwickelung  weiter  vorgeschrittener  Embryo,  als  der  in  Fig.  4. 
abgebildete,  von  der  Rückenseite  angesehen,  a das  Kopfstück;  b das  Eumpfstück;  c der  in  dem 
letztem  enthaltene  Nahrungsdotter;  d der  hintere  dickere  Theil  der  ganz  durchsichtigen  Wan- 
dung des  Rumpfstückes. 

Fig.  9 — 11.  Ein  und  derselbe  Embryo,  der  im  Verlauf  von  wenigen  Minuten  durch 
willkürliche  Verkürzung  und  Verlängerung  seines  Leibes  unter  sehr  verschiedenen  Formen  er- 
schien. a — d wie  in  Fig.  8. 

Fig.  12.  und  13.  Ein  Embryo  aus  der  Mitte  der  zweiten  Periode,  im  Profil  gezeichnet. 
jMan  sieht  in  dem  stark  zusammengezogenen  Leibe  die  eben  gebildete  Ganglienkette  und  den 
Darmkanal,  den  letztem  in  Fig.  12.  von  der  Rumpfwand  abgehoben,  so  dass  zwischen  beiden 
ein  heller,  spaltförmiger  Zwischenraum,  die  Leibeshöhle,  sichtbar  wird. 

Fig.  14.  und  15.  Ein  Embryo  aus  der  Mitte  der  zweiten  Periode  mit  eben  gebildetem 
Oesophagus,  lö^Ial  vergrössert,  wie  Fig.  10.  und  11.  Die  Leibeswand  ist  stärker  verdickt,  der 
Kopfzapfen  nicht  mehr  so  scharf  abgesetzt.  Fig.  14.  ist  der  Embryo  im  Profil,  Fig.  15.  von  der 
Fläche  aus  gezeichnet. 

Tafel  III. 

Hetrifft  die  Entwickelung  des  Darmkanals  bis  zum  Ausschlüpfen  aus  dem  Ei.  Sämmt- 
liche  Abbildungen  sind  15  Mal  vergrössert. 

Fig.  1.  und  2.  Ein  Embryo  mit  eben  abgesetzter  kegelförmiger  Anlage  des  Saug- 
napfes, aus  dem  Ende  der  zweiten  Periode,  im  Profil  und  vom  Bauche  aus  gesehen.  Die  mit 
Nahrungsstoff  erfüllte  Abtheilung  des  Darmes,  die  dem  Oesophagus  folgt,  ist  noch  glatt  und  füllt 
den  gi'össesten  Theil  der  Rumpfhöhle  aus. 

Fig.  3.  und  4.  Ein  etwas  älterer  Embryo  mit  fast  vollständigem  Saugnapfe,  vom  Bauch 
und  von  der  Seite  aus  gesehen.  Der  Darmkanal  hat  an  der  Bauchfläche  und  den  Seitentheilen 
seine  frühere  glatte  Beschaffenheit  verloren. 

Fig.  5.  Ein  Embryo  aus  der  ersten  Hälfte  der  dritten  Periode.  Die  Augen  sind  bereits 
vorhanden,  der  Oesophagus  ist  verlängert,  der  Enddarm  eben  gebildet.  Die  Faltungen  desiNlagen- 
sackes  gehen  ringförmig  um  den  Umfang  desselben  herum. 

Fig.  6.  Ein  fast  reifer  Embryo  mit  längerem  Oesophagus. 

Fig.  7.  Ein  eben  geborner  Embrvo  mit  ungewöhnlich  langem  Enddarm. 

Fig.  8.  Ein  reifer  Embryo,  vom  Rücken  gesehen,  mit  Hirn,  Seitengefässen,  After  und 
Oesophagus.  Der  Magen  und  Enddarm  ist  vom  Fettkörper  überlagert. 

Tafel  IV. 

Fig.  1.  Eine  junge  die  vor  etlichen  Tagen  aus  dem  Ei  ausgekrochen  war,  von 

der  Rückenseite  angesehen,  a Speiseröhre;  b,  b Klagen;  c Darm. 

Fig.  2.  Ein  fast  völlig  reifer  Embryo,  ebenfalls  von  der  Rückenseite  angesehen. 
a Speiseröhre;  b,  b Magen;  c Darm. 

Fig.  3.  Ein  sehr  junger  Embryo  aus  der  zweiten  Periode  des  Fruchtlebens,  von  der 
Bauchseite  angesehen,  a der  Kopf;  b,b  der  Rumpf;  c,  cdie  ersten  Andeutungen  des  Bauchmarks, 
als  zwei  einfache  Streifen  von  Zellen  erscheinend. 

Fig.  4.  Der  vordere  Theil  des  Körpers  eines  Embryo  aus  der  ersten  Hälfte  der  dritten 
Periode,  von  der  Bauchseite  angesehen,  a >Iund ; b die  durchscheinende  Höhle  des  Schlund- 
kopfes; c,  c erstes  Ganglion  des  Bauchmarks,  dessen  mittlerer  Theil  aus  Nervenfasern,  die  Seiten- 
theile  aber,  die  drei  Paar  Lappen  darstellen,  aus  Ganglienzellen  bestehen;  d,  e,f  und  g die  vier 
folgenden  Ganglien. 

Fig.  5.  Der  vordere  Theil  des  Körpers  eines  Embryo  aus  der  ersten  Zeit  der  dritten 
Periode,  von  der  rechten  Seite  angesehen;  25  iMal  vergrössert;  a Höhle  des  Schlundkopfes; 

B a t h k e , Entwicklung  der  Hirudineen.  1 g 


114 


Erklärung  der  Ahhildungen. 


b Speiseröhre;  c vorderster  Theil  des  Magens;  d Gehirn;  e rechte  Conimissur  des  Gehirns; 
f,  g,  h,  i und  k die  fünf  vordersten  Ganglien  des  Bauchmarks. 

Fig.  6.  Der  vordere  Theil  eines  Embryo,  der  über  die  Mitte  der  dritten  Periode  gelangt 
war,  von  der  Bauchseite  angesehen,  a der  Mund,  b durchschimmernde  Höhle  des  Schlundkopfs; 
c,  c erstes  Ganglion  des  Bauchmarkes;  d,  e,  f,  g und  h die  fünf  folgenden  Ganglien  desselben; 
i ^ die  beiden  seitlichen  Blutgefässstämme;  k,  k zwei  seitliche  Muskelstränge. 

Fig.  7.  Der  vordere  Theil  desselben  Embryo,  von  der  Rückenseite  angesehen,  a Ge- 
hirn ; b Speiseröhre;  c,  c vordere  Hälfte  des  Magens;  d,  d die  beiden  seitlichen  Blutgefässstämme; 
e,  e zwei  seitliche  Muskelstränge. 

Fig.  8.  Der  vordere  Theil  eines  reifen  Embryo,  von  der  linken  Seite  angesehen,  a Ge- 
hirn: b die  eine  Commissur  desselben;  c erstes  Ganglion  des  Bauchmarks ; d,  e,f,  g,  h und  i die 
sechs  folgenden  Ganglien  des  Bauchmarks;  k Speiseröhre;  l vorderster  Theil  des  Magens. 


Tafel  V. 

Behandelt  die  Metamorphose  der  Bauchplatten. 

Die  Figg.  1 — 6 stellen  25  Mal  vergrösserte  sehr  junge  Embryonen  dar,  an  denen  die 
Lage  der  Bauchplatten  und  der  kolossalen  Zellen  an  dem  Ende  dieser  Platten  veranschaulicht 
ist.  Der  Buchstabe  a bezeichnet  in  ihnen  den  Kopf,  b die  Mundhöhle , c den  Rumpf,  d,  d die 
Bauchplatten,  e,  e die  kolossalen  Zellen,  die  als  ein  Anhang  dieser  Platten  erscheinen.  (Vgl.  §.  1 7.) 

Fig.  1.  Ein  sehr  junger  Embryo  von  der  linken  Seite  angesehen.  Die  Bauchplatten 
standen  bei  ihm  noch  weit  auseinander. 

Fig.  2.  Ein  nur  wenig  älterer  Embryo,  von  der  Bauchseite  angesehen. 

Fig.  3.  Eine  Ansicht  auf  das  hintere  Ende  desselben  Embryo,  wmlche  die  Lage  der 
drei  kolossalen  Zellen  dieses  Embryo  zu  einander  und  zu  den  Bauchplatten  erkennen  lässt. 

Fig.  4.  Ein  etwas  älterer  Embryo,  von  der  Bauchseite  angesehen.  Seine  Bauchplatten 
haben  sich  in  ihrer  Mitte  und  hinter  derselben  einander  ziemlich  genähert. 

Fig.  5.  Ein  noch  etwas  weiter  entwickelter  Embryo,  bei  dem  sich  die  Bauchplatten 
ein  wenig  mehr  genähert  hatten,  von  der  rechten  Seite  angesehen. 

Fig.  6.  Ein  ungefähr  ebenso  weit  entwickelter  Embryo,  wie  der  in  Fig.  5.  abgebildete, 
in  einer  solchen  Lage,  dass  die  hintere  längere  Hälfte  der  beiden  Bauchplatten  und  die  drei  kolos- 
salen Zellen  an  dem  Ende  dieser  Platten  zu  sehen  sind. 

Fig.  7.  Das  360  Mal  vergrösserte  hintere  Ende  der  rechten  Bauchplatte  des  auf  dieser 
Tafel  in  Fig.  2.  abgebildeten  Embryo. 

Fig.  8.  Der  hinterste  Theil  der  beiden,  hinten  schon  dicht  an  einander  gerückten 
Bauchplatten  eines  ältern  Embryo,  als  die  in  den  sechs  ersten  Figuren  dieser  Tafel  abgebildeten, 
nebst  den  drei  mit  ihm  zusammenhängenden  kolossalen  Zellen.  95  Mal  vergrössert.  a,  a der  hin- 
tere Theil  der  Bauchplatten;  b,  b,  b die  kolossalen  Zellen. 

Die  Figg.  9 — 12.  stellen  Embryonen  aus  der  letzten  Hälfte  der  zweiten  Periode  dar, 
deren  Bauchplatten  nach  allmählich  eingetretener  Verschmelzung  sich  gliedern  und  schliesslich 
in  Ganglienkette  und  Muskelsegmente  sich  umwandeln.  Sämmtliche  Figüren  sind  20  Mal  ver- 
grössert. (Vgl.  §.  18.  u.  19.) 

Fig.  9.  Die  Bauchplatten  nähern  sich  in  ganzer  Ausdehnung  und  sind  am  Hinterende 
durch  eine  quere  Brücke  mit  einander  vereinigt.  Die  Buchstaben  wie  in  Fig.  1 — 6. 

Fig.  10.  Die  Bauchplatten  a stossen  in  der  Mittellinie  auf  einander  und  sind  nur  noch 
am  vordem  Ende  getrennt. 

Fig.  11.  Die  Bauchplatten  gliedern  sich  in  einzelne  hinter  einander  liegende  Ab- 
schnitte, die  vorn,  a,  am  grössesten  und  am  schärfsten  begrenzt  sind.  Im  hintern  Viertheile  ist 
die  Gliederung  noch  nicht  eingetreten.  Das  hintere  Ende  der  Bauchplatten  läuft  in  ein  Zäpf- 
chen d aus. 

Fig.  12.  Die  tafelförmigen  Abschnitte  der  Bauchplatte  haben  sich  je  in  ein  Ganglien- 
paar a und  ein  Muskelsegment  b gesondert,  von  denen  das  letztere  bereits  flügelförmig  bis  in  die 
Seitenränder  des  Körpers  ausgewachsen  ist. 


'Erklärung  der  Ahhüdungen. 


115 


Fig.  13.  und  14.  stellt  bei  45maliger  Vergrösserung  die  Bildung  der  Ganglienkette  und 
jNIuskelsegmente  aus  den  Täfelchen  der  Bauchplatten  dar.  a bezeichnet  dabei  den  spätem  Längs- 
faserstrang der  Ganglienkelte ; h deren  Seitenlappen;  c die  (in  Fig.  14.  schon  beträchtlich  aus- 
gewachsenen) Muskelsegmente;  d ein  seitliches  Blutgefäss. 


Tafel  VI.  und  VTI.  zur  Entwieklungsgeschiehte  von  Clepsine  complanata. 

Sämmtliche  Figuren  sind  etwa  25  IMal  vergrössert. 

Tafel  VI. 

Stellt  den  Furchungsprocess,  die  Bildung  und  Entwicklung  der  Keimscheibe  (Fig  1 — 10., 
vergl.  §.  8 — 11.),  sowie  die  erste  Anlage  der  Bauchplatten  (Fig.  11  — 16.,  vgl.  §.  12.  u.  13.)  dar. 

Fig.  1.  Ein  Ei  mit  eben  gebildeter  Keimscheibe,  vor  Auftreten  der  ersten  Furche. 
Das  Ei  hat,  wie  in  den  folgenden  Abbildungen  (bis  Fig.  7.),  eine  solche  Lage,  dass  das  Polar- 
feld dem  Beschauer  zugewendet  ist. 

Fig.  2.  Die  Dotterkugel  ist  durch  die  erste  neben  der  Keimscheibe  hinlaufende  Ring- 
furche getheilt. 

Fig.  3.  Zu  der  ersten  Eingfurche  gesellt  sich  eine  Meridianfurche.  Die  Keimscheibe 
ist  in  zwei  gekernte  Häufchen  zerfallen. 

Fig.  4.  Die  Keimscheibe  vergrössert  sich  und  überdeckt  mit  ihrem  Seitenrande  die 
obern  zapfenförmig  vorspringenden  Enden  der  vier  Furchungsballen. 

Fig.  5.  und  6.  Durch  wiederholte  Meridianfurchung  verdoppelt  sich  die  Zahl  der 
(äusserlich  sichtbaren)  Dottersegmente,  während  die  Keimscheibe  unter  beständiger  Grossen- 
zunahme  allmählich  immer  mehr  gekernte  kleine  Ballen  bildet. 

Fig.  7.  und  8.  Die  Zahl  der  Ballen  in  der  Keimscheibe  hat  beträchtlich  zugenommen, 
ohne  dass  der  übrige  sogenannte  Nahrungsdotter  eine  w'eitere  Veränderung  erlitten  hat. 

Fig.  8.  zeigt  das  Ei  in  der  Profillage,  um  theils  die  Verkürzung  der  Längsachse,  theils 
auch  die  zapfenförmig  vorspringenden  Enden  der  Meridianfelder  zu  veranschaulichen. 

Fig.  9.  Der  Nahrungsdotter  ist  durch  Verstreichen  der  Meridianfurchen  in  der  untern 
Hälfte  wieder  glatt  geworden,  während  die  (wie  in  Fig.  10.  und  11.)  dem  Beschauer  halb  zu- 
gewendete, von  der  Keimscheibe  fast  völlig  umwachsene  obere  Hälfte  die  zapfenförraigen  Hervor- 
ragungen  der  früheren  Meridianfelder  noch  deutlich  erkennen  lässt. 

Fig.  10.  Die  das  Embryonalfeld  kranzartig  umgebenden  Hervorragungen  verstreichen 
gleichfalls.  Der  Nahrungsdotter  ist  in  zahlreiche,  flächenhaft  begrenzte  Ballen  zerfallen  und  bis 
in  die  Aequatorialzone  hinein  von  der  grobkörnigen  Keimscheibe  überwachsen. 

Fig.  11.  Die  Stelle  der  früheren  Hervorragungen  ist  von  einem  RingAvulste  ein- 
genommen, der  durch  Verdickung  der  den  Nahruugsdotter  jetzt  fast  völlig  einschliessenden  Keim- 
scheibe entstanden  ist. 

Fig.  12.  Das  von  oben  gesehene  Embryonalfeld  hat  eine  dreieckige  Form  angenommen, 
nachdem  die  frühere  ringförmige  Begrenzung  desselben  durch  Verstreichen  des  einen  Segmentes 
in  zwei  schenkelartig  divergirende  Seitenstreifen  aufgelöst  ist. 

Fig.  13.  und  14.  Zwei  Eier  in  der  Profillage,  bei  denen  die  streifenförmige  Begrenzung 
des  Embryonalfeldes  allmählich  in  die  späteren  Bauchplatten  ausw’ächst.  Am  Ende  der  dem 
Beschauer  zugekehrten  einen  Bauchplatte  sieht  man  in  Fig.  14.  sich  eben  die  drei  kolossalen 
zellenartigen  Körnerhaufen  abheben.  Aehnliche  kleinere  Körnerhaufen  finden  sich  zerstreut 
auf  der  von  den  bügelförmig  gekrümmten  Bauchplatten  umschlossenen  spätem  Rücken  fläche, 
die  in  unserer  Abbildung  nach  links  gekehrt  ist.  Das  rechte  Feld  der  Dotterfläche  ist  das  aus- 
gewachsene Embryonalfeld,  welches  der  spätem  Bauchfläche  des  Embryo  entspricht. 

Fig.  15.  Ein  etwas  älteres  Ei,  von  vorn  gesehen,  mit  der  Vereinigungsstelle  der  beiden 
Bauchplatten.  Das  Rückenfeld  ist  nach  oben,  das  Bauchfeld  nach  unten  gelegen. 

Fig.  16.  Dasselbe  Ei  in  der  Bauchlage.  Das  von  den  beiden  Bauchplatten  und  den  kolos- 
salen Zellen  fast  ringförmig  eingefasste  Rückenfeld  ist  dem  Beschauer  zugekehrt. 

15* 


116 


Erklärung  der  Ahhildungen. 


Tafel  VII. 

Betrifft  die  spätere  Zeit  des  Eilebeiis  (Fig.  1 — S.,  vgl.  §.  13.  und  14.),  sowie  die  Meta- 
morphose des  neugebornen  Embryo  bis  zum  Verlassen  des  mütterlichen  Körpers  (Fig.  9 — 16., 
vgl.  §.  15-20.}. 

Fig.  1.  Ein  Ei  in  der  Profillage  (wie  Tafel  VI.  Fig.  13.  und  14.),  dessen  Baucliplatten 
sich  der  Mittellinie  des  Bauchfeldes  bereits  angenähert  haben.  Am  hintern  Ende  der  Bauch- 
platten sieht  man  die  drei  kolossalen  Zellen.  Das  Kückenfeld  hat  eine  sattelförmige  Gestalt  an- 
genommen. Die  Längsachse  des  Embryonalkörpers  beginnt  sich  zu  strecken. 

Fig.  2.  Dasselbe  Ei  in  der  Bauchlage,  so  dass  das  Rückenfeld  mit  dem  Kopfende  der 
Bauchplalten  und  den  sechs  kolossalen  Zellen  an  deren  Hinterrande  nach  oben  gekehrt  ist. 

Fig.  3.  und  4.  Ein  etwas  älteres  Ei  in  der  Profil-  und  Rückenlage,  mit  Bauchplatten, 
deren  vordere  Hälften  fast  vollständig  mit  einander  verrvachsen  sind. 

F"ig.  5.  und  6.  Die  Bauchplatten  verwachsen  allmählich  bis  auf  das  hintere  Ende  und 
beginnen  von  vorn  nach  hinten  zu  sich  allmählich  zu  gliedern.  Das  vordere  Ende  der  Bauch- 
platten erhebt  sich  zu  einem  Kopfzapfen,  auf  dessen  Spitze  bereits  die  Mundöffnung  sichtbar  wird. 
Die  Embryonen  sind  fast  gleichalt  und  beide  in  der  Profillage  dargestellt. 

Fig.  7.  Der  in  Fig.  6.  abgebildete  Embryo  in  der  Bauchlage  des  Eies  (wie  Fig.'  2.),  mit 
den  auf  dem  Rückenfelde  einander  zugekrümmten  Enden  der  Bauchplatten. 

Fig.  8.  Ein  Ei  mit  reifem  Embryo  in  der  Profillage,  an  dem  ausser  den  stärker  geglie- 
derten Bauchplatten  besonders  noch  der  eingebogene  Rücken  auffällt. 

Fhg.  9.  Ein  eben  geborner  retortenförmiger  Embryo  mit  Ganglienkette , Darmkanal 
und  Pharynx  (vergl.  §.  15.). 

Fig.  10.  Ein  etwas  älterer  Embryo,  dessen  hinteres  Ende  sich  mittelst  einer  queren 
Furche  gegen  den  Rücken  absetzt.  Neben  der  Ganglienkette  unterscheidet  man  die  erste  An- 
lage der  Muskelsegmente. 

Fig.  11.  Das  hintei'e  Ende  der  Bauchplatten  hat  sich  durch  stärkere  Abschnürung  in 
den  Saugnapf  verwandelt.  Die  drei  kolossalen  Zellen  sind  verschwunden.  An  ihrer  Stelle  sieht 
man  von  dem  Saugnapfe  ein  paar  strangförmige  Blastemstreifen  abgehen.  Die  Muskelsegmente 
haben  die  ganze  Bauchfläche  des  Körpers  umwachsen.  Der  Embryo  ist  in  der  Profillage  gezeichnet. 

Fig.  12.  Ein  wenig  älterer  Embryo  in  der  Bauchlage.  Der  mit  Dotter  gefüllte  Darm- 
kanal ist  von  den  Körperwänden  durch  eine  Leibeshöhle  getrennt,  welche  rechts  und  links  von 
einer  Anzahl  scheidewandartig  entwickelter  Muskelstränge  durchsetzt  wird. 

Fig.  13.  Der  Körper  beginnt  sich  zu  ringeln.  Am  hintern  Ende  des  Darmkanals  unter- 
scheidet man  zum  ersten  Male  ein  Rectum  mit  Afteröffnung.  Der  Pharynx  ist  stärker  aus- 
gewachsen. Von  der  Seite  gesehen. 

Fig.  14.  Ein  wiederum  etwas  älterer  Embryo  in  der  Bauchlage,  mit  einem  Darme, 
der  sich  in  zwei  Abschnitte  gliedert  und  die  Ringelung  des  Körpers  wiederholt. 

Fig.  15.  Ein  noch  älterer  Embryo,  dessen  Darmabschnitte  noch  stärker  von  einander 
abgesetzt  und  mit  ansebnlichen  Seitentaschen  besetzt  sind,  der  Magen  mit  sieben,  der  Darm 
mit  vier. 

Fig.  16.  Eine  ausgebildetc  junge  Clepsine , mit  Augen  und  vollständig  entwickeltem 

Tractus. 


Druck  von  Breitkopf  und  Härtel  in  Leipzig. 


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